BGer 7B.47/2006
 
BGer 7B.47/2006 vom 08.05.2006
Tribunale federale
{T 0/2}
7B.47/2006 /blb
Urteil vom 8. Mai 2006
Schuldbetreibungs- und Konkurskammer
Besetzung
Bundesrichterin Hohl, Präsidentin,
Bundesrichter Meyer, Marazzi,
Gerichtsschreiber Schett.
Parteien
X.________,
Beschwerdeführer,
gegen
Obergericht von Appenzell A.Rh., Aufsichtsbehörde für Schuldbetreibung und Konkurs, Obergerichtskanzlei, Fünfeckpalast, 9043 Trogen.
Gegenstand
Pfändungsankündigung,
SchKG-Beschwerde gegen den Entscheid des Obergerichts von Appenzell A.Rh., Aufsichtsbehörde für Schuldbetreibung und Konkurs, vom 12. Juli 2005.
Die Kammer zieht in Erwägung:
1.
1.1 X.________ erhob mit Schreiben vom 20. Juni 2005 Beschwerde an das Obergericht von Appenzell A.Rh. als Aufsichtsbehörde für Schuldbetreibung und Konkurs gegen zwei Pfändungsankündigungen in den Betreibungen Nrn. xxxx und yyyy des Betreibungsamtes Herisau, welche bei ihm angeblich am 18. Juni 2005 eingegangen seien. Er beantragte die Aufhebung der Betreibungen und die Zusprache einer gehörigen Parteientschädigung von Fr. 200.--. Die Pfändungsankündigungen wurden nicht beigelegt.
Mit Schreiben vom 22. Juni 2005 machte die Aufsichtsbehörde X.________ darauf aufmerksam, dass eine Beschwerde u.a. einen Antrag und eine kurze, sich auf das Wesentliche beschränkende Begründung zu enthalten habe. Demgemäss wurde X.________ aufgefordert, innert Frist bis zum 1. Juli 2005 eine verbesserte Beschwerdeschrift in genügender Anzahl sowie die angefochtenen Verfügungen einzureichen. Für den Säumnisfall wurde angedroht, dass auf die Beschwerde nicht eingetreten werde.
1.2 Innert der angesetzten Frist bis zum 1. Juli 2005 ging keine verbesserte Beschwerdeschrift ein. Erst mit Schreiben vom 5. Juli 2005 (Postaufgabe 6. Juli 2005) reichte X.________ die angefochtenen Verfügungen ein und erklärte, dass er die Frist in eigenem Ermessen erstreckt habe.
Mit Entscheid vom 12. Juli 2005 trat die Aufsichtsbehörde auf die Beschwerde nicht ein. Sie befand - zusammengefasst -, nachdem das Bundesrecht wie auch das kantonale Verwaltungsverfahrensrecht die nachträgliche Frist zur Einreichung des angefochtenen Entscheids als Verwirkungsfrist ansähen, sei es gerechtfertigt, dies auch im Beschwerdeverfahren vor der Aufsichtsbehörde so zu halten. Demnach könne auf eine Beschwerde nicht eingetreten werden, wenn eine nachträgliche Frist zur Einreichung der angefochtenen Verfügung nicht eingehalten werde.
1.3 Der Entscheid der Aufsichtsbehörde vom 12. Juli 2005 konnte dem Beschwerdeführer mittels Gerichtsurkunde nicht zugestellt werden, da dieser ohne Adressangabe weggezogen war. In der Folge wurde der Beschwerdeführer im Amtsblatt von Appenzell A.Rh. vom 17. August 2005 aufgefordert, innert sieben Tagen seit Erscheinen dieser Bekanntmachung den Entscheid der Aufsichtsbehörde für Schuldbetreibung und Konkurs am 12. Juli 2005 bei der Obergerichtskanzlei in Trogen abzuholen oder schriftlich anzufordern. Nach unbenutztem Ablauf der vorgenannten Frist beginne die Frist für das Rechtsmittel an das Bundesgericht zu laufen.
1.4 Auf Begehren von X.________ wurde ihm von der Aufsichtsbehörde am 8. März 2006 eine Kopie des Entscheids vom 12. Juli 2005 zugestellt.
Mit Eingaben vom 14. und 15. März 2006 beantragt X.________ der Schuldbetreibungs- und Konkurskammer des Bundesgerichts, die Betreibungen bzw. die Verlustscheine seien aufzuheben.
Es wurden keine Vernehmlassungen eingeholt.
2.
2.1 Von vornherein unzutreffend ist die Behauptung des Beschwerdeführers, der Entscheid vom 12. Juli 2005 müsse ihm lediglich mit A-oder B-Post zugestellt worden sein, denn er sei am 13. August 2005 zur Post gegangen und habe sich erkundigt, ob in der Zwischenzeit - eingeschriebene - Post für ihn eingegangen sei. Dies sei nicht der Fall gewesen. Aus den kantonalen Akten ergibt sich indessen, dass der Entscheid vom 12. Juli 2005 mit Gerichtsurkunde am 15. Juli 2005 an den Wohnsitz des Beschwerdeführers zugestellt, weil Letzterer aber nicht erreicht werden konnte, am 18. Juli 2005 wieder an die Obergerichtskanzlei von Appenzell A.Rh. zurückgeschickt wurde.
2.2 In der Hauptsache bringt der Beschwerdeführer vor, es sei ein Akt von übertriebenem Formalismus, weil auf die ergänzte Beschwerdeschrift vom 5. Juli 2005 nicht eingetreten worden sei. Da der Entscheid vom 12. Juli 2005 ihm nicht rechtsgültig zugestellt worden sei, existiere er nicht. Der Vorwurf geht fehl.
Die Beschwerdefristen in Schuldbetreibungs- und Konkurssachen sind gesetzliche Fristen (Art. 17 Abs. 2, Art. 18 Abs. 1 und Art. 19 Abs. 1 SchKG). Das bedeutet, dass innert der Beschwerdefrist eine rechtsgenügend begründete Beschwerdeschrift einzureichen ist. Eine nach Ablauf der Beschwerdefrist eingereichte Ergänzungsschrift kann nicht mehr berücksichtigt werden, selbst wenn sie in der rechtzeitigen Beschwerdeerklärung angekündigt wurde (BGE 126 III 30 ff.). Aus dieser bundesgerichtlichen Rechtsprechung folgt, dass die Aufsichtsbehörde kein Bundesrecht verletzt hat, indem sie auf die Beschwerde nicht eingetreten ist.
Auch mit Bezug auf die Zustellung des Entscheids vom 12. Juli 2005 ist die Vorinstanz bundesrechtskonform vorgegangen. Die siebentägige Abholfrist, auf die in der Bekanntmachung im Amtsblatt vom 17. August 2005 hingewiesen wird, ist in den Allgemeinen Geschäftsbedingungen der Post vorgesehen und ist nach der Rechtsprechung des Bundesgerichts auf die Frage, wann eine Sendung als zugestellt gilt, anwendbar (BGE 127 I 31 E. 2a/aa S. 34; Art. 11 PG [SR 783.0] i.V.m. Ziff. 2.3.7 lit. b der Allgemeinen Geschäftsbedingungen der Postdienstleistungen [Ausgabe April 2006]). Gemäss konstanter Rechtsprechung ist jemand, der weiss oder wissen muss, dass ihm eingeschriebene Sendungen von Gerichts- oder Verwaltungsbehörden zugestellt werden können, gehalten, für die Entgegennahme oder Abholung solcher Mitteilungen eine Drittperson zu bevollmächtigen, falls er selbst dazu nicht in der Lage ist (BGE 123 III 492 f.). Der Beschwerdeführer musste wissen, dass ihm ein Entscheid der Aufsichtsbehörde demnächst eröffnet werden kann. Er hat es somit selbst verschuldet, dass ihm der Entscheid vom 12. Juli 2005 nicht zugestellt werden konnte.
2.3 Da weder betreffend die Zustellung des Gerichtsentscheids noch betreffend die infrage stehenden Betreibungen vom Beschwerdeführer ein Nichtigkeitsgrund geltend gemacht wurde, und ein solcher auch nicht ersichtlich ist, hätte eine Beschwerde gegen den Entscheid der Aufsichtsbehörde innert der 10-tägigen Frist des Art. 19 Abs. 1 SchKG bei der erkennenden Kammer eingereicht werden müssen (dazu BGE 115 III 11 E. 1c). Auf die Eingaben des Beschwerdeführers vom 14. und 15. März 2006 kann somit nicht eingetreten werden.
2.4 Daran ändert auch der Einwand nichts, es sei Bundesrecht verletzt worden, weil er bei der Pfändung nicht habe mitwirken können. Der Einwand ist unbegründet. Denn die Abwesenheit des Schuldners beeinträchtigt die Rechtsgültigkeit einer vorschriftsgemäss angekündigten Pfändung nicht; der Vollzug der Pfändung muss ihm nur nachträglich mitgeteilt werden (BGE 112 III 14 E. 5a S. 16; vgl. dazu auch Kurt Amonn/Fridolin Walther, Grundriss des Schuldbetreibungs- und Konkursrechts, 7. Aufl. 2003, S. 154 N. 28). Die in keiner Weise belegte Behauptung, er habe erst von der kantonalen Steuerverwaltung mit Brief vom 2. März 2006 erfahren, dass zwei Verlustscheine ausgestellt worden seien, stellt eine neue Tatsache dar, auf die gemäss Art. 79 Abs. 1 OG nicht eingetreten werden kann. Im Weiteren ist dazu zu bemerken, dass gemäss Art. 115 Abs. 1 SchKG die Pfändungsurkunde den Verlustschein im Sinne von Art. 149 SchKG bildet, wenn kein pfändbares Vermögen vorhanden ist.
3.
Das Beschwerdeverfahren ist - abgesehen von Fällen bös- oder mutwilliger Beschwerdeführung - kostenlos (Art. 20a Abs. 1 SchKG).
Demnach erkennt die Kammer:
1.
Auf die Beschwerde wird nicht eingetreten.
2.
Dieses Urteil wird dem Beschwerdeführer, der Beschwerdegegnerin (Schweizerische Eidgenossenschaft, 3003 Bern, vertreten durch die Steuerverwaltung des Kantons Appenzell A.Rh., Gutenberg-Zentrum, 9102 Herisau), dem Betreibungsamt Herisau, Postfach 1160, 9102 Herisau, und dem Obergericht von Appenzell A.Rh., Aufsichtsbehörde für Schuldbetreibung und Konkurs, schriftlich mitgeteilt.
Lausanne, 8. Mai 2006
Im Namen der Schuldbetreibungs- und Konkurskammer
des Schweizerischen Bundesgerichts
Die Präsidentin: Der Gerichtsschreiber: