BGer 5A_646/2011
 
BGer 5A_646/2011 vom 20.12.2011
Bundesgericht
Tribunal fédéral
Tribunale federale
{T 0/2}
5A_646/2011
Urteil vom 20. Dezember 2011
II. zivilrechtliche Abteilung
Besetzung
Bundesrichterin Hohl, Präsidentin,
Bundesrichterin Escher, Bundesrichter Herrmann,
Gerichtsschreiber Zingg.
 
Verfahrensbeteiligte
X.________,
Beschwerdeführer,
gegen
Bezirksgericht Aarau, Präsidentin III,
Kasinostrasse 5, 5001 Aarau,
Beschwerdegegnerin.
Gegenstand
Unentgeltliche Rechtspflege (vorsorgliche Massnahmen),
Beschwerde gegen den Entscheid des Obergerichts
des Kantons Aargau, Zivilgericht, 4. Kammer, vom 29. August 2011.
Sachverhalt:
A.
X.________ (Beschwerdeführer) ersuchte am 10. Juni 2011 das Bezirksgericht Aarau, die A.________ AG bzw. B.________ superprovisorisch anzuweisen, Berichte über ihn und seine Firmen nur noch mit seiner Zustimmung zu veröffentlichen. Die Präsidentin III des Bezirksgerichts wies den Antrag auf Erlass einer superprovisorischen Verfügung am 14. Juni 2011 ab und forderte den Beschwerdeführer zur Leistung eines Kostenvorschusses von Fr. 1'000.-- auf.
Am 17. Juni 2011 hielt der Beschwerdeführer an seinem Antrag auf Erlass einer superprovisorischen Verfügung fest und verlangte die Gewährung der unentgeltlichen Rechtspflege rückwirkend auf den 10. Juni 2011. Die Präsidentin III wies das Gesuch um unentgeltliche Rechtspflege am 20. Juni 2011 ab.
B.
Gegen die Abweisung des Gesuchs um unentgeltliche Rechtspflege erhob der Beschwerdeführer am 22. Juni 2011 Beschwerde an das Obergericht des Kantons Aargau. Er ersuchte dabei um Anordnung der unentgeltlichen Rechtspflege für das bezirksgerichtliche Verfahren rückwirkend auf den 10. Juni 2011 und um unentgeltliche Verbeiständung.
Mit Entscheid vom 29. August 2011 wies das Obergericht die Beschwerde ab, soweit es darauf eintrat.
C.
Am 19. September 2011 hat der Beschwerdeführer Beschwerde an das Bundesgericht erhoben. Er beantragt die Aufhebung des Entscheids vom 29. August 2011. Ihm sei rückwirkend auf 10. Juni 2011 und auch für das bundesgerichtliche Verfahren die unentgeltliche Rechtspflege zu gewähren. Zudem ersucht er um aufschiebende Wirkung.
Nachdem sich die Präsidentin III des Bezirksgerichts Aarau zum Gesuch um aufschiebende Wirkung nicht hat vernehmen lassen und sich das Obergericht diesem nicht widersetzt hat, ist der Beschwerde mit Verfügung des präsidierenden Mitglieds vom 7. Oktober 2011 aufschiebende Wirkung zuerkannt worden.
In der Sache hat das Obergericht auf Vernehmlassung verzichtet.
Erwägungen:
1.
1.1 Angefochten ist binnen Frist ein kantonal letztinstanzlicher, auf Rechtsmittel hin ergangener Entscheid des Obergerichts (Art. 75, Art. 100 Abs. 1 BGG), mit dem die unentgeltliche Rechtspflege verweigert wurde. Es handelt sich mithin um einen Zwischenentscheid, der einen nicht wieder gutzumachenden Nachteil bewirken kann (Art. 93 Abs. 1 lit. a BGG; BGE 129 I 129 E. 1.1 S. 131 mit Hinweis; Urteil 5A_843/2009 vom 23. Februar 2010 E. 1). Bei Zwischenentscheiden folgt der Rechtsweg jenem der Hauptsache (BGE 137 III 380 E. 1.1 S. 382). Hauptsache ist ein Verfahren um vorsorgliche Massnahmen zum Schutze der Persönlichkeit, also eine Zivilsache (Art. 72 Abs. 1 BGG). Soweit aus dem Massnahmegesuch ersichtlich, scheinen nichtvermögensrechtliche Aspekte im Vordergrund zu stehen, so dass die Beschwerde gegen einen Entscheid in der Hauptsache keiner Streitwertgrenze unterliegen würde. Die nicht näher bezeichnete Beschwerde ist deshalb als Beschwerde in Zivilsachen zu behandeln. Entscheide über vorsorgliche Massnahmen, die vor einem ordentlichen Verfahren erlassen werden und nur für dessen Dauer bzw. unter der Bedingung, dass ein ordentliches Verfahren eingeleitet wird, Bestand haben, sind grundsätzlich Zwischenentscheide, die nur unter den Voraussetzungen von Art. 93 Abs. 1 lit. a BGG angefochten werden können (BGE 134 I 83 E. 3.1 S. 86 f.; 137 III 324 E. 1.1 S. 327 f.). Das Bundesgericht hat kürzlich offen gelassen, ob seine frühere Rechtsprechung weiterzuführen ist, wonach bei solchen Massnahmeentscheiden der nicht wieder gutzumachende Nachteil auf der Hand liege und diese Entscheide demgemäss in jedem Fall angefochten werden können (BGE 137 III 324 E. 1.1 S. 328 f.). Ob auf eine Beschwerde gegen den Hauptsacheentscheid eingetreten werden kann, braucht jedoch nicht geklärt zu werden. Die vorliegende Beschwerde genügt den Begründungsanforderungen nicht, so dass auf sie unabhängig von der Anfechtbarkeit des Hauptsacheentscheids nicht eingetreten werden kann. Darauf ist nachfolgend einzugehen.
1.2 Mit Beschwerde gegen Entscheide über vorsorgliche Massnahmen kann einzig die Verletzung verfassungsmässiger Rechte gerügt werden (Art. 98 BGG). Diese Einschränkung der Beschwerdegründe gilt auch für den vorliegenden Zwischenentscheid.
An die Begründung von Verfassungsrügen werden strenge Anforderungen gestellt (Art. 106 Abs. 2 BGG). Verfassungsrügen müssen in der Beschwerde präzise vorgebracht und begründet werden (BGE 134 I 83 E. 3.2 S. 88; 135 III 397 E. 1.4 S. 400 f.). Dies bedeutet, dass anhand der Erwägungen des angefochtenen Entscheids klar und detailliert darzulegen ist, inwiefern verfassungsmässige Rechte verletzt worden sein sollen (BGE 135 III 232 E. 1.2 S. 234 mit Hinweisen).
2.
2.1 Die Präsidentin des Bezirksgerichts hatte das Gesuch um unentgeltliche Rechtspflege mangels Prozessarmut abgewiesen. Vor Obergericht waren einzelne Bedarfsposten und die unentgeltliche Verbeiständung strittig.
Nicht eingetreten ist das Obergericht auf das Vorbringen des Beschwerdeführers, die monatliche Steuerbelastung betrage Fr. 379.30 und nicht nur Fr. 130.-- wie die Bezirksgerichtspräsidentin angenommen habe. Das Obergericht hat festgehalten, der Beschwerdeführer habe in seinem Gesuch um unentgeltliche Rechtspflege die Steuern mit Fr. 1'296.80 angegeben, was einer monatlichen Belastung von Fr. 108.-- entspreche. Eine offensichtlich unrichtige Sachverhaltsfeststellung könne der Bezirksgerichtspräsidentin demnach nicht vorgeworfen werden und die abweichenden Ausführungen in der Beschwerde und den Beilagen seien neu und deshalb unbeachtlich. Da der Beschwerdeführer im Treuhandbereich tätig sei, dürfe von ihm auch erwartet werden, dass er seine Steuerbelastung im Gesuch richtig angeben könne. Die Bezirksgerichtspräsidentin habe ausserdem zurecht keine Anwaltskosten angerechnet, da eine allfällig an die Gegenpartei zu bezahlende Parteientschädigung nicht zu berücksichtigen sei.
Auf den Antrag um unentgeltliche Verbeiständung ist das Obergericht nicht eingetreten. Der Antrag sei erst mit der Beschwerde gestellt worden und deshalb unzulässig. Vom Beschwerdeführer, der ein in der Rechtsberatung tätiges Unternehmen betreibe, dürfe erwartet werden, dass er im Gesuch um unentgeltliche Rechtspflege einen konkreten Antrag mit Bezeichnung des gewünschten Anwalts stelle.
2.2 Der Beschwerdeführer rügt eine Verletzung des Willkürverbots: Er habe mit dem Gesuch um unentgeltliche Rechtspflege eine provisorische Steuerrechnung 2010 eingereicht; die Darlegung der korrekten Steuerberechnung anhand der bereits eingereichten Einkommenszahlen in der Beschwerde sei daher kein Novum. Eine definitive Steuerrechnung liege bis heute nicht vor. Die Gerichte hätten nicht gewürdigt, dass es sich nur um eine provisorische Steuerrechnung handle, die nicht mit der mutmasslichen definitiven Steuerrechnung gleichzusetzen sei. Die Feststellung des Obergerichts, dass er vor Bezirksgericht keine unentgeltliche Verbeiständung verlangt habe, sei aktenwidrig. Hinsichtlich der Anwaltskosten habe das Obergericht die Beschwerde missverstanden: Es sei ihm nicht um die Anwaltskosten der Gegenpartei gegangen, sondern er habe vorgebracht, dass die Bezirksgerichtspräsidentin die Verbeiständung gar nicht geprüft habe, obwohl diese Teil der unentgeltlichen Rechtspflege sei und sich die Gegenparteien anwaltlich vertreten liessen. Zu einem Beschwerdeantrag habe das Obergericht schliesslich gar nicht Stellung genommen, nämlich zum Antrag, den Gegenparteien keine persönlichen Daten des Beschwerdeführers zukommen zu lassen.
2.3 Der Beschwerdeführer behauptet, seine Steuerberechnung sei kein Novum. Er setzt sich aber nicht mit dem Begriff des Novums auseinander und geht nicht auf die vorinstanzlichen Erwägungen zur diesbezüglichen Regelung im kantonalen Beschwerdeverfahren (Art. 326 ZPO) ein. Seine Ausführungen zu den Steuern sind im Übrigen kaum nachvollziehbar und haben keinen Zusammenhang mit den obergerichtlichen Erwägungen. So geht er nicht darauf ein, dass die Steuerbelastung gemäss seinen Gesuchsbeilagen sogar etwas tiefer ausfällt, als die Bezirksgerichtspräsidentin angerechnet hat. Sie scheint sich bei der Berechnung auf die provisorische Steuerrechnung abgestützt zu haben. Der Beschwerdeführer zeigt nicht auf, inwiefern es willkürlich sein sollte, dass sich die Gerichte mangels anderweitiger Angaben auf die provisorische Steuerrechnung stützen. Immerhin weist diese den derzeit effektiv geschuldeten Steuerbetrag aus. Inwiefern und gestützt auf welche Grundlagen die Vorinstanzen davon hätten abweichen müssen, legt er nicht dar. Soweit er vorbringt, sein Antrag um unentgeltliche Verbeiständung sei kein Novum, geht es um die Auslegung seines Gesuchs um unentgeltliche Rechtspflege. Der Beschwerdeführer geht allerdings nicht auf die Erwägung der Vorinstanz ein, dass von ihm als in der Rechtsberatung tätigem Unternehmer eine ausdrückliche Antragstellung mit Nennung des gewünschten Rechtsvertreters verlangt werden könne. Insoweit erübrigt es sich, auf seine weiteren Vorbringen im Zusammenhang mit der Verbeiständung einzugehen. Der angeblich übergangene Antrag, den Gegnern im Massnahmeverfahren keine persönlichen Unterlagen zukommen zu lassen, ist prozessualer Natur und betrifft offenbar Unterlagen zum Gesuch um unentgeltliche Rechtspflege bzw. zur kantonalen Beschwerde. Der Beschwerdeführer legt nicht dar, inwiefern eine Verfassungsverletzung vorliegen soll. Er erläutert auch nicht, welches Interesse er an ausdrücklichen Einlassungen der Vorinstanz hat, nachdem diese dem Antrag im Ergebnis nachgekommen ist und keine Vernehmlassung bei den Gegenparteien des Hauptverfahrens eingeholt oder ihnen auf andere Weise die Unterlagen zur Verfügung gestellt hat. Auf die Beschwerde ist folglich nicht einzutreten.
3.
Bei diesem Ausgang des Verfahrens wird der Beschwerdeführer kostenpflichtig (Art. 66 Abs. 1 BGG). Die vorstehenden Ausführungen zeigen, dass der Beschwerde von vornherein kein Erfolg beschieden sein konnte. Das Gesuch um unentgeltliche Rechtspflege für das bundesgerichtliche Verfahren ist abzuweisen (Art. 64 Abs. 1 BGG). Der Beschwerdeführer geht unter Hinweis auf Art. 119 Abs. 6 ZPO zu Unrecht davon aus, das bundesgerichtliche Verfahren sei kostenlos. Abgesehen davon, dass sich das Verfahren vor Bundesgericht nach dem BGG und nicht nach der ZPO richtet, ordnet Art. 119 Abs. 6 ZPO auch im kantonalen Beschwerdeverfahren keine Kostenlosigkeit an (Urteil 5A_405/2011 vom 27. September 2011 E. 6).
Demnach erkennt das Bundesgericht:
1.
Auf die Beschwerde wird nicht eingetreten.
2.
Das Gesuch um unentgeltliche Rechtspflege für das bundesgerichtliche Verfahren wird abgewiesen.
3.
Die Gerichtskosten von Fr. 1'000.-- werden dem Beschwerdeführer auferlegt.
4.
Dieses Urteil wird den Parteien und dem Obergericht des Kantons Aargau, Zivilgericht, 4. Kammer, schriftlich mitgeteilt.
Lausanne, 20. Dezember 2011
Im Namen der II. zivilrechtlichen Abteilung
des Schweizerischen Bundesgerichts
Die Präsidentin: Hohl
Der Gerichtsschreiber: Zingg