BGer 4C.251/2006
 
BGer 4C.251/2006 vom 24.10.2006
Tribunale federale
{T 0/2}
4C.251/2006 /len
Urteil vom 24. Oktober 2006
I. Zivilabteilung
Besetzung
Bundesrichter Corboz, Präsident,
Bundesrichterin Rottenberg Liatowitsch,
Bundesrichter Favre,
Gerichtsschreiber Luczak.
Parteien
X.________ AG,
Klägerin und Berufungsklägerin,
vertreten durch Rechtsanwalt Dr. Ruedi Portmann,
gegen
Y.________ AG,
Beklagte und Berufungsbeklagte.
Gegenstand
Kaufvertrag; Liefertermin,
Berufung gegen das Urteil des Handelsgerichts des Kantons Aargau, 1. Kammer, vom 19. April 2006.
Sachverhalt:
A.
Mit Kaufvertrag vom 12. Oktober 2004 verpflichtete sich die Y.________ AG (Beklagte) zur Lieferung eines Fahrzeugs der Marke VW Touareg an die X.________ AG (Klägerin) zu einem Kaufpreis von Fr. 125'644.45 per 15. Juni 2005. Zusätzlich enthielt der Kaufvertrag eine Klausel, wonach die Beklagte der Klägerin bis Ende Dezember 2004 einen definitiven Liefertermin zu nennen hatte, ansonsten die Klägerin schadenersatzlos vom Vertrag zurücktreten könne. Im Weiteren wurde auf die allgemeinen Geschäftsbedingungen verwiesen. Nach deren Ziff. 5 kann die Beklagte für den Fall, dass sich die Klägerin nach schriftlicher Mahnung mit der Übernahme des Kaufgegenstandes im Verzug befindet, nach Ablauf einer schriftlich angesetzten achttägigen Nachfrist entweder auf der Erfüllung beharren oder sofort schriftlich den Verzicht auf die nachträgliche Leistung erklären und 20 % des Verkaufspreises als Konventionalstrafe fordern nebst Ersatz eines allfälligen höheren Schadens. Ferner wird im Kaufvertrag festgehalten, dass er eine Schuldanerkennung seitens der Käuferin bildet. Die Klägerin hielt in der Folge dafür, die Beklagte habe ihre Ankündigungsobliegenheit nicht erfüllt, weshalb sie vom Vertrag zurücktrat.
B.
In der Folge erlangte die Beklagte provisorische Rechtsöffnung für ihre in Betreibung gesetzte Forderung von Fr. 25'132.95 nebst Zins als Konventionalstrafe entsprechend 20 % des vereinbarten Kaufpreises. Die Klägerin erhob Aberkennungsklage mit dem Rechtsbegehren, es sei festzustellen, dass die in Betreibung gesetzte Forderung von Fr. 25'132.95 nebst Zins nicht bestehe. Sie vertrat den Standpunkt, die Beklagte habe ihr bis zum 31. Dezember 2004 keinen definitiven Liefertermin bekannt gegeben, worauf die Klägerin mit Schreiben vom 16. Januar 2005 vom Vertrag zurückgetreten sei. Die Konventionalstrafe sei daher nicht geschuldet. Das Handelsgericht des Kantons Aargau wies die Klage am 19. April 2006 ab.
C.
Die Klägerin beantragt dem Bundesgericht mit eidgenössischer Berufung im Wesentlichen die Aufhebung des angefochtenen Urteils und die Gutheissung der Aberkennungsklage. Die Beklagte schliesst auf kostenfällige Abweisung der Berufung.
Das Bundesgericht zieht in Erwägung:
1.
Im Berufungsverfahren ist das Bundesgericht grundsätzlich an die tatsächlichen Feststellungen des kantonalen Sachrichters gebunden. Ausnahmen von dieser Bindung kommen nur in Betracht, wenn die Vorinstanz bundesrechtliche Beweisvorschriften verletzt hat, wenn ihr ein offensichtliches Versehen unterlaufen ist (Art. 63 Abs. 2 OG) oder wenn der von ihr ermittelte Sachverhalt im Hinblick auf die Anwendung des Bundesrechts der Ergänzung bedarf (Art. 64 OG). Die Partei, die den Sachverhalt berichtigt oder ergänzt wissen will, hat darüber genaue Angaben mit Aktenhinweisen zu machen (BGE 115 II 484 E. 2a S. 485 f., mit Hinweis). Die Klägerin lässt in ihre Argumentation verschiedentlich Ausführungen zu Tatfragen einfliessen, ohne jedoch substanziierte Sachverhaltsrügen im Sinne von Art. 63 Abs. 2 und Art. 64 OG zu erheben. Soweit sie damit die Bindung des Bundesgerichts an die tatsächlichen Feststellungen der Vorinstanz missachtet, kann auf ihre Berufung nicht eingetreten werden. Der rechtlichen Beurteilung der Streitsache ist der vom Handelsgericht festgestellte Sachverhalt zugrunde zu legen.
2.
2.1 Die Vorinstanz ging davon aus, die Voraussetzungen der Einforderung der Konventionalstrafe (Mahnung seitens der Beklagten, etc.) seien erfüllt, sofern eine gültige Hauptforderung bestanden habe. Insoweit wird das Urteil der Vorinstanz nicht beanstandet, weshalb es dabei sein Bewenden hat. Umstritten blieb hingegen die Frage, ob der von der Klägerin per 31. Dezember 2004 erklärte Rücktritt vom Vertrag rechtsbeständig ist, was der Fall wäre, wenn die Beklagte bis Ende Dezember 2004 keinen definitiven Liefertermin genannt hätte. Insbesondere gingen die Meinungen der Parteien über die Bedeutung der im Vertrag figurierenden Wendung "definitiver Liefertermin" auseinander.
2.2 Diesbezüglich stellte die Vorinstanz zunächst fest, die Parteien seien sich bei Vertragsschluss darüber einig gewesen, dass die Rücktrittsklausel wegen der für den gekauften Wagentyp werkseits benötigten langen Lieferfristen in den Vertrag aufgenommen wurde. Der Vertreter der Klägerin habe bis zum 31. Dezember 2004 wissen wollen, wann die Beklagte im Jahre 2005 den Wagen ausliefern könne. Der 15. Juni 2005 stellte aus der Sicht beider Parteien den letztmöglichen Liefertermin dar. Nach übereinstimmender Auffassung beider Parteien habe der Zweck der Rücktrittsklausel darin bestanden, der Klägerin die Möglichkeit einzuräumen, sich vom Vertrag zu lösen, sofern die Beklagte nicht in der Lage sein sollte, ihr bis Jahresende einen definitiven, vor dem 15. Juni 2005 liegenden Liefertermin anzugeben. Im Herbst 2004 habe nun die Beklagte der Klägerin erklärt, dass das Fahrzeug im Frühjahr 2005 geliefert werden könne. Vor diesem Hintergrund kam die Vorinstanz zum Ergebnis, die Klägerin, die von der Beklagten bis spätestens am 31. Dezember 2004 mit Sicherheit eine Lieferung zwischen Vertragsabschluss und 15. Juni 2005 habe bestätigt erhalten wollen, sei nach Treu und Glauben berechtigt gewesen, dies, aber nicht mehr zu erwarten. Im Hinblick auf Sinn und Zweck der Rücktrittsklausel entsprechend dem tatsächlich übereinstimmenden Parteiwillen sei der verwendete Begriff "definitiver Liefertermin" nicht auf die Bezeichnung eines bestimmten Datums zu beschränken, sondern falle auch die angekündigte Lieferung im Frühling 2005 darunter. Indem die Beklagte der Klägerin vor dem 31. Dezember 2004 mitgeteilt habe, dass der Wagen noch vor dem 15. Juni 2005 beziehungsweise im Frühjahr 2005 geliefert würde, sei sie ihrer vertraglichen Verpflichtung nachgekommen.
2.3 In einer Alternativbegründung erwog die Vorinstanz, selbst wenn die einschlägige Klausel mit der Klägerin als genau fixierter Liefertag zu verstehen sein sollte, würde sich nichts am Ergebnis ändern, da der Klägerin als definitiver Liefertermin telefonisch Ende Januar 2005 genannt worden sei.
3.
Die Klägerin hat in der Berufung beide Begründungen angefochten, weshalb mit Blick auf das Rechtsschutzinteresse auf die Berufung einzutreten ist (BGE 132 III 555 E. 3.2 S. 560; 122 III 43 E. 3 S. 45 je mit Hinweis).
3.1 In Bezug auf die Alternativbegründung führt die Klägerin indessen lediglich aus, die Feststellung, die Beklagte habe telefonisch Ende Januar als Liefertermin angegeben, beruhe auf einer Parteibehauptung, welche lediglich von einem in einem ungekündigten Arbeitsverhältnis stehenden Mitarbeiter bezeugt würde und daher angezweifelt werden müsse. Zudem sei "Ende Januar" grundsätzlich kein Termin und die mündliche Angabe ohnehin ungenügend, da gemäss den allgemeinen Vertragsbestimmungen eine Abänderung des ursprünglich vereinbarten Liefertermins vom 15. Juni 2005 in Schriftform hätte erfolgen müssen.
3.2 Mit ihren Vorbringen zur Glaubwürdigkeit der Aussagen von Mitarbeitern in ungekündigtem Arbeitsverhältnis übt die Klägerin unzulässige Kritik an der Beweiswürdigung der Vorinstanz (BGE 127 III 73 E. 6a S. 81; 126 III 10 E. 2b S. 13; 119 II 84 E. 3 S. 85). Zudem verkennt sie, dass mit "Ende Januar" sehr wohl ein bestimmter Termin bezeichnet wird, nämlich der letzte Tag des genannten Monates (Art. 76 Abs. 1 OR). Im Übrigen geht sie sinngemäss davon aus, dass der vereinbarte Liefertermin vom 15. Juni 2005 eine frühere Lieferung ausgeschlossen habe, so dass der Liefertermin Ende Januar eine Vertragsänderung bedeute. Damit widerspricht sie der für das Bundesgericht verbindlichen Feststellung der Vorinstanz, dass die Parteien übereinstimmend den 15. Juni 2005 als letztmöglichen Liefertermin betrachtet haben. Damit fällt die Argumentation der Klägerin, die Vereinbarung eines früheren Liefertermins hätte als Änderung des schriftlichen Vertrages zu gelten und ebenfalls schriftlich erfolgen müssen, in sich zusammen und ist der Rüge der Verletzung von Art. 16 Abs. 1 OR der Boden entzogen.
4.
Nach dem Gesagten hält der angefochtene Entscheid jedenfalls mit der Eventualbegründung vor Bundesrecht stand, weshalb die Berufung abzuweisen ist, soweit darauf eingetreten werden kann. Mangels Rechtsschutzinteresses ist nicht zu prüfen, ob die Klägerin die Hauptbegründung der Vorinstanz zu Recht kritisiert hat. Bei diesem Verfahrensausgang wird die Klägerin für das bundesgerichtliche Verfahren kostenpflichtig (Art. 156 Abs. 1 OG). Einer nicht anwaltlich vertretenen Partei steht, unabhängig davon, ob es sich um einen juristischen Laien oder einen Rechtsanwalt handelt, nur unter besonderen Voraussetzungen eine Parteientschädigung zu, namentlich wenn es sich um eine komplizierte Sache mit hohem Streitwert handelt und die Interessenwahrung einen hohen Arbeitsaufwand notwendig macht, der den Rahmen dessen überschreitet, was der Einzelne üblicher- und zumutbarerweise nebenbei zur Besorgung der persönlichen Angelegenheiten auf sich zu nehmen hat (BGE 125 II 518 E. 5b S. 519 f. mit Hinweisen). Dass solche Umstände vorlägen, zeigt die Beklagte in der Berufungsantwort nicht auf und ist nicht ersichtlich. Von der Zusprechung einer Parteientschädigung ist demnach abzusehen.
Demnach erkennt das Bundesgericht im Verfahren
nach Art. 36a OG:
1.
Die Berufung wird abgewiesen, soweit darauf einzutreten ist.
2.
Die Gerichtsgebühr von Fr. 2'000.-- wird der Klägerin auferlegt.
3.
Es wird keine Parteientschädigung zugesprochen.
4.
Dieses Urteil wird den Parteien und dem Handelsgericht des Kantons Aargau, 1. Kammer, schriftlich mitgeteilt.
Lausanne, 24. Oktober 2006
Im Namen der I. Zivilabteilung
des Schweizerischen Bundesgerichts
Der Präsident: Der Gerichtsschreiber: