Urteilskopf
98 V 91
24. Auszug aus dem Urteil vom 20. April 1972 i.S. Bernasconi gegen Ausgleichskasse des Kantons Solothurn und Versicherungsgericht des Kantons Solothurn
Regeste
Art. 9 Abs. 2 lit. e AHVG: Ermittlung des im Betrieb des Beitragspflichtigen arbeitenden eigenen Kapitals.
Bei ertraglosen nichtlandwirtschaftlichen Grundstücken darf nicht auf den Verkehrswert allein abgestellt werden.
Das Eidg. Versicherungsgericht zieht in Erwägung:
1. Nach Art. 9 Abs. 2 lit. e und Abs. 4 AHVG m Verbindung mit Art. 18 Abs. 2 AHVV wird von den rohen Erwerbseinkünften der Selbständigerwerbenden der vom Bundesrat festgesetzte Zins des Betriebsvermögens abgezogen, wobei das Betriebsvermögen nach Wehrsteuerrecht zu bewerten und auf die nächsten Fr. 1000.-- aufzurunden ist. Der Zinssatz hatte bis Dezember 1967 4,5% betragen und beläuft sich seit Januar 1968 auf 5%.
Wie die Art. 23 und 27 AHVV bestimmen, muss die Ausgleichskasse mit dem Betriebsvermögen rechnen, das die kantonale Steuerbehörde "auf Grund der entsprechenden rechtskräftigen kantonalen Veranlagung unter Berücksichtigung der Bestimmungen des Wehrsteuerrechts" ermittelt und der Kasse gemeldet hat.
Da die Ausgleichskassen an die Steuermeldung gebunden sind und der Sozialversicherungsrichter grundsätzlich nur die Kassenverfügung auf ihre Gesetzmässigkeit zu überprüfen hat, darf er von einer rechtskräftigen Steuertaxation nur abweichen, wenn sie klar ausgewiesene Irrtümer enthält, die ohne weiteres berichtigt werden können (EVGE 1968 S. 41 Erw. 1 und 1969 S. 136 lit. b). Mit einem solchen Irrtum hat man es bei Grundstücken, die einem Geschäftsbetrieb dienen, dann zu tun, wenn
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die von der Steuerbehörde vorgenommene Schätzung gegen die einschlägigen Bewertungsnormen des Wehrsteuerrechts verstösst.
2. Gemäss Art. 31 Abs. 1 und 5 WStB bestimmt das Eidgenössische Finanz- und Zolldepartement den Wert der nichtlandwirtschaftlichen Grundstücke "unter billiger Berücksichtigung des Verkehrswertes und des Ertragswertes", was in den Art. 5-7 der Departementsverfügung vom 14. Oktober 1958 geschehen ist. Danach werden solche Grundstücke im allgemeinen zu dem Betrage bewertet, der dem Mittel zwischen Verkehrs- und Ertragswert entspricht (Art. 5), und gilt als Ertragswert der in der Regel zu 6-7 Prozent kapitalisierte durchschnittliche Rohertrag der zwei Jahre, die der Veranlagungsperiode vorausgegangen sind (Art. 7 Abs. 1).
Laut ihrem Bericht vom Juni 1970 hielt sich die kantonale Steuerkommission bei den Grundstücken des Beschwerdeführers an das Mittel zwischen Verkehrswert (Buchwert) und Ertragswert (zu 6% kapitalisierter Rohertrag) und gelangte so zu den Werten, die nach Ansicht der Vorinstanz für die Berechnung der Sozialversicherungsbeiträge massgebend sind. Damit hat die Steuerkommission das Ermessen, das ihr Art. 5 der Departementsverfügung einräumt, nicht überschritten.
Da nach dem klaren Wortlaut des Art. 31 WStB landwirtschaftliche Grundstücke mit dem Ertragswert und alle übrigen Grundstücke "unter billiger Berücksichtigung des Verkehrswertes und des Ertragswertes" zu erfassen sind, darf man bei ertraglosen nichtlandwirtschaftlichen Grundstücken nicht auf den Verkehrswert allein abstellen. Hievon abgesehen hielte es schwer, gänzlich ertraglose Grundstücke in befriedigender Weise von Grundstücken abzugrenzen, deren Ertrag gemessen am Verkehrswert sehr gering ist...