BGer 4P.133/2006 |
BGer 4P.133/2006 vom 14.08.2006 |
Tribunale federale
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{T 0/2}
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4P.133/2006 /ruo
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Urteil vom 14. August 2006
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I. Zivilabteilung
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Besetzung
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Bundesrichter Corboz, Präsident,
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Bundesrichterinnen Klett, Rottenberg Liatowitsch,
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Gerichtsschreiber Luczak.
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Parteien
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A.________ AG,
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Beschwerdeführerin,
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vertreten durch Rechtsanwalt Anton Bühlmann,
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gegen
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B.________,
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Beschwerdegegner,
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vertreten durch Rechtsanwalt Franz Dörig,
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Obergericht des Kantons Luzern, I. Kammer als Appellationsinstanz, Postfach, 6002 Luzern.
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Gegenstand
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Art. 9 und 29 Abs. 1 und 2 BV (Zivilprozess; Rechtsmittelfrist),
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Staatsrechtliche Beschwerde gegen den Entscheid des Obergerichts des Kantons Luzern, I. Kammer als Appellationsinstanz, vom 6. April 2006.
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Sachverhalt:
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A.
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In einer arbeitsrechtlichen Auseinandersetzung verpflichtete das Arbeitsgericht des Kantons Luzern mit Urteil vom 30. Januar 2006 die A.________ AG (Beschwerdeführerin), B.________ (Beschwerdegegner) Fr. 36'232.20 netto zu bezahlen (Dispositiv Ziff. 1). Zudem gewährte es in zwei Betreibungen im Betrag von je Fr. 18'116.10 nebst Zins die definitive Rechtsöffnung (Dispositivziffern 2 und 3). In Dispositivziffer 4 wies das Gericht auf die Zulässigkeit der Appellation und die Frist zur Appellationserklärung von 20 Tagen hin. Das Urteil wurde beiden Parteien am 1. Februar 2006 zugestellt. In der Begründung hatte das Arbeitsgericht festgehalten, die Beschwerdeführerin schulde dem Beschwerdegegner Verzugszins. Entsprechend "berichtigte" es Dispositivziffer 1 seines Urteils am 6. Februar 2006 und sprach dem Beschwerdegegner Fr. 36'232.20 netto nebst Zins zu. Die übrigen Dispositivziffern blieben unverändert. Die Beschwerdeführerin nahm die Berichtigung am 13. Februar 2006 in Empfang und appellierte gegen das Urteil am 6. März 2006. Während der Beschwerdegegner die Rechtzeitigkeit der Appellation bestritt, stellte sich die Beschwerdeführerin auf den Standpunkt, in Bezug auf Dispositivziffern 1-3 liege eine Erläuterung vor, welche eine neue Appellationsfrist ausgelöst habe.
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B.
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Am 6. April 2006 erliess das Obergericht des Kantons Luzern einen Teilerledigungsentscheid und erkannte, Gegenstand des Verfahrens bilde nur die vom Arbeitsgericht vorgenommene Erläuterung, dass die Beschwerdeführerin 5 % Zins von Fr. 18'116.10 seit 23. Februar 2005 und von Fr. 18'116.10 seit 29. Juni 2005 zu bezahlen habe. Im Übrigen trat es auf die Appellation nicht ein.
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C.
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Gegen diesen Entscheid hat die Beschwerdeführerin beim Bundesgericht sowohl staatsrechtliche Beschwerde als auch Berufung erhoben. Auf die Berufung ist das Bundesgericht mit Urteil vom heutigen Tag nicht eingetreten. In der staatsrechtlichen Beschwerde beantragt die Beschwerdeführerin, das angefochtene Urteil aufzuheben und der Beschwerde aufschiebende Wirkung zu gewähren. Da der Berufung von Gesetzes wegen aufschiebende Wirkung zukommt (Art. 54 Abs. 2 OG), wird das Gesuch mit dem ebenfalls heute ergehenden Entscheid über die staatsrechtliche Beschwerde gegenstandslos. Das Obergericht und der Beschwerdegegner schliessen auf Abweisung der Beschwerde, soweit darauf einzutreten ist.
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Das Bundesgericht zieht in Erwägung:
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1.
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Das Bundesgericht prüft die Zulässigkeit einer staatsrechtlichen Beschwerde von Amtes wegen und mit freier Kognition (BGE 128 I 46 E. 1a S. 48 mit Hinweisen).
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1.1 Mit staatsrechtlicher Beschwerde können Endentscheide angefochten werden; Zwischenentscheide sind (abgesehen von den in Art. 87 Art. 1 OG geregelten Fällen, die vorliegend nicht in Betracht fallen) nur ausnahmsweise selbständig anfechtbar, namentlich wenn sie einen nicht wiedergutzumachenden Nachteil bewirken können (Art. 87 Abs. 2 und 3 OG). Als Endentscheid im Sinne von Art. 87 OG wird jeder Entscheid betrachtet, der ein Verfahren vorbehältlich des Weiterzugs an eine höhere Instanz abschliesst, sei es durch einen Entscheid in der Sache selbst, sei es aus prozessualen Gründen (BGE 128 I 215 E. 2 S. 216 mit Hinweisen). Ein Endentscheid in diesem Sinne liegt nicht vor, da über die Zinsforderung noch nicht entschieden wurde.
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1.2 Die Beschwerdeführerin beruft sich allerdings auf nicht wiedergutzumachende Nachteile, die ihr aus einer Fortsetzung der Betreibungsverfahren erwachsen könnten. Ob dies für die Annahme eines nicht wiedergutzumachenden Nachteils ausreicht, braucht indessen nicht vertieft behandelt zu werden, da auf die Beschwerde jedenfalls nicht einzutreten ist.
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2.
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2.1 Die Beschwerdeführerin rügt, bereits die erste Instanz habe es unterlassen, ihr vor Erlass der Erläuterung das rechtliche Gehör zu gewähren, und auch das Obergericht habe sich mit der entsprechenden Rüge der Beschwerdeführerin nicht auseinandergesetzt. Dabei übersieht sie, dass es sich beim angefochtenen Entscheid nicht um einen Endentscheid handelt, der das kantonale Verfahren abschliesst. Die von der Erläuterung betroffenen Punkte hat das Obergericht noch nicht behandelt, sondern dem Endurteil vorbehalten. Die Frage einer Verletzung des rechtlichen Gehörs stellt sich mithin erst nach Erlass des Endentscheides, weshalb auf die Rüge der Beschwerdeführerin nicht einzutreten ist.
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2.2 Sodann rügt die Beschwerdeführerin, das Obergericht habe die Forderung willkürlich in zwei selbständige Forderungen aufgeteilt. Die Pflicht zur Bezahlung der Lohnforderung ergab sich indessen bereits aus dem ursprünglichen Dispositiv. Durch die Erläuterung wurde nur die Verpflichtung, auf dieser Forderung Verzugszinse zu bezahlen, neu in das Dispositiv aufgenommen und in diesem Umfang die Zahlungspflicht erweitert. Ob die Verzugszinsen als eigenständige Forderung betrachtet werden oder zu der "einheitlichen Hauptverpflichtung" gehören, wie die Beschwerdeführerin geltend macht, ändert daran nichts. Auch wenn im Erläuterungsentscheid nur der Gesamtbetrag der zugesprochenen Forderung erhöht worden wäre, wäre die Beschwerdeführerin durch die Erläuterung nur im Umfang der Erhöhung beschwert. Inwiefern es aber willkürlich sein soll, nur insoweit eine neue Rechtsmittelfrist laufen zu lassen, als die Beschwer erst durch die Erläuterung eintritt, legt die Beschwerdeführerin nicht dar und ist auch nicht ersichtlich, handelt es sich dabei doch um einen allgemeinen Grundsatz im Zivilprozessrecht (so schon BGE 69 IV 54 E. 1 S. 57 f.), der auch der Praxis des Bundesgerichtes im Berufungsverfahren entspricht (BGE 117 II 508 E. 1a S. 510 mit Hinweis). Auch aus der von der Beschwerdeführerin zitierten Literaturstelle lässt sich diesbezüglich nichts zu ihren Gunsten ableiten, wird dort doch die volle Überprüfungsbefugnis der Rechtsmittelinstanz damit begründet, dass die betroffene Partei erst durch die Erläuterung des Rechtsspruchs beschwert werde (Studer/Rüegg/Eiholzer, Der Luzerner Zivilprozess, N. 1 zu § 284 ZPO), was vorliegend nur in Bezug auf die Verzugszinse zutrifft, welche in Dispositivziffer 1 des ursprünglichen Urteils versehentlich nicht erwähnt wurden. In Bezug auf die Lohnforderung war die Beschwerdeführerin bereits vor der Erläuterung beschwert. Die Beschwerdeführerin setzt sich mit diesem eigentlichen Grundgedanken des angefochtenen Urteils nicht auseinander, sondern ergeht sich in nicht entscheidwesentlichen Ausführungen über die Abhängigkeit zwischen Kapital- und Zinsschuld oder in Betrachtungen über die materielle Rechtskraft, welche Bundesrecht betreffen (BGE 121 III 474 E. 2 S. 476 f.) und wegen der Subsidiarität der staatsrechtlichen Beschwerde zur Berufung nicht zu hören sind (Art. 84 Abs. 2 OG ; BGE 129 I 173 E. 1.1 S. 174; 120 II 384 E. 4a S. 385). Mangels hinreichender Begründung ist auf ihre Rüge nicht einzutreten (vgl. Art. 90 Abs. 1 lit. b OG; BGE 130 I 258 E. 1.3 S. 161 f. mit Hinweisen).
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2.3 Ebenfalls nicht einzutreten ist auf die Ausführungen der Beschwerdeführerin hinsichtlich der erstinstanzlichen Rechtsmittelbelehrung und der darauf bezogenen Erwägungen des Obergerichts. Die Beschwerdeführerin hat nach eigenen Ausführungen erkannt, dass die erste Instanz zwar angab, eine Berichtigung vorzunehmen, in Tat und Wahrheit aber ihr Urteil erläuterte. Da die Beschwerdeführerin den Fehler erkannt hat, kann sie aus einer auf Grund dieses Fehlers allenfalls unzulänglichen Rechtsmittelbelehrung nichts zu ihren Gunsten ableiten. Die Vorbringen der Beschwerdeführerin sind nicht entscheidrelevant und daher nicht zu hören.
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3.
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Insgesamt zeigt die Beschwedeführerin nicht ansatzweise auf, inwiefern ihre verfassungsmässigen Rechte dadurch verletzt sein sollten, dass das Obergericht auf die Appellation wegen Verspätung nicht eingetreten ist. Die staatsrechtliche Beschwerde erweist sich als offensichtlich unzulässig, weshalb nicht darauf einzutreten ist. Dem Ausgang des Verfahrens entsprechend wird die Beschwerdeführerin kosten- und entschädigungspflichtig.
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Demnach erkennt das Bundesgericht im Verfahren nach Art. 36a OG:
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1.
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Auf die staatsrechtliche Beschwerde wird nicht eingetreten.
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2.
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Die Gerichtsgebühr von Fr. 2000.-- wird der Beschwerdeführerin auferlegt.
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3.
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Die Beschwerdeführerin hat den Beschwerdegegner für das bundesgerichtliche Verfahren mit Fr. 2'500.-- zu entschädigen.
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4.
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Dieses Urteil wird den Parteien und dem Obergericht des Kantons Luzern, I. Kammer als Appellationsinstanz, schriftlich mitgeteilt.
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Lausanne, 14. August 2006
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Im Namen der I. Zivilabteilung
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des Schweizerischen Bundesgerichts
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Der Präsident: Der Gerichtsschreiber:
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