Urteilskopf
98 V 119
32. Auszug aus dem Urteil vom 20. April 1972 i.S. Conte gegen Krankenkasse Helvetia und Obergericht des Kantons Schaffhausen
Regeste
Art. 102 lit. d OG.
Unter "vorgängigen andern Beschwerden oder Einsprachen", deren Zulässigkeit die Verwaltungsgerichtsbeschwerde ausschliesst, sind nur ordentliche Rechtsmittel zu verstehen.
Aus den Erwägungen:
Das Bundesamt erhebt gegenüber der Verwaltungsgerichtsbeschwerde den formellen Einwand der Unzulässigkeit. Dabei stützt es sich auf den auch im Verfahren vor dem Eidg. Versicherungsgericht anwendbaren Art. 102OG, derunterlit. d bestimmt, d.ass die Verwaltungsgerichtsbeschwerde unzulässig ist, wenn offensteht: "jede vorgängige andere Beschwerde oder Einsprache". Zur Begründung bringt das Bundesamt vor: Die Beschwerdeführerin verlange die Aufhebung des kantonalen Entscheides, weiles ihr nunmehr gelungen sei, einen berichtigten Geburtsschein beizubringen; dabei handle es sich um ein Revisionsbegehren im Sinn des Art. 30bis Abs. 3 lit. h KUVG, das beim kantonalen Gericht geltend gemacht werden müsse.
Unter einer "vorgängigen andern Beschwerde oder Einsprache" kann - gerade im Hinblick auf letztinstanzliche kantonale Entscheide, gegen die sich die Verwaltungsgerichtsbeschwerde an das Eidg. Versicherungsgericht in der Regel richtet - nach der Systematik und dem Sinn der Bestimmungen des OG über die Verwaltungsrechtspflege (s. insbesondere Art. 98 lit. g OG) nur ein Rechtsmittel verstanden werden, das generell und in jedem Fall "vorgängig" zulässig ist, was bloss bei ordentlichen Rechtsmitteln zutrifft. Es lässt sich auch nicht damit argumentieren, die Verwaltungsgerichtsbeschwerde sei wenigstens dann unzulässig, wenn in einem konkreten Fall innerhalb der Verwaltungsgerichtsbeschwerdefrist (Art. 106 Abs. 1 OG) Gründe vorgebracht werden, die zur Revision des kantonalen Entscheides berechtigen würden. Solange nämlich der kantonale Richter ein Revisionsbegehren nicht behandelt hat, kann das Eidg. Versicherungsgericht nicht von sich aus verbindlich feststellen, ob die Prozessvoraussetzungen für das Eintreten auf das Revisionsgesuch gegeben seien. Würde also beispielsweise das Eidg. Versicherungsgericht - im Sinn des Bundesamtes - vorfrageweise die Zulässigkeit der kantonalen Revision bejahen und damit die Zulässigkeit der Verwaltungsgerichtsbeschwerde verneinen, so bestande das Risiko, dass
BGE 98 V 119 S. 121
nachher der kantonale Richter das Fehlen einer Prozessvoraussetzung feststellen und auf Nichteintreten erkennen würde.Aus allem ergibt sich, dass der vom Bundesamt erhobene Einwand der Unzulässigkeit der Verwaltungsgerichtsbeschwerde im vorliegenden Fall nicht stichhaltig ist. Auf die Verwaltungsgerichtsbeschwerde ist demzufolge einzutreten.