BGer U 39/2005 |
BGer U 39/2005 vom 22.06.2005 |
Eidgenössisches Versicherungsgericht
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Tribunale federale delle assicurazioni
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Tribunal federal d'assicuranzas
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Sozialversicherungsabteilung
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des Bundesgerichts
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Prozess
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{T 7}
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U 39/05
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Urteil vom 22. Juni 2005
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III. Kammer
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Besetzung
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Präsidentin Leuzinger, Bundesrichter Rüedi und Kernen; Gerichtsschreiber Schmutz
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Parteien
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D.________, 1970, Beschwerdeführer, vertreten durch Rechtsanwältin Marina Kreutzmann, Bellerivestrasse 59, 8008 Zürich,
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gegen
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Krankenkasse Hotela, Rue de la Gare 18, 1820 Montreux, Beschwerdegegnerin
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Vorinstanz
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Sozialversicherungsgericht des Kantons Zürich, Winterthur
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(Entscheid vom 29. November 2004)
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Sachverhalt:
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A.
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Der 1970 geborene D.________ war als Küchenbursche im Hotel C.________ angestellt und bei der Hotela Kranken- und Unfallkasse des Schweizer Hotelier-Vereins obligatorisch gegen die Folgen von Unfall und Berufskrankheit versichert. Am 17. Oktober 1994 stürzte er während der Arbeit auf einer Treppe und zog sich am rechten Handgelenk eine Verletzung zu. Die am gleichen Tag durch Dr. med. A.________, Facharzt FMH für Allgemeine Medizin, durchgeführte Untersuchung ergab ein Distorsionstrauma des rechten Handgelenks. Die Röntgenaufnahme zeigte eine vorbestehende Schädigung (Pseudarthrose des Os naviculare rechts mit beginnender zentraler Osteolyse), jedoch keine frische knöcherne Läsion. Am 28. November 1994 führte Dr. med. B.________, Spezialarzt FMH für orthopädische Chirurgie, am rechten Handgelenk eine operative Rekonstruktion durch. Die Kosten hierfür wurden von der Hotela Kranken- und Unfallkasse übernommen. Wegen bleibender Schmerzen führte Dr. med. L.________, Spezialarzt FMH für Chirurgie, am 18. Juli 1995 eine zweite Operation durch.
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B.
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Anhaltende radiale Schmerzen im rechten Handgelenk veranlassten D.________, der seit dem 22. April 2002 bei der Bauunternehmung V.________ AG im Geleisebau tätig und damit bei der Schweizerischen Unfallversicherungsanstalt (SUVA) obligatorisch gegen die Folgen von Unfall und Berufskrankheit versichert war, am 28. Juni 2002 einen Arzt aufzusuchen. Dr. med. L.________ führte am 22. August 2002 erneut eine Scaphoidpseudarthrosen-Operation durch. Der Arbeitgeber meldete der SUVA einen Rückfall. Diese verwies den Versicherten an seine Krankenkasse, weil sich kein Unfallereignis zugetragen habe und auch keine unfallähnliche Körperschädigung oder Folgen eines SUVA-versicherten Unfalles vorlägen. D.________ wandte sich an seinen UVG-Versicherer im Oktober 1994, die heutige Krankenkasse Hotela (UVG-Versicherer Nr. 21'520 gemäss Liste der Unfallversicherer des Bundesamtes für Gesundheit, Stand 1. Januar 2005, nachfolgend: Hotela). Er ersuchte sie um die Übernahme der im Jahr 2002 entstandenen Behandlungskosten und die Ausrichtung eines Taggeldes bei vollständiger Arbeitsunfähigkeit. Mit Verfügung vom 10. April 2003 verneinte die Hotela ihre Leistungspflicht und bestätigte dies mit Einspracheentscheid vom 24. Juli 2003.
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C.
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Auf die hiegegen erhobene Beschwerde trat das Verwaltungsgericht des Kantons Schwyz mit Entscheid vom 17. November 2003 mangels örtlicher Zuständigkeit nicht ein. Es überwies die Sache an das Sozialversicherungsgericht des Kantons Zürich. Dieses wies die Beschwerde mit Entscheid vom 29. November 2004 ab.
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D.
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Mit Verwaltungsgerichtsbeschwerde lässt D.________ beantragen, der kantonale Entscheid sei aufzuheben und die Hotela zu verpflichten, ihm für den Unfall vom 17. Oktober 1994 bzw. dessen Folgen die gesetzlichen Leistungen aus UVG auszurichten; eventualiter sei die Sache zu neuem Entscheid an die Vorinstanz zurückzuweisen.
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Die Hotela schliesst auf Abweisung der Verwaltungsgerichtsbeschwerde. Das Bundesamt für Gesundheit verzichtet auf eine Vernehmlassung.
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Das Eidg. Versicherungsgericht zieht in Erwägung:
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1.
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Das kantonale Gericht hat die Grundsätze zum natürlichen Kausalzusammenhang zwischen dem Unfall und dem Gesundheitsschaden, für welchen Leistungen beansprucht werden (BGE 129 V 181 Erw. 3.1, 406 Erw. 4.3.1 mit Hinweisen), zum Beweiswert ärztlicher Berichte (BGE 125 V 352 f. Erw. 3 mit Hinweisen) sowie zum Beweismass der überwiegenden Wahrscheinlichkeit (BGE 126 V 360 Erw. 5b, 125 V 195 Erw. 2) zutreffend wiedergegeben. Darauf wird verwiesen.
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2.
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Nachdem die Beschwerdegegnerin im vorinstanzlichen Verfahren anerkannte, dass es sich beim Ereignis vom 17. Oktober 1994 um einen Unfall handelte, bleibt streitig, ob sie auf Grund dieses Geschehens eine Leistungspflicht bezüglich der über den 1. Juli 2002 hinausreichenden gesundheitlichen Beeinträchtigungen des Beschwerdeführers im rechten Handgelenk trifft. Dies ist dann zu bejahen, wenn ein natürlicher Kausalzusammenhang zwischen dem damaligen Unfall und dem bestehenden Gesundheitsschaden vorliegt.
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3.
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3.1 Die Vorinstanz hat den medizinischen Sachverhalt zutreffend dargelegt und sich dazu umfassend geäussert. Sie ist dabei zu Recht zum Schluss gekommen, dass die am 28. November 1994 durch den orthopädischen Chirurgen Dr. med. B.________ vorgenommene Handgelenksoperation (operative Rekonstruktion mittels Pseudarthrose, Spongiosaplastik und Osteosynthese) nicht zur Behandlung der durch den Unfall vom 17. Oktober 1994 verursachten Verrenkung des Handgelenkes notwendig gewesen ist, sondern vielmehr der Behandlung einer bereits vor diesem Unfall bestehenden Pseudarthrose gedient hat, welche die Folge früherer Verletzungen war. Am Unfalltag stellte der behandelnde Arzt Dr. med. A.________ keine wesentliche Schwellung am rechten Handgelenk fest. Der Röntgenbefund zeigte keine frische knöcherne Läsion, aber eine Pseudarthrose bei Naviculare-Querfraktur. Der Beschwerdeführer gab ihm an, er habe bereits vor dem Sturz belastungsabhängige Schmerzen verspürt und sei deswegen in Behandlung gewesen (vgl. Arztzeugnis UVG Dr. med. A.________ vom 8. November 1994 und Zuweisungsschreiben an Dr. med. B.________ vom 2. November 1994). Ebenso steht fest, dass die erneute Scaphoidpseudarthrosen-Operation vom 22. August 2002 auf Grund derselben vorbestehenden Pseudarthrose notwendig wurde (Bericht Dr. med. L.________ vom 4. Juli 2002).
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3.2 Beim Beschwerdeführer sind im Sommer 2002 nach der Meldung eines Rückfalles und aus Anlass der erneuten Scaphoidpseudarthrosen-Operation keine für den Unfall vom 17. Oktober 1994 spezifische Verletzungen (mehr) objektiviert worden. Bei Symptomen, die gleich oder ähnlich geartet sind wie ein früheres, zwischenzeitlich weitgehend abgeklungenes oder verschwundenes Beschwerdebild, erhält sich beim Fehlen einer erkennbaren unfallspezifischen Schädigung die kausale Bedeutung des ersten Unfallereignisses nur solange, als potenziell konkurrierenden Ursachen vernünftigerweise keine vorrangige Bedeutung zugewiesen werden kann. Nach einer länger dauernden Beschwerdefreiheit ist der Unfall regelmässig nicht mehr massgeblich für das Bestehen der erwähnten gesundheitlichen Beeinträchtigungen. Beschwerdefreiheit allein ist freilich nicht grundsätzlich mit dem Erreichen des Status quo sine gleichzusetzen, ansonsten Rückfälle schon rein begrifflich ausgeschlossen wären (vgl. Urteil M. vom 9. Dezember 2004, U 344/03, Erw. 3.2.1). Sofern somit Handgelenkbeschwerden im Rahmen der Kausalitätsprüfung keinen unfallspezifischen Verletzungen zugeordnet werden können, gilt das Unfallereignis im Hinblick auf die zeitlich unmittelbar folgenden Beschwerdesymptome nicht als eigentliche Ursache, auf Grund welcher der Unfallversicherer grundsätzlich auch für Rezidive (d.h. das Neuauftreten einer Krankheit nach deren Abheilung) aufzukommen hätte, sondern als (blosser) auslösender Faktor. Der Unfallversicherer übernimmt dann den durch das Ereignis ausgelösten Beschwerdeschub, spätere Rezidive dagegen nur, wenn eindeutige Brückensymptome gegeben sind (vgl. in RKUV 2001 Nr. U 419 S. 101 nicht veröffentlichte Erw. 3b des Urteils S. vom 29. Dezember 2000, U 170/00, mit zahlreichen Hinweisen). Würde auf dieses Erfordernis verzichtet, so wäre die Abgrenzung zum alternativ verursachten Leiden kaum je zu bewerkstelligen, sobald einmal ein entsprechendes Unfallereignis eingetreten ist.
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3.3 Die Frage, ob der Beschwerdeführer in der Zeit, während der er keine Behandlung in Anspruch genommen hat, weiterhin unter den nach dem Unfall von 1994 aufgetretenen Beschwerden litt oder nicht, ob der im Streit liegende Zeitraum mithin unter dem Blickwinkel des Grundfalls oder eines Rückfalls (mit oder ohne Brückensymptome) zu betrachten ist, hat hier keine für den Entscheid wesentliche Bedeutung. Denn so, wie neue - unfallfremde - Gründe für ein Beschwerderezidiv verantwortlich sein können, ist es auch bei ununterbrochen anhaltenden Symptomen möglich, dass nach und nach eine andere Ursache an die Stelle des Unfalls tritt und diesen als massgebenden kausalen Faktor ablöst. Selbst wenn der Beschwerdeführer in der mehrjährigen Phase, während der keine (aktenkundige) medizinische Behandlung erforderlich war, gelegentlich unter einschlägigen Beschwerden gelitten haben sollte, kommt diesen nicht die Eigenschaft eindeutiger Brückensymptome zu; jedenfalls waren sie offenbar im Zeitraum von Juli 1995 (zweite Scaphoidpseudarthrosen-Operation) bis Juli 2002 (Meldung eines Rückfalls) nicht so erheblich, dass eine Behandlung erforderlich war.
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4.
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Zu den in der Verwaltungsgerichtsbeschwerde erhobenen Rügen bleibt festzuhalten, dass die Vorinstanz dem Beschwerdeführer das rechtliche Gehör nicht verweigert hat, denn sie hat seine Darlegungen wiedergegeben und dazu dargetan, dass die Operationen der Jahre 1994, 1995 und 2002 auf Grund der bereits bestehenden Pseudarthrose notwendig wurden und nicht als Folge des Sturzes vom 17. Oktober 1994. Die Behauptung des Beschwerdeführers, dieser Sturz habe zur Operationsbedürftigkeit geführt, ist aktenwidrig. Das Argument, dass ohne den Sturz am 28. November 1994 keine Scaphoidpseudarthrosen-Operation nötig geworden wäre, ist unbehelflich, denn auf Grund der medizinischen Akten ist erstellt, dass die vorbestehende Schädigung (Pseudarthrose mit beginnender Osteolyse) eine Operation notwendig machte. Der Sturz und die dadurch veranlasste ärztliche Untersuchung brachten den operationsbedürftigen Vorzustand lediglich zu Tage und es ist auszuschliessen, dass er, wie es der Beschwerdeführer behauptet, eine conditio sine qua non für die Operationen war. Ohne ihn wäre die erste Operation allenfalls etwas später durchgeführt worden, weil der Operationsbedarf erst mit Verzögerung festgestellt worden wäre. Dies vermag aber keine natürliche Kausalität zu begründen (vgl. dazu auch Erw. 3.2 und 3.3 hiervor).
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5.
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Da die bestehenden Unterlagen eine schlüssige Beurteilung der Kausalitätsfrage erlauben, ist dem Eventualantrag auf Rückweisung der Sache zu weiteren Abklärungen und zur Beweisergänzung nicht zu entsprechen.
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Demnach erkennt das Eidg. Versicherungsgericht:
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1.
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Die Verwaltungsgerichtsbeschwerde wird abgewiesen.
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2.
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Es werden keine Gerichtskosten erhoben.
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3.
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Dieses Urteil wird den Parteien, dem Sozialversicherungsgericht des Kantons Zürich und dem Bundesamt für Gesundheit zugestellt.
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Luzern, 22. Juni 2005
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Im Namen des Eidgenössischen Versicherungsgerichts
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Die Präsidentin der III. Kammer: Der Gerichtsschreiber:
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