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Urteilskopf

103 V 101


24. Urteil vom 14. April 1977 i.S. Bretscher gegen Kantonales Amt für Industrie, Gewerbe und Arbeit, Zürich, und Rekurskommission für die Arbeitslosenversicherung des Kantons Zürich

Regeste

Art. 13 Abs. 1 AlVG und Art. 1 Abs. 1 AlVV. Versicherungsfähigkeit eines Mitglieds der Kunstturner-Nationalmannschaft bejaht, das während eines bedeutenden Teils seiner Arbeitszeit vom Arbeitgeber für Training und Wettkampf beurlaubt wird und von dritter Seite den Lohnausfall vergütet erhält.

Sachverhalt ab Seite 101

BGE 103 V 101 S. 101

A.- Robert Bretscher (geb. 1953), Mitglied der Kunstturner-Nationalmannschaft, arbeitet seit 15. April 1969 als Maschinenschlosser bei der Schweiz. Lokomotiv- und Maschinenfabrik in Winterthur. Am 1. November 1975 ersuchte er
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um Aufnahme in die Paritätische Arbeitslosen-Versicherungskasse der Metall- und anderer Industrien von Winterthur und Umgebung. Er war im massgebenden Zeitraum vom 1. November 1974 bis 31. Oktober 1975 während 110 Tagen einer regelmässigen und überprüfbaren Tätigkeit als Arbeitnehmer nachgegangen. Während 160 Tagen war er für Training und Wettkampf beurlaubt. Den dadurch erlittenen Lohnausfall erhielt er von der Stiftung Schweizer Sporthilfe und der "Pro Elite ETV" vergütet.
Mit Verfügung vom 2. Dezember 1975 verneinte das Kantonale Amt für Industrie, Gewerbe und Arbeit, dem das Gesuch von der Kasse als Zweifelsfall unterbreitet worden war, die Versicherungsfähigkeit mangels Nachweises der regelmässigen Erwerbstätigkeit als Arbeitnehmer im massgebenden Zeitraum.

B.- Die Rekurskommission für die Arbeitslosenversicherung des Kantons Zürich wies durch Entscheid vom 10. März 1976 eine gegen diese Verfügung erhobene Beschwerde mit der Begründung ab, der Rekurrent sei während seiner Tätigkeit als Spitzensportler nicht als Arbeitnehmer erwerbstätig.

C.- Mit der vorliegenden Verwaltungsgerichtsbeschwerde lässt Robert Bretscher beantragen, in Aufhebung des kantonalen Entscheides und der Verfügung sei seine Versicherungsfähigkeit zu bejahen und die Kasse zu verpflichten, ihn ab 1. November 1975 gegen Arbeitslosigkeit zu versichern. Es wird im wesentlichen geltend gemacht, die dem Gesuchsteller von den Sportorganisationen vergüteten Ausfalltage für Training und Wettkampf, wofür er vom Arbeitgeber beurlaubt worden sei, müssten als Arbeitszeit angerechnet werden. An die Stelle der Tätigkeit im Betrieb sei als Surrogat - unter Aufrechterhaltung des Arbeitsvertrages - die sportliche Tätigkeit getreten; dienstliche und sportliche Tätigkeit seien gleichwertig zu erfassen. Andernfalls enthalte die gesetzliche Regelung eine Lücke, die es auszufüllen gelte.
Während das Kantonale Amt für Industrie, Gewerbe und Arbeit auf eine Stellungnahme zur Verwaltungsgerichtsbeschwerde verzichtet, schliesst das Bundesamt für Industrie Gewerbe und Arbeit auf deren Abweisung. Das Bundesamt erklärt, die sportliche Tätigkeit des Gesuchstellers könne nicht als Erwerbstätigkeit im Sinne des Gesetzes gelten. Selbst wenn dies angenommen würde, müsse trotz genügender Überprüfbarkeit
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dieser Tätigkeit die Vermittlungsfähigkeit verneint werden.

Erwägungen

Das Eidg. Versicherungsgericht zieht in Erwägung:

1. Beim Prozess um die Mitgliedschaft bei der Arbeitslosen-Versicherungskasse handelt es sich nicht um eine Streitigkeit um Versicherungsleistungen, weshalb das Eidg. Versicherungsgericht nur zu prüfen hat, ob der vorinstanzliche Entscheid Bundesrecht verletzt, einschliesslich Überschreitung oder Missbrauch des Ermessens, oder ob der rechtserhebliche Sachverhalt offensichtlich unrichtig, unvollständig oder unter Verletzung wesentlicher Verfahrensvorschriften festgestellt worden ist (Art. 132 in Verbindung mit Art. 104 lit. a und b sowie Art. 105 Abs. 2 OG).

2. Gemäss Art. 13 Abs. 1 AlVG, der auf den vorliegenden Fall Anwendung findet (Art. 38 Abs. 1 lit. a und Abs. 4 des Bundesbeschlusses über die Einführung der obligatorischen Arbeitslosenversicherung vom 8. Oktober 1976), dürfen die Kassen als Versicherte nur versicherungsfähige Arbeitnehmer aufnehmen. Versicherungsfähig ist, wer regelmässig als Arbeitnehmer eine Erwerbstätigkeit ausübt, die genügend überprüfbar ist (lit. b), und wer auf Grund seiner körperlichen und geistigen Fähigkeiten sowie seiner persönlichen Verhältnisse vermittlungsfähig ist (lit. c).
Als regelmässig erwerbstätige Arbeitnehmer gelten Personen, die in den 365 Tagen, welche dem Gesuch um Aufnahme in die Kasse vorausgehen, während mindestens 150 vollen Tagen im Dienste eines Arbeitgebers tätig gewesen sind und deren Tätigkeit genügend überprüfbar ist (Art. 1 Abs. 1 AlVV).

3. a) Im vorliegenden Fall ist unbestritten, dass der Beschwerdeführer die Voraussetzung von Art. 1 Abs. 1 AlVV erfüllt, sofern die ihm von der Stiftung Schweizer Sporthilfe bzw. der "Pro Elite ETV" vergüteten Ausfalltage, an denen er von seinem Arbeitgeber für Training und Wettkampf beurlaubt wurde, als genügend überprüfbare Arbeitszeit anzurechnen sind. Dies trifft zu. Die Abmachung, wonach der angestammte Arbeitgeber dem Eidgenössischen Turnverein gestattet, Robert Bretscher für die Verwirklichung seiner Ziele einzusetzen, gehört zum Inhalt des zwischen der Schweiz.
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Lokomotiv- und Maschinenfabrik und dem Beschwerdeführer geltenden Arbeitsvertrages. Robert Bretscher ist somit während der ihm zugestandenen Sporturlaube auch als Turner objektiv und in überprüfbarer Weise erwerbstätig, Nicht entscheidend ist dabei, ob der Beschwerdeführer für die Zeit des Urlaubs von der Stiftung Schweizer Sporthilfe bzw. der "Pro Elite ETV" eine Verdienstausfallentschädigung erhält Oder ob der angestammte Arbeitgeber ihn voll bezahlt und dafür von jenen Organisationen im Ausmass der Urlaubszeit entschädigt wird. Unerheblich ist schliesslich, ob Robert Bretscher auch zum Eidgenössischen Turnverein in einem Arbeitsverhältnis steht.
b) Es kann auch nicht gesagt werden, Robert Bretscher sei vermittlungsunfähig, weshalb seine Versicherungsfähigkeit zu verneinen sei. Der Beschwerdeführer hat zwar arbeitslosenversicherungsrechtlich keinen Anspruch darauf, während eines bedeutenden Teils seiner Arbeitszeit als Turner tätig zu sein. Es bestehen indessen keine Anhaltspunkte dafür, dass er im Falle von Arbeitslosigkeit als Maschinenschlosser objektiv nicht in der Lage wäre, eine ihm vermittelte, zumutbare Arbeit zu versehen, wobei er allenfalls auf Training und Wettkampf während der Arbeitszeit zu verzichten hätte.
c) Da der Beschwerdeführer auch die übrigen Voraussetzungen (Art. 13 Abs. 1 lit. a und d AlVG) offensichtlich erfüllt, muss er als versicherungsfähig bezeichnet werden.

Dispositiv

Demnach erkennt das Eidg. Versicherungsgericht:
In Gutheissung der Verwaltungsgerichtsbeschwerde werden der Entscheid der Rekurskommission für die Arbeitslosenversicherung des Kantons Zürich vom 10. März 1976 sowie die Verfügung des Kantonalen Amtes für Industrie, Gewerbe und Arbeit vom 2. Dezember 1975 aufgehoben. Es wird festgestellt, dass der Beschwerdeführer auf Grund seiner Anmeldung vom 1. November 1975 versicherungsfähig ist.

Inhalt

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Sachverhalt

Erwägungen 1 2 3

Dispositiv

Referenzen

Artikel: Art. 1 Abs. 1 AlVV, Art. 13 Abs. 1 AlVG, Art. 105 Abs. 2 OG, Art. 13 Abs. 1 lit. a und d AlVG