BGer 6B_103/2009 |
BGer 6B_103/2009 vom 20.05.2009 |
Bundesgericht
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Tribunal fédéral
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Tribunale federale
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{T 0/2}
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6B_103/2009
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Urteil vom 20. Mai 2009
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Strafrechtliche Abteilung
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Besetzung
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Bundesrichter Favre, Präsident,
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Bundesrichter Schneider, Mathys,
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Gerichtsschreiberin Binz.
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Parteien
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Y.________,
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Beschwerdeführer, vertreten durch Rechtsanwalt Roland Schaub,
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gegen
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Staatsanwaltschaft des Kantons Zug, An der Aa 4, 6301 Zug,
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Beschwerdegegnerin.
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Gegenstand
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Kosten,
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Beschwerde gegen das Urteil des Obergerichts des Kantons Zug, Strafrechtliche Abteilung, vom 16. Dezember 2008.
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Sachverhalt:
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A.
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Y.________ wurde vorgeworfen, zwischen Januar und Dezember 1998 zusammen mit weiteren Personen die Kunden der A.________ AG als potentielle Investoren dazu veranlasst zu haben, Gelder zur Vornahme von Börsengeschäften anzulegen. Die von den Kunden einbezahlten Geldbeträge seien nicht zur Anlage in Börsen- oder anderen Geschäften verwendet worden und dies sei auch nie beabsichtigt gewesen.
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B.
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Das Strafgericht des Kantons Zug sprach Y.________ mit Urteil vom 7. November 2007 vom Vorwurf des gewerbsmässigen Betruges mangels Erfüllung des subjektiven Tatbestandes frei, auferlegte ihm aber die Verfahrenskosten. Gegen dieses Urteil erhob die Staatsanwaltschaft Berufung. Y.________ beantragte in seiner Berufungsantwort, die Verfahrenskosten seien auf die Staatskasse zu nehmen und er sei für das erstinstanzliche Verfahren zu entschädigen. Das Obergericht des Kantons Zug, Strafrechtliche Abteilung, wies die Berufung mit Urteil vom 16. Dezember 2008 ab.
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C.
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Mit Beschwerde in Strafsachen beantragt Y.________, die Kostenauflage des Urteils des Obergerichts sei aufzuheben. Die Kosten des Untersuchungs- und des erstinstanzlichen Verfahrens seien auf die Staatskasse zu nehmen, und es sei ihm eine Entschädigung zulasten der Staatskasse von Fr. 44'305.60 für die Kosten der Verteidigung zuzusprechen.
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Erwägungen:
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1.
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Der Beschwerdeführer rügt eine Verletzung der Unschuldsvermutung (Art. 32 Abs. 1 BV und Art. 6 Ziff. 2 EMRK) im Zusammenhang mit der Kostenauflage bzw. der Nichtzusprechung einer Prozessentschädigung.
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1.1 Gemäss § 56bis Abs. 2 der Strafprozessordnung für den Kanton Zug vom 3. Oktober 1940 (StPO; BGS 321.1) können die Kosten ganz oder teilweise dem Freigesprochenen auferlegt werden, wenn dieser die Einleitung des Strafverfahrens durch ein verwerfliches oder leichtfertiges Verhalten verursacht oder die Durchführung des Verfahrens erschwert hat. Werden dem Freigesprochenen keine Kosten auferlegt, so ist ihm - wenn ihm durch das Strafverfahren wesentliche Kosten und Umtriebe erwachsen sind - eine Entschädigung zulasten des Staates auszurichten (§ 57 Abs. 1 StPO).
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1.2 Die Vorinstanz führt aus, der Beschwerdeführer sei vom 27. November 1997 bis zum 6. August 1998 im Handelsregister als Direktor mit Einzelunterschrift eingetragen gewesen, wobei er bereits am 6. Juli 1998 demissionierte. Die A.________ AG habe ab dem 28. Januar 1998 ihre Tätigkeit als Effektenhändlerin aufgenommen und hätte deshalb nach dem Bundesgesetz über die Börse und den Effektenhandel vom 24. März 1995 (BEHG) eine Bewilligung der Aufsichtsbehörde benötigt. Das Schreiben der Eidgenössischen Bankenkommission (nachfolgend EBK) vom 22. Mai 1998, wonach die A.________ AG in den Genuss von Übergangsbestimmungen komme, habe auf der unrichtigen Angabe beruht, es handle sich bei der A.________ AG um eine bestehende Effektenhändlerin. Der Beschwerdeführer habe um die Notwendigkeit der Bewilligung gewusst, und die Angelegenheit sei in seinem Verantwortungsbereich gelegen. Er habe die Aufnahme der Geschäftstätigkeit trotz fehlender Bewilligung nicht verhindert und habe es versäumt, für die Einhaltung der gesetzlichen Pflichten eines Effektenhändlers besorgt zu sein. Die Strafuntersuchung sei zwar nicht wegen Verletzung der Bestimmungen des BEHG eröffnet worden. Indem der Beschwerdeführer aber nicht dafür gesorgt habe, dass die A.________ AG ohne Bewilligung der EBK ihre Geschäftstätigkeit nicht aufnehme, habe er die betrügerische Entgegennahme von Kundengeldern ermöglicht, welche zur Einleitung des Strafverfahrens geführt habe. Somit sei der Kausalzusammenhang zwischen diesem zivilrechtlich vorwerfbaren Verhalten und der Einleitung des Strafverfahrens gegeben. Weil dem Beschwerdeführer die Kosten aufzuerlegen seien, sei ihm keine Entschädigung auszurichten (s. angefochtenes Urteil E. 8.2. S. 22 f.).
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1.3 Der Beschwerdeführer bringt vor, die Vorinstanz laste ihm einzig im Zusammenhang mit der Kostenauflage ein Fehlverhalten bezüglich der Nichteinholung der Effektenhändler-Bewilligung an. Sie halte ihm dabei nicht ein verwerfliches, sondern ein leichtfertiges Verhalten vor. Leichtfertig handle nur, wer die elementarsten Vorsichtsgebote verletzt habe. Er sei nur für den kurzen Zeitraum von sechs Monaten Organ der A.________ AG und zudem nicht für die Einholung der EBK-Bewilligung zuständig gewesen. Auch wenn das Schreiben der EBK vom 22. Mai 1998 auf falschen Angaben des damaligen Verwaltungsratspräsidenten ergangen sei, habe er nicht an der Zulässigkeit der Geschäftstätigkeit der A.________ AG zweifeln müssen. So habe die EBK weder ihm noch der A.________ AG ein vorwerfbares Verhalten zur Last gelegt. Sowieso fehle es an der Kausalität zwischen dem behaupteten Verstoss gegen die gesetzlichen Bestimmungen des BEHG und der Einleitung des Strafverfahrens. Das Verfahren sei aus anderen Gründen eröffnet worden. Selbst das Vorhandensein einer Bewilligung der EBK hätte an den betrügerischen Handlungen einzelner Personen nichts geändert. Die Kostenauflage der Vorinstanz verletze § 56bis StPO sowie Art. 32 Abs. 1 BV und Art. 6 Ziff. 2 EMRK.
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1.4 Nach der Rechtsprechung des Bundesgerichts verstösst eine Kostenauflage bei Freispruch oder Einstellung des Verfahrens gegen den Grundsatz der Unschuldsvermutung (Art. 32 Abs. 1 BV, Art. 6 Ziff. 2 EMRK), wenn dem Angeschuldigten in der Begründung des Kostenentscheids direkt oder indirekt vorgeworfen wird, er habe sich strafbar gemacht bzw. es treffe ihn ein strafrechtliches Verschulden. Dagegen ist es mit Verfassung und Konvention vereinbar, einem nicht verurteilten Angeschuldigten die Kosten zu überbinden, wenn er in zivilrechtlich vorwerfbarer Weise, d.h. im Sinne einer analogen Anwendung der sich aus Art. 41 OR ergebenden Grundsätze, gegen eine geschriebene oder ungeschriebene Verhaltensnorm, die sich aus der Gesamtheit der schweizerischen Rechtsordnung ergeben kann, klar verstossen und dadurch das Strafverfahren veranlasst oder dessen Durchführung erschwert hat (BGE 119 la 332 E. 1b S. 334 mit Hinweisen). Ein widerrechtliches Verhalten reicht für die Kostenhaftung des Angeschuldigten nicht aus. Erforderlich ist zudem, dass es die adäquate Ursache für die Einleitung oder Erschwerung des Strafverfahrens war (BGE 116 Ia 162 E. 2c S. 170 mit Hinweis).
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1.5 Nach dem Gesagten darf dem Angeschuldigten in der Begründung des Kostenentscheids nicht vorgeworfen werden, ihn treffe ein strafrechtliches Verschulden. Deshalb ist der Einwand des Beschwerdeführers, es sei ihm nur im Zusammenhang mit der Kostenauflage ein Fehlverhalten bezüglich der Effektenhändler-Bewilligung vorgeworfen worden, unbehelflich. Die Vorinstanz wirft ihm nicht ein strafrechtliches, sondern ein zivilrechtlich vorwerfbares Verhalten vor. Entgegen der Behauptung des Beschwerdeführers spricht sie dabei nicht von einem leichtfertigen, sondern von einem vorwerfbaren Verhalten. Der Beschwerdeführer war zum Zeitpunkt der Aufnahme der Geschäftstätigkeit der A.________ AG als deren Organ für die Einholung der Bewilligung zuständig. Wie die Vorinstanz in tatsächlicher Hinsicht verbindlich festgestellt hat, wusste er zudem um die Bewilligungspflicht. Er war dafür verantwortlich, dass die A.________ AG trotz fehlender Bewilligung ihre Geschäftstätigkeit aufnahm. Hätte die A.________ AG ihre Geschäftstätigkeit aufgrund fehlender Bewilligung nicht aufgenommen, wäre es nie zu einer Strafuntersuchung gekommen. Die Vorinstanz bejaht somit zu Recht den Kausalzusammenhang zwischen dem Verhalten des Beschwerdeführers und der Einleitung des Verfahrens.
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Die Vorinstanz hat demnach mit der Bejahung des zivilrechtlich vorwerfbaren Verhaltens und des adäquaten Kausalzusammenhangs nicht gegen den Grundsatz der Unschuldsvermutung verstossen.
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2.
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Somit ist die Beschwerde abzuweisen, soweit darauf einzutreten ist. Bei diesem Ausgang des Verfahrens sind die Gerichtskosten dem Beschwerdeführer aufzuerlegen (Art. 66 Abs. 1 BGG).
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Demnach erkennt das Bundesgericht:
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1.
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Die Beschwerde wird abgewiesen, soweit darauf einzutreten ist.
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2.
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Die Gerichtskosten von Fr. 2'000.-- werden dem Beschwerdeführer auferlegt.
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3.
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Dieses Urteil wird den Parteien und dem Obergericht des Kantons Zug, Strafrechtliche Abteilung, schriftlich mitgeteilt.
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Lausanne, 20. Mai 2009
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Im Namen der Strafrechtlichen Abteilung
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des Schweizerischen Bundesgerichts
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Der Präsident: Die Gerichtsschreiberin:
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Favre Binz
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