14. Auszug aus dem Urteil vom 14. Juli 1982 i.S. Ausgleichskasse für Gewerbe, Handel und Industrie in Graubünden gegen Jörg und Verwaltungsgericht des Kantons Graubünden
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Regeste
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Art. 82 Abs. 1 AHVV.
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Übersicht über die Entwicklung der Rechtsprechung.
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BGE 108 V 50 (51): Aus den Erwägungen:
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Die Kasse beruft sich in diesem Zusammenhang auf Randziffer 502 der Wegleitung über den Bezug der Beiträge, wo das Bundesamt mit dem Hinweis auf das in ZAK 1973 S. 78 veröffentlichte Urteil erklärt, im Konkurs des Arbeitgebers erhalte die Ausgleichskasse in dem Zeitpunkt Kenntnis vom Schaden, in welchem der Verlust der Beitragsforderung amtlich festgestellt werde. Diese amtliche Feststellung fällt nach Auffassung der Kasse mit der Schliessung des Konkurses durch den Richter zusammen, weil das Ergebnis jeden Konkursverfahrens so lange nicht zweifelsfrei feststehe, als der Richter nicht nach sorgfältiger Prüfung des ihm von der Konkursverwaltung unterbreiteten Berichtes das Konkursverfahren geschlossen habe.
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Das Bundesamt räumt ein, dass die Ausgleichskasse mit der Auflage von Schlussrechnung und Verteilungsliste sowie nach Erhalt der die Forderung der Kasse betreffenden Spezialanzeige samt Auszug aus der Verteilungsliste vom 4. April 1978 zumindest mit grosser Wahrscheinlichkeit mit dem Verlust ihrer Beitragsforderung habe rechnen müssen. Es pflichtet jedoch der Auffassung der Ausgleichskasse bei, dass diese erst mit der Beendigung des Konkursverfahrens durch den Konkursrichter die definitive Höhe des Forderungsausfalles gekannt habe. An den Begriff der "Kenntnis des Schadens" seien besonders hohe Anforderungen zu stellen, u. a. weil die als Schadenersatz entrichteten Beiträge den individuellen Konten der betroffenen Arbeitnehmer dann nicht gutgeschrieben würden, wenn die Arbeitnehmerbeiträge seinerzeit BGE 108 V 50 (52):
vom Lohn nicht abgezogen worden seien (Art. 138 Abs. 3 AHVV), so dass im Verjährungsfall nachteilige Auswirkungen auf die Renten entstehen würden. Abgesehen davon habe der Gesetzgeber im SchKG wohl mit guten Gründen die Beendigung des Konkursverfahrens durch den Richter verlangt.
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5. In EVGE 1957 S. 226 (= ZAK 1957 S. 459) hat das Eidg. Versicherungsgericht den Grundsatz aufgestellt, dass eine Ausgleichskasse erst in dem Zeitpunkt im Sinne von Art. 82 Abs. 1 AHVV Kenntnis des Schadens habe, in dem sie unter Beachtung der ihr zumutbaren Aufmerksamkeit und unter Berücksichtigung der allgemeinen Entwicklung der Praxis erkennen muss, dass die tatsächlichen Gegebenheiten nicht mehr erlauben, die Beiträge einzufordern, wohl aber eine Schadenersatzpflicht nach sich ziehen können. Dass eine solche Annahme nur dann zulässig wäre, wenn der Verlust durch einen formellen Akt einer das SchKG anwendenden Behörde festgestellt worden ist, lässt sich dem zitierten Urteil nicht entnehmen. Es besteht auch sonst kein Grund zur Annahme, dass für die Bestimmung des Zeitpunktes, in welchem die Ausgleichskasse vom Schadenseintritt Kenntnis hat, irgendwie von den allgemeinen Beweisregeln abgewichen werden müsste, wonach auf das Ergebnis der Prüfung aller im konkreten Einzelfall erheblichen Umstände abzustellen ist.
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In dem in ZAK 1973 S. 78 publizierten Urteil hat das Gericht den im Jahre 1957 aufgestellten Grundsatz ausdrücklich bestätigt mit der Bemerkung, es sei "im vorliegenden Fall" der Schaden in dem Zeitpunkt als eingetreten zu betrachten, in welchem amtlich festgestellt wurde, dass der Konkurs fruchtlos geblieben war. Das Gericht betrachtete in diesem Fall den massgebenden Zeitpunkt als mit der Einstellung des Konkurses identisch. Im gleichen Sinne äusserte sich das Eidg. Versicherungsgericht in BGE 103 V 122. Damit wurde zwar auf einen formellen Akt des Konkursrichters abgestellt, der das Konkursverfahren abgeschlossen hatte. Entscheidend daran war aber nicht die Tatsache, dass mit diesem Akt der Konkursrichter das Konkursverfahren beendet hatte, sondern dass damit feststand, es gebe "weder etwas zu verwerten noch zu verteilen" (FRITZSCHE, Schuldbetreibung und Konkurs II, 2. Aufl., S. 112), woraus der Verlust der Beitragsforderung der Ausgleichskasse resultiere. In die nämliche Richtung weist auch das unveröffentlichte Urteil Müller und Nyffeler vom 21. November 1978, worin nicht etwa der Schluss des Konkursverfahrens durch den Konkursrichter als für den Schadenseintritt massgeblicher Zeitpunkt BGE 108 V 50 (53):
genannt wird, sondern die zeitlich frühere Ausstellung des Konkursverlustscheines.
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Zusammengefasst ergibt sich aus der bisherigen Rechtsprechung des Eidg. Versicherungsgerichtes, dass die Kenntnis des Schadenseintritts zwar mit derjenigen vom Schluss des Konkursverfahrens zusammenfallen kann - wie im Falle der Einstellung des Konkurses mangels Aktiven -, es aber nicht notwendigerweise muss, wenn der Verlust der Beitragsforderung bei Beachtung der zumutbaren Aufmerksamkeit bereits vorher feststellbar war, wie beispielsweise bei Erhalt des Verlustscheines. Es kann also der These der Ausgleichskasse und des Bundesamtes nicht gefolgt werden, dass ein Beitragsverlust im Konkursverfahren eines Beitragsschuldners allgemein erst mit dem Schluss des Konkursverfahrens durch den Konkursrichter feststehe.
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Der Kollokationsplan wurde von der Ausgleichskasse nicht angefochten. Ob andere Gläubiger sich rechtzeitig dagegen beschwert haben, kann offen bleiben. Jedenfalls wäre es der Ausgleichskasse zuzumuten gewesen, nach Ablauf der Beschwerdefrist sich innerhalb nützlicher Frist über den endgültigen Charakter der Verteilungsliste zu erkundigen. Keinesfalls durfte sie damit ein halbes Jahr, vom April bis zum Oktober 1978, zuwarten. Als sie am 4. Oktober 1979 gegenüber X Jörg die Schadenersatzverfügung erliess, war die einjährige Verjährungsfrist des Art. 82 Abs. 1 AHVV abgelaufen gewesen. Somit erweist sich die Verwaltungsgerichtsbeschwerde als unbegründet.
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