BGer 2A.756/2004
 
BGer 2A.756/2004 vom 27.01.2005
Tribunale federale
{T 0/2}
2A.756/2004 /kil
Urteil vom 27. Januar 2005
II. Öffentlichrechtliche Abteilung
Besetzung
Bundesrichter Merkli, Präsident,
Bundesrichter Hungerbühler, Wurzburger,
Gerichtsschreiber Feller.
Parteien
X.________,
Beschwerdeführer, vertreten durch Advokat
lic. iur. Christian von Wartburg,
gegen
Regierungsrat des Kantons Zürich,
Kaspar Escher-Haus, 8090 Zürich,
Verwaltungsgericht des Kantons Zürich, 4. Abteilung, 4. Kammer, Postfach 1226, 8021 Zürich.
Gegenstand
Widerruf einer Niederlassungsbewilligung,
Verwaltungsgerichtsbeschwerde gegen den Entscheid des Verwaltungsgerichts des Kantons Zürich, 4. Abteilung, 4. Kammer, vom 17. November 2004.
Das Bundesgericht zieht in Erwägung:
1.
X.________, Staatsangehöriger von Kamerun, reiste anfangs Mai 1999 als Tourist in die Schweiz ein. Am 11. Mai 1999 stellte seine in der Schweiz eingebürgerte Mutter für ihn ein Familiennachzugsgesuch. Dem Gesuch lag ein kamerunischer Geburtsschein bei, welcher bescheinigt, dass X.________ am ... 1984 in Kamerun geboren sei. Gestützt darauf wurde diesem am 9. Juli 1999 in (sinngemässer) Anwendung von Art. 17 Abs. 2 Satz 3 ANAG die Niederlassungsbewilligung erteilt.
Nachdem das Migrationsamt des Kantons Zürich von einem im Rahmen eines gegen X.________ durchgeführten Strafverfahrens erstellten Altersgutachten Kenntnis erhalten hatte, welches den Schluss nahelegte, dass dieser älter war als in der Geburtsurkunde ausgewiesen, widerrief es mit Verfügung vom 13. Mai 2003 die Niederlassungsbewilligung. Ein dagegen erhobener Rekurs an den Regierungsrat des Kantons Zürich blieb erfolglos, und am 17. November 2004 wies das Verwaltungsgericht des Kantons Zürich die gegen den regierungsrätlichen Beschluss vom 7. Juli 2004 erhobene Beschwerde ab.
Mit Verwaltungsgerichtsbeschwerde vom 24. Dezember 2004 beantragt X.________ dem Bundesgericht, den Entscheid des Verwaltungsgerichts aufzuheben und die Direktion für Soziales und Sicherheit des Kantons Zürich anzuweisen, auf einen Widerruf der Niederlassungsbewilligung zu verzichten.
Es ist weder ein Schriftenwechsel noch sind andere Instruktionsmassnahmen angeordnet worden. Das Urteil ergeht im vereinfachten Verfahren (Art. 36a OG).
2.
2.1 Gemäss Art. 9 Abs. 4 lit. a ANAG kann die Niederlassungsbewilligung widerrufen werden, wenn der Ausländer sie durch falsche Angaben oder wissentliches Verschweigen wesentlicher Tatsachen erschlichen hat. Der Widerruf setzt voraus, dass der Betroffene wissentlich falsche Angaben gemacht oder wesentliche Tatsachen verschwiegen hat, in der Absicht, gestützt darauf die Niederlassungsbewilligung zu erhalten (BGE 112 Ib 473 E. 3b S. 475 f.).
Dabei ist Art. 3 Abs. 2 ANAG von Bedeutung, welcher den Ausländer verpflichtet, der Behörde über alles, was für den Bewilligungsentscheid massgebend sein kann, wahrheitsgetreu Auskunft zu geben. Wesentlich sind nicht nur solche Tatsachen, nach denen die Fremdenpolizei im Hinblick auf die Bewilligungserteilung bzw. -erneuerung ausdrücklich gefragt hat, sondern auch solche, von denen der Gesuchsteller wissen muss, dass sie für den Bewilligungsentscheid relevant sind. Von der Pflicht zu wahrheitsgetreuer bzw. vollständiger Auskunftserteilung ist der Ausländer selbst dann nicht befreit, wenn die Ausländerrechtsbehörde die fragliche Tatsache selbst hätte ermitteln können. Die Auskunftspflicht trifft gegebenenfalls nicht nur den Ausländer, welcher in den Genuss der Bewilligung kommen soll; die Bewilligung kann auch gestützt auf das Verhalten einer Person widerrufen werden, zu welcher der Ausländer in einer für das Erteilen der Bewilligung erheblichen Beziehung steht, sofern sie im Bewilligungsverfahren massgeblich in Erscheinung getreten ist, so etwa, wenn sie das Gesuch eingereicht hat (vgl. BGE 112 Ib 473 E. 3d S. 477).
Nicht erforderlich für einen Bewilligungswiderruf ist, dass die Bewilligung bei richtigen und vollständigen Angaben notwendigerweise zu verweigern gewesen wäre. Das Vorliegen eines Widerrufsgrunds führt andererseits nicht zwingend dazu, dass die Bewilligung auch tatsächlich zu widerrufen ist. Beim Widerrufsentscheid muss den besonderen Umständen des Einzelfalles angemessen Rechnung getragen werden (zum Ganzen BGE 112 Ib 473 E. 3 und 4 S. 375 ff.; s. im Übrigen die Zusammenfassung der Rechtsprechung zu Art. 9 Abs. 4 lit. a ANAG in den Urteilen 2A.485/2003 vom 20. Februar 2004 E. 2.1 und 2A.551/2003 vom 21. November 2003 E. 2, je mit Hinweisen).
2.2
2.2.1 Die Niederlassungsbewilligung ist dem Beschwerdeführer gestützt auf Art. 17 Abs. 2 Satz 3 ANAG erteilt worden. Danach haben ledige Kinder unter 18 Jahren Anspruch auf Einbezug in die Niederlassungsbewilligung ihrer Eltern, wenn sie mit diesen zusammen wohnen. In analoger Anwendung dieser Bestimmung haben noch nicht 18jährige Kinder von Eltern bzw. eines Elternteils mit Schweizer Bürgerrecht Anspruch auf Erteilung der Niederlassungsbewilligung. Erster Anknüpfungspunkt für die Bewilligungserteilung ist das Alter. Kinder, die zum Zeitpunkt der Gesuchseinreichung bereits 18 Jahre sind, haben keinen Bewilligungsanspruch. Auch bei Kindern, die das 18. Altersjahr noch nicht erreicht haben, ist eine genaue Altersangabe für den Bewilligungsentscheid wichtig. Dies insbesondere bei nachträglichem Familiennachzug zu einem in der Schweiz lebenden Elternteil, der vom andern Elternteil getrennt lebt. Voraussetzung ist diesfalls, dass triftige Gründe für die Einreise des Kindes in die Schweiz nach zuvor langjähriger Trennung vorliegen, wobei umso höhere Anforderungen zu stellen sind, je näher das Alter des Kindes an der Grenze von 18 Jahren liegt (BGE 129 II 11 E. 3.1.3 S. 14 f.; 126 II 329 E. 3b und E. 4a S. 333).
Dass die im Bewilligungsverfahren gemachten Altersangaben, die nach Auffassung der kantonalen Behörden im vorliegenden Fall falsch sind, eine wesentliche Tatsache darstellen, darf bei nachzugswilligen Personen als bekannt vorausgesetzt werden. Dafür, dass es sich bei der Mutter des Beschwerdeführers, die das Nachzugsgesuch für ihn gestellt hat, anders verhalten würde, gibt es keine Anzeichen. Sollte die Altersangabe falsch gewesen sein, müsste, sofern die Vorlage des inhaltlich unrichtigen Ausweises nicht ohnehin unmittelbar als Falschaussage zu werten wäre, jedenfalls von einem wissentlichen Verschweigen einer wesentlichen Tatsache ausgegangen werden.
2.2.2 Die Feststellung des Verwaltungsgerichts, dass der Beschwerdeführer früher als am 22. Juni 1984 geboren sei, ist tatsächlicher Natur und mithin für das Bundesgericht verbindlich, sofern sie sich nicht als offensichtlich unrichtig erweist oder die diesbezüglichen Ermittlungen nicht unvollständig oder unter Verletzung wesentlicher Verfahrensbestimmungen vorgenommen worden sind (Art. 105 Abs. 2 OG).
Das Verwaltungsgericht hat in E. 4 seines Entscheids, worauf verwiesen werden kann (vgl. Art. 36a Abs. 3 OG), ausführlich und einleuchtend dargelegt, warum der Beschwerdeführer deutlich älter als gemäss Angaben in der Geburtsurkunde sein müsse. Es hat sich mit der Bedeutung der durchgeführten Untersuchungen auseinandergesetzt (E. 4.1) und zusätzliche Indizien berücksichtigt (E. 4.2). Ferner hat es in antizipierter Beweiswürdigung nachvollziehbar aufgezeigt, warum aus einer Überprüfung der Geburtsurkunde keine massgeblichen Erkenntnisse gewonnen werden könnten (E. 4.3). Seine Sachverhaltsermittlung lässt sich, zumindest unter dem Gesichtswinkel von Art. 105 Abs. 2 OG, auch in Berücksichtigung sämtlicher Ausführungen in der Beschwerdeschrift, nicht beanstanden.
2.2.3 Der Umstand, dass die Behörden im Bewilligungsverfahren absichtlich über eine wesentliche Tatsache getäuscht worden sind, rechtfertigt vorliegend den Bewilligungswiderruf. Diese Massnahme hält angesichts der Tatsache, dass der Beschwerdeführer erst als Erwachsener in die Schweiz eingereist ist und noch nicht besonders lange hier weilt, wobei er während seiner Anwesenheit in erheblichem Masse straffällig geworden ist und den Ausweisungsgrund von Art. 10 Abs. 1 lit. a ANAG gesetzt hat, vor dem Verhältnismässigkeitsgebot stand. Unerheblich ist dabei, dass die vom Strafrichter verhängte Landesverweisung nur bedingt ausgesprochen worden ist, kann doch die Niederlassungsbewilligung gemäss Art. 9 Abs. 4 lit. a ANAG selbst dann widerrufen werden, wenn kein Verbrechen oder Vergehen begangen worden ist (vgl. im Übrigen zum Verhältnis zwischen Ausländerrecht und Strafrecht BGE 129 II 215 E. 3.2 S. 216 f.).
2.3 Die Verwaltungsgerichtsbeschwerde erweist sich in jeder Hinsicht als offensichtlich unbegründet und ist dementsprechend abzuweisen.
2.4 Der Beschwerdeführer hat für das bundesgerichtliche Verfahren um unentgeltliche Rechtspflege und Verbeiständung ersucht. Wie die vorstehenden Erwägungen zeigen, erweist sich die Beschwerde als aussichtslos; das Gesuch ist schon darum abzuweisen (Art. 152 OG). Damit sind die bundesgerichtlichen Kosten, entsprechend dem Verfahrensausgang, dem Beschwerdeführer aufzuerlegen (Art. 156 in Verbindung mit Art. 153 und 153a OG).
Demnach erkennt das Bundesgericht
im Verfahren nach Art. 36a OG:
1.
Die Verwaltungsgerichtsbeschwerde wird abgewiesen.
2.
Das Gesuch um unentgeltliche Rechtspflege und Verbeiständung wird abgewiesen.
3.
Die Gerichtsgebühr von Fr. 1'500.-- wird dem Beschwerdeführer auferlegt.
4.
Dieses Urteil wird dem Beschwerdeführer, dem Regierungsrat und dem Verwaltungsgericht des Kantons Zürich sowie dem Bundesamt für Migration schriftlich mitgeteilt.
Lausanne, 27. Januar 2005
Im Namen der II. öffentlichrechtlichen Abteilung
des Schweizerischen Bundesgerichts
Der Präsident: Der Gerichtsschreiber: