BGer 5C.271/1999
 
BGer 5C.271/1999 vom 13.03.2000
[AZA 0]
5C.271/1999/bnm
II. Z I V I L A B T E I L U N G ********************************
13. März 2000
Es wirken mit: Bundesrichter Reeb, Präsident der II. Zivilabteilung,
Bundesrichter Raselli, Ersatzrichter Riemer und
Gerichtsschreiber Levante.
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In Sachen
Z.________ AG,
Klägerin und Berufungsklägerin, vertreten durch Rechtsanwalt Dr. Hans Zehnder, Bahnhofplatz 1, 5400 Baden,
gegen
Y.________, Beklagter und Berufungsbeklagter, vertreten durch Fürsprecher Dr. Beat Ries, Bleichemattstrasse 43, Postfach, 5001 Aarau,
betreffend
definitive Eintragung eines Bauhandwerkerpfandrechts, hat sich ergeben:
A.- Die Z.________ AG lieferte als Subunternehmerin der Firma X.________ AG verschiedene Lüftungsaggregate. Diese sog. Monoblocs wurden auf das Grundstück von Y.________, GB Schinznach-Dorf Nr. x, Parzelle xx, in die Betriebszentrale des Bözberg-Autobahntunnels eingebaut.
B.- Zur Sicherung ihrer Forderung gegen die X.________ AG ersuchte die Z.________ AG am 31. Mai 1995 beim Bezirksgerichtspräsidium Brugg um die Eintragung eines Bauhandwerkerpfandrechts. Auf Beschwerde hin wies das Obergericht des Kantons Aargau mit Urteil vom 4. Juni 1996 das Grundbuchamt Brugg an, zu Gunsten der Z.________ AG auf dem Grundstück von Y.________ ein Bauhandwerkerpfandrecht für den Betrag von Fr. 89'864. 55 nebst Zins zu 5% ab 27. Juni 1995 vorläufig einzutragen; weiter wurde der Z.________ AG eine Frist von drei Monaten zur Einreichung der Klage auf definitive Eintragung angesetzt. Das Bezirksgericht Brugg wies die fristgerecht erhobene Klage mit Urteil vom 19. Mai 1998 ab und ordnete die Löschung der vorläufigen Grundbucheintragung an. Dagegen erhob die Z.________ AG Appellation, welche das Obergericht des Kantons Aargau mit Urteil vom 1. Oktober 1999 abwies.
C.- Mit eidgenössischer Berufung vom 30. November 1999 beantragt die Z.________ AG dem Bundesgericht, das Urteil des Obergerichts des Kantons Aargau vom 1. Oktober 1999 aufzuheben und das Grundbuchamt Brugg anzuweisen, zu ihren Gunsten das Bauhandwerkerpfandrecht definitiv einzutragen. Es wurde keine Berufungsantwort eingeholt. Die Vorinstanz hat auf Gegenbemerkungen verzichtet.
Das Bundesgericht zieht in Erwägung:
1.- Es ist unbestritten, dass vorliegend die gesetzlichen Voraussetzungen für die definitive Eintragung des Bauhandwerkerpfandrechts im geltend gemachten Umfang an sich erfüllt sind und im massgebenden Zeitraum nicht der Kanton Aargau, sondern der Beklagte im Grundbuch als Eigentümer des fraglichen Grundstückes eingetragen war. Umstritten ist hingegen, ob die Eintragung nicht daran scheitern muss, dass es sich beim fraglichen Grundstück um Verwaltungsvermögen des Kantons Aargau handelt, welches mangels Pfändbarkeit gar nicht mit einem Bauhandwerkerpfandrecht belastet werden kann (vgl. BGE 120 II 321 E. 2b).
a) Eine privatrechtliche Sache kann dem Verwaltungsvermögen zugeordnet werden, wenn sie öffentlichen Zwecken dient und unter der Verfügungsgewalt des Staates steht(BGE 107 II 44 E. 1b). Für den Bau von Nationalstrassen beschliesst die zuständige kantonale Behörde über die vorzeitige Besitzeinweisung des erforderlichen Landes, wenn mit dem Strassenbau vor Abschluss des Landumlegungsverfahrens begonnen werden muss (Art. 37 des Bundesgesetzes über die Nationalstrassen vom 8. März 1960; NSG, SR 725. 11). Die Vorinstanz hat die Zugehörigkeit des Grundstückes des Beklagten zum Verwaltungsvermögen des Kantons Aargau im Wesentlichen damit bejaht, dass es diese Eigenschaft durch die vorzeitige Besitzeinweisung im Sinne von Art. 37 NSG erhalten habe, welche ihrerseits auf einem gültigen verwaltungsrechtlichen Vertrag zwischen dem Kanton Aargau und dem Beklagten beruhe.
b) Soweit die Klägerin geltend macht, eine vorläufige Besitzeinweisung könne nur durch Verfügung des Regierungsrates erfolgen und selbst im gegenteiligen Fall sei keine gültige vertragliche Vereinbarung zustande gekommen, sind ihre Vorbringen unbehelflich. Zum einen ist der verwaltungsrechtliche Vertrag in Enteignungssachen auf dem Gebiet des Nationalstrassenbaus zulässig (BGE 114 Ib 142 E. 3b S. 147 ff., 149); zum anderen bestimmen die Kantone die Art des Landerwerbs selbst (Art. 32 NSG in Verbindung mit dem aargauischen Dekret über Bau und Unterhalt der Nationalstrassen vom 27. April 1971). Die Vorinstanz hat in tatsächlicher Hinsicht - für das Bundesgericht verbindlich (Art. 63 Abs. 2 OG) - festgestellt, dass der verwaltungsrechtliche Vertrag durch die Bezahlung einer Entschädigung und den effektiven Beginn der Bauarbeiten mittels stillschweigender regierungsrätlicher Genehmigung zustande gekommen ist. Wenn das Obergericht vor diesem Hintergrund die vorläufige Besitzeinweisung zu Gunsten des Kantons und damit das Vorliegen von Verwaltungsvermögen angenommen hat, ist keine Verletzung von Bundesrecht ersichtlich.
2.- Die Klägerin bringt weiter unter Hinweis auf das Öffentlichkeitsprinzip des Grundbuchs und die Rechtssicherheit vor, aus dem Grundbuch sei keine Eintragung (Eigentum, Verfügungsbeschränkung gemäss Art. 960 ZGB, vorläufige Eintragung gemäss Art. 961 ZGB) ersichtlich, welche darauf hinweise, dass das Grundstück zum Verwaltungsvermögen des Staates gehöre. Sie habe gestützt auf Auskünfte der Generalunternehmerin und des Grundbuchamts gutgläubig und im Vertrauen auf die Grundbucheintragungen sowie das ihr bei allfälligen Zahlungsschwierigkeiten der Generalunternehmerin zustehende Bauhandwerkerpfandrecht gehandelt.
a) Wer sich in gutem Glauben auf einen Eintrag im Grundbuch verlassen und daraufhin Eigentum oder andere dingliche Rechte erworben hat, ist in diesem Erwerb zu schützen (Art. 973 Abs. 1 ZGB). Die Vorinstanz ist zum Schluss gekommen, dass die Klägerin nicht gutgläubig sein konnte und es an ihr gelegen wäre, sich über den Stand des Enteignungsverfahrens zu erkundigen. Die Vorbringen der Klägerin sind indessen nicht geeignet, eine Verletzung von Bundesrecht darzutun.
b) Die Vorinstanz hält zu Recht fest, dass die in- frage stehende vorzeitige Besitzeinweisung als solche nicht im Grundbuch eintragbar gewesen wäre. Soweit die Klägerin geltend macht, sie habe gestützt auf ihren guten Glauben annehmen dürfen, das auf den Beklagten als Privatperson eingetragene Grundstück könne nicht zum Verwaltungsvermögen des Staates gehören und sei daher pfändbar, übergeht sie, dass der gute Glaube gemäss Art. 973 Abs. 1 ZGB nicht absolut geschützt ist. Vielmehr darf sich auch in diesem Zusammenhang gemäss Art. 3 Abs. 2 ZGB derjenige nicht auf seinen guten Glauben berufen, welcher bei der Aufmerksamkeit, wie sie nach den Umständen von ihm verlangt werden darf, nicht gutgläubig sein konnte (BGE 109 II 102 E. 2a S. 104, 82 II 103 E. 5 S. 112; Deschenaux in: Schweizerisches Privatrecht V/3, II, S. 788, 792 f.). Die Klägerin hätte sich, was immer ihr die Generalunternehmerin oder das Grundbuchamt erklärt haben mögen, darüber Rechenschaft ablegen müssen, dass eine - unbestrittenermassen öffentlichen Zwecken dienende - Betriebszentrale für einen Autobahntunnel unmöglich pfändbar und verwertbar, bzw. Teil eines pfändbaren und verwertbaren Grundstückes sein kann; der Gedanke an eine derartige Verwertbarkeit erscheint geradezu als abwegig. Der Staat nimmt ein derartiges Bauprojekt nicht in Angriff, ohne sich in geeigneter Weise das Verfügungsrecht am betreffenden Grundstück zu sichern, d.h. dieses in irgendeiner geeigneten Form in sein Verwaltungsvermögen zu überführen; dies beinhaltet nicht notwendigerweise eine Eigentumsübertragung (vgl. BGE 95 I 243 E. 2 S. 247; Häfelin/Müller, Grundriss des Allgemeinen Verwaltungsrechts, 3. A., Rz 1848; Zobl, Das Bauhandwerkerpfandrecht de lege lata und de lege ferenda, ZSR 101/1982 II S. 137). Die Klägerin hätte sich angesichts der genannten Umstände - ohne dass eingehendere Nachforschungen nötig gewesen wären (BGE 109 II 102 E. 2b S. 104) - bei den für den Autobahnbau zuständigen Behörden entsprechend informieren können und müssen. Dies hat sie unterlassen; etwas anderes lässt sich den verbindlichen Tatsachenfeststellungen der Vorinstanz nicht entnehmen (Art. 63 Abs. 2 OG). Wenn sich die Klägerin unter diesen Umständen nicht entsprechend informiert hat, liess sie es an der nötigen Aufmerksamkeit gemäss Art. 3 Abs. 2 ZGB fehlen und ist daher nicht als gutgläubig im Sinne von Art. 973 Abs. 1 ZGB zu betrachten. Die Beklagte muss sich die vorzeitige Besitzeinweisung des Kantons Aargau, bzw. die Zugehörigkeit des Grundstücks zum Verwaltungsvermögen und damit die fehlende Belastbarkeit durch ein Bauhandwerkerpfandrecht entgegenhalten lassen.
c) Da die Vorinstanz ohne Verletzung von Bundesrecht annehmen durfte, dass die Klägerin nicht gutgläubig sein konnte und sich nicht auf den von Art. 973 Abs. 1 ZGB gewährten Vertrauensschutz berufen durfte, kann offen bleiben, welche Bedeutung und Wirkung die Grundbuchanmerkung "Regulierungsgebiet N3" hat.
3.- Soweit die Klägerin sodann vorbringt, der Beklagte sei nicht legitimiert, den Einwand zu erheben, dass es sich beim fraglichen Grundstück um Verwaltungsvermögen handle, sind ihre Vorbringen ebenfalls unbegründet. Da sich die Klage auf definitive Eintragung des Bauhandwerkerpfandrechts gegen den Eigentümer des Grundstücks richtet, hat der Beklagte ohne weiteres das Recht, gegen ihn erhobene Ansprüche abzuwehren, damit das Enteignungsverfahren zu gegebener Zeit zu Ende geführt werden kann. Unbehelflich ist ebenfalls das Vorbringen der Klägerin, ein Teil des fraglichen Grundstückes werde durch die Betriebszentrale gar nicht in Anspruch genommen und sei, da es sich insofern nicht um Verwaltungsvermögen handle, pfändbar. Dem steht indessen der Umstand entgegen, dass die Klägerin - selbst wenn man eine derartige Aufteilung vornehmen wollte - ihre Leistungen auf alle Fälle nur zugunsten des zum Verwaltungsvermögen gehörenden Teils des Grundstückes erbracht hat und daher den anderen Teil gerade nicht beanspruchen darf. Soweit sie schliesslich sinngemäss Subrogation in die zu erwartende Enteignungsentschädigung an den Beklagten geltend macht, geht sie fehl. Zum einen erhält der Beklagte für eine von Dritten - u.a. von der Klägerin - in fremdem Auftrag erstellte Baute keine Enteignungsentschädigung; zum anderen ist die Klägerin an einer allfälligen Entschädigung für das Land, namentlich auch für das unbebaute, nicht berechtigt, da ihre Leistungen mit dessen Wert nichts zu tun haben.
4.- Aus diesen Gründen ist die Berufung abzuweisen und das Urteil des Obergerichts des Kantons Aargau vom 1. Oktober 1999 zu bestätigen. Bei diesem Ausgang des Verfahrens wird die Klägerin kostenpflichtig (Art. 156 Abs. 1 OG). Da auf die Einholung einer Berufungsantwort verzichtet wurde, entfällt eine Entschädigungspflicht.
Demnach erkennt das Bundesgericht:
1.- Die Berufung wird abgewiesen und das Urteil des Obergerichts des Kantons Aargau (1. Zivilkammer) vom 1. Oktober 1999 bestätigt.
2.- Die Gerichtsgebühr von Fr. 4'000. -- wird der Klägerin auferlegt.
3.- Dieses Urteil wird den Parteien sowie dem Obergericht des Kantons Aargau (1. Zivilkammer) schriftlich mitgeteilt.
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Lausanne, 13. März 2000
Im Namen der II. Zivilabteilung des
SCHWEIZERISCHEN BUNDESGERICHTS
Der Präsident:
Der Gerichtsschreiber: