106 V 213
Urteilskopf
106 V 213
48. Urteil vom 16. Dezember 1980 i.S. Bubeck gegen Ausgleichskasse der schweizerischen Maschinen- und Metallindustrie und AHV-Rekurskommission des Kantons Zürich
Regeste
Art. 2 Abs. 3, Art. 8 Abs. 1 und 2 HVI und Ziff. 10.05* HVI Anhang.
Erfolgt ein Gesuch um Übernahme invaliditätsbedingter Abänderungen an Motorfahrzeugen nach Ablauf einer sechsjährigen Frist seit dem letzten Umbau und wurden solche Abänderungen anlässlich eines Wagenwechsels tatsächlich vorgenommen, so hat die Invalidenversicherung diese Kosten zu vergüten, ohne dass ein Nachweis der objektiven Notwendigkeit des Wagenwechsels zu erfolgen hat (Präzisierung der Rechtsprechung).
A.- Hans Bubeck, von Beruf kaufmännischer Angestellter, leidet, seit er im frühen Kindesalter eine Poliomyelitis durchgemacht hatte, an schweren Restlähmungen, insbesondere der unteren Extremitäten. Seit 1960 kam die Invalidenversicherung für verschiedene medizinische Eingliederungsmassnahmen und Hilfsmittel auf und übernahm u.a. mit Verfügung vom 29. August 1972
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die Kosten von Fr. 250.-- für das Abändern und Einbauen einer Handbremse in dem vom Versicherten selbst angeschafften Fahrzeug.Im Januar 1976 kaufte sich Hans Bubeck ein neues Auto, in das er ebenfalls eine spezielle Handbremse und gleichzeitig noch einen Blinkerhebel mit Scheinwerferkontakt einbauen liess. Die Rechnung der Garage T. vom 26. März 1976 für diese Änderungen belief sich auf Fr. 843.50. Am 18. Mai 1978 ersuchte Hans Bubeck die Invalidenversicherung um Vergütung dieses Rechnungsbetrages. Die Ausgleichskasse lehnte das Begehren mit Verfügung vom 14. Juli 1978 ab. Sie begründete dies damit, dass invaliditätsbedingte Abänderungskosten bei Autos höchstens alle sechs Jahre von der Invalidenversicherung zu übernehmen sind; da vorliegendenfalls die Abänderungen im Jahre 1976, d.h. nur gute vier Jahre nach der Abänderung vom April 1972 durchgeführt worden seien, könne die Invalidenversicherung für diese Kosten nicht aufkommen.
B.- Gegen diese Verfügung beschwerte sich Hans Bubeck bei der AHV-Rekurskommission des Kantons Zürich und machte geltend, wohl sei die Abänderung im Frühling 1976 durchgeführt worden, doch habe er das Gesuch um Kostenübernahme erst nach Ablauf der sechsjährigen Frist gestellt und es sei ihm klar, dass eine nächste Kostengutsprache erst 1984 erfolgen könne. Die Rekurskommission wies die Beschwerde mit Entscheid vom 6. Juli 1979 ab, wobei sie sich insbesondere auf Art. 48 Abs. 2 IVG stützte. Darnach sind Leistungen in Fällen, in denen sich ein Versicherter mehr als zwölf Monate nach Entstehung des Anspruches anmeldet, lediglich für die zwölf der Anmeldung vorangehenden Monate auszurichten. Die Rekurskommission folgerte daraus, die Anmeldung sei verspätet erfolgt, so dass die Beschwerde abgewiesen werden müsse.
C.- Mit Verwaltungsgerichtsbeschwerde erneuert Hans Bubeck das Begehren, in Aufhebung des Entscheides der Rekurskommission seien die Kosten der Abänderung seines jetzigen Autos im Betrage von Fr. 843.50 von der Invalidenversicherung zu übernehmen. Zur Begründung führt er im wesentlichen aus, da solche Abänderungskosten nur alle sechs Jahre übernommen würden, habe er den Antrag erst nach Ablauf dieser Zeitspanne, also 1978 stellen können. Man dürfe ihm deshalb nicht die zwölfmonatige Frist des Art. 48 Abs. 2 IVG entgegenhalten.
Während sich die Ausgleichskasse einer Stellungnahme enthält, beantragt das Bundesamt für Sozialversicherung die Gutheissung der Verwaltungsgerichtsbeschwerde in dem Sinne, dass dem Versicherten an die Kosten der Abänderung seines Wagens ein Betrag von Fr. 500.-- zugesprochen werden solle. Es führt dazu aus, wenn der Versicherte nach Ablauf der sechsjährigen Frist ein Gesuch um Kostenübernahme stelle, halte er sich an den praxisüblichen sechsjährigen Rhythmus, d.h. mit einer Bewilligung der Abänderungskosten wären die diesbezüglichen Leistungen bis im August 1984 durch die Invalidenversicherung abgegolten und es könnte erst dann wieder ein Kostenbeitrag an allfällig vorgenommene Abänderungen verlangt werden, gleichgültig, ob der Versicherte in der Zwischenzeit sein Fahrzeug ein- oder mehrmals wechsle. Da nur Anspruch auf Hilfsmittel in einfacher und zweckmässiger Ausführung bestehe, werde den vorliegenden Verhältnissen mit einem Schätzungsbetrag in der Höhe von Fr. 500.-- in jeder Form Rechnung getragen.
Das Eidg. Versicherungsgericht zieht in Erwägung:
2. Invalide haben Anspruch auf Eingliederungsmassnahmen, soweit diese notwendig und geeignet sind, die Erwerbsfähigkeit wieder herzustellen, zu verbessern, zu erhalten oder ihre Verwertung zu fördern (Art. 8 Abs. 1 IVG). Im Rahmen einer vom Bundesrat aufzustellenden Liste besteht Anspruch auf jene Hilfsmittel, deren der Versicherte für die Ausübung der Erwerbstätigkeit oder der Tätigkeit in seinem Aufgabenbereich, für die Schulung, die Ausbildung oder zum Zwecke der funktionellen Angewöhnung bedarf (Art. 21 Abs. 1 IVG). Nach Art. 21 Abs. 3 IVG und Art. 2 Abs. 4 HVI werden dem Versicherten die Hilfsmittel nur in einfacher und zweckmässiger Ausführung abgegeben. Laut Art. 2 Abs. 3 HVI erstreckt sich der Anspruch auch auf das invaliditätsbedingte notwendige Zubehör und die invaliditätsbedingten Anpassungen. Schafft ein Versicherter ein Hilfsmittel nach der im Anhang aufgeführten Liste selber an oder kommt er für die Kosten einer invaliditätsbedingten Anpassung selber auf, so hat er Anspruch auf Ersatz der Kosten, die der Versicherung bei eigener Anschaffung oder Kostenübernahme entstanden wären, gegebenenfalls unter Einschluss eines pauschalen Reparaturkostenanteils.
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Bei kostspieligen Hilfsmitteln, die ihrer Art nach auch für andere Versicherte Verwendung finden können, wird die Kostenvergütung in Form jährlicher Amortisationsbeiträge geleistet, welche entsprechend den Kosten und der möglichen voraussichtlichen Benützungsdauer festgesetzt werden. Ein pauschaler Reparaturkostenanteil ist darin einzuschliessen (Nach Ziff. 10.05* der Hilfsmittelliste (Anhang zur HVI) bezieht sich der Anspruch auch auf die invaliditätsbedingten Abänderungen von Motorfahrzeugen. Dazu hält das Bundesamt für Sozialversicherung in der Wegleitung über die Abgabe von Hilfsmitteln, gültig ab 1. Januar 1977, fest:
"Sowohl bei leihweiser Abgabe wie bei Gewährung von
Amortisationsbeiträgen
übernimmt die Invalidenversicherung zusätzlich die Kosten für die infolge
des Gebrechens erforderlichen invaliditätsbedingten Abänderungen, soweit
die Fahrzeuge nicht bereits fabrikmässig entsprechend ausgerüstet sind
(z.B. Getriebeautomat) (Rz 10.05.1*); bei Gewährung von
Amortisationsbeiträgen können diese Kosten bei Autos höchstens alle sechs
Jahre einmal übernommen werden (Rz 10.05.2*)."
3. Streitig ist im vorliegenden Fall, ob die Invalidenversicherung die Kosten der Abänderungen, welche die Garage T. am 30. Januar 1976 am neuen Fahrzeug des Beschwerdeführers vorgenommen hatte, zu vergüten hat.
Es steht fest, dass diese Abänderungen vor Ablauf der vom Eidg. Versicherungsgericht wiederholt bestätigten Sechs-Jahres-Frist gemäss Rz 10.05.2* der genannten Wegleitung erfolgt sind. Die letzte Abänderung wurde von der Invalidenversicherung mit Verfügung vom 29. August 1972 übernommen und stützte sich auf eine Rechnung vom 27. April 1972. Der Beschwerdeführer reichte aber das jetzt zu beurteilende Gesuch erst am 18. Mai 1978 ein und macht insbesondere geltend, es stehe ihm das Recht zu, alle sechs Jahre von der Invalidenversicherung die Übernahme der Kosten eines innert der vorangegangenen sechs Jahre ausgeführten Umbaus zu verlangen.
Im Urteil Kohler vom 8. November 1978 hat das Eidg. Versicherungsgericht bezüglich der Übernahme solcher Kosten festgehalten, dass die Zeitdauer von sechs Jahren der heute zu erwartenden Lebensdauer eines Fahrzeuges entspricht; dass bei einem - ausnahmsweisen und begründeten - früher erfolgten Wechsel des Fahrzeuges ein Abzug vorgenommen werden muss, der dem vorzeitigen Wechsel innerhalb der sechsjährigen
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Frist zu entsprechen hat, wobei dann die neue sechsjährige Periode ab sofort zu laufen beginnt; dass für Umbaukosten die Voraussetzung der Notwendigkeit gemäss Art. 8 Abs. 1 IVG ebenfalls zu beachten ist, woraus folgt, "dass mit dem Ablauf der sechsjährigen Frist nicht automatisch ein Anspruch auf Vergütung der Kosten eines neuen Umbaus entsteht, wenn der alte noch seinen Zweck versieht, und dass dementsprechend auch kein absoluter Anspruch auf Übernahme dieser Kosten pro rata temporis (gerechnet auf sechs Jahre) besteht" und dass bezüglich der Frist auf den Zeitpunkt des Umbaus abzustellen ist (BGE 104 V 186).Der Beschwerdeführer hat seinen Wagen, für den die Invalidenversicherung Amortisationsbeiträge leistete, bereits vier Jahre nach dem von ihr übernommenen Umbau gewechselt. Ein spezieller Anlass dazu, der - entsprechend dem Fall Kohler - die Annahme eines "ausnahmsweise und begründeten" Fahrzeugswechsels rechtfertigen würde, lag offenbar nicht vor. Hinzu kommt, dass dieser Wechsel verhältnismässig lange Zeit vor Ablauf der sechsjährigen Periode erfolgte. Demgemäss hätten dem Beschwerdeführer seinerzeit die pro rata temporis gekürzten Umbaukosten nicht vergütet werden dürfen, wenn er darum ersucht hätte. Anderseits wäre es bei konsequenter Auslegung der im Falle Kohler aufgestellten Grundsätze auch nicht möglich, mit der Rechnungsstellung für einen Umbau einfach den Ablauf der sechsjährigen Periode abzuwarten. Folglich müsste das Begehren abgewiesen werden.
4. Da dieses Resultat stossend wäre, möchte das Bundesamt für Sozialversicherung von einem Vergleich mit dem Fall Kohler absehen und schlägt vor, nach Ablauf der sechsjährigen Periode sei der Beitrag an die Umbaukosten zu leisten, gleichgültig, ob der Wagen in der Zwischenzeit ein- oder mehrmals gewechselt worden sei.
Das Gesamtgericht, dem diese Rechtsfragen unterbreitet worden sind, hat festgestellt, dass - in Präzisierung des Urteils Kohler - nach Ablauf der sechsjährigen Frist der Anspruch auf Kostenvergütung besteht, ohne dass die Notwendigkeit des (die neuerlichen Umbaukosten verursachenden) Wagenwechsels nachgewiesen werden muss; demgegenüber hat bei einem Wagenwechsel und bei Anspruchserhebung vor Ablauf der Sechs-Jahres-Frist ein solcher objektiver Nachweis zu erfolgen. Die Pro-rata-Vergütung ist zudem nicht bei jedem vorzeitigen
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Wagenwechsel zuzulassen, sondern nur, wenn er höchstens ein Jahr vor Ablauf der sechsjährigen Frist stattfindet. Sodann ist der Pro-rata-Abzug jeweilen auf dem ursprünglichen Rechnungsbetrag zu berechnen.Im vorliegenden Fall ist der Wagenwechsel mehr als zwei Jahre vor Ablauf der sechsjährigen Frist erfolgt. Der Beschwerdeführer hätte demzufolge, wenn er damals ein entsprechendes Gesuch gestellt hätte, nach den vorstehenden Ausführungen keinen Anspruch auf eine Pro-rata-Vergütung gehabt. Entgegen der Auffassung der Vorinstanz kann daher nicht gesagt werden, ein solcher Anspruch sei gestützt auf Art. 48 Abs. 2 IVG verwirkt. Da der Beschwerdeführer sein Gesuch um Übernahme der Anpassungen erst nach Ablauf der sechsjährigen Frist stellte, hat er die Notwendigkeit des Wagenwechsels nicht mehr nachzuweisen. Die Umbaukosten sind deshalb grundsätzlich von der Invalidenversicherung zu übernehmen.
Während der Beschwerdeführer aber 1972 die Anpassungen für Fr. 250.-- ausführen lassen konnte, legt er nunmehr eine Rechnung von Fr. 843.50 vor. Der Grund für diesen erheblichen Mehrbetrag dürfte hauptsächlich im Modell - es handelt sich um einen Plymouth - liegen. Wie erwähnt hat die Invalidenversicherung jedoch gestützt auf Art. 21 Abs. 3 IVG und Art. 2 Abs. 4 HVI nur Hilfsmittel in einfacher und zweckmässiger Ausführung zu übernehmen. Entsprechend dem Vorschlag des Bundesamtes für Sozialversicherung rechtfertigt es sich daher, den zu vergütenden Betrag auf Fr. 500.-- festzusetzen.
Demnach erkennt das Eidg. Versicherungsgericht:
In teilweiser Gutheissung der Verwaltungsgerichtsbeschwerde werden der Entscheid der AHV-Rekurskommission des Kantons Zürich vom 6. Juli 1979 und die Verfügung der Ausgleichskasse der schweizerischen Maschinen- und Metallindustrie vom 14. Juli 1978 aufgehoben und die Kasse verpflichtet, dem Beschwerdeführer an die Kosten der Abänderung an seinem Motorfahrzeug einen Betrag von Fr. 500.-- auszurichten.
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