99 V 157
Urteilskopf
99 V 157
49. Urteil vom 27. November 1973 i.S. Messmer gegen Ausgleichskasse Zürcher Arbeitgeber und AHV-Rekurskommission des Kantons Zürich
Regeste
Hilfsmittel gemäss Art. 21 IVG und 14 IVV: Fahrzeug, räumliche Veränderung, Fahrstuhl.
Die am Wohnhaus des gehunfähigen Versicherten angebrachte liftähnliche Hebebühne erfüllt keinen dieser Begriffe.
A.- Elisabeth Messmer, geboren 1945, zog sich bei einem Automobilunfall im Juli 1970 eine Querschnittläsion zu, weshalb sie ihr Coiffeurgeschäft aufgeben musste. Sie schulte sich von der Coiffeurmeisterin zur kaufmännischen Angestellten um. Die Versicherte ist an einen Rollstuhl gebunden und daher ausserstande, die Treppen des ihr gehörenden Einfamilienhauses ohne fremde Hilfe zu überwinden. Es wurde deshalb auf der Höhe des ersten Stockwerkes, wo sich das Zimmer von Elisabeth Messmer befindet, ein Balkon angebaut und dieser mittels einer Hebebühne vom Garten her zugänglich gemacht. Auf diese Weise vermag die Invalide ohne Dritthilfe von ihrem Invalidenauto direkt in ihr Zimmer und das Haus zu gelangen. Die Invalidenversicherung ist für medizinische und berufliche Massnahmen sowie für Hilfsmittel aufgekommen, hat es aber abgelehnt, "die eigentlichen Umbauten am Haus", worunter
BGE 99 V 157 S. 158
auch die Erstellung der Hebebühne zu verstehen ist, zu übernehmen (Verfügung der Ausgleichskasse Zürcher Arbeitgeber vom 20. Januar 1972).
B.- Gegen die Verweigerung der erwähnten Kostenübernahme liess Elisabeth Messmer Beschwerde erheben, die von der AHV-Rekurskommission des Kantons Zürich am 30. Januar 1973 jedoch abgewiesen worden ist.
C.- Die Versicherte verlangt mit ihrer Verwaltungsgerichtsbeschwerde erneut, dass die Kosten der Hebebühne der Invalidenversicherung belastet werden. Diese Vorrichtung brauche sie zur Überwindung des Weges von der Wohnung zur Strasse und damit zur Ausübung ihres Berufes.
Die Ausgleichskasse verzichtet ausdrücklich auf eine Stellungnahme zur Verwaltungsgerichtsbeschwerde, deren Abweisung vom Bundesamt für Sozialversicherung beantragt wird.
Das Eidg. Versicherungsgericht zieht in Erwägung:
1. Nach Art. 21 Abs. 1 IVG hat der Versicherte im Rahmen der in Art. 14 Abs. 1 IVV aufgeführten Liste Anspruch auf jene Hilfsmittel, die er unter anderem für die Ausübung der Erwerbstätigkeit benötigt. In der erwähnten Liste sind die in Frage kommenden Hilfsmittelkategorien abschliessend, die unter die einzelnen Kategorien fallenden Hilfsmittel hingegen nur exemplifikatorisch aufgezählt (BGE 98 V 50, ZAK 1969 S. 611).
Es fragt sich also, ob die von der Beschwerdeführerin verlangte Hebebühne sich unter eine dieser Hilfsmittelgruppen subsumieren lässt. Art. 14 Abs. 1 lit. g IVV nennt "Fahrzeuge mit den jeweils notwendigen Anpassungen an das Gebrechen, wie Zimmer- und Strassenfahrstühle, Selbstfahrer, zwei- oder dreirädrige Fahrräder, Motorroller mit zwei oder drei Rädern, Kabinenroller und Kleinautomobile". Aus dieser Aufzählung geht hervor, dass unter Fahrzeugen im Sinn invalidenversicherungsrechtlicher Hilfsmittel nur solche Transportmittel zu verstehen sind, die auf dem Boden durch eigene oder fremde Kraft unabhängig von Schienen fortbewegt werden können. Bei der Hebebühne dagegen handelt es sich um eine Einrichtung, die durch motorischen Antrieb entlang einem Führungselement sich liftähnlich nur in vertikaler Richtung bewegen lässt. Sie unterscheidet sich also wesentlich von den Hilfsmitteln, welche die lit. g zum Gegenstand hat, und lässt sich selbst bei extensiver
BGE 99 V 157 S. 159
Interpretation des Fahrzeugbegriffs nicht bei der dort erwähnten Hilfsmittelkategorie einordnen.Die Hebebühne fällt auch nicht unter die in lit. h des Art. 14 Abs. 1 IVV aufgeführte Art von Hilfsmitteln. Dort werden genannt "Hilfsgeräte am Arbeitsplatz, wie besondere Arbeitsgeräte und Sitzvorrichtungen, Zusatzgeräte für die Bedienung von Apparaten und Maschinen, Anpassung der Arbeitsfläche und der maschinellen Einrichtungen sowie räumliche Veränderungen". Bei diesen räumlichen Veränderungen handelt es sich ausschliesslich um Anpassungen am Arbeitsplatz selber, wie aus dem französischen und italienischen Verordnungstext eindeutig hervorgeht, wo von "aménagement... des locaux de travail" bzw. von "adeguamento... dei locali di lavoro" die Rede ist (ZAK 1966 S. 210).
Die übrigen in Art. 14 Abs. 1 IVV erwähnten Hilfsmittelkategorien fallen zum vornherein ausser Betracht.
Aus dem Gesagten ergibt sich, dass die Hebebühne bei keiner Hilfsmittelgruppe des Art. 14 Abs. 1 IVV eingeordnet werden kann, weshalb der Beschwerdeführerin aus dieser Bestimmung (in Verbindung mit Art. 21 Abs. 1 IVG) kein Anspruch zusteht.
2. Unabhängig von der Eingliederungsmöglichkeit hat der Versicherte Anspruch auf die in Art. 14 Abs. 2 IVV abschliessend aufgezählten Hilfsmittel, wenn er infolge seiner Invalidität für die Fortbewegung, für die Herstellung des Kontaktes mit der Umwelt oder für die Selbstsorge jener Geräte bedarf (Art. 21 Abs. 2 IVG).
Art. 14 Abs. 2 lit. f IVV sieht die Abgabe von Fahrstühlen vor. Dazu gehören nach der Rechtsprechung lediglich Zimmer- und Strassenfahrstühle ohne Motor (ZAK 1970 S. 627). Und nachdem das Gericht ausdrücklich verneint hat, dass ein elektrisch angetriebener Treppenlift unter die erwähnte lit. f untergeordnet werden kann (BGE 98 V 48), gilt dies noch in vermehrtem Mass für die motorisch betriebene Hebebühne. Die übrigen in Art. 14 Abs. 2 IVV aufgezählten Hilfsmittel fallen zum vornherein ausser Betracht.
Somit vermag die Beschwerdeführerin auch aus Art. 14 Abs. 2 IVV nichts zu ihren Gunsten abzuleiten.
Demnach erkennt das Eidg. Versicherungsgericht: Die Verwaltungsgerichtsbeschwerde wird abgewiesen.
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