BGer 6B_680/2010 |
BGer 6B_680/2010 vom 02.11.2010 |
Bundesgericht
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Tribunal fédéral
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Tribunale federale
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{T 0/2}
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6B_680/2010
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Urteil vom 2. November 2010
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Strafrechtliche Abteilung
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Besetzung
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Bundesrichter Favre, Präsident,
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Bundesrichter Wiprächtiger, Mathys,
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Gerichtsschreiberin Horber.
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Verfahrensbeteiligte |
X.________, vertreten durch Rechtsanwalt Beat Hauri,
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Beschwerdeführer,
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gegen
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Oberstaatsanwaltschaft des Kantons Zürich, Florhofgasse 2, 8001 Zürich,
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Beschwerdegegnerin.
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Gegenstand
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Vereitelung von Massnahmen zur Feststellung der Fahrunfähigkeit,
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Beschwerde gegen das Urteil des Obergerichts des Kantons Zürich, II. Strafkammer, vom 26. Mai 2010.
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Sachverhalt:
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A.
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Das Obergericht des Kantons Zürich sprach in Bestätigung des erstinstanzlichen Entscheids X.________ mit Urteil vom 26. Mai 2010 der Vereitelung von Massnahmen zur Feststellung der Fahrunfähigkeit schuldig. Überdies stellte es die Rechtskraft des erstinstanzlichen Freispruchs betreffend Vorwurf der Hinderung einer Amtshandlung fest. Es verurteilte ihn zu einer bedingten Geldstrafe von 20 Tagessätzen zu Fr. 40.-- sowie zu einer Busse von Fr. 400.--.
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B.
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Gegen dieses Urteil erhebt X.________ Beschwerde in Strafsachen. Er beantragt, das Urteil des Obergerichts des Kantons Zürich vom 26. Mai 2010 sei aufzuheben, und er sei vom Vorwurf der Vereitelung von Massnahmen zur Feststellung der Fahrunfähigkeit freizusprechen. Sodann sei ihm eine Entschädigung in der Höhe von Fr. 12'000.-- zuzüglich Mehrwertsteuer zu Lasten des Kantons Zürich zuzusprechen.
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C.
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Vernehmlassungen wurden keine eingeholt.
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Erwägungen:
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1.
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Die Vorinstanz geht von folgendem Sachverhalt aus:
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Der Beschwerdeführer befand sich am 27. Dezember 2008 um ca. 17.00 Uhr mit seinem Fahrzeug auf der Heimfahrt zwischen Lufingen und Embrach, wobei er ein anderes Fahrzeug mit einer Geschwindigkeit von ungefähr 90 km/h anstelle der erlaubten 80 km/h überholte. In der Folge wurde er durch die Polizeibeamten A.________ und B.________ angehalten und kontrolliert. Auf deren Vorwurf, zu schnell gefahren zu sein, reagierte er ungehalten. Die Polizisten führten zunächst eine Atemalkoholprobe durch, welcher sich der Beschwerdeführer widerspruchslos unterzog. Diese wies einen Wert von 0.0 o/oo auf. Aufgrund körperlicher Symptome - erweiterte Pupillen, wässrige Augen - sowie einer Angetriebenheit bzw. Erregtheit hegten die Polizeibeamten den Verdacht, der Beschwerdeführer stehe unter Drogeneinfluss. Daher ordneten sie die Abgabe einer Speichelprobe zwecks Feststellung eines allfälligen vorgängigen Betäubungsmittelkonsums an. Die Vornahme eines solchen Drogenschnelltests verweigerte der Beschwerdeführer jedoch, was zu einer längeren - ungefähr halbstündigen - verbalen Auseinandersetzung führte. Insgesamt wies er während der Kontrolle ein angetriebenes und aggressives Verhalten auf. Dies endete damit, dass die Diskussion stets lauter und heftiger wurde, der Beschwerdeführer schliesslich zu erkennen gab, dass er genug habe, woraufhin die Polizisten ihm letztlich Handschellen anlegten und ihn auf den Polizeiposten brachten. Auch dort verweigerte er weiterhin die Vornahme eines Drogenschnelltests.
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2.
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Der Beschwerdeführer rügt, der angefochtene Entscheid verletze Bundesrecht. Sein Verhalten könne nicht als Vereitelungshandlung im Sinne von Art. 91a SVG gewertet werden. So habe er nur verbalen Widerstand geleistet, indem er versucht habe, den Polizeibeamten durch Überreden von der Durchführung des Tests abzubringen. Er habe diesem unmissverständlich und klar zu verstehen gegeben, dass er nicht bereit sei, sich der Untersuchung zu unterziehen. Der Polizist habe ihm jedoch den Teststreifen weder vorgehalten noch ihn dazu aufgefordert, den Mund zu öffnen und den Streifen auf seine Zunge zu legen. Erst, wenn er den Mund nicht geöffnet oder den Kopf weggedreht hätte, wäre klar gewesen, dass er sich mittels körperlichen Widerstands gegen den Test widersetzen würde. Ein solches Verhalten seitens des Beschwerdeführers wäre als Vereitelungshandlung im Sinne von Art. 91a SVG zu deuten gewesen, nicht jedoch ein blosser verbaler Protest.
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3.
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Die Vorinstanz erwägt unter Zuhilfenahme der Lehre zu Art. 286 StGB (Hinderung einer Amtshandlung), die nach Art. 91a SVG strafbare Handlung müsse in einem aktiven Störverhalten oder passivem Widerstand von einer gewissen Intensität bestehen. Dies sei gegeben, wenn der Betroffene dem Polizeibeamten klar zu verstehen gebe, dass er nicht bereit sei, sich der Untersuchung zu unterziehen. In diesem Fall könne nicht verlangt werden, dass der Polizist den verbal geäusserten Widerstand durch Vorhalten des Teststreifens zu überwinden versuche.
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4.
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4.1 Der Vereitelung von Massnahmen zur Feststellung der Fahrunfähigkeit gemäss Art. 91a SVG macht sich strafbar, wer sich als Motorfahrzeugführer vorsätzlich einer Blutprobe, einer Atemalkoholprobe oder einer anderen vom Bundesrat geregelten Voruntersuchung, die angeordnet wurde oder mit deren Anordnung gerechnet werden musste, oder einer zusätzlichen ärztlichen Untersuchung widersetzt oder entzogen oder den Zweck dieser Massnahmen vereitelt hat. Damit will das Gesetz verhindern, dass der korrekt sich einer solchen Massnahme unterziehende Führer schlechter wegkommt als derjenige, der sich ihr entzieht oder sie sonst wie vereitelt (BGE 126 IV 53 E. 2d mit Hinweis).
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Gemäss Art. 55 Abs. 2 SVG kann eine betroffene Person - nebst einer Atemalkoholprobe - weiteren Untersuchungen, namentlich Urin- oder Speichelproben, unterzogen werden, wenn sie Anzeichen von Fahrunfähigkeit aufweist und diese nicht oder nicht allein auf Alkoholeinfluss zurückzuführen sind. Unter einer anderen Voruntersuchung im Sinne von Art. 91a SVG sind insbesondere Vortests gemäss Art. 10 Abs. 2 der Verordnung vom 28. März 2007 über die Kontrolle des Strassenverkehrs (SKV; SR 741.013) zu verstehen. Diese können zum Nachweis von Betäubungs- oder Arzneimitteln namentlich im Urin, Speichel oder Schweiss durch die Polizei durchgeführt werden, wenn Hinweise dafür bestehen, dass die kontrollierte Person wegen einer anderen Substanz als Alkohol fahrunfähig ist und in diesem Zustand ein Fahrzeug geführt hat. Verweigert die betroffene Person die Durchführung eines solchen Vortests, ist sie gemäss Art. 13 Abs. 2 SKV auf die Folgen - u.a. Strafbarkeit nach Art. 91a SVG - aufmerksam zu machen.
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4.2
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4.2.1 Umstritten ist alleine, ob das Verhalten des Beschwerdeführers bereits als Vereitelungshandlung gemäss Art. 91a SVG gilt. Betreffend die weiteren objektiven sowie subjektiven Tatbestandselemente ist auf die zutreffenden Erwägungen der Vorinstanz zu verweisen (vgl. Art. 109 Abs. 3 BGG).
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4.2.2 Sich im Sinne von Art. 91a SVG zu widersetzen bedeutet gemäss Lehre, sich so zu verhalten, dass eine angeordnete Massnahme zur Feststellung der Fahrunfähigkeit zumindest vorerst nicht vollzogen werden kann. Die Anwendung von Gewalt ist nicht erforderlich, vielmehr genügt passiver Widerstand (RENÉ SCHAFFHAUSER, Grundriss des schweizerischen Strassenverkehrsrechts, Bd. III, 1995, S. 350 Rz. 2502; WOLFGANG WOHLERS, Strafbewehrte Verhaltenspflichten nach Verkehrsunfällen - Unzulässiger Zwang zur Selbstbelastung?, AJP 2005 S. 1053; BUSSY/RUSCONI, Code suisse de la circulation routière, 3. Aufl. 1996, N. 10.1 zu Art. 91 SVG; a.A. HANS GIGER, Kommentar Strassenverkehrsgesetz, 7. Aufl. 2008, N. 6 zu Art. 91a SVG, wonach aktiver Widerstand gegen die Untersuchung erforderlich ist). Gemäss SCHAFFHAUSER genügt bereits die verbale Beteuerung, sich dieser Prozedur nicht zu unterziehen, sofern die verbale Resistenz von einer gewissen Hartnäckigkeit ist, die eine deutliche Behinderung der Untersuchung bewirkt (a.a.O., S. 350 Rz. 2502). Zieht man Rechtsprechung und Lehre zum Begriff Hinderung einer Amtshandlung gemäss Art. 286 StGB - Art. 91a SVG gilt als Spezialstraftatbestand der Bestimmung - hinzu, wird deutlich, dass nicht verlangt wird, der Täter verunmögliche die Handlung einer Amtsperson gänzlich. Es genügt, dass er deren Ausführung erschwert, verzögert oder behindert (BGE 127 IV 115 E. 2 mit Hinweisen). Auch passiver Widerstand setzt jedoch ein aktives Störverhalten mit einer gewissen Intensität voraus. Völlige Passivität ist nicht ausreichend (vgl. STEFAN HEIMGARTNER, in Basler Kommentar, Strafrecht II, 2. Aufl. 2007, N. 8 zu Art. 286 StGB). Die Bestimmung unterscheidet sich von Art. 285 StGB dadurch, dass der Täter weder Drohungen ausstösst noch Gewalt anwendet. Die Abgrenzung gegenüber dem Ungehorsam gegen amtliche Verfügungen gemäss Art. 292 StGB erfolgt dadurch, dass blosse Unfolgsamkeit nicht genügt (BGE 127 IV 115 E. 2 mit Hinweisen). Die genannte Rechtsprechung bezieht sich im Weiteren auf BGE 105 IV 48 E. 3, wonach den Tatbestand nicht erfüllt, wer am Ort der Ausführung gegen die Art der Amtshandlung Einsprache erhebt, ohne tatsächlich in diese einzugreifen. Hierbei ging es jedoch um einen Fall, in dem der Betroffene gegen das amtliche Schneepflügen in der Nähe seines Hauses Einspruch erhob, worauf der Beamte auf seine Tätigkeit verzichtete und an einer anderen Stelle mit der Arbeit weiterfuhr. Diese kurze Behinderung der Amtshandlung wurde nicht als rechtswidrig erachtet. Anders hätte es sich jedoch laut Bundesgericht verhalten, wenn ein Beamter innerhalb seiner Amtsbefugnisse auf den Einspruch des Bürgers nicht eingeht, seine amtliche Tätigkeit fortsetzen will und nun daran gehindert wird. Diese Rechtsprechung lässt demnach die Schlussfolgerung nicht zu, verbaler Widerstand jeglicher Art und Intensität genüge als Tathandlung nicht (vgl. auch Urteil 6B_132/2008 vom 13. Mai 2008 E. 3, in dem die verbale Einmischung einer Drittperson anlässlich einer polizeilichen Personenkontrolle als hinreichend intensiv erachtet wurde, um als Hinderung einer Amtshandlung gemäss Art. 286 StGB zu gelten).
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Der Zweck von Art. 91a SVG und Art. 286 StGB ist demnach, eine reibungslose Durchführung von angeordneten Massnahmen bzw. Amtshandlungen zu gewähren (BGE 103 IV 186 E. 2 mit Hinweis). Mit welcher Handlung eine solche auf strafbare Weise verhindert wird, ist im Einzelfall zu bestimmen. Verlangt wird jedoch eine gewisse Intensität des Widerstands.
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4.2.3 Der verbale Widerstand des Beschwerdeführers dauerte gemäss eigener Einschätzung mindestens eine halbe Stunde. Zudem führte er die Diskussion in erregtem und aggressivem Zustand. Das mündete darin, dass sich die Polizeibeamten dazu veranlasst sahen, ihm Handschellen anzulegen und ihn auf den Polizeiposten zu bringen. Sein Verhalten erreichte somit eine Intensität, die eine reibungslose Durchführung der angeordneten Massnahme behinderte, wenn nicht gar verunmöglichte, da eine zwangsweise Durchführung des Vortests gesetzlich nicht vorgesehen ist. Auch mussten die Polizisten aufgrund des erregten Zustands und der Uneinsichtigkeit des Beschwerdeführers nicht davon ausgehen, er würde seine Ansicht ändern und sich dem Test unterziehen, wenn sie ihm den Teststreifen vorhalten würden. Der Beschwerdeführer gab sodann selber zu, er habe den Polizisten unmissverständlich und klar mitgeteilt, er werde eine solche Kontrolle nicht über sich ergehen lassen.
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Der angefochtene Entscheid verletzt somit kein Bundesrecht.
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5.
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Die Beschwerde ist abzuweisen. Bei diesem Ausgang des Verfahrens sind die bundesgerichtlichen Kosten dem Beschwerdeführer aufzuerlegen (Art. 66 Abs. 1 BGG).
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Demnach erkennt das Bundesgericht:
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1.
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Die Beschwerde wird abgewiesen.
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2.
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Die Gerichtskosten von Fr. 2'000.-- werden dem Beschwerdeführer auferlegt.
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3.
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Dieses Urteil wird den Parteien und dem Obergericht des Kantons Zürich, II. Strafkammer, schriftlich mitgeteilt.
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Lausanne, 2. November 2010
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Im Namen der Strafrechtlichen Abteilung
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des Schweizerischen Bundesgerichts
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Der Präsident: Die Gerichtsschreiberin:
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Favre Horber
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