BGer 6B_654/2007 |
BGer 6B_654/2007 vom 01.07.2008 |
Tribunale federale
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{T 0/2}
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6B_654/2007 /hum
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Urteil vom 1. Juli 2008
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Strafrechtliche Abteilung
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Besetzung
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Bundesrichter Schneider, Präsident,
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Bundesrichter Wiprächtiger, Ferrari, Zünd, Mathys,
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Gerichtsschreiber Thommen.
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Parteien
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X.________,
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Beschwerdeführer, vertreten durch Rechtsanwalt Stephan Bernard,
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gegen
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1. A.________,
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2. B.________,
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3. C.________,
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4. D.________,
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5. E.________,
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6. F.________,
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7. G.________,
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Beschwerdegegner,
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Oberstaatsanwaltschaft des Kantons Zürich, Florhofgasse 2, 8001 Zürich,
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Beschwerdegegnerin.
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Gegenstand
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Eröffnung einer Untersuchung gegen Behördenmitglieder und Beamte,
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Beschwerde gegen den Beschluss des Obergerichts des Kantons Zürich, II. Zivilkammer, vom 6. September 2007.
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Sachverhalt:
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A.
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Am 13. August 2006 um 6.30 Uhr morgens wurde X.________ am General Guisan Quai in Zürich von der Stadtpolizei angehalten. Nach einer Atemluftkontrolle wurde er in Handschellen gelegt und zur Feststellung der Blutalkoholkonzentration auf eine Polizeiwache geführt. Dort verweigerte er eine Blutentnahme, welche daraufhin gewaltsam durchgeführt wurde. Im Anschluss an die Entnahme wurde er wegen Verdachts auf einen "EPI-Anfall" ins Universitätsspital Zürich verbracht. X.________ macht geltend, anlässlich der Verhaftung und der Blutentnahme von den Polizeibeamten und dem Amtsarzt misshandelt worden zu sein.
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B.
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Am 13. November 2006 erhob X.________ Strafanzeige gegen die Beamten der Stadtpolizei Zürich, B.________, C.________, D.________, E.________, F.________ und G.________, sowie gegen den für die Blutentnahme zuständigen Amtsarzt, Dr. med. A.________, wegen einfacher Körperverletzung, Tätlichkeiten und Amtsmissbrauchs.
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C.
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Am 26. Februar 2007 beschloss die Anklagekammer des Obergerichts des Kantons Zürich, dass auf die Strafanzeige nicht eingetreten und daher keine Strafuntersuchung eröffnet wird.
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D.
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Ein dagegen erhobener Rekurs wies die II. Zivilkammer des Obergerichts des Kantons Zürich mit Beschluss vom 6. September 2007 ab.
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E.
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X.________ führt Beschwerde in Strafsachen, mit der er im Wesentlichen die Aufhebung von Ziff. 1, 4 und 5 des angefochtenen Beschlusses und die Rückweisung der Sache an die Vorinstanz beantragt. Ausserdem ersucht er um unentgeltliche Rechtspflege und Verbeiständung.
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F.
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Vernehmlassungen wurden keine eingeholt.
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Erwägungen:
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1.
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Das Bundesgericht prüft seine Zuständigkeit von Amtes wegen (Art. 29 Abs. 1 BGG).
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1.1 Zur Beschwerde in Strafsachen ist nach Art. 81 Abs. 1 BGG berechtigt, wer am vorinstanzlichen Verfahren teilgenommen oder keine Möglichkeit zur Teilnahme erhalten hat (lit. a) und ein rechtlich geschütztes Interesse an der Aufhebung oder Änderung des angefochtenen Entscheides hat (lit. b; BGE 133 IV 121 E. 1.1). Zu den grundsätzlich beschwerdelegitimierten Personen gehört insbesondere auch das Opfer, wenn der angefochtene Entscheid sich auf die Beurteilung seiner Zivilansprüche auswirken kann (Art. 81 Abs. 1 lit. b Ziff. 5 BGG).
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1.2 Nach ständiger Rechtsprechung gilt nicht als in seinen Zivilansprüchen tangiertes Opfer, wer durch Amtshandlungen von Beamten geschädigt wird, die öffentlich-rechtlichen Haftungsvorschriften unterstehen (BGE 128 IV 188 E. 2; 127 IV 189 E. 2b; 125 IV 161 E. 2 b). Gemäss § 6 des kantonalen Gesetzes vom 14. September 1969 über die Haftung des Staates und der Gemeinden sowie ihrer Behörden und Beamten (Haftungsgesetz; LS ZH 170.1) haftet der Staat für den Schaden, den ein Beamter in Ausübung amtlicher Verrichtungen einem Dritten widerrechtlich zufügt (Abs. 1). Dem Geschädigten steht kein Anspruch gegen den Beamten zu (Abs. 4). Mangels Zivilansprüchen gegen die seiner Ansicht nach fehlbaren Polizeibeamten sowie den Amtsarzt ist der Beschwerdeführer vorliegend nicht gestützt auf Art. 81 Abs. 1 lit. b Ziff. 5 BGG zur Beschwerde befugt (vgl. Entscheid 6B_380/2007 vom 13. November 2007, E. 1).
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1.3 Der Beschwerdeführer macht eine Verletzung seines Anspruchs auf vertiefte Untersuchung des Vorfalls (Art. 3 und 13 EMRK) geltend.
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1.3.1 Da der Strafanspruch nach ständiger Praxis des Bundesgerichts dem Staat zusteht (BGE 128 I 218 E. 1.1), hat der Beschwerdeführer als Geschädigter kein rechtlich geschütztes Interesse im Sinne von Art. 81 Abs. 1 lit. b BGG, die Einstellung des Strafverfahrens in der Sache anzufechten (BGE 133 IV 228 E. 2).
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1.3.2 Unbekümmert um die fehlende Legitimation kann der Geschädigte die Verletzung von Verfahrensrechten geltend machen, deren Missachtung eine formelle Rechtsverweigerung darstellt. Das nach Art. 81 Abs. 1 lit. b BGG erforderliche rechtlich geschützte Interesse ergibt sich diesfalls nicht aus einer Berechtigung in der Sache, sondern aus der Berechtigung, am Verfahren teilzunehmen. Ist der Beschwerdeführer in diesem Sinne nach kantonalem Recht Partei, kann er die Verletzung jener Parteirechte rügen, die ihm nach dem kantonalen Verfahrensrecht, der Bundesverfassung oder der EMRK zustehen und deren Missachtung auf eine formelle Rechtsverweigerung hinausläuft ("Star-Praxis"; BGE 114 Ia 307 E. 3c; 133 I 185 E. 6.2; Entscheid 6B_380/2007 vom 13. November 2007, E. 2).
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1.3.3 Zu diesen Verfahrensrechten gehört auch der aus Art. 3 EMRK und Art. 10 Abs. 3 BV abgeleitete Anspruch auf eine wirksame und vertiefte amtliche Untersuchung, wenn jemand in vertretbarer Weise ("de manière défendable") vorbringt, von der Polizei erniedrigend behandelt worden zu sein. Aus dem Recht auf eine wirksame Beschwerde nach Art. 13 EMRK wird ferner ein Anspruch auf wirksamen Zugang zum Untersuchungsverfahren abgeleitet (BGE 131 I 455 E. 1.2.5; Urteil des EGMR in Sachen Assenov gegen Bulgarien vom 28. Oktober 1998, Ziff. 102 ff. und 117 f.).
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1.3.4 Der Beschwerdeführer vermag eine Misshandlung nicht in vertretbarer Weise darzutun. Aus dem Bericht des Universitätsspitals Zürich, welcher am Tag der umstrittenen Geschehnisse (13. August 2006) verfasst wurde, geht hervor, dass der Beschwerdeführer eingehend untersucht wurde. Dabei wurde zwar eine "leichte Abschürfung am Kopf rechts frontal", nicht jedoch der geltend gemachte Rippenbruch festgestellt. Der Beschwerdeführer sei um 13.30 Uhr "in ordentlichem Allgemeinzustand" entlassen worden (Bericht der Medizinischen Poliklinik, Departement für Innere Medizin, Universitätsspital Zürich vom 13. August 2006, S. 1). Vor diesem Hintergrund fehlen konkrete Hinweise auf eine übermässige Gewaltanwendung durch die Polizei. An dieser Einschätzung vermag auch der nachträglich erstellte Konsultationsbericht des Hausarztes nichts zu ändern (vgl. Schreiben von Dr. med. H.________ vom 12. März 2007). Im Übrigen sprechen auch der Umstand, dass die Vorwürfe erst nach Erhalt der Rechnung für den Notfalltransport erhoben wurden (vgl. Schreiben des Beschwerdeführers vom 28. August 2006; kant. act. 2/2/4) sowie die spätest möglich erfolgte Strafanzeige vom 13. November 2006 dafür, dass es sich beim Misshandlungsvorwurf um eine nachgeschobene Behauptung handelt. Es lässt sich daher nicht sagen, der streitige Vorwurf sei "in vertretbarer Weise" vorgebracht worden. Im Gegensatz zu BGE 131 I 455 erscheinen weitergehende Untersuchungen und insbesondere die in solchen Konstellationen gebotene Einvernahme der beteiligten Polizeibeamten nicht angezeigt. Die Beschwerde ist abzuweisen.
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2.
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Bei diesem Ausgang wird der Beschwerdeführer grundsätzlich kostenpflichtig (Art. 66 Abs. 1 BGG). Er beantragt indes unentgeltliche Rechtspflege und Verbeiständung. Seine Begehren waren nicht aussichtslos und seine Bedürftigkeit ist ausgewiesen (Art. 64 Abs. 1 und 2 BGG), weshalb dem Antrag stattzugeben ist.
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Demnach erkennt das Bundesgericht:
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1.
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Die Beschwerde wird abgewiesen.
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2.
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Das Gesuch um unentgeltliche Rechtspflege wird gutgeheissen.
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3.
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Es werden keine Gerichtskosten erhoben.
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4.
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Der Rechtsvertreter des Beschwerdeführers, Rechtsanwalt Stephan Bernhard, wird mit Fr. 3'000.-- aus der Bundesgerichtskasse entschädigt.
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5.
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Dieses Urteil wird den Parteien und dem Obergericht des Kantons Zürich, II. Zivilkammer, schriftlich mitgeteilt.
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Lausanne, 1. Juli 2008
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Im Namen der Strafrechtlichen Abteilung
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des Schweizerischen Bundesgerichts
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Der Präsident: Der Gerichtsschreiber:
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Schneider Thommen
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