BGer 1A.147/2006 |
BGer 1A.147/2006 vom 31.08.2006 |
Tribunale federale
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{T 0/2}
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1A.147/2006 /scd
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Urteil vom 31. August 2006
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I. Öffentlichrechtliche Abteilung
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Besetzung
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Bundesrichter Féraud, Präsident,
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Bundesrichter Aemisegger, Aeschlimann,
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Gerichtsschreiber Steinmann.
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Parteien
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X.________, Beschwerdeführer,
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gegen
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Oberstaatsanwaltschaft des Kantons Zürich, Florhofgasse 2, Postfach, 8090 Zürich,
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Direktion der Justiz und des Innern des Kantons Zürich, Neumühlequai 10, Postfach, 8090 Zürich.
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Gegenstand
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Probenahme und Erstellung eines DNA-Profils,
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Verwaltungsgerichtsbeschwerde gegen die Verfügung der Direktion der Justiz und des Innern des Kantons Zürich vom 13. Juni 2006.
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Sachverhalt:
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A.
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X.________ verbüsst in der kantonalen Strafanstalt Pöschwies eine Strafe von 20 Jahren Zuchthaus wegen Mordes gemäss Urteil des Geschworenengerichts des Kantons Zürich vom 6. März/8. September 1998.
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Gestützt auf Art. 23 Abs. 3 des Bundesgesetzes über die Verwendung von DNA-Profilen im Strafverfahren und zur Identifizierung von unbekannten oder vermissten Personen (DNA-Profil-Gesetz, SR 363) sowie die DNA-Verordnung des Regierungsrates des Kantons Zürich vom 8. Juni 2005 (kantonale Rechtssammlung 321.5) ordnete die Oberstaatsanwaltschaft des Kantons Zürich am 8. Dezember 2005 an, dass X.________ ein Wangenschleimhautabstrich genommen, er im Falle der Weigerung dem Institut für Rechtsmedizin (IRM) zwecks Entnahme einer Blutprobe zugeführt und ein DNA-Profil erstellt werden solle. Am 13. Dezember 2005 wurde X.________ im IRM eine Blutprobe entnommen.
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Die Verfügung der Oberstaatsanwaltschaft focht X.________ am 16. Dezember 2005 bei der Direktion der Justiz und des Innern des Kantons Zürich an und verlangte im Wesentlichen die Aufhebung der angefochtenen Verfügung, die Vernichtung der Blutprobe und die Löschung des DNA-Profils im DNA-Informationssystem.
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Mit Entscheid vom 13. Juni 2006 wies die Direktion der Justiz und des Innern den Rekurs ab. Sie hielt insbesondere dafür, dass die Zuständigkeit der Oberstaatsanwaltschaft mit dem DNA-Profil-Gesetz und insbesondere dessen Art. 23 Abs. 1 in Einklang stehe, und fügte an, dass gegen ihren Entscheid die Verwaltungsgerichtsbeschwerde an das Bundesgericht offen stehe.
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B.
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Gegen diesen Entscheid der Direktion der Justiz und des Innern hat X.________ am 17. Juli beim Bundesgericht Verwaltungsgerichtsbeschwerde erhoben. Er verlangt die Aufhebung der angefochtenen Verfügung sowie die Entrichtung einer Parteientschädigung und einer Genugtuung für den erlittenen körperlichen und seelischen Schaden.
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Die Oberstaatsanwaltschaft und die Direktion der Justiz und des Innern haben auf Vernehmlassung verzichtet.
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Das Bundesgericht zieht in Erwägung:
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1.
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Der Beschwerdeführer hat entsprechend der ihm erteilten Rechtsmittelbelehrung Verwaltungsgerichtsbeschwerde erhoben. Das Bundesgericht prüft von Amtes wegen und mit freier Kognition die Zulässigkeit der bei ihm eingereichten Beschwerden (BGE 131 I 57 E. 1 S. 59).
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2.
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Das Bundesgericht hat sich in einem neuesten Entscheid vom 19. Juli 2006 zur Möglichkeit der Anfechtung von Verfügungen geäussert, mit denen die Oberstaatsanwaltschaft des Kantons Zürich gestützt auf Art. 23 Abs. 3 DNA-Profil-Gesetz und die DNA-Verordnung einen Wangenschleimhautabstrich bzw. eine Blutprobe und die Erstellung eines DNA-Profils angeordnet hatte (Urteil 1A.89/2006 vom 19. Juli 2006). In Übereinstimmung mit diesem Entscheid ist das Folgende festzuhalten.
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2.1 Die Verwaltungsgerichtsbeschwerde nach Art. 97 OG ist - unter Vorbehalt der gesetzlichen Ausnahmen - zulässig gegen Verfügungen, die sich auf öffentliches Recht des Bundes stützen oder hätten stützen müssen. Im vorliegenden Fall kam das DNA-Profil-Gesetz, mithin öffentliches Recht des Bundes, zur Anwendung. Insoweit fällt die Verwaltungsgerichtsbeschwerde in Betracht.
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Art. 100 Abs. 1 lit. f OG schliesst die Verwaltungsgerichtsbeschwerde gegen Verfügungen auf dem Gebiete der Strafverfolgung aus. Bei der Entnahme von Proben und der Erstellung von DNA-Profilen handelt es sich um Massnahmen der Strafverfolgung (wie auch das Verwaltungsgericht und das Obergericht in den genannten Entscheiden angenommen hatten). Demgegenüber fällt - auch in Bezug auf Strafverfolgungsmassnahmen - gestützt auf die Gegenausnahme gemäss Art. 100 Abs. 2 lit. a OG die Verwaltungsgerichtsbeschwerde in Betracht, wenn es sich um Verfügungen auf dem Gebiet des Datenschutzes handelt. Das Bundesgericht hat in BGE 128 II 259 angenommen, dass bei der Erstellung eines DNA-Profils und dessen Speicherung in der entsprechenden Datenbank wichtige Fragen des Datenschutzes berührt werden, und demnach gestützt auf Art. 100 Abs. 2 lit. a OG die Verwaltungsgerichtsbeschwerde für zulässig erklärt (E. 1.3 S. 264). Daran ist auch im vorliegenden Verfahren festzuhalten. Dem DNA-Profil-Gesetz kommt - neben dem Aspekt der Strafverfolgung und im Vergleich mit andern Strafverfolgungsmassnahmen - ein besonderes datenschutzrechtliches Gewicht zu. Die DNA-Analyse erlaubt eine Identifizierung der betroffenen Person mit an Sicherheit grenzender Wahrscheinlichkeit und die DNA-Profile werden - über ein konkretes Strafverfahren hinaus - über Jahre hinaus aufbewahrt (vgl. Art. 16 DNA-Profil-Gesetz). Das DNA-Profil-Gesetz enthält denn auch einen ausführlichen Abschnitt über den Datenschutz (Art. 15 ff.).
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Bei dieser Sachlage ist in Übereinstimmung mit BGE 128 II 259 auch im vorliegenden Verfahren die Verwaltungsgerichtsbeschwerde grundsätzlich als zulässiges Bundesrechtsmittel zu betrachten.
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2.2 Auf Verwaltungsgerichtsbeschwerde hin prüft das Bundesgericht lediglich Entscheide letzter kantonaler Instanzen (Art. 98 lit. g OG). Nach Art. 98a Abs. 1 OG bestellen die Kantone insoweit, als die Verwaltungsgerichtsbeschwerde ans Bundesgericht in Betracht fällt, als letzte kantonale Instanz eine richterliche Behörde, für deren Anrufung die Beschwerdelegitimation und die Beschwerdegründe mindestens im gleichen Umfang wie für die Verwaltungsgerichtsbeschwerde ans Bundesgericht zu gewährleisten sind (Art. 98a Abs. 3 OG). In entsprechender Weise sieht das auf den 1. Januar 2007 in Kraft gesetzte Bundesgesetz über das Bundesgericht vom 17. Juni 2005 (BGG; AS 2006, 1205) vor, dass die Kantone als letzte kantonale Instanzen obere Gerichte einsetzen (Art. 80 Abs. 2 bzw. Art. 86 Abs. 2 BGG).
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An dieser Voraussetzung fehlt es im vorliegenden Fall, wie bereits die Direktion der Justiz und des Inneren antönte (E. 5). Der angefochtene Entscheid ist vielmehr von der Direktion der Justiz und des Innern, mithin einer nichtrichterlichen Behörde ausgegangen. Damit ist dem Bundesgericht nach Art. 98a Abs. 1 OG eine materielle Prüfung der vorliegenden Beschwerde verwehrt. Bevor sich das Bundesgericht mit der Sache materiell befassen kann, ist vielmehr eine Beurteilung durch ein kantonales Gericht erforderlich.
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2.3 Damit stellt sich die Frage des weitern Vorgehens. Der Beschwerdeführer hat nach Art. 98a OG Anspruch auf eine Beurteilung durch ein kantonales Gericht. Diese Bestimmung ist auch bei Fehlen entsprechender kantonaler Verfahrensbestimmungen direkt anwendbar (BGE 123 II 231 E. 7 S. 236). Demnach ist die vorliegende Beschwerde dem Kanton Zürich zur Gewährung eines gerichtlichen Verfahrens und zur Prüfung der Beschwerde (sowohl in materieller Hinsicht wie auch in Bezug auf die Anträge um Entrichtung einer Parteientschädigung und einer Genugtuung) weiterzuleiten. Dabei fällt eine Überweisung in erster Linie an das Obergericht des Kantons Zürich in Betracht. Falls sich dieses für die Behandlung der Beschwerde - gestützt auf kantonales Organisationsrecht - als unzuständig erklären sollte, wird es seinerseits mit der aus seiner Sicht allenfalls zuständigen gerichtlichen Behörde einen Meinungsaustausch führen bzw. gegebenenfalls das Kompetenzkonfliktverfahren durchführen müssen (vgl. § 194 GVG; Hauser/Schweri, Kommentar zum zürcherischen Gerichtsverfassungsgesetz, Zürich 2002, Rz. 2 zu § 194; Kölz/Bosshart/ Röhl, Verwaltungsrechtspflegegesetz des Kantons Zürich, 2. Aufl. 1999, Rz. 38 ff. zu § 1 und Rz. 32 ff. zu § 5).
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3.
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Demnach ist die vorliegende Beschwerde vom 17. Juli 2006 im Sinne der Erwägungen dem Obergericht zur Behandlung zu überweisen und das Verfahren vor dem Bundesgericht als gegenstandslos abzuschreiben.
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Demnach erkennt das Bundesgericht:
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1.
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Die Beschwerde vom 17. Juli 2006 wird dem Obergericht des Kantons Zürich im Sinne der Erwägungen zur Behandlung überwiesen.
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2.
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Das Verfahren 1A.147/2006 wird als gegenstandslos geworden am Geschäftsverzeichnis des Bundesgerichts abgeschrieben.
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3.
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Es werden keine Kosten erhoben.
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4.
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Dieses Urteil wird dem Beschwerdeführer sowie der Oberstaatsanwaltschaft, der Direktion der Justiz und des Innern und dem Obergericht des Kantons Zürich schriftlich mitgeteilt.
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Lausanne, 31. August 2006
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Im Namen der I. öffentlichrechtlichen Abteilung
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des Schweizerischen Bundesgerichts
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Der Präsident: Der Gerichtsschreiber:
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