BGer 9C_562/2007 |
BGer 9C_562/2007 vom 11.12.2007 |
Tribunale federale
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{T 0/2}
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9C_562/2007
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Urteil vom 11. Dezember 2007
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II. sozialrechtliche Abteilung
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Besetzung
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Bundesrichter U. Meyer, Präsident,
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Bundesrichter Borella, Seiler,
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Gerichtsschreiber Schmutz.
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Parteien
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X.________, Beschwerdeführer, vertreten durch Rechtsanwalt Bernard Rambert, Langstrasse 62,
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8004 Zürich,
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gegen
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Wincare Versicherungen, Konradstrasse 14,
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8401 Winterthur, Beschwerdegegnerin.
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Gegenstand
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Krankenversicherung,
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Beschwerde gegen den Beschluss des Schiedsgerichts in Sozialversicherungsstreitigkeiten des Kantons Zürich vom 26. Juni 2007.
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Sachverhalt:
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A.
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Am 13. Februar 2003 erhob Dr. med. X.________, Facharzt FMH für Allgemeine Medizin, beim Schiedsgericht in Sozialversicherungen des Kantons Zürich Klagen gegen die Wincare Versicherungen, Winterthur, welche als Krankenkasse die obligatorische Krankenpflegeversicherung (nachfolgend: OKP) betreibt. Er ergänzte diese mit verbesserter Klageschrift vom 30. Januar 2004. Die Rechtsbegehren betrafen die Vergütung von Honorarrechnungen, die der Arzt als zugelassener Leistungserbringer für die Behandlung eines OKP-Versicherten der Wincare ab 1999 stellte. Nach durchgeführter Sühneverhandlung trat das Schiedsgericht mit Beschluss vom 26. Juni 2007 auf die Klage mangels Zuständigkeit nicht ein.
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B.
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Dr. med. X.________ lässt Beschwerde in öffentlich-rechtlichen Angelegenheiten erheben mit dem Antrag auf Aufhebung des Entscheides vom 26. Juni 2007 und Rückweisung der Sache an die Vorinstanz zur Durchführung des Verfahrens.
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Vorinstanz und Wincare verzichten auf Vernehmlassung. Das Bundesamt für Gesundheit hält dafür, dass die Beschwerde gutzuheissen sei, da sich die Streitigkeit aus dem Krankenversicherungsgesetz (nachfolgend: KVG) ergebe und durch das kantonale Schiedsgericht materiell zu beurteilen sei.
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C.
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Am 11. September 2007 lässt Dr. med. X.________ zudem um unentgeltliche Rechtspflege (im Sinne der Befreiung von den Gerichtskosten sowie der unentgeltlichen Verbeiständung) ersuchen. Mit Mitteilung vom 28. November 2007 sieht das Bundesgericht von der Einforderung des Kostenvorschusses ab, mit dem Hinweis, dass über das gestellte Gesuch später entschieden werde.
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Erwägungen:
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1.
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Gemäss Art. 89 Abs. 1 KVG entscheidet das kantonale Schiedsgericht "Streitigkeiten zwischen Versicherern und Leistungserbringern". Gesetz und Verordnung umschreiben nicht näher, was unter Streitigkeiten im Sinne der genannten Bestimmung zu verstehen ist. Nach der zum altrechtlichen Art. 25 Abs. 1 KUVG ergangenen und auch unter dem neuen Recht massgebenden Rechtsprechung ist von einer weiten Begriffsumschreibung auszugehen, indem die sachliche Zuständigkeit für alle Streitigkeiten zwischen Krankenversicherern und Leistungserbringern zu bejahen ist, wenn und soweit sie Rechtsbeziehungen zum Gegenstand haben, die sich aus dem KVG ergeben oder auf Grund des KVG eingegangen worden sind. Des Weitern muss es sich um eine Streitigkeit zwischen Versicherungsträgern und leistungserbringenden Personen handeln, was sich danach bestimmt, welche Parteien einander in Wirklichkeit gegenüberstehen. Der Streitgegenstand muss mit andern Worten die besondere Stellung der Versicherer oder Leistungserbringer im Rahmen des KVG betreffen. Liegen der Streitigkeit keine solchen Rechtsbeziehungen zu Grunde, ist sie nicht nach sozialversicherungsrechtlichen Kriterien zu beurteilen, mit der Folge, dass nicht die Schiedsgerichte, sondern allenfalls die Zivilgerichte zum Entscheid sachlich zuständig sind (BGE 132 V 352 E. 2.1 S. 353 mit Hinweisen).
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2.
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Voraussetzung für die Übernahme der Kosten der im Rahmen der OKP erbrachten Leistungen sind nach Art. 32 Abs. 1 KVG deren Wirksamkeit, Zweckmässigkeit und Wirtschaftlichkeit. Nach Art. 56 KVG muss sich der Leistungserbringer in seinen Leistungen auf das Mass beschränken, das im Interesse der Versicherten liegt und für den Behandlungszweck erforderlich ist (Abs. 1). Für Leistungen, die über dieses Mass hinausgehen, kann die Vergütung verweigert werden. Eine nach diesem Gesetz dem Leistungserbringer zu Unrecht bezahlte Vergütung kann zurückgefordert werden (Abs. 2).
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3.
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In der Sache streiten sich die Parteien darum, ob die Beschwerdegegnerin verpflichtet ist, dem Beschwerdeführer den Betrag von Fr. 17'343.35 zu bezahlen (gemäss Verbesserung der Klageschrift vom 30. Januar 2004). Zur Begründung des Antrages auf Abweisung der vorinstanzlichen Klage gab die Versicherung zwar zunächst an, Streitgegenstand sei noch nicht die Frage der Wirksamkeit, Zweckmässigkeit und Wirtschaftlichkeit der betreffenden Behandlung, es gehe vorerst einzig um die Vorfrage, ob der Kläger als zugelassener Leistungserbringer der Beklagten als anerkanntem Krankenversicherer die Unterlagen zur Beurteilung der Leistungspflicht zur Verfügung stellen müsse (provisorische Stellungnahme vom 10. Juni 2003). In der Antwort vom 7. Juni 2004 beantragt sie nach Einsicht in Belege die Abweisung der Klage wegen Unzweckmässigkeit und fehlender Wirtschaftlichkeit der in Rechnung gestellten Behandlung.
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4.
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Die Vorinstanz begründete das Nichteintreten auf die Klage im Wesentlichen damit, der Kläger sei zwar im massgeblichen Zeitpunkt Leistungserbringer nach KVG gewesen und die Beklagte fraglos zugelassener Krankenversicherer, so dass ein Leistungserbringer und ein Versicherer im Sinne des KVG am Recht stünden. Der Kläger leite jedoch seine Aktivlegitimation zur Geltendmachung eines Anspruchs auf Vergütung für ärztliche Behandlungen aus Verträgen ab, in denen nicht Rechtsbeziehungen geschaffen worden seien, die sich aus dem KVG ergeben oder die sich auf eine Vereinbarung abstützen könnten, die auf Grund des KVG und auf dessen gesetzlicher Grundlage eingegangen worden seien: Den von den Parteien zu den Akten gereichten MediData-Vertragsunterlagen (MediData-Teilnehmerverträge, Zusatzvereinbarungen der Parteien zu dem erwähnten Vertrag, MediData-Rahmenvertrag) und den darin getroffenen Vergütungsregelungen fehle die gemäss Art. 46 Abs. 4 KVG erforderliche behördliche Genehmigung und sie wichen von der in gesetzlichen bzw. gesetzeskonformen Tarifverträgen geregelten Vergütungsordnung ab, indem das System des Tiers payant (Art. 42 Abs. 2 KVG) statuiert werde; in dem bis zum 31. Dezember 2003 gültig gewesenen Verbandstarifvertrag zwischen der Ärztegesellschaft des Kantons Zürich und dem Verband der Krankenkassen im Kanton Zürich vom 1. Juli 1977 (Ziff. 12) und auch in dem ab 1. Januar 2004 gültigen Anschlussvertrag zum Rahmenvertrag TARMED vom 17. November 2003 zwischen santésuisse und der Ärztegesellschaft (Art. 11 Abs. 1) sei für das Abrechnungsverfahren zwischen den den Verträgen angeschlossenen Leistungserbringern und Versicherern ausdrücklich das Vergütungssystem des Tiers garant vorgeschrieben (Art. 42 Abs. 1 KVG). Die Aktivlegitimation des Klägers vor dem Schiedsgericht in Sozialversicherungsstreitigkeiten zur Geltendmachung eines Anspruchs auf Vergütung für ärztliche Behandlungen, welche er im Rahmen des KVG für Versicherte der Beklagten erbrachte, finde so jedenfalls im Sozialversicherungsrecht keine Grundlage; zur Prüfung eines allfälligen zivilrechtlichen Vergütungsanspruchs sei das Schiedsgericht aber nicht zuständig.
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5.
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Dem ist nicht zu folgen. Wie das Bundesamt zu Recht anführt, setzt der Anspruch des Beschwerdeführers auf Bezahlung der Vergütung für seine Leistung insbesondere deren Wirtschaftlichkeit voraus, was von der Beschwerdegegnerin im konkreten Fall bestritten wird. Der Streitsache liegt somit in materieller Hinsicht schwergewichtig eine Frage zu Grunde, deren Beantwortung in den Bereich des KVG fällt (vgl. oben E. 2). Es handelt sich um eine Streitigkeit zwischen Krankenversicherer und Leistungserbringer, die Rechtsbeziehungen zum Gegenstand hat, die sich aus dem KVG ergeben oder auf Grund des KVG eingegangen worden sind. Der Streitgegenstand betrifft die besondere Stellung der Versicherer und Leistungserbringer im Rahmen des KVG und die beiden Parteien stehen sich je in dieser Eigenschaft im Prozess gegenüber. Damit ist die Zuständigkeit des Schiedsgerichts gegeben, auch wenn nicht die Versicherung, sondern die versicherte Person die Vergütung schuldet (System des Tiers garant; Art. 89 Abs. 3 KVG). Die Frage nach der Beachtlichkeit der im MediData-Vertrag vorgesehenen Vergütungsregelung ist letztinstanzlich zumindest vorerst nicht zu beantworten und für die schiedsgerichtliche Zuständigkeit nicht von Belang.
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6.
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Dem Prozessausgang entsprechend hat die Beschwerdegegnerin die Gerichtskosten zu tragen (Art. 66 Abs. 1 BGG) und dem Beschwerdeführer eine Parteientschädigung zu bezahlen (Art. 68 Abs. 2 BGG). Das Gesuch um unentgeltliche Rechtspflege ist demzufolge gegenstandslos.
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7.
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Die Beschwerde ist offensichtlich begründet und im vereinfachten Verfahren (Art. 109 Abs. 2 lit. b und Abs. 3 BGG) zu erledigen.
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Demnach erkennt das Bundesgericht:
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1.
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Die Beschwerde wird gutgeheissen und der Entscheid des Schiedsgerichts in Sozialversicherungsstreitigkeiten des Kantons Zürich vom 26. Juni 2007 aufgehoben. Die Sache wird an die Vorinstanz zurückgewiesen, damit sie über die Klage vom 13. Februar 2003 (mitsamt Ergänzung vom 30. Januar 2004) materiell entscheide.
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2.
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Die Gerichtskosten von Fr. 1500.- werden der Beschwerdegegnerin auferlegt.
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3.
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Die Beschwerdegegnerin hat den Beschwerdeführer für das bundesgerichtliche Verfahren mit Fr. 1500.- (einschliesslich Mehrwertsteuer) zu entschädigen.
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4.
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Dieses Urteil wird den Parteien, dem Schiedsgericht in Sozialversicherungsstreitigkeiten des Kantons Zürich und dem Bundesamt für Gesundheit schriftlich mitgeteilt.
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Luzern, 11. Dezember 2007
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Im Namen der II. sozialrechtlichen Abteilung
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des Schweizerischen Bundesgerichts
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Der Präsident: Der Gerichtsschreiber:
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Meyer Schmutz
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