BGer H 277/1999 |
BGer H 277/1999 vom 05.06.2001 |
[AZA 7]
|
H 277/99 Gb
|
I. Kammer
|
Präsident Lustenberger, Bundesrichter Schön, Borella, Rüedi und Bundesrichterin Leuzinger; Gerichtsschreiber Attinger
|
Urteil vom 5. Juni 2001
|
in Sachen
|
A.________, Beschwerdeführer,
|
gegen
|
Ausgleichskasse für das schweizerische Bankgewerbe, Ankerstrasse 53, 8026 Zürich, Beschwerdegegnerin,
|
und
|
Verwaltungsgericht des Kantons Freiburg, Givisiez
|
A.- Mit Verfügung vom 13. November 1998 sprach die Ausgleichskasse für das schweizerische Bankgewerbe dem am 19. Oktober 1933 geborenen A.________ ab 1. November 1998 eine ordentliche Altersrente in der Höhe von Fr. 1990. - pro Monat nebst einer Zusatzrente für seine Ehefrau B.________ von monatlich Fr. 597. - zu. Nachdem diese am 16. März 1999 das 62. Altersjahr zurückgelegt hatte, sprach die Ausgleichskasse mit zwei Verfügungen vom 24. März 1999 den Eheleuten A.________ mit Wirkung ab 1. April 1999 je eine ordentliche, unter Mitberücksichtigung gesplitteter Erwerbseinkommen und Erziehungsgutschriften individuell ermittelte Altersrente zu, wobei die Summe der beiden Vollrenten nach Skala 44 auf den monatlichen Betrag von Fr. 3015. - plafoniert wurde. Die verfügte Altersrente von A.________ beläuft sich auf Fr. 1495. -, diejenige von B.________ auf Fr. 1520. - pro Monat (bei einem massgebenden durchschnittlichen Jahreseinkommen des Ehemannes von Fr. 61'506. - bzw. der Ehefrau von Fr. 63'918. -).
|
B.- A.________ führte gegen beide Rentenverfügungen vom 24. März 1999 Beschwerde beim Verwaltungsgericht des Kantons Freiburg und beantragte, es seien ihm und seiner Ehefrau Altersrenten gleicher Höhe zuzusprechen, nämlich im Betrage von je Fr. 1507. 50 pro Monat. Das kantonale Gericht wies die Beschwerde mit Entscheid vom 1. September 1999 ab. Überdies auferlegte es A.________ die Verfahrenskosten von Fr. 250. - wegen mutwilliger Beschwerdeführung (Festhalten "an einer nach dem Inkrafttreten der allgemein bekannten 10. AHV-Revision gesetzwidrigen Auffassung").
|
C.- Mit Verwaltungsgerichtsbeschwerde erneuert A.________ sein vorinstanzlich erhobenes Begehren und wendet ein, es sei "wirtschaftlich falsch", bei der Ermittlung des jeweils massgebenden durchschnittlichen Jahreseinkommens die ihm angerechneten Erwerbseinkommen durch 44 und die seiner Ehefrau gutgeschriebenen bloss durch 41 zu teilen. Ferner bestreitet er den Vorwurf mutwilliger Prozessführung.
|
Während die Ausgleichskasse ausdrücklich auf eine Stellungnahme zur Verwaltungsgerichtsbeschwerde verzichtet, haben sich das Bundesamt für Sozialversicherung (BSV) und die als Mitinteressierte beigeladene B.________ dazu nicht vernehmen lassen. Das Eidg. Versicherungsgericht zieht in Erwägung:
|
1.- a) Im kürzlich ergangenen BGE 126 V 455 hat das Eidgenössische Versicherungsgericht das Recht zur Beschwerdeerhebung nach Art. 84 Abs. 1 AHVG auch für den Ehegatten des Adressaten einer auf Grund des AHVG erlassenen Verfügung bejaht, wenn und soweit sich der Verwaltungsakt unmittelbar oder allenfalls in einem späteren Zeitpunkt auf die Höhe seiner Altersrente auswirkt oder auswirken kann. Ist der Ehegatte im dargelegten Sinne betroffen, ist er, soweit beschwert, auch legitimiert, gegen den Entscheid der kantonalen Rekursbehörde gemäss Art. 84 Abs. 2 und Art. 85 Abs. 1 AHVG Verwaltungsgerichtsbeschwerde zu erheben (Art. 103 lit. a OG), und zwar ungeachtet, ob er die Verfügung angefochten hatte oder nicht. Für den (gesamten) verwaltungsgerichtlichen Prozess ergibt sich daraus folgerichtig für den Fall, wo nur der Ehegatte, der nicht Verfügungsadressat war, Beschwerde erhoben hat, dass der Verfügungsadressat ins Verfahren miteinzubeziehen ist, als Partei, wenn er eigene Rechtsbegehren stellt, oder dann als Mitinteressierter (BGE 126 V 459 Erw. 2d mit Hinweisen).
|
b) Das Eidgenössische Versicherungsgericht hat im zitierten Urteil unter dem Gesichtspunkt des Betroffen-Seins beider Ehegatten namentlich auch auf den im Rahmen der 10. AHV-Revision neu gefassten, am 1. Januar 1997 in Kraft getretenen Art. 35 AHVG hingewiesen. Nach Abs. 1 dieser Gesetzesbestimmung beträgt die Summe der beiden Altersrenten eines Ehepaares (lit. a), oder wenn ein Ehegatte Anspruch auf eine Altersrente und der andere Anspruch auf eine Rente der Invalidenversicherung hat (lit. b), maximal 150 % des Höchstbetrages der Altersrente. Als Folge der Plafonierung der "Summe der beiden Renten für Ehepaare" (so die Überschrift zu Art. 35 AHVG) kann also die Höhe der Altersrente (oder Invalidenrente) eines Ehegatten von Anfang an oder nachträglich reduziert werden, und zwar im Verhältnis ihres Anteils an der Summe der ungekürzten Renten (Art. 35 Abs. 3 AHVG). Diese Regel greift allerdings nicht und eine Kürzung entfällt bei Ehepartnern, deren gemeinsamer Haushalt richterlich aufgehoben wurde (Art. 35 Abs. 2 AHVG; zur ratio legis dieser Bestimmung [Gleichstellung mit Einzelpersonen und Konkubinatspaaren] vgl. die in BGE 126 V 459 Erw. 2c/bb in fine angeführten Gesetzesmaterialien).
|
c) Angesichts der gesetzlich verankerten starren Koppelung der plafonierten Individualrenten von Ehepaaren (die Erhöhung der einen Rente bewirkt grundsätzlich die zwangsläufige Senkung der andern) sind beide Ehegatten vom Entscheid über die Rente des jeweils anderen Ehegatten direkt betroffen. Unter verfahrensrechtlichem Blickwinkel drängt es sich deshalb auf, dass die Verwaltung in Fällen, in denen die Voraussetzungen der Plafonierung gegeben sind, als Ausfluss des verfassungsrechtlichen Gehörsanspruchs (Art. 29 Abs. 2 BV) beide Rentenverfügungen beiden Ehegatten eröffnet (vgl. BGE 113 V 4 Erw. 3a; ferner Praxis 1998 Nr. 26 S. 171 Erw. 3a). Diese in BGE 126 V 459 Erw. 2d in fine ausdrücklich offen gelassene Frage ist demnach zu bejahen.
|
Ist eine Verfügung über eine plafonierte Individualrente nur dem Verfügungsadressaten eröffnet worden und hat dieser Beschwerde erhoben, muss das erstinstanzliche Gericht entweder den anderen Ehegatten beiladen oder die Sache an die Verwaltung zurückweisen, damit letztere dessen Verfahrensrechte wahre (durch Zustellung der angefochtenen Rentenverfügung auch an den mitbetroffenen Ehegatten, der diesbezüglich nicht Verfügungsadressat ist; vgl. BGE 113 V 5 Erw. 4a mit Hinweisen; ferner Praxis 1998 Nr. 26 S. 171 Erw. 3a in fine; vgl. auch RKUV 1997 Nr. U 270 S. 143, Nr. U 276 S. 196 Erw. 2, je mit Hinweisen).
|
d) Vorliegend hat die Ausgleichskasse ihre beiden Verfügungen über plafonierte Altersrenten nur dem jeweiligen Verfügungsadressaten eröffnet. Ferner hat die Vorinstanz die Beschwerdelegitimation des Ehemannes zwar auch mit Bezug auf die an die Ehefrau gerichtete Rentenverfügung stillschweigend anerkannt (beide Verfügungen wurden als Anfechtungs- und Streitgegenstand betrachtet), sie hat es indessen versäumt, die Ehefrau, welche ihrerseits keine Beschwerde erhob, ins erstinstanzliche Verfahren mit einzubeziehen und ihr dergestalt das rechtliche Gehör zu gewähren (es erfolgte lediglich eine Zustellung des vorinstanzlichen Entscheids auch an die Ehefrau). Von einer Rückweisung der Streitsache an die Verwaltung oder ans kantonale Gericht wegen der dargelegten Eröffnungs- und Verfahrensmängel kann jedoch im Hinblick auf die dem Eidgenössischen Versicherungsgericht hier zustehende volle Kognition (Art. 132 OG) ausnahmsweise abgesehen werden (BGE 126 I 72, 126 V 132 Erw. 2b, je mit Hinweisen). Mit der letztinstanzlichen Beiladung der Ehefrau des Beschwerdeführers als Mitinteressierte (sie hat in keinem Verfahrensstadium eigene Rechtsbegehren erhoben; vgl. Erw. 1a hievor in fine) wurde ihren Verfahrensrechten Genüge getan.
|
2.- a) Die Vorinstanz hat im angefochtenen Entscheid zutreffend festgestellt, dass mit dem Übergang vom Ehepaarrenten- zum Individualrentenkonzept (welcher einer der Schwerpunkte der am 1. Januar 1997 in Kraft getretenen 10. AHV-Revision vom 7. Oktober 1994 bildete) die Ausrichtung zweier in ihrer Höhe grundsätzlich übereinstimmender Altersrenten an die beiden Ehegatten bei unter neuem Recht eingetretenen Versicherungsfällen ausser Betracht fiel (ersatzlose Aufhebung von altArt. 22 AHVG; lit. c Abs. 1 erster Satz der Übergangsbestimmungen zur jüngsten AHV- Revision). Im Rahmen der individuellen Rentenberechnung (Ermittlung des massgebenden durchschnittlichen Jahreseinkommens) sind - entgegen der in der Verwaltungsgerichtsbeschwerde vertretenen Auffassung - das aufgewertete Gesamteinkommen sowie die Erziehungs- oder Betreuungsgutschriften gemäss ausdrücklicher gesetzlicher Regelung von Art. 30 Abs. 2 AHVG durch die Anzahl der (jeweils anrechenbaren) Beitragsjahre zu teilen. Als solche gelten grundsätzlich die zwischen dem 1. Januar nach Vollendung des 20. Altersjahres und dem 31. Dezember vor Eintritt ins Rentenalter zurückgelegten Beitragsjahre (Art. 29bis Abs. 1 AHVG).
|
Zufolge des unterschiedlichen Rentenalters nach Art. 21 Abs. 1 AHVG in Verbindung mit lit. d Abs. 1 der Übergangsbestimmungen der 10. AHV-Revision war somit 1999 im - hier bei beiden Ehegatten gegebenen - Falle vollständiger Beitragsdauer in der Regel bei Frauen eine Division durch 41 und bei Männern eine solche durch 44 vorzunehmen. Es ist indessen fraglich, ob vorliegend tatsächlich ein derartiger Regelfall gegeben ist, gilt es doch zu beachten, dass die dem Beschwerdeführer nach dessen Eintritt ins Rentenalter (d.h. ab 1. November 1998) ausgerichtete (und unter Berücksichtigung ungesplitteter Einkommen ermittelte) Altersrente (mit Zusatzrente für die Ehefrau) die unmittelbar davor bezogene, ab März 1993 zugesprochene halbe einfache Invalidenrente (ebenfalls mit Zusatzrente für die Ehefrau) ablöste.
|
b) Gemäss Art. 33bis Abs. 1 AHVG ist für die Berechnung der an die Stelle der IV-Rente tretenden Altersrente auf die für die Berechnung der Invalidenrente massgebende Grundlage abzustellen, falls dies für den Berechtigten vorteilhafter ist. Diese Rentenberechnung ist laut im Rahmen der 10. AHV-Revision neu eingefügtem Abs. 1bis der genannten Vorschrift bei verheirateten Personen anzupassen, wenn die Voraussetzungen für die Teilung und die gegenseitige Anrechnung der Einkommen erfüllt sind. Im Falle der Neufestsetzung einer Altersrente zufolge Eintritt des zweitrentenberechtigten Ehegatten ins Rentenalter bleiben die im Zeitpunkt der erstmaligen Rentenberechnung geltenden Berechnungsvorschriften massgebend, wobei die auf Grund dieser Bestimmungen neu festgesetzte Rente in der Folge auf den neuesten Stand zu bringen ist (Art. 31 AHVG).
|
Nach dem Gesagten ist in Fällen wie dem vorliegenden (Eintritt des zweitrentenberechtigten Ehegatten ins Rentenalter nachdem die einfache Invalidenrente des anderen Gatten bereits durch eine Altersrente abgelöst worden ist; Plafonierung bei 150 % des Höchstbetrages der vollen Altersrente) mit Bezug auf die dem erstrentenberechtigten Ehegatten nach Eintritt des Mutationsgrundes zustehende Altersrente in der Weise eine Vergleichsrechnung vorzunehmen, als die Rente einerseits auf der IV-, anderseits auf der AHV-Grundlage integral neu berechnet werden muss, worauf die für die erstrentenberechtigte Person günstigere Variante Berücksichtigung findet. Es ist nämlich durchaus möglich, dass sich die seinerzeit (bei der Ablösung der einfachen Invalidenrente durch die Altersrente) schlechtere (oder wie hier: nicht vorteilhaftere) IV-Basis nunmehr (im Hinblick auf die Teilung und gegenseitige Anrechnung der während der Ehejahre erzielten Einkommen gemäss Art. 29quinquies Abs. 3 lit. a AHVG) als günstiger erweist (vgl. auch Informationen des BSV zur Einführung der 10. AHV-Revision, Bulletin Nr. 3 vom 12. Februar 1997, Ziff. 1.2.2.2).
|
Die Ausgleichskasse wird die nach der Aktenlage unterbliebene Vergleichsrechnung nachzuholen und alsdann über den jeweiligen (plafonierten) Altersrentenanspruch des Beschwerdeführers und seiner Ehefrau ab 1. April 1999 neu zu verfügen haben.
|
3.- Auf Grund vorstehender Erwägungen kann von mutwilliger Beschwerdeführung im kantonalen Verfahren keine Rede sein.
|
Demnach erkennt das Eidg. Versicherungsgericht:
|
I. Die Verwaltungsgerichtsbeschwerde wird in dem Sinne gutgeheissen, dass der Entscheid des Verwaltungsgerichts des Kantons Freiburg vom 1. September 1999 und die Verfügungen vom 24. März 1999 aufgehoben werden und die Sache an die Ausgleichskasse für das schweizerische Bankgewerbe zurückgewiesen wird, damit diese, nach erfolgter Abklärung im Sinne der Erwägungen, über den jeweiligen Altersrentenanspruch des Beschwerdeführers und seiner Ehefrau neu verfüge.
|
II. Es werden keine Gerichtskosten erhoben.
|
III. Dieses Urteil wird den Parteien, dem Verwaltungsgericht des Kantons Freiburg, Sozialversicherungsgerichtshof, dem Bundesamt für Sozialversicherung und B.________ zugestellt.
|
Luzern, 5. Juni 2001
|
Im Namen des
|
Eidgenössischen Versicherungsgerichts
|
Der Präsident der I. Kammer:
|
Der Gerichtsschreiber:
|