BGer 6B_226/2009
 
BGer 6B_226/2009 vom 16.07.2009
Bundesgericht
Tribunal fédéral
Tribunale federale
{T 0/2}
6B_226/2009
Urteil vom 16. Juli 2009
Strafrechtliche Abteilung
Besetzung
Bundesrichter Favre, Präsident,
Bundesrichter Wiprächtiger, Ferrari,
Gerichtsschreiber Stohner.
Parteien
X.________,
Beschwerdeführer,
gegen
Staatsanwaltschaft des Kantons Solothurn, 4502 Solothurn,
Beschwerdegegnerin.
Gegenstand
Kosten für amtliche Verteidigung,
Beschwerde gegen den Entscheid des Obergerichts des Kantons Solothurn, Strafkammer, vom 27. November 2008.
Sachverhalt:
A.
X.________ vertrat zuerst als privater und ab dem 23. Juni 2004 als amtlicher Verteidiger die Interessen von Y.________ als Beschuldigtem in einem Strafverfahren wegen Betrugs, Urkundenfälschung und Veruntreuung. Das erstinstanzliche Urteil erging am 20. Oktober 2005, das zweitinstanzliche des Obergerichts des Kantons Solothurn am 27. November 2008. Dieses sprach X.________ als amtlichem Verteidiger für das obergerichtliche Verfahren eine Entschädigung von Fr. 10'370.15 (inkl. Auslagen und 7,6 % Mehrwertsteuer) zu (Urteilsdispositiv-Ziffer 9).
B.
X.________ führt Beschwerde in Strafsachen mit den Anträgen, Ziffer 9 des Urteils des Obergerichts des Kantons Solothurn vom 27. November 2008 sei aufzuheben, soweit seine Kostennote für das obergerichtliche Verfahren auf Fr. 10'370.15 herabgesetzt worden sei, und ihm sei eine Entschädigung von Fr. 18'070.70 zuzusprechen. Eventualiter sei die Sache insoweit zur Neubeurteilung an die Vorinstanz zurückzuweisen.
Vernehmlassungen wurden keine eingeholt.
Erwägungen:
1.
Der Beschwerdeführer wendet sich gegen die von der Vorinstanz zugesprochene Entschädigung für die amtliche Verteidigung. Die Parteikosten sind untrennbar mit dem Strafverfahren verbunden. Rügen gegen ihre Festsetzung durch die letzte kantonale Instanz sind daher mit Beschwerde in Strafsachen zu erheben. Der Beschwerdeführer hat ein rechtlich geschütztes Interesse an der Aufhebung des angefochtenen Entscheids und ist damit zur Beschwerdeführung legitimiert (vgl. Urteile des Bundesgerichts 6B_130/2007 vom 11. Oktober 2007 E. 1.1; 6B_493/2007 vom 22. November 2007 E. 1; 6B_695/2007 vom 8. Januar 2008 E. 1).
Sowohl die Verlegung der Verfahrenskosten als auch die Höhe der Parteikosten werden durch das kantonale Prozessrecht geregelt. Verletzungen kantonalen Verfahrensrechts werden vom Bundesgericht lediglich auf Willkür überprüft.
2.
2.1 Die Vorinstanz hat erwogen, der vom Beschwerdeführer für das zweitinstanzliche Verfahren geltend gemachte Aufwand von 90 Stunden und 35 Minuten übersteige den notwendigen und angemessenen Aufwand aus mehreren Gründen.
Der erstinstanzliche Aufwand des Beschwerdeführers sei bereits grosszügig entschädigt worden. So seien die von ihm als privatem Verteidiger (bis zum 22. Juni 2004) geleisteten Arbeiten und angefallenen Auslagen auf insgesamt Fr. 30'000.-- beziffert worden, wobei angesichts des Verfahrensausgangs dem Beschuldigten eine reduzierte Parteientschädigung von Fr. 15'000.-- zugesprochen worden sei (angefochtenes Urteil S. 74 und Urteilsdispositiv-Ziffer 7). Zusätzlich seien die Bemühungen des Beschwerdeführers als amtlicher Verteidiger im erstinstanzlichen Verfahren (ab dem 23. Juni 2004) mit Fr. 19'443.-- entschädigt worden (angefochtenes Urteil S. 74 und Urteilsdispositiv-Ziffer 9). Insgesamt sei dem anfänglich privaten und später amtlichen Verteidiger erstinstanzlich ein erforderlicher Aufwand von 103,4 Stunden zugebilligt worden.
Im zweitinstanzlichen Verfahren sei dem Beschwerdeführer hingegen der Grossteil der Akten bereits bekannt gewesen, was die Vorbereitungszeit wesentlich verkürzt habe. Zudem seien im Appellationsverfahren keine Gutachten eingegangen, und die Eingaben der Gegenseite hätten sich auf zwei Stellungnahmen à fünf respektive drei Seiten beschränkt. Ferner habe der Beschwerdeführer in seinem Plädoyer vor Obergericht kaum neue Aspekte thematisiert. Vor diesem Hintergrund sei der vom Beschwerdeführer geltend gemachte Aufwand unangemessen. Exorbitant hoch und mit dem Auftrag einer zielgerichteten und effizienten Verteidigung nicht mehr vereinbar seien insbesondere die Positionen "Studium Urteil", "Aktenstudium" und "Vorbereitung HV", welche rund 56 Stunden ausmachten, wobei darin namentlich das Aktenstudium von Verfügungen des Obergerichts und von E-Mails bzw. Faxschreiben seines Klienten noch nicht enthalten sei, sondern in der Kostennote separat aufgelistet werde (angefochte-nes Urteil S. 74 f.).
In Würdigung aller Umstände erweise es sich als angemessen, den Aufwand für das gesamte zweitinstanzliche Verfahren auf 50 Stunden festzusetzen, was bei einem Stundenansatz von Fr. 180.-- insgesamt Fr. 9'000.-- ausmache. Unter Einbezug der geltend gemachten Auslagen von Fr. 637.70 und 7,6 % Mehrwertsteuer ergebe sich damit ein Total von Fr. 10'370.15 (angefochtenes Urteil S. 75).
2.2 Der Beschwerdeführer bringt vor, die Vorinstanz habe den von ihm geltend gemachten Aufwand von 90 Stunden und 35 Minuten um beinahe die Hälfte auf 50 Stunden gekürzt, ohne detailliert anzugeben, auf welche konkreten Überlegungen sie diese Herabsetzung stütze. Dies stelle eine Verletzung der Begründungspflicht als Ausfluss seines Anspruchs auf rechtliches Gehör dar und sei willkürlich. Entgegen der Auffassung der Vorinstanz seien ihm im erstinstanzlichen Verfahren nicht 103,4 Stunden, sondern 212 Stunden zugebilligt worden. Der für das zweitinstanzliche Verfahren geltend gemachte Aufwand von rund 90 Stunden betrage somit weniger als die Hälfte des erstinstanzlichen Aufwands und sei insbesondere angesichts des beträchtlichen Umfangs der Akten von fast 30 Bundesordnern und des ausführlichen erstinstanzlichen Urteils von beinahe 100 Seiten keineswegs unangemessen (Beschwerde S. 5 ff.). Indem die Vorinstanz den Aufwand pauschal auf 50 Stunden festgesetzt habe, habe sie im Ergebnis die Posten "Studium Urteil", "Aktenstudium" und "Vorbereitung HV" von 56 Stunden auf 15,5 Stunden gekürzt, habe sie doch den übrigen, von ihm geltend gemachten Aufwand von 34,5 Stunden nicht beanstandet. Eine solche Kürzung der genannten drei Positionen um über 70 % sei offensichtlich willkürlich (Beschwerde S. 9).
2.3 Der Vorinstanz kommt bei der Bemessung des Honorars eines amtlichen Rechtsvertreters ein weiter Ermessensspielraum zu. Das Bundesgericht greift nur bei Willkür ein, wenn die Honorarfestsetzung ausserhalb jedes vernünftigen Verhältnisses zu den geleisteten Diensten steht und in krasser Weise gegen das Gerechtigkeitsgefühl verstösst. Es wendet grosse Zurückhaltung an, wenn der Aufwand als übersetzt bezeichnet wird, denn es ist Sache der kantonalen Instanzen, die Angemessenheit anwaltlicher Bemühungen zu beurteilen (BGE 118 Ia 133 E. 2; Urteil des Bundesgerichts 6B_130/2007 vom 11. Oktober 2007 E. 3.2).
Der Anspruch auf unentgeltlichen Rechtsbeistand umfasst nicht alles, was für die Wahrnehmung der Interessen des Mandanten von Bedeutung ist. Ein verfassungsrechtlicher Anspruch besteht gemäss Art. 29 Abs. 3 BV vielmehr einzig, soweit es zur Wahrung der Rechte notwendig ist. Der Begriff der Notwendigkeit bestimmt nicht nur den qualitativen Anspruch (die Bestellung eines Rechtsbeistands), sondern auch den quantitativen (sprich den Umfang der Vergütung). Entschädigungspflichtig sind jene Aufwendungen, die in einem kausalen Zusammenhang mit der Wahrung der Rechte im Strafverfahren stehen und notwendig und verhältnismässig sind. Nur in diesem Umfang lässt es sich rechtfertigen, die Kosten der Staatskasse oder gegebenenfalls dem Prozessgegner aufzuerlegen. Nach ständiger bundesgerichtlicher Rechtsprechung wird es deshalb auch als zulässig erachtet, das Honorar für amtliche Mandate im Vergleich zu demjenigen für freie Mandate tiefer anzusetzen (BGE 132 I 201 E. 7.3.4 und 8.6), wobei die Entschädigung so festzusetzen ist, dass der unentgeltlichen Rechtsvertretung ein Handlungsspielraum verbleibt und das Mandat wirksam ausgeübt werden kann (Urteil des Bundesgerichts 6B_130/2007 vom 11. Oktober 2007 E. 3.2.5).
2.4 § 9 - 12 und § 35 StPO/SO regeln die amtliche Verteidigung, enthalten jedoch keine Regeln zur Bemessung der Entschädigung. Einschlägig ist vielmehr der Gebührentarif/SO (BGS 615.11). Gemäss § 177 Gebührentarif/SO haben die vom Staat zu entschädigenden Verteidiger von Beschuldigten für die Verteidigung vor Obergericht Fr. 300.-- bis Fr. 10'000.-- zu beziehen (Abs. 1 lit. b Ziff. 3). Diese Maximalgebühren können angemessen überschritten werden, wenn sie sich im Verhältnis zur aufgewendeten Arbeit als zu niedrig erweisen (Abs. 2).
2.5 Die Vorinstanz hat vorliegend den ihr bei der Bemessung des Honorars des amtlichen Rechtsvertreters zustehenden weiten Ermessensspielraum nicht überschritten:
Namentlich kann der Beschwerdeführer aus seinem Vorbringen, die Vorinstanz sei fälschlicherweise davon ausgegangen, ihm seien im erstinstanzlichen Verfahren bloss 103,4 statt 212 Stunden zugebilligt worden, nichts zu seinen Gunsten ableiten. Der Hinweis im angefochtenen Urteil auf 103,4 Stunden Aufwand mag missverständlich sein. Einerseits hat die Vorinstanz aber korrekt festgehalten, die vom Beschwerdeführer geleisteten Arbeiten und angefallenen Auslagen hätten sich im erstinstanzlichen Verfahren auf insgesamt Fr. 49'433.-- belaufen (Fr. 30'000.-- für die private und Fr. 19'433.-- für die amtliche Verteidigung). Andererseits und vor allem steht vorliegend lediglich die Höhe der Entschädigung im zweitinstanzlichen Verfahren zur Diskussion. Entscheidend ist mithin einzig, ob die Vorinstanz, ohne in Willkür zu verfallen, den diesbezüglichen Verteidigungsaufwand auf 50 Stunden festsetzen konnte.
Dies ist der Fall. Keineswegs unhaltbar sind insoweit insbesondere die Erwägungen im angefochtenen Urteil, der Beschwerdeführer habe verglichen mit dem erstinstanzlichen Verfahren einen deutlich geringeren Vorbereitungsaufwand betreiben müssen, da ihm die Akten bereits bekannt gewesen seien, er zu keinen Gutachten habe Stellung beziehen müssen, die Gegenpartei keine umfangreichen Eingaben eingereicht habe und im Plädoyer kaum neue Aspekte Thema gewesen seien. Vor diesem Hintergrund verstösst es nicht gegen Art. 9 BV, den Aufwand für das zweitinstanzliche Verfahren auf insgesamt 50 Stunden zu begrenzen, das heisst die Positionen "Studium Urteil", "Aktenstudium" und "Vorbereitung HV" von 56 Stunden im Ergebnis auf 15,5 Stunden zu kürzen, - dies umso mehr, als dass der Beschwerdeführer in seiner Honorarnote namentlich das Aktenstudium von Verfügungen des Obergerichts und von E-Mails bzw. Faxschreiben seines Klienten zusätzlich aufgeführt hat.
Zugleich genügt die Vorinstanz mit ihren Ausführungen auch der aus dem Grundsatz des rechtlichen Gehörs gemäss Art. 29 Abs. 2 BV abgeleiteten Begründungspflicht (vgl. hierzu BGE 126 I 97 E. 2b; siehe ferner NIKLAUS OBERHOLZER, Grundzüge des Strafprozessrechts, 2. Aufl. 2005, N. 1841).
Zusammenfassend ist festzuhalten, dass weder der Umfang noch die Komplexität des gegen den Mandanten des Beschwerdeführers geführten Strafverfahrens derart aussergewöhnlich sind, dass es zwingend geboten gewesen wäre, die in § 177 Gebührentarif/SO verankerte Maximalgebühr für die Verteidigung von Fr. 10'000.-- deutlich zu überschreiten. Vielmehr belässt ein Honorar von Fr. 10'370.15 dem unentgeltlichen Rechtsvertreter einen für eine wirksame Interessenvertretung hinreichenden Handlungsspielraum. Die Vorinstanz konnte folglich den vom Beschwerdeführer geltend gemachten Aufwand von 90 Stunden und 35 Minuten respektive die von ihm beantragte Entschädigung von Fr. 18'070.70 willkürfrei auf 50 Stunden respektive auf den Betrag von Fr. 10'370.15 herabsetzen.
3.
Die Beschwerde ist damit abzuweisen. Bei diesem Ausgang des Verfahrens sind die bundesgerichtlichen Kosten dem Beschwerdeführer aufzuerlegen (Art. 66 Abs. 1 BGG).
Demnach erkennt das Bundesgericht:
1.
Die Beschwerde wird abgewiesen.
2.
Die Gerichtskosten von Fr. 2'000.-- werden dem Beschwerdeführer auferlegt.
3.
Dieses Urteil wird den Parteien und dem Obergericht des Kantons Solothurn, Strafkammer, schriftlich mitgeteilt.
Lausanne, 16. Juli 2009
Im Namen der Strafrechtlichen Abteilung
des Schweizerischen Bundesgerichts
Der Präsident: Der Gerichtsschreiber:
Favre Stohner