BGer 1P.148/2002 |
BGer 1P.148/2002 vom 04.07.2002 |
Tribunale federale
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{T 0/2}
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1P.148/2002 /sta
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Urteil vom 4. Juli 2002
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I. Öffentlichrechtliche Abteilung
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Bundesgerichtsvizepräsident Aemisegger, Präsident,
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Bundesrichter Aeschlimann, Fonjallaz,
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Gerichtsschreiber Steiner.
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X.________, Beschwerdeführer, vertreten durch Rechtsanwalt lic.iur. Marco Unternährer, Postfach 2070, 6002 Luzern,
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gegen
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Amt für Justizvollzug des Kantons Zürich, Strafvollzugsdienst, Postfach, 8090 Zürich,
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Direktion der Justiz und des Innern des Kantons Zürich, Kaspar Escher-Haus, Neumühlequai 10, 8090 Zürich.
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Art. 9, 10 und 29 BV, Art. 6 EMRK (Strafvollzug)
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Staatsrechtliche Beschwerde gegen die Verfügung der Direktion der Justiz und des Innern des Kantons Zürich vom 8. Februar 2002
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Sachverhalt:
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A.
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X.________ wurde mit Urteil des Obergerichts des Kantons Zürich vom 23. Mai 1996 unter anderem wegen bandenmässigen Raubes und Diebstahls zu 27 Monaten Zuchthaus, abzüglich 9 Tage Untersuchungshaft, verurteilt. Die dagegen erhobenen Nichtigkeitsbeschwerden wurden abgewiesen, die kantonale vom Kassationsgericht des Kantons Zürich am 22. Juli 1997, die eidgenössische mit Urteil des Bundesgerichts vom 31. Oktober 1997.
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B.
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Mit Verfügung der Justizvollzugsbehörde vom 8. Januar 1998 wurde X.________ in die Strafanstalt Wauwilermoos aufgeboten. Hierauf stellte er am 9. Februar 1998 ein erstes Gesuch um Verschiebung des Haftantritts. Dieses begründete er namentlich mit einem Motorradunfall (Unfalldatum: 5. März 1997), bei welchem er von hinten angefahren und in die Luft katapultiert worden war; er leide nach wie vor an den Folgen dieses Unfalls. Er sei deswegen unter anderem bei Dr. med. Y.________, Neurologe FMH, in Behandlung und derzeit nicht hafterstehungsfähig. Dementsprechend wurde der Strafantritt auf den 28. September 1998 verschoben. Mit dem zweiten Gesuch um Verschiebung des Strafvollzuges vom 21. September 1998 beantragte der Verurteilte, den Vollzug bis auf weiteres aufzuschieben. Daraufhin wurde das Institut für Rechtsmedizin der Universität Zürich mit der Begutachtung des Verurteilten im Hinblick auf dessen Hafterstehungsfähigkeit beauftragt. Gestützt auf das am 23. März 1999 erstattete Gutachten verfügte die Justizvollzugsbehörde umgehend den Strafantritt auf Montag, den 31. Mai 1999. Hiergegen gelangte X.________ mit Rekurs vom 27. April 1999 an die Direktion der Justiz und des Innern, welche diesen am 10. September 1999 abwies.
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C.
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Mit Verfügung vom 23. Dezember 1999 wurde dem Begnadigungsgesuch des Verurteilten vom 7. Dezember 1999 die aufschiebende Wirkung erteilt. Nachdem der Kantonsrat das Begnadigungsgesuch am 9. Juli 2001 beraten und abgewiesen hatte, verfügte das Amt für Justizvollzug des Kantons Zürich am 24. August 2001 den Strafantritt und setzte als Datum den 19. November 2001 fest. Mit Eingabe vom 21. September 2001 erhob X.________ hiergegen abermals Rekurs bei der Direktion der Justiz und des Innern. Der Eingabe lag eine an das Verwaltungsgericht des Kantons Luzern gerichtete, sozialversicherungsrechtliche Beschwerde vom 24. August 2001 bei, aus welcher hervorgeht, dass X.________ am 30. November 1999 erneut einen Verkehrsunfall erlitten hat. Mit Entscheid vom 8. Februar 2002 wurde der Rekurs abgewiesen. Zur Begründung führte die Direktion der Justiz und des Innern aus, das Institut für Rechtsmedizin der Universität Zürich sei mit Gutachten vom 23. März 1999 zum Schluss gekommen, der Rekurrent sei hafterstehungsfähig. Der Rekurrent beschränke sich auf die erneute Behauptung, er sei aus gesundheitlichen Gründen nicht in der Lage, die Strafe anzutreten. Der Verweis auf das vor anderen Instanzen Vorgebrachte - im vorliegenden Fall die an das Verwaltungsgericht des Kantons Luzern gerichtete Rechtsschrift vom 24. August 2001 - genüge nicht als Beschwerdebegründung.
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D.
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X.________ erhebt mit Eingabe vom 15. März 2002 staatsrechtliche Beschwerde gegen den Entscheid der Direktion der Justiz und des Innern. Er beantragt, den angefochtenen Entscheid aufzuheben und die Angelegenheit zur Neubeurteilung an die Vorinstanz zurückzuweisen. Ausserdem ersucht er um Erteilung der aufschiebenden Wirkung sowie um Gewährung der unentgeltlichen Rechtspflege. Nach seiner Auffassung hat die Direktion der Justiz und des Innern die Begründungspflicht, das Willkürverbot sowie die Untersuchungsmaxime als ungeschriebenen Verfassungsgrundsatz verletzt. Zudem sei die Garantie der persönlichen Freiheit durch die unrichtige Feststellung des Sachverhalts missachtet worden.
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Die Direktion der Justiz und des Innern schliesst in ihrer Vernehmlassung auf Abweisung der Beschwerde, soweit darauf einzutreten sei. Sie macht zur Hauptsache geltend, einige Beschwerdebeilagen seien als unzulässige Noven zu betrachten. Sie erhebt demgegenüber keine Einwände gegen die Erteilung der aufschiebenden Wirkung. Das Amt für Justizvollzug des Kantons Zürich hat keine Vernehmlassung eingereicht.
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Mit Präsidialverfügung vom 26. April 2002 ist dem Gesuch um Gewährung der aufschiebenden Wirkung entsprochen worden.
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Das Bundesgericht zieht in Erwägung:
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1.
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1.1 Die angefochtene Verfügung der Direktion der Justiz und des Innern des Kantons Zürich ist kantonal letztinstanzlich (Art. 86 Abs. 1 OG), da im Kanton Zürich die Verwaltungsgerichtsbeschwerde in Straf- und Polizeisachen, einschliesslich Vollzug von Strafen und Massnahmen, ausgeschlossen ist (§ 43 Abs. 1 lit. g des Verwaltungsrechtspflegegesetzes des Kantons Zürich vom 24. Mai 1995 [VRG; LS 175.2]). Soweit die Verwaltungsgerichtsbeschwerde an das Bundesgericht offen steht, ist auch in Strafvollzugssachen die Beschwerde ans Verwaltungsgericht gegeben (§ 43 Abs. 2 VRG). Die eidgenössische Verwaltungsgerichtsbeschwerde scheidet indessen aus, da der Strafantritt im Gegensatz zur Unterbrechung des Vollzugs einer Freiheitsstrafe bundesrechtlich nicht geregelt ist. Der Bundesrat hat von der entsprechenden Ermächtigung in Art. 379bis lit. g StGB keinen Gebrauch gemacht, sondern namentlich die Frage, unter welchen Voraussetzungen die Strafe aus gesundheitlichen Gründen aufgeschoben werden soll, den Kantonen zur Regelung überlassen (Art. 6 Abs. 1 der Verordnung 1 zum StGB vom 31. November 1973 (VStGB 1; SR 311.01; BGE 118 Ia 64 E. 2b S. 71; 108 Ia 69, nicht publizierte E. 1).
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1.2 Die Direktion der Justiz und des Innern beantragt, auf die Beschwerde insoweit nicht einzutreten, als gegen das im Verfahren der staatsrechtlichen Beschwerde geltende Novenverbot verstossen werde. Der Beschwerdeführer habe diverse Schreiben und Berichte betreffend seine körperlichen Beschwerden weder im Rekursverfahren beigelegt noch sich im Hinblick auf seine Behauptungen darauf berufen. Da indessen die besagten Dokumente für das bundesgerichtliche Verfahren nicht entscheiderheblich sind, kann offen bleiben, ob und inwieweit das Novenverbot im vorliegenden Fall anzuwenden ist. Immerhin sei darauf hingewiesen, dass aufgrund der Privilegierung unverjährbarer und unverzichtbarer Grundrechte sowohl die einschränkenden Regeln über die Anfechtung von Vollstreckungsverfügungen als auch das Novenverbot, jedenfalls wenn intensive Eingriffe in die persönliche Freiheit in Frage stehen, gelockert werden (BGE 118 Ia 209 E. 2b S. 212 f.; 80 I 242 E. 3 S. 250 mit Hinweis; Hans Marti, Die staatsrechtliche Beschwerde, 4. Auflage, Basel 1979, S. 37).
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2.
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Der Beschwerdeführer erhebt unter anderem den Vorwurf, der angefochtene Entscheid verletze das Willkürverbot, weil die Feststellung der Hafterstehungsfähigkeit durch die Vorinstanz mit den tatsächlichen Verhältnissen offensichtlich in Widerspruch stehe. Dies sei die Folge des Umstands, dass die Direktion der Justiz und des Innern den Sachverhalt nicht eingehend abgeklärt habe. Sonst hätte es seinen zweiten Verkehrsunfall vom 30. November 1999 in die Beurteilung einbeziehen müssen. Dadurch, dass im angefochtenen Entscheid die Tatsache des zweiten Unfalls "vorsätzlich" übersehen werde, sei Willkür in der Feststellung des Sachverhalts gegeben.
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2.1 Willkürlich ist ein Entscheid nicht schon dann, wenn eine andere Lösung ebenfalls vertretbar erscheint oder gar vorzuziehen wäre, sondern erst dann, wenn er offensichtlich unhaltbar ist, zur tatsächlichen Situation in klarem Widerspruch steht, eine Norm oder einen unumstrittenen Rechtsgrundsatz krass verletzt oder in stossender Weise dem Gerechtigkeitsgedanken zuwiderläuft (BGE 127 I 60 E. 5a S. 70 mit Hinweisen). Willkür in der Tatsachenfeststellung ist nicht nur gegeben, wenn entscheiderhebliche tatsächliche Feststellungen offensichtlich falsch sind. Ebenso unhaltbar ist es, wenn eine Behörde Sachverhaltselementen Rechnung trägt, die keinerlei Bedeutung haben, oder entscheidende Tatsachen ausser Acht lässt (BGE 100 Ia 305 E. 3b S. 307). Weitere Hinweise lassen sich aus den Regeln zur Bindung des Bundesgerichts an die Sachverhaltsfeststellungen der kantonalen Behörden im Rahmen der staatsrechtlichen Beschwerde gewinnen. Demnach prüft das Bundesgericht den Sachverhalt betreffende Rügen darauf hin, ob die Vorinstanz diesen in Verletzung der rechtsstaatlichen Mindestanforderungen offensichtlich unvollständig oder unrichtig, somit willkürlich festgestellt hat (BGE 118 Ia 394 E. 2c S. 397).
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2.2 Im vorliegenden Fall hat der Beschwerdeführer vor der Direktion der Justiz und des Innern mit Rekurs vom 21. September 2001 geltend gemacht, er habe zwei schwere Verkehrsunfälle erlitten. Zudem überprüfe derzeit das Verwaltungsgericht des Kantons Luzern seine IV-Ansprüche. Der beiliegenden Verwaltungsgerichtsbeschwerde vom 24. August 2001 sei der Sachverhalt und der gesundheitliche Verlauf ebenfalls zu entnehmen. Aus dieser Rechtsschrift geht unter anderem hervor, dass der Beschwerdeführer am 30. November 1999, also nach der Erstattung des IRM-Gutachtens vom 23. März 1999, ein zweites Mal verunfallt ist. Ausserdem wird dort ein Arztbericht vom 14. März 2000 erwähnt, der sich nach den Angaben des Beschwerdeführers zu den Unfallfolgen äussert; nach diesem sei es zu einem heftigen Sturz mit dem Mofa und zur Hospitalisation im Kantonsspital Luzern gekommen.
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2.3 Die Direktion der Justiz und des Innern würdigt im angefochtenen Entscheid ausführlich das Gutachten des IRM vom 23. März 1999 und kommt mit diesem zum Schluss, der Beschwerdeführer sei hafterstehungsfähig. Zum Rekurs hält sie fest, die Begründung desselben obliege im Sinne eines Gültigkeitserfordernisses dem Rekurrenten mindestens in dem Sinne, als die Rekursbehörde nicht verpflichtet sei, nach allen denkbaren Beweismitteln und Rechtsstandpunkten zu suchen, welche die Behauptungen des Rekurrenten stützen könnten. Sie müsse nach der Praxis nicht prüfen, ob die angefochtene Verfügung sich unter schlechthin allen Aspekten als korrekt erweise. Insbesondere genüge der Verweis auf das vor anderen Instanzen Vorgebrachte nicht als Begründung. Im Hinblick auf die vom Rekurrenten eingereichten Beilagen bedeute dies, dass sich die Verwaltungsgerichtsbeschwerde, die sich ausschliesslich mit der Frage der zuzusprechenden IV-Rente und damit mit der Frage der Arbeitsfähigkeit hinsichtlich einer möglichen Wiedereingliederung befasse, nicht geeignet sei, die behauptete Hafterstehungsunfähigkeit zu belegen. Das Arztzeugnis konstatiere keine Verschlimmerung des Zustandes gegenüber jenem, welcher Gegenstand des Gutachtens vom 23. März 1999 gewesen sei.
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2.4 Zunächst ist unbestritten, dass das zweite Unfallereignis vom 30. November 1999 im Rahmen des angefochtenen Entscheides bewusst nicht berücksichtigt worden ist. Dies wäre allenfalls dann unerheblich, wenn stattdessen festgestellt worden wäre, dass sich der Zustand des Beschwerdeführers seit dem Gutachten des IRM vom 23. März 1999 nicht verschlechtert hat. Die Direktion der Justiz und des Innern hat dies sinngemäss getan, indem sie festhält, der Rekurrent behaupte selbst nicht, dass sich sein Zustand gegenüber jenem im Zeitpunkt des letzten Rekurses verschlechtert habe. In diesem Sinne sei auch das eingereichte Arztzeugnis zu verstehen. Dieses unterscheide sich vom im vorangegangenen Rekursverfahren eingereichten Attest dadurch, dass es viel rudimentärer und allgemeiner formuliert sei und jedenfalls keine Verschlimmerung des Zustandes gegenüber dem früheren Zeugnis konstatiere, welches durch das Gutachten vom 23. März 1999 widerlegt worden sei.
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Dieses Verständnis der Vorbringen des Beschwerdeführers im Rekursverfahrens drängt sich indessen nicht auf. Der Neurologe Dr. Y.________ hat mit Arztzeugnis vom 9. September 1998, also noch vor dem Gutachten vom 23. März 1999, festgehalten, er würde es sehr begrüssen, wenn die Therapien ohne Unterbruch fortgesetzt werden könnten bzw. wenn der Strafantritt verschoben werden könnte. Mit Zeugnis vom 17. September 2001 führt derselbe Neurologe nun aus, der Patient leide an erheblichen Rücken- und Nackenschmerzen sowie Schwindelbeschwerden, was seine Leistungsfähigkeit limitiere und "eine Hafterstehungsfähigkeit verunmögliche". Diese wesentlich deutlichere Formulierung ist im Zusammenhang zu sehen mit dem Umstand, dass der Beschwerdeführer selbst die Hafterstehungsunfähigkeit in der - allerdings äusserst kurz gehaltenen - Rekursschrift mit zwei Verkehrsunfällen (und nicht nur mit dem vorher einzig notorischen vom 5. März 1997) begründet. Demzufolge kann der Äusserung des Arztes nur der Sinn beigelegt werden, nach Ansicht des behandelnden Neurologen habe sich der Zustand des Beschwerdeführers derart verschlechtert, dass er - selbst wenn er zum Zeitpunkt der Begutachtung durch das IRM hafterstehungsfähig gewesen sein sollte - jedenfalls zum jetzigen Zeitpunkt aus gesundheitlichen Gründen nicht in der Lage sei, die Haft anzutreten. Zusammenfassend erweist sich die Feststellung, der Beschwerdeführer behaupte selbst nicht, dass sich sein Zustand gegenüber jenem im Zeitpunkt des letzten Rekurses verschlechtert habe, als unhaltbar. Damit stellt sich aber auch die Frage, welche Bedeutung dem zweiten Unfall (vom 30. November 1999) bezüglich der Hafterstehungsfähigkeit zukommt. Dieses Sachverhaltselement erweist sich nach dem Gesagten als entscheiderheblich; wird ein solches nicht berücksichtigt, ist grundsätzlich von Willkür in der Sachverhaltsfeststellung auszugehen. Anders wäre es nur, wenn sich aus der willkürfreien Anwendung des kantonalen Verfahrensrechts ergeben würde, dass die entscheidende Behörde den Sachverhalt insoweit nicht zu erheben hatte, was im Folgenden zu prüfen sein wird.
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2.5
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2.5.1 Gemäss § 7 Abs. 1 VRG untersucht die Verwaltungsbehörde den Sachverhalt von Amtes wegen durch Befragen der Beteiligten und von Auskunftspersonen, durch Beizug von Amtsberichten, Urkunden und Sachverständigen, durch Augenschein oder auf andere Weise. Die am Verfahren Beteiligten haben dabei unter anderem mitzuwirken, soweit sie ein Begehren gestellt haben (§ 7 Abs. 2 lit. a VRG). Im Rechtsmittelverfahren wird der Untersuchungsgrundsatz zusätzlich dadurch eingeschränkt, dass der Rechtsmittelkläger die seine Rügen stützenden Tatsachen darzulegen und allenfalls Beweismittel einzureichen hat (Alfred Kölz / Jürg Bosshart / Martin Röhl, Kommentar zum Verwaltungsrechtspflegegesetz des Kantons Zürich [VRG-Kommentar], 2. Auflage, Zürich 1999, § 7 N 5 mit Hinweisen). Dem Erfordernis, dass die Rekursschrift einen Antrag und dessen Begründung enthalten muss (§ 23 Abs. 1 VRG), kommt eine doppelte Bedeutung zu. Einerseits bildet sie im Sinne einer minimalen Begründungspflicht eine Eintretensvoraussetzung. Andererseits ergibt sich über diese Minimalanforderungen hinaus eine Obliegenheit zur Rekursbegründung, denn der Grundsatz der behördlichen Sachverhaltsermittlung gilt nicht absolut. Die Rekursinstanz muss nach der Praxis nicht prüfen, ob die angefochtene Verfügung sich unter schlechthin allen Aspekten als korrekt erweist. Hierzu ist sie lediglich insoweit verpflichtet, als sich dafür Anhaltspunkte aus den Parteivorbringen oder den Akten ergeben (VRG-Kommentar, a.a.O., § 23 N 19). Der Verweis auf das vor anderen Instanzen Vorgebrachte genügt als Begründung nicht. Ist die Begründung in diesem Sinne mangelhaft, kann aber dennoch auf den Rekurs eingetreten werden, hat die Rekursinstanz immerhin alle Akten zu prüfen und das Recht von Amtes wegen anzuwenden (VRG-Kommentar, a.a.O., § 23 N 20; Blätter für Zürcherische Rechtsprechung [ZR] 65 Nr. 149 E. 1 S. 334).
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2.5.2 In Bezug auf den vorliegenden Fall leitet die Direktion der Justiz und des Innern aus den genannten Kommentarstellen (N 19 f. zu § 23 VRG) ab, dass es weder der Rekursinstanz noch der Vorinstanz obliegen könne, in der an das Verwaltungsgericht des Kantons Luzern gerichteten Beschwerde nach Gründen zu suchen, die gegen die Hafterstehungsfähigkeit sprechen könnten. Indessen enthält die Rekursschrift des Beschwerdeführers selbst den Hinweis auf zwei Verkehrsunfälle, deren Folgen seiner Ansicht nach zur Hafterstehungsunfähigkeit führen, nachdem vorher immer nur von einem Unfallereignis die Rede gewesen war. Damit hat die Direktion der Justiz und des Innern die Begründung des Rekurses entgegen den Ausführungen im angefochtenen Entscheid nicht der beiliegenden Verwaltungsgerichtsbeschwerde vom 24. August 2001 entnehmen müssen. Auch dem Gültigkeitserfordernis gemäss § 23 Abs. 1 VRG ist offenbar Genüge getan, sodass die Direktion der Justiz und des Innern auf den Rekurs eingetreten ist. Behandelt die obere Behörde aber das Rechtsmittel materiell, so ist sie gehalten, alle Akten, wozu auch die dem Rekurs beiliegende Verwaltungsgerichtsbeschwerde gehört, zu prüfen und das Recht von Amtes wegen anzuwenden (vgl. E. 2.5.1 hiervor; VRG-Kommentar, a.a.O., § 23 N 20). Der vorliegende Fall weist zudem bezüglich der Untersuchungsmaxime insofern eine Besonderheit auf, als das Amt für Justizvollzug den Beschwerdeführer nicht angehört und keine Erhebungen zum Sachverhalt getroffen hat, soweit der Gesundheitszustand des Beschwerdeführers zum Zeitpunkt des Haftantritts bzw. der Therapieverlauf seit dem ersten Rekursentscheid vom 10. September 1999 in Frage steht. Auch hat der Beschwerdeführer im Unterschied zu seinem früheren Vorgehen kein an dieses Amt zu richtendes Gesuch um Verschiebung des Strafantritts aus gesundheitlichen Gründen gestellt, sondern die Haftantrittsverfügung vom 24. August 2001 direkt mit Rekurs angefochten. Somit war die Rechtsmittelinstanz bezüglich der Abklärung des Sachverhalts, soweit sich im Hinblick auf die Hafterstehungsfähigkeit seit dem Rekursentscheid vom 10. September 1999 Änderungen ergeben hatten, im Ergebnis wie eine erste Instanz mit der Sache befasst. Schon allein dieser Umstand hätte dafür gesprochen, Vorsicht walten zu lassen, was die Relativierung des Untersuchungsgrundsatzes durch die Begründungspflicht betrifft. Zusammenfassend ergibt sich, dass der angefochtene Entscheid unter unhaltbarer Missachtung der Untersuchungsmaxime ergangen ist, was zur Folge hat, dass sich die Rüge der willkürlichen Sachverhaltsfeststellung durch tatsachenwidrige Feststellungen bzw. das Zugrundelegen eines in entscheiderheblichen Punkten unvollständigen Sachverhalts als begründet erweist. Dementsprechend ist die Beschwerde gutzuheissen. Somit erübrigt sich die Prüfung der weiteren Vorbringen des Beschwerdeführers.
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3.
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Bei diesem Ausgang des Verfahrens sind keine Gerichtskosten zu erheben (Art. 156 Abs. 2 OG). Der Kanton Zürich hat dem anwaltlich vertretenen Beschwerdeführer jedoch eine angemessene Parteientschädigung zu entrichten (Art. 159 OG). Damit erweist sich der Antrag betreffend unentgeltliche Prozessführung und Verbeiständung als gegenstandslos.
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Demnach erkennt das Bundesgericht:
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1.
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Die staatsrechtliche Beschwerde wird gutgeheissen, soweit darauf eingetreten werden kann, und die Verfügung der Direktion der Justiz und des Innern des Kantons Zürich vom 8. Februar 2002 wird aufgehoben.
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2.
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Es werden keine Gerichtskosten erhoben.
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3.
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Der Kanton Zürich hat den Beschwerdeführer für das bundesgerichtliche Verfahren mit Fr. 1'500.-- zu entschädigen.
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4.
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Dieses Urteil wird dem Beschwerdeführer sowie dem Amt für Justizvollzug, Strafvollzugsdienst, und der Direktion der Justiz und des Innern des Kantons Zürich schriftlich mitgeteilt.
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Lausanne, 4. Juli 2002
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Im Namen der I. öffentlichrechtlichen Abteilung
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des Schweizerischen Bundesgerichts
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Der Präsident: Der Gerichtsschreiber:
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