BGer 6S.239/2004
 
BGer 6S.239/2004 vom 07.07.2004
Tribunale federale
{T 0/2}
6S.239/2004 /kra
Urteil vom 7. Juli 2004
Kassationshof
Besetzung
Bundesrichter Schneider, Präsident,
Bundesrichter Wiprächtiger, Kolly, Karlen, Zünd,
Gerichtsschreiber Monn.
Parteien
Divine Light Zentrum (DLZ),
A.________,
Gesuchsteller,
gegen
Schweizerische Bundesanwaltschaft.
Gegenstand
Revision des Bundesstrafverfahrens 2/78.
Das Bundesgericht zieht in Erwägung:
1.
Das Bundesstrafverfahren 2/78 wurde gegen Swami Omkarananda, B.________, C.________, D.________, E.________ sowie F.________ geführt und mit Urteil des Bundesstrafgerichts vom 22. Mai 1979 abgeschlossen. Gegen dieses Urteil gerichtete Nichtigkeitsbeschwerden wies der ausserordentliche Kassationshof des Bundesgerichts am 21. Januar 1980 ab, soweit er auf sie eintrat. Mit Verfügung vom 5. November 2003 trat der Präsident des ausserordentlichen Kassationshofes auf neue Rechtsbegehren im Zusammenhang mit dem Urteil vom 22. Mai 1979 nicht ein; diese neuen Rechtsbegehren waren von A.________, der am seinerzeitigen Strafverfahren nicht beteiligt war, gestellt worden.
A.________ wendet sich in seinem Namen sowie in demjenigen des Vereins Divine Light Zentrum (DLZ) mit Eingabe vom 29. April 2004 erneut an den ausserordentlichen Kassationshof des Bundesgerichts. Er beantragt unter anderem, das Urteil des Bundesstrafgerichts vom 22. Mai 1979 sei aufzuheben (Antrag 6), das Urteil des ausserordentlichen Kassationshofes vom 21. Januar 1980 sei in Revision zu ziehen und aufzuheben (Antrag 3) und die Verfügung des Präsidenten des ausserordentlichen Kassationshofes vom 5. November 2003 sei aufzuheben (Antrag 1).
2.
Die Gesuchsteller wenden sich an den ausserordentlichen Kassationshof des Bundesgerichts. Dieser ist jedoch per 1. April 2004 aufgehoben worden. Die Kompetenz, über Revisionsgesuche gemäss Art. 229 BStP gegen Urteile des Bundesstrafgerichts zu entscheiden, ist vom ausserordentlichen Kassationshof auf das neue Bundesstrafgericht in Bellinzona übergegangen. Auf Antrag 6 kann das Bundesgericht in Lausanne deshalb von vornherein nicht eintreten. Darüber wird das Bundesstrafgericht in Bellinzona entscheiden.
Wie es sich diesbezüglich mit Revisionsgesuchen gegen Urteile und Präsidialverfügungen des ausserordentlichen Kassationshofes verhält, ist dem Gesetz nicht zu entnehmen. Allerdings hat bis zum Inkrafttreten der Totalrevision des OG der Kassationshof des Bundesgerichts den ausserordentlichen Kassationshof als Rechtsmittelinstanz in Bezug auf Urteile des Bundesstrafgerichts abgelöst (Art. 33 Abs. 3 lit. b SGG). Daraus ist zu schliessen, dass der Kassationshof des Bundesgerichts auch für Revisionsgesuche gegen Entscheide des seit dem 1. April 2004 aufgehobenen ausserordentlichen Kassationshofes zuständig ist.
Ob und inwieweit das DLZ bzw. A.________ im vorliegenden Verfahren überhaupt legitimiert sind, kann im Übrigen offen bleiben, weil sich die Revisionsgesuche gegen den Entscheid vom 21. Januar 1980 und gegen die Verfügung vom 5. November 2003 als offensichtlich unbegründet erweisen.
Die Eingabe enthält zum überwiegenden Teil Ausführungen, die nicht neu und/oder für die genannten beiden Revisionsgesuche irrelevant sind. Darauf ist von vornherein nicht einzutreten.
3.
In Bezug auf das Urteil vom 21. Januar 1980 machen die Gesuchsteller als grundsätzlich zulässigen Revisionsgrund nur geltend, erst das Auffinden von "Geheimakten" und deren "rechtsgenügende Bestätigung" durch die Administrativuntersuchung von alt Bundesrichter Egli habe den Nachweis erbracht, dass der Vorsitzende des ausserordentlichen Kassationshofes "äusserst befangen" gewesen sei (S. 4 Ziff. 1.5; S. 102 Ziff. 4.2). Dabei stützen sie sich auf ein Schreiben des Vorsitzenden an Bezirksanwalt G.________ und in Kopie an die Zürcher Justizdirektion vom 5. Dezember 1979, in welchem er die Behörden von Bund und Kanton dazu aufgefordert habe, dem Bezirksanwalt "die nötige Dankbarkeit für seine Bemühungen gegen das DLZ im Allgemeinen und die Verurteilungen im Besonderen entgegen zu bringen" (S. 8). Wörtlich habe der Vorsitzende in dem Schreiben ausgeführt: "Zusammenfassend darf ich festhalten, dass Sie nach meiner Auffassung in den Angelegenheiten des DLZ eine grosse und verdienstvolle Arbeit geleistet haben, für die Ihnen die Zürcher und die Bundesjustiz zu Dank verpflichtet sind ... Daraus und aus den ständigen Anpöbeleien Omkaranandas und seiner Anhänger gegen Sie musste sich mit der Zeit eine Gereiztheit entwickeln ... Ich verstehe das vollauf, es wäre mir an Ihrer Stelle nicht besser ergangen" (S. 74 Ziff. 6.7). Damit habe sich der Vorsitzende "für die Verbrechen und Vergehen der Ermittlungsbehörde gegenüber einer geistig-kulturellen Institution" bedankt und die Justiz dazu aufgefordert, "sich schützend hinter Genozid und Inquisition zu stellen" (S. 8). Mit diesem Schreiben habe sich der Vorsitzende eine objektive Beurteilung des Rechtsmittels verbaut und dieses, "um sein Gesicht zu wahren", nicht mehr gutheissen können (S. 75 Ziff. 7.2).
Abgesehen davon, dass sich diesen Ausführungen nicht entnehmen lässt, ob der angebliche Revisionsgrund rechtzeitig geltend gemacht worden ist (Art. 140 OG), sind sie offensichtlich unbegründet. Dass der Vorsitzende dem Bezirksanwalt für dessen Arbeit in einem aussergewöhnlich aufwändigen Verfahren seine grundsätzliche Anerkennung aussprach, belegt in keiner Weise, dass er den Verurteilten gegenüber befangen gewesen wäre. Der Vorsitzende hat sich denn auch nicht nur anerkennend geäussert, sondern überdies, wie die Gesuchsteller selber feststellen, dem Bezirksanwalt "Arroganz, Eigenmächtigkeit und eine etwas seltsame Auffassung in Bezug auf unsere Justizordnung" vorgeworfen (S. 97 Ziff. 2.5).
Der Vorsitzende hat z.B. an die Adresse des Bezirksanwalts festgestellt, er sehe sich zum Schreiben nur deshalb veranlasst, "da Ihre ... reichlich unübliche Art der ersten Beschwerdeantwort dazu Anlass gibt". Das Verhalten des Bezirksanwalts habe den Verdacht erwecken müssen, dass dieser sich den Konsequenzen des Beschwerdeentscheids "bewusst entziehen" wolle, wie er es in anderem Zusammenhang "mehr als einmal getan" habe. Die nachträglich vom Bezirksanwalt vorgebrachten Gründe anerkenne er "nicht als Rechtfertigung Ihrer Eigenmächtigkeit". In einem Punkt könne die Meinung des Bezirksanwalts "wohl nicht ernsthaft vertreten werden". In einem anderen Punkt bekunde der Bezirksanwalt "eine etwas seltsame Auffassung unserer Justizorganisation" (vgl. Schreiben vom 5. Dezember 1979 S. 1/2). Aus diesen Zitaten ergibt sich deutlich, dass der Vorsitzende die Tätigkeit des Bezirksanwalts durchaus kritisch beurteilte.
Der Hinweis auf die "Anpöbeleien Omkaranandas" mag ungeschickt gewesen sein. Aber er ist jedenfalls verständlich, wenn man die Akten des Verfahrens ansieht. So bezeichnete Swami Omkarananda den Vorsitzenden z.B. in einem Schreiben vom 5. Dezember 1979 als "Justizmörder, Wahrheitsmörder, Rufmörder und Idiotenpräsident" (act. 219). Dass der Vorsitzende auf derartige massive Beschimpfungen zwar etwas gereizt, aber immer noch moderat reagierte, vermag keinen Anschein von Befangenheit zu begründen. Es ist denn auch anzumerken, dass die Gesuchsteller im vorliegenden Verfahren erneut im selben ungehörigen Ton argumentieren, wenn sie behaupten, der Vorsitzende habe sich "hinter Genozid und Inquisition" gestellt. In diesem Punkt ist das Revisionsgesuch abzuweisen.
4.
Soweit die Gesuchsteller in Bezug auf das Verfahren, das zum Urteil vom 21. Januar 1980 führte, Einsicht in die Akten verlangen (Antrag 2), ist das Gesuch ebenfalls abzuweisen. Sie machen im Zusammenhang mit dem oben erwähnten Schreiben geltend, von besonderer Bedeutung sei, welche Darstellung bzw. "ungebührliche Bemerkungen" der Bezirksanwalt für sein "völlig rechtswidriges Verhalten" abgegeben habe (S. 93 Ziff. 1.2). Was dies mit der Frage der angeblichen Befangenheit des Vorsitzenden des ausserordentlichen Kassationshofes zu tun haben könnte, ist nicht ersichtlich.
5.
In Bezug auf die Verfügung vom 5. November 2003 machen die Gesuchsteller nur geltend, "aus Gründen der Rechtssicherheit in Bezug auf die in der Folge zu fällenden Entscheide" sei es "angezeigt", die Verfügung aufzuheben (S. 6/7 Ziff. 3.1). Da es sich bei diesem Vorbringen offensichtlich um keinen Revisionsgrund handelt, ist auf das Gesuch in diesem Punkt nicht einzutreten.
6.
Bei diesem Ausgang des Verfahrens haben die Gesuchsteller die bundesgerichtlichen Kosten unter solidarischer Haftbarkeit zu tragen.
Demnach erkennt das Bundesgericht:
1.
Das Revisionsgesuch gegen das Urteil des ausserordentlichen Kassationshofes vom 21. Januar 1980 wird abgewiesen.
2.
Das Gesuch um Einsicht in die Akten des Verfahrens a.o. KH 1/79 wird abgewiesen.
3.
Auf das Revisionsgesuch gegen die Verfügung des Präsidenten des ausserordentlichen Kassationshofes vom 5. November 2003 wird nicht eingetreten.
4.
Die Gerichtsgebühr von Fr. 1'000.-- wird den Gesuchstellern unter solidarischer Haftbarkeit auferlegt.
5.
Dieses Urteil wird den Gesuchstellern und der Schweizerischen Bundesanwaltschaft schriftlich mitgeteilt.
Lausanne, 7. Juli 2004
Im Namen des Kassationshofes
des Schweizerischen Bundesgerichts
Der Präsident: Der Gerichtsschreiber: