Urteilskopf
108 V 100
25. Auszug aus dem Urteil vom 17. Mai 1982 i.S. K. gegen Arbeitslosenkasse des Kantons Zürich und Rekurskommission für die Arbeitslosenversicherung des Kantons Zürich
Regeste
Art. 24 Abs. 2 lit. c AlVG und Art. 15 Abs. 2 AlVV.
Wann hat ein Werkstudent als vermittlungsfähig zu gelten?
Aus den Erwägungen:
2. Auch bei einem Studenten, der studiumbegleitend oder zwischen einzelnen Studienabschnitten einer Erwerbstätigkeit nachgeht, beurteilt sich nach den allgemeinen versicherungsrechtlichen Voraussetzungen, ob ihm ein Anspruch auf Arbeitslosenentschädigung zusteht. Dabei stellt sich insbesondere die Frage nach der Vermittlungsfähigkeit. Zur Vermittlungsfähigkeit gehört nicht nur die Arbeitsfähigkeit im objektiven Sinne, sondern auch die subjektive Bereitschaft des Versicherten, seine Arbeitskräfte entsprechend seinen körperlichen und geistigen Fähigkeiten sowie seinen persönlichen Verhältnissen während der üblichen Arbeitszeit einzusetzen (ARV 1979 Nr. 7 S. 49).
Es gilt zu unterscheiden zwischen Studenten, welche ganz- oder teilzeitlich eine dauerhafte Erwerbstätigkeit ausüben, und solchen, die nur sporadisch Gelegenheitsarbeit übernehmen. Der Student, der - allenfalls unter Inkaufnahme eines zeitlich erheblich verlängerten Studienganges - vor Eintritt der Arbeitslosigkeit im Prinzip voll erwerbstätig war, sein Studium nebenbei absolviert und weiterhin zu voller Erwerbstätigkeit bereit und imstande wäre, hat als vermittlungsfähig zu gelten (ARV 1977 Nr. 18 S. 90).
Ob ein teilzeitbeschäftigter Student vermittlungsfähig ist, beurteilt sich nach der Regel des Art. 15 Abs. 1 AlVV, wonach Versicherte, die vor der Arbeitslosigkeit teilzeitbeschäftigt waren, nicht als vermittlungsfähig gelten, wenn sie nicht bereit und in der Lage sind, mindestens eine Halbtagsstelle anzunehmen. Ob diese Voraussetzung in einem konkreten Fall erfüllt ist, muss nach der im Sozialversicherungsrecht geltenden Regel des Wahrscheinlichkeitsbeweises erstellt sein.
Insbesondere stellt sich die Frage nach der Vermittlungsfähigkeit jener Studenten, die nur bereit sind, für kürzere Zeitspannen oder sporadisch einer Erwerbstätigkeit nachzugehen. Solche Studenten befinden sich in einer ähnlichen Lage wie jene Versicherten, die sich einer Organisation für temporäre Arbeit für eine Reihe von Arbeitseinsätzen von unregelmässiger Dauer und Häufigkeit zur Verfügung stellen, aber keine feste Stelle annehmen wollen. Diese Personen gelten erst von dem Zeitpunkt an als vermittlungsfähig, da sie bereit sind, eine feste Stelle von einer gewissen minimalen Dauer anzunehmen, und dadurch ihre Vermittlungsbereitschaft bekunden (ARV 1977 Nr. 15 S. 78). In analoger Weise muss
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einem Studenten, der sich nur für einzelne, relativ kurz dauernde Arbeitseinsätze zur Verfügung stellt, die Vermittlungsbereitschaft und damit die Vermittlungsfähigkeit abgesprochen werden.
3. a) Der Beschwerdeführer hat zwischen dem 1. Juni 1979 und dem 31. August 1980 mehrere Arbeitsstellen in der Region Zürich innegehabt. Vom Juni bis zu seiner fristlosen Entlassung am 22. Juli 1979 war er als Nachtportier mit 50 Wochenstunden im Hotel Helmhaus tätig. Vom 31. Juli bis zur Kündigung durch den Arbeitgeber am 17. August 1979 arbeitete er als Sekretariatsaushilfe einer in der Arbeitgeberbescheinigung nicht näher bezeichneten Firma, die ihm 100 Arbeitsstunden bescheinigte. Anschliessend war er Aushilfe in der Firma Kühlapparate GmbH Sibir, wo er 40 Arbeitsstunden absolvierte. Diese Anstellung war zum vornherein bis Ende August 1979 befristet. Vom 15. Oktober 1979 bis 30. Juni 1980 war er als Hilfsarbeiter bei der Firma Messerli Kunststoffe AG angestellt. Die wöchentliche Arbeitszeit betrug - nach den eigenen Angaben des Beschwerdeführers gegenüber der Arbeitslosenkasse - im Durchschnitt rund 20 Stunden. Diese Stelle hat er wegen Meinungsverschiedenheiten mit dem Arbeitgeber aufgegeben. Zum Teil während des gleichen Zeitraumes, nämlich vom 4. November 1979 bis 29. Februar 1980, war der Beschwerdeführer während einer wöchentlichen Normalarbeitszeit von 18 Stunden im Hotel Waldhaus-Dolder beschäftigt. Diese Stelle wurde ihm wegen übertriebener Lohnforderungen und schlechter Leistungen wieder gekündigt. In der Zeit vom 4. November 1979 bis 29. Februar 1980 betrug die wöchentliche Arbeitszeit des Beschwerdeführers somit rund 38 Stunden. Schliesslich arbeitete er vom 1. Juli bis 31. August 1980 wiederum als Nachtportier bei einer wöchentlichen Arbeitszeit von 50 Stunden im Hotel Central, wo ihm ebenfalls seitens der Arbeitgeberfirma gekündigt wurde. Am 15. September 1980 begann seine erste Stempelperiode, die bis zum 27. September 1980 dauerte.
Vom 29. September 1980 hinweg war der Beschwerdeführer bei der Firma Medac Treuhand AG, und am 10. November 1980 begann die zweite Stempelperiode, die am 17. November 1980 durch die Arbeitsaufnahme bei der Migros beendet wurde.
b) Aus diesen Darlegungen ergibt sich, dass der Beschwerdeführer seit der Aufnahme einer Erwerbstätigkeit im Juni 1979 bis zum Beginn der ersten Stempelperiode wöchentlich zwischen 38 und 50 Stunden gearbeitet hat. Ausgenommen sind lediglich die Monate März bis Juni 1980, als die wöchentliche durchschnittliche
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Arbeitszeit 20 Stunden betrug. In den beiden der Arbeitslosigkeit unmittelbar vorangegangenen Monaten entsprach seine wöchentliche Arbeitszeit jedoch wieder einer ganztägigen Beschäftigung. Der Meldung des Städtischen Arbeitsamtes Zürich vom 23. September 1980 an die Arbeitslosenkasse ist ferner zu entnehmen, dass der Beschwerdeführer damals eine Arbeit von täglich vier Arbeitsstunden suchte und nachmittags an der Universität Vorlesungen besuchen wollte. Wie viele Stunden er dann ab 29. September 1980 bis zur zweiten Stempelperiode bei der Treuhandfirma Medac effektiv gearbeitet hat, ist aus den Akten nicht ersichtlich.Diese Gegebenheiten zeigen mit hinreichender Zuverlässigkeit, dass für beide Stempelperioden die Vermittlungsbereitschaft und Vermittlungsfähigkeit des Beschwerdeführers bejaht werden muss. Und da dieser nach übereinstimmender Feststellung von Vorinstanz und Arbeitslosenkasse auch den gesetzlich erforderlichen Beschäftigungsnachweis erbringen kann (Art. 9 Abs. 2 AlVB), hat er für beide Stempelperioden grundsätzlich Anspruch auf Arbeitslosenentschädigung.