BGE 148 V 102
 
9. Auszug aus dem Urteil der I. sozialrechtlichen Abteilung i.S. Fussballclub A. AG gegen Amt für Wirtschaft und Arbeit (Beschwerde in öffentlich-rechtlichen Angelegenheiten)
 
8C_463/2021 vom 9. November 2021
 
Regeste
Art. 6 der Verordnung 2 vom 13. März 2020 über Massnahmen zur Bekämpfung des Coronavirus (COVID-19) (Änderung vom 16. März 2020); Art. 4 der Verordnung vom 20. März 2020 über Massnahmen im Bereich der Arbeitslosenversicherung im Zusammenhang mit dem Coronavirus (COVID-19) (Art. 8b der Änderung vom 25. März 2020; Art. 9 der Änderung vom 9. April 2020); Weisungen des SECO 2020/06 vom 9. April 2020 und 2020/10 vom 22. Juli 2020 (Aktualisierung Sonderregelungen aufgrund der Pandemie); Voranmeldung von Kurzarbeit.
Als Zeitpunkt der behördlichen Massnahme im Sinne der SECO-Weisungen gilt für den professionellen Fussballbetrieb der 17. März 2020, als ein komplettes Verbot für Sportveranstaltungen in Kraft trat (E. 6.3).
 
Sachverhalt


BGE 148 V 102 (103):

A. Die Fussballclub A. AG reichte am 24. März 2020 (Postaufgabe) beim Amt für Wirtschaft und Arbeit des Kantons St. Gallen (AWA) eine Voranmeldung für Kurzarbeit für den Gesamtbetrieb für den Zeitraum vom 14. März bis zum 30. Juni 2020 ein. Zur Begründung gab sie an, der Trainingsbetrieb sei aufgrund der vom Bundesrat ausgerufenen ausserordentlichen Lage am 14. März 2020 vollumfänglich eingestellt worden. Mit Verfügung vom 2. April 2020 bewilligte das AWA unter Vorbehalt der Erfüllung der übrigen Anspruchsvoraussetzungen die Kurzarbeit ab dem 26. März 2020. Die dagegen erhobene Einsprache hiess das AWA teilweise gut und erhob gegen die Ausrichtung von Kurzarbeitsentschädigung im Zeitraum vom 24. März bis zum 23. September 2020 keinen Einspruch (Einspracheentscheid vom 20. Mai 2020).
B. Die von der Fussballclub A. AG hiergegen geführte Beschwerde hiess das Versicherungsgericht des Kantons St. Gallen mit Entscheid vom 28. April 2021 teilweise gut. Es hob den Einspracheentscheid

BGE 148 V 102 (104):

vom 20. Mai 2020 auf und setzte den Beginn des Anspruchs auf Kurzarbeitsentschädigung auf den 17. März 2020 fest.
C. Mit Beschwerde in öffentlich-rechtlichen Angelegenheiten lässt die Fussballclub A. AG beantragen, es sei der angefochtene Entscheid aufzuheben und der Beginn des Anspruchs auf Kurzarbeitsentschädigung auf den 13. März 2020 festzusetzen. Eventualiter sei die Angelegenheit zur korrekten Feststellung des Sachverhalts und zum erneuten Entscheid an die Vorinstanz zurückzuweisen.
Das AWA, das Staatssekretariat für Wirtschaft (SECO) und die Vorinstanz verzichten auf eine Vernehmlassung.
Das Bundesgericht weist die Beschwerde ab.
 
Aus den Erwägungen:
 
Erwägung 3
3.1 Beabsichtigt ein Arbeitgeber, für seine Arbeitnehmer Kurzarbeitsentschädigung geltend zu machen, so muss er dies der kantonalen Amtsstelle grundsätzlich mindestens zehn Tage vor Beginn der Kurzarbeit schriftlich melden. Die Voranmeldefrist für Kurzarbeit beträgt ausnahmsweise drei Tage, wenn der Arbeitgeber nachweist, dass die Kurzarbeit wegen plötzlich eingetretener Umstände, die nicht voraussehbar waren, eingeführt werden muss (Art. 36 Abs. 1 AVIG [SR 837.0] in Verbindung mit Art. 58 Abs. 1 AVIV [SR 837.02]). Es handelt sich bei der Voranmeldefrist um eine Verwirkungsfrist (vgl. BGE 110 V 334 E. 3d). Hat der Arbeitgeber die Kurzarbeit ohne entschuldbaren Grund verspätet angemeldet, so wird der Arbeitsausfall erst anrechenbar, wenn die für die Meldung vorgeschriebene Frist abgelaufen ist (Art. 58 Abs. 4 AVIV). Der Arbeitgeber hat die Kurzarbeit auf dem Formular des SECO zu melden (Art. 59 Abs. 2 AVIV).
3.2 Der Bundesrat ordnete am 28. Februar 2020 Massnahmen in einer besonderen Lage nach Art. 6 Abs. 2 lit. b des Bundesgesetzes vom 28. September 2012 über die Bekämpfung übertragbarer Krankheiten des Menschen (Epidemiengesetz, EpG; SR 818.101) an und erliess in der Folge die Verordnung 2 vom 13. März 2020 über Massnahmen zur Bekämpfung des Coronavirus (COVID-19) (COVID-19-Verordnung 2; AS 2020 773), welche um 15.30 Uhr

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gleichentags in Kraft trat (AS 2020 777). Am 16. März 2020 stufte er die Situation schliesslich als "ausserordentliche Lage" gemäss Art. 7 EpG ein und änderte gestützt auf diese rechtliche Grundlage die COVID-19-Verordnung 2 (AS 2020 783). So wurden unter anderem in deren Art. 6 Veranstaltungen, einschliesslich Sportveranstaltungen und Vereinsaktivitäten, verboten und diverse öffentlich zugängliche Einrichtungen für das Publikum geschlossen (sog. "Lockdown"). Diese Verordnungsänderung trat am 17. März 2020 um 00.00 Uhr in Kraft.
3.3 Mit der Verordnung vom 20. März 2020 über Massnahmen im Bereich der Arbeitslosenversicherung im Zusammenhang mit dem Coronavirus (COVID-19) (COVID-19-Verordnung Arbeitslosenversicherung; SR 837.033) hat der Bundesrat Erleichterungen in Bezug auf die Kurzarbeit eingeführt und u.a. den Anspruch auf Kurzarbeitsentschädigung auf bestimmte Anspruchsgruppen ausgeweitet. Art. 4 Abs. 1 COVID-19-Verordnung Arbeitslosenversicherung sah etwa vor, dass in Abweichung von Art. 33 Abs. 1 lit. e AVIG ein Arbeitsausfall anrechenbar ist, soweit er Personen betrifft, die in einem Arbeitsverhältnis auf bestimmte Dauer, einem Lehrverhältnis oder im Dienste einer Organisation für Temporärarbeit stehen (AS 2020 877). In der Fassung vom 26. März 2020 (vgl. AS 2020 1075) bestimmte der Bundesrat in Art. 8b, dass der Arbeitgeber in Abweichung von Art. 36 Abs. 1 AVIG und Art. 58 Abs. 1 bis 4 AVIV für die Anmeldung von Kurzarbeit keine Voranmeldefrist abwarten muss, wenn er beabsichtigt, für seine Arbeitnehmenden Kurzarbeitsentschädigung geltend zu machen (Abs. 1). Gemäss Abs. 2 kann die Kurzarbeit auch telefonisch vorangemeldet werden. Der Arbeitgeber muss die telefonische Voranmeldung aber unverzüglich schriftlich bestätigen. In der Fassung vom 9. April 2020 (AS 2020 1201) bestimmte der Bundesrat schliesslich, dass diese einschliesslich der bisher ergangenen Änderungen rückwirkend per 1. März 2020 in Kraft gesetzt werde (Art. 9 COVID-19-Verordnung Arbeitslosenversicherung).
Die Aufhebung der Voranmeldefrist hatte zum Ziel, Hürden zum Einsatz von Kurzarbeitsentschädigung abzubauen und Entlassungen zu vermeiden sowie die Liquidität der Unternehmen zu verbessern. Die Arbeitnehmer sollten bereits ab dem Tag der Voranmeldung für Kurzarbeitsentschädigung resp. ab dem Tag der Schliessung des Betriebs Kurzarbeitsentschädigung beziehen können (vgl. Erläuterungen des SECO zur COVID-19-Verordnung Arbeitslosenversicherung, Ziff. 3.1 Art. 8b).


BGE 148 V 102 (106):

3.4 Das SECO erliess zwecks einheitlicher Rechtsanwendung - an die Durchführungsstellen gerichtete - Weisungen. Namentlich wurde am 9. April 2020 die Weisung 2020/06 (Aktualisierung Sonderregelungen aufgrund der Pandemie) herausgegeben. In dieser wurde auf S. 7 unter dem Titel "Voranmeldung von Kurzarbeit" zunächst der in Art. 8b der COVID-19-Verordnung Arbeitslosenversicherung statuierte Wegfall der Voranmeldefrist erwähnt. Des Weiteren wurde festgehalten, dass bei verspätet eingereichten Anträgen das Eingangsdatum 17. März 2020 gesetzt werde, wenn der Betrieb aufgrund der behördlichen Massnahmen habe schliessen müssen und der Antrag vor dem 31. März 2020 (Eingangsdatum/Poststempel) eingereicht worden sei. In einer weiteren Weisung 2020/10 vom 22. Juli 2020 führte das SECO präzisierend aus, bei verspätet eingereichten Anträgen, die bis zum 31. März 2020 eingereicht worden seien und die sich auf Betriebsschliessungen (behördliche Massnahmen) beziehen würden, könne das Datum der behördlichen Massnahme (in der Regel sei das der 17. März 2020, aber z.B. bei einem Skigebiet der 13. März 2020) als Eingangsdatum gesetzt werden. Falls bisher für den Vormonat einzig aus dem Grund, dass weitere Anspruchsgruppen erst zu einem späteren Zeitpunkt neu zu den Berechtigten zählten, keine Kurzarbeitsentschädigung beantragt worden sei, könne die Voranmeldung für den Vormonat auch rückwirkend erfolgen. Die Gewährung von Kurzarbeitsentschädigung im Zusammenhang mit dem Coronavirus erfolge in einem summarischen Verfahren rasch und unbürokratisch.
 
Erwägung 4
4.1 Die Vorinstanz erwog, grundsätzlich könne der Anspruch auf Kurzarbeitsentschädigung auch im Anwendungsbereich der COVID-19-Verordnung Arbeitslosenversicherung erst ab der Anmeldung (ex nunc) entstehen. Allerdings sei zu berücksichtigen, dass die nachträglich zum Anspruch auf Kurzarbeitsentschädigung führenden Einschränkungen gemäss COVID-19-Verordnung 2 sehr kurzfristig eingeführt worden seien. So habe der Bundesrat am 28. Februar 2020 Veranstaltungen mit über 1000 Personen verboten. Die Verordnung sei gleichentags in Kraft getreten. Mit Verordnung vom 13. März 2020 habe er sodann öffentliche und private Veranstaltungen mit 100 Personen oder mehr Teilnehmenden verboten. Für Veranstaltungen mit weniger als 100 Personen hätten die Veranstalter die Einhaltung bestimmter Präventionsmassnahmen sicherstellen müssen. Diese Verordnung sei ebenfalls gleichentags um 15.30 Uhr in

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Kraft getreten. Per 17. März 2020 habe der Bundesrat schliesslich jegliche öffentliche oder private Veranstaltungen, einschliesslich Sportveranstaltungen und Vereinsaktivitäten, untersagt (vgl. E. 3.2 hiervor). Damit habe im Zeitpunkt der Einführung der nachmalig zu Kurzarbeit berechtigenden behördlichen Massnahmen für die Arbeitgebenden noch gar keine Möglichkeit bestanden, Kurzarbeit überhaupt (befristete Angestellte) oder zumindest mit der sonst geltenden 10- resp. 3-tägigen Voranmeldefrist (unbefristete Angestellte) anzumelden. Dies widerspreche offensichtlich der bundesrätlichen Intention, zu verhindern, dass die Arbeitgebenden resp. ihre Mitarbeitenden aufgrund einer erst später erfolgten, weil erst später möglichen Anmeldung eines Teils ihres Anspruchs auf Kurzarbeitsentschädigung verlustig gingen. Es habe demnach möglich sein müssen, nach Inkrafttreten der Bestimmung von Art. 8b COVID-19-Verordnung Arbeitslosenversicherung während einer angemessenen Nachfrist Ansprüche auch rückwirkend geltend zu machen. Das SECO habe dieses Problem dahingehend gelöst, dass es unter bestimmten Voraussetzungen für verspätete Anmeldungen die Fiktion eines Gesuchseingangs am 17. März 2020 aufgestellt habe (vgl. E. 3.4 hiervor). Diese Weisung verletze kein Bundesrecht. Vielmehr biete sie eine praktikable, leicht umsetzbare und landesweit einheitliche Regelung, um das vorgenannte Ziel der bundesrätlichen Verordnung umzusetzen. Sie lasse eine dem Einzelfall angepasste und gerecht werdende Auslegung der anwendbaren Verordnungsbestimmungen zu.
4.2 Verwaltungsweisungen richten sich grundsätzlich nur an die Durchführungsstellen und sind für das Sozialversicherungsgericht nicht verbindlich. Indes berücksichtigt das Gericht diese Weisungen insbesondere dann und weicht nicht ohne triftigen Grund davon ab, wenn sie eine dem Einzelfall angepasste und gerecht werdende Auslegung der anwendbaren gesetzlichen Bestimmungen zulassen und eine überzeugende Konkretisierung der rechtlichen Vorgaben enthalten. Dadurch trägt es dem Bestreben der Verwaltung Rechnung, durch interne Weisungen eine rechtsgleiche Gesetzesanwendung zu gewährleisten. Auf dem Wege von Verwaltungsweisungen dürfen keine über Gesetz und Verordnung hinausgehenden Einschränkungen eines materiellen Rechtsanspruchs eingeführt werden (BGE 140 V 543 E. 3.2.2.1; vgl. auch BGE 140 V 343 E. 5.2; je mit Hinweisen). Grundsätzlich ist diejenige Fassung mitzuberücksichtigen, die der Entscheidbehörde im Verfügungszeitpunkt vorgelegen (und ihr

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gegenüber Bindungswirkung entfaltet) hat. Spätere Ergänzungen können allenfalls in die Entscheidfindung einfliessen, insbesondere wenn sie Schlüsse zulassen auf eine bereits zuvor gelebte Verwaltungspraxis (vgl. BGE 147 V 278 E. 2.2 mit Hinweis).
4.3 Der vorinstanzlichen Beurteilung, wonach die fraglichen Weisungen des SECO eine dem Einzelfall angepasste und gerecht werdende Auslegung der anwendbaren Verordnungsbestimmungen zulassen und eine rechtsgleiche Behandlung gewährleisten, kann gefolgt werden. Die Anwendbarkeit der SECO-Weisungen wird vor Bundesgericht denn auch von keiner Seite bestritten. Wie das kantonale Gericht richtig erwog, bestand gerade für Arbeitgebende von befristet Angestellten - auch die Beschwerdeführerin beschäftigt hauptsächlich befristet angestellte Personen - zum Zeitpunkt der zu Kurzarbeit berechtigenden behördlichen Massnahmen noch gar keine Möglichkeit, Kurzarbeit anzumelden; erst am 20. März 2020 wurde die Kurzarbeitsentschädigung auf Personen in befristeten Arbeitsverhältnissen ausgeweitet (Art. 4 COVID-19-Verordnung Arbeitslosenversicherung; AS 2020 877). Die Regelung trat rückwirkend per 1. März 2020 in Kraft (vgl. E. 3.3 hiervor). Vor diesem Hintergrund besteht kein Anlass, von der Regelung in den Weisungen des SECO abzuweichen, wonach bei bis zum 31. März 2020 eingereichten Anträgen eine rückwirkende Voranmeldung (fiktives Eingangsdatum) möglich ist (vgl. E. 3.4 hiervor). Dass damit eine über die Verordnung hinausgehende Einschränkung eines materiellen Rechtsanspruchs eingeführt worden wäre, macht die Beschwerdeführerin zu Recht nicht geltend.
4.4 Die Möglichkeit eines rückwirkenden Beginns der Kurzarbeit ist im Übrigen mittlerweile auf Gesetzesstufe verankert: So sieht (der hier allerdings nicht anwendbare) Art. 17b Abs. 2 Covid-19-Gesetz (SR 818.102; Stand 2. September 2021) vor, dass Betrieben, die aufgrund der seit dem 18. Dezember 2020 beschlossenen behördlichen Massnahmen von Kurzarbeit betroffen sind, der Beginn der Kurzarbeit in Abweichung von Art. 36 Abs. 1 AVIG auf Gesuch hin rückwirkend auf das Inkrafttreten der entsprechenden Massnahme bewilligt wird. Das Gesuch ist bis zum 30. April 2021 bei der kantonalen Amtsstelle einzureichen. In seiner Botschaft vom 17. Februar 2021 zu einer Änderung des Covid-19-Gesetzes betreffend Härtefälle, Arbeitslosenversicherung, familienergänzende Kinderbetreuung und Kulturschaffende, zu einem Bundesbeschluss über die Finanzierung von Härtefallmassnahmen nach dem Covid-19-Gesetz

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und zu einer Änderung des Arbeitslosenversicherungsgesetzes hielt der Bundesrat entsprechend fest, die Voranmeldefrist führe teilweise dazu, dass der Anspruch auf Kurzarbeitsentschädigung nicht ab Beginn der behördlichen Massnahmen entstehe, sondern erst nach Ablauf der Voranmeldefrist. Es soll deshalb die Möglichkeit eingeführt werden, den Beginn der Kurzarbeit - ausnahmsweise und unabhängig vom Zeitpunkt der Voranmeldung - rückwirkend auf das Datum des Inkrafttretens der behördlichen Massnahmen festzusetzen (BBl 2021 285 23/38 und 30/38, Ziff. 4.2.2 und Ziff. 5.1 Art. 17b).
(...)
 
Erwägung 6
6.1 Es steht fest, dass die Beschwerdeführerin am 24. März 2020 (Poststempel) eine Voranmeldung für Kurzarbeit für den Zeitraum vom 14. März bis zum 30. Juni 2020 eingereicht hat. Die Voranmeldung erfolgte damit grundsätzlich verspätet. Gemäss Weisung des SECO 2020/06 vom 9. April 2020 wird bei verspätet eingereichten Anträgen das Eingangsdatum 17. März 2020 gesetzt, wenn der Betrieb aufgrund der behördlichen Massnahmen schliessen musste und seinen Antrag vor dem 31. März 2020 (Eingangsdatum/ Poststempel) eingereicht hat. Entsprechend dieser Regelung setzte die Vorinstanz den Beginn des Anspruchs auf den 17. März 2020 und damit rückwirkend fest. Es fragt sich, ob der Anspruchsbeginn auf den Zeitpunkt des behördlichen Verbots von Sportveranstaltungen, d.h. auf den 17. März 2020 (vgl. Art. 6 COVID-19-Verordnung 2, in Kraft ab 17. März 2020 [AS 2020 783]) festzusetzen ist oder ob der Anspruch bereits ab dem Zeitpunkt einer "faktischen Betriebsschliessung" beginnt, was nach Auffassung der Beschwerdeführerin am 13. März 2020 der Fall war, als öffentliche oder private Veranstaltungen mit 100 oder mehr Personen gänzlich verboten wurden und Veranstaltungen unter 100 Personen nur unter Einhaltung von bestimmten Präventionsmassnahmen noch durchgeführt werden durften (vgl. Art. 6 COVID-19-Verordnung 2, in Kraft ab 13. März 2020 um 15.30 Uhr [AS 2020 773]).
6.2 Die Beschwerdeführerin macht geltend, gestützt auf die COVID-19-Verordnung Arbeitslosenversicherung könne die Kurzarbeitsentschädigung rückwirkend ab dem Zeitpunkt der Betriebsschliessung bezogen werden, wobei der Bundesrat mit der Rückwirkung der Verordnung auf den 1. März 2020 den maximalen zeitlichen Rahmen festgelegt habe. Entgegen der Vorinstanz liege eine Betriebsschliessung nicht erst dann vor, wenn der Betrieb

BGE 148 V 102 (110):

aufgrund eines Verbots formell komplett geschlossen worden sei, sondern bereits dann, wenn von einer faktischen Betriebsschliessung auszugehen sei. Entscheidend sei einzig, ob die Leistungserbringung gegenüber der Kundschaft aufgrund der behördlichen Massnahmen stark beeinträchtigt gewesen sei und daraus erhebliche wirtschaftliche Einbussen resultierten. Bezeichnenderweise habe das SECO in seiner Weisung 2020/10 (Aktualisierung Sonderregelungen aufgrund der Pandemie, Stand 22. Juli 2020) festgehalten, das Datum der Betriebsschliessung sei in der Regel der 17. März 2020, bei anderen Betrieben, wie etwa einzelnen Skigebieten, der 13. März 2020. Das zeige, dass je nach Betrieb bereits ab einem früheren Zeitpunkt ein faktisch geschlossener Betrieb vorgelegen habe, auch wenn noch Veranstaltungen bis und mit 99 Personen möglich gewesen seien. Weiter sei auch mit Blick auf Art. 32 Abs. 1 lit. b AVIG nicht ersichtlich, weshalb lediglich ein 100%iger Arbeitsausfall (aufgrund eines kompletten Betriebsverbots) eine Anmeldung ersetzen soll. Schliesslich dränge sich auch bei verfassungskonformer Auslegung der COVID-19-Verordnung Arbeitslosenversicherung eine Gleichbehandlung der faktisch geschlossenen Betriebe mit den aufgrund eines formellen Verbots vollständig untersagten Betrieben auf.
6.3 Anders als die Beschwerdeführerin glauben machen will, wurde mit der COVID-19-Verordnung Arbeitslosenversicherung nicht generell auf das Erfordernis einer Voranmeldung verzichtet, wie auch die Vorinstanz richtig erwog (vgl. E. 3.3 des angefochtenen Entscheids). Mit Art. 8b Abs. 2 der Verordnung (AS 2020 1075) wurde vielmehr daran festgehalten. Diese Bestimmung sieht vor, dass die Kurzarbeit auch telefonisch vorangemeldet werden kann, wobei der Arbeitgeber die telefonische Voranmeldung unverzüglich schriftlich bestätigen muss. Einen rückwirkenden Beginn der Kurzarbeit sieht die COVID-19-Verordnung Arbeitslosenversicherung gerade nicht vor. Indessen kann gemäss Weisung des SECO 2020/10 für verspätete Anträge, die bis zum 31. März 2020 eingereicht wurden und die sich auf Betriebsschliessungen (behördliche Massnahmen) beziehen, als (fiktives) Eingangsdatum das Datum der behördlichen Massnahme gesetzt werden. In der Regel sei das der 17. März 2020, in gewissen Fällen hingegen - so etwa bei einigen Skigebieten - der 13. März 2020. Diese Regelung ist aus den bereits dargelegten Gründen (vgl. E. 4.3 hiervor) nicht zu beanstanden. Für den hier zu beurteilenden Fall bedeutet dies, dass als fiktives Datum der Voranmeldung der 17. März 2020 festzulegen ist. Ab diesem Zeitpunkt trat ein komplettes Verbot für Sportveranstaltungen und Vereinsaktivitäten in

BGE 148 V 102 (111):

Kraft, was nach den zutreffenden Erwägungen der Vorinstanz für die Beschwerdeführerin als Organisatorin und Leiterin eines professionellen Fussballbetriebs einer Betriebsschliessung gleich kam. Wie die Vorinstanz richtig erwog, kann der Entscheid der Swiss Football League vom 13. März 2020, den Spielbetrieb bis auf Weiteres auszusetzen, hingegen nicht als behördliche Massnahme im Sinne der Weisungen des SECO betrachtet werden. Da die Anmeldung der Kurzarbeit unbestrittenermassen vor dem 31. März 2020 erfolgte, ist der Anspruchsbeginn nach dem Gesagten - entsprechend den Weisungen des SECO - auf den 17. März 2020 festzulegen.
6.4 Zwar ist gemäss Weisung des SECO 2020/10 für gewisse Betriebe, wie etwa einzelne Skigebiete, der 13. März 2020 massgebender Zeitpunkt der Betriebsschliessung, wie die Beschwerdeführerin zutreffend vorbringt. Diese Regelung dürfte aber darauf zurückzuführen sein, dass das Bundesamt für Gesundheit mit Medienmitteilung vom 14. März 2020 die zum damaligen Zeitpunkt noch offenen Skigebiete dazu aufforderte, den Betrieb umgehend zu schliessen. Vor diesem Hintergrund erscheint nachvollziehbar, dass für bestimmte Skigebiete der Beginn der Kurzarbeit auf den 13. März 2020 festzulegen ist. Jedenfalls kann die Beschwerdeführerin aus der für gewisse Skigebiete vorgesehenen Sonderregelung gemäss Weisung des SECO 2020/10 vom 22. Juli 2020 nicht ableiten, dass der Beginn der Kurzarbeit auf den Zeitpunkt der "faktischen Betriebsschliessung" festzusetzen sei.
6.5 Soweit die Beschwerdeführerin zur Begründung ihrer Sichtweise weiter vorbringt, aufgrund der mit der bundesrätlichen Notverordnung beabsichtigten effektiven, schnellen und unbürokratischen Hilfe sei der Begriff der Betriebsschliessung extensiv auszulegen, kann ihr nicht gefolgt werden. Es trifft zu, dass die Gewährung von Kurzarbeitsentschädigung im Zusammenhang mit dem Coronavirus in einem summarischen Verfahren rasch und unbürokratisch erfolgen sollte (vgl. E. 3.4 am Ende hiervor). Diesen Prinzipien würde es aber geradezu widersprechen, wenn die Verwaltung - wie von der Beschwerdeführerin postuliert - in jedem einzelnen Fall prüfen müsste, ab welchem Zeitpunkt aufgrund der behördlichen Massnahmen ein rentabler Betrieb nicht mehr möglich war und infolgedessen von einer "faktischen Betriebsschliessung" auszugehen ist. Ein bestimmter Stichtag - wie hier der 17. März 2020 - bietet viel eher Gewähr für eine schnelle und unbürokratische Hilfe für die Arbeitgebenden.


BGE 148 V 102 (112):

6.6 Etwas anderes ergibt sich schliesslich auch nicht aus einer verfassungskonformen Auslegung der COVID-19-Verordnung Arbeitslosenversicherung. Insbesondere ist nicht ersichtlich, weshalb der Grundsatz der Gleichbehandlung (vgl. Art. 8 Abs. 1 BV) verletzt sein soll, wenn für sämtliche Betriebe bei verspäteter Voranmeldung - ausnahmsweise - der Beginn der Kurzarbeit auf den Zeitpunkt der Betriebsschliessung, was im Regelfall der 17. März 2020 ist, festgesetzt wird.