BGer 5D_178/2012
 
BGer 5D_178/2012 vom 14.06.2013
{T 0/2}
5D_178/2012
 
Urteil vom 14. Juni 2013
 
II. zivilrechtliche Abteilung
Besetzung
Bundesrichter von Werdt, Präsident,
Bundesrichter Marazzi, Schöbi,
Gerichtsschreiber Zbinden.
 
Verfahrensbeteiligte
X.________,
Beschwerdeführerin,
gegen
Appellationsgericht des Kantons Basel-Stadt, Bäumleingasse 1, 4051 Basel,
Beschwerdegegner.
Gegenstand
Honorar der unentgeltlichen Rechtsvertreterin (Kindesunterhalt),
Verfassungsbeschwerde gegen den Entscheid vom 30. August 2012 des Appellationsgerichts des Kantons Basel-Stadt.
 
Sachverhalt:
 
A.
A.a. A.________ und B.________ sind die Eltern der beiden Kinder C.________ und D.________ (beide geb. 12. Dezember 1995). Die Ehe der Eltern wurde durch Urteil des Gemeindegerichts Pristina vom 22. Mai 1997 rechtskräftig geschieden. Das Sorgerecht über die gemeinsamen Kinder wurde A.________ (Vater) zugesprochen und B.________ (Mutter) verpflichtet, mit 15% ihres Einkommens zum Unterhalt der beiden Kinder beizutragen.
A.b. Am 26. Oktober 2010 klagte A.________ beim Bezirksgericht Basel-Stadt gegen B.________ auf Leistung angemessener Unterhaltsbeiträge an die gemeinsamen Kinder der geschiedenen Eheleute. Mit Urteil vom 24. November 2011 wurde B.________ verpflichtet, A.________ an den Unterhalt der beiden Kinder ab November 2010 bis zu ihrer Mündigkeit monatlich vorauszahlbare Beträge von Fr. 300.-- pro Kind zu bezahlen, wobei Art. 277 Abs. 2 ZGB vorbehalten blieb.
 
B.
Dagegen erhob B.________ Berufung, die das Appellationsgericht Basel-Stadt dem Antrag von A.________ entsprechend mit Urteil vom 30. August 2012 abwies. Die Berufungsinstanz verpflichtete B.________ zur Leistung einer Parteientschädigung von Fr. 2'500.-- zuzüglich Mehrwertsteuer an A.________. Ferner sprach sie dem unentgeltlichen Rechtsanwalt von B.________ ein Honorar von Fr. 1'170.-- zuzüglich Auslagen von Fr. 60.60 und Mehrwertsteuer aus der Gerichtskasse zu. Der unentgeltlichen Rechtsanwältin von A.________, X.________, sprach das Appellationsgericht zufolge offensichtlicher Uneinbringlichkeit der A.________ zugesprochenen Parteientschädigung ein Honorar von Fr. 2'500.-- zuzüglich Mehrwertsteuer aus der Gerichtskasse zu (Dispositiv Absatz 5).
 
C.
Rechtsanwältin X.________ (Beschwerdeführerin) hat gegen Absatz 5 des Dispositivs des Entscheids des Appellationsgerichts beim Bundesgericht Verfassungsbeschwerde eingereicht. Sie beantragt, den sie betreffenden Kostenentscheid (Absatz 5 des Dispositivs) wegen Verletzung des rechtlichen Gehörs ( Begründungspflicht; Art. 29 Abs. 2 BV), Verletzung des Rechtsgleichheitsgebots (Art. 8 Abs. 1 BV) und wegen Willkür (Art. 9 BV) aufzuheben und die Sache an die Vorinstanz zurückzuweisen.
 
D.
Das Appellationsgericht Basel-Stadt hat in seiner Vernehmlassung vom 8. März 2013 die Begründung des angefochtenen Entscheids nachgeliefert und schliesst auf Abweisung der Beschwerde. Die Beschwerdeführerin hat nicht repliziert.
 
Erwägungen:
 
1.
1.1. Angefochten ist ein letztinstanzlicher (Art. 75 Abs. 1 BGG) kantonaler Endentscheid (Art. 90 BGG) betreffend Festsetzung der Entschädigung der unentgeltlichen Rechtsbeiständin der obsiegenden Partei, deren Parteientschädigung von der unterliegenden Gegenpartei nicht eingetrieben werden kann. Die Festsetzung der Entschädigung stellt einen Nebenpunkt dar, der mit dem für die Hauptsache zulässigen Rechtsmittel angefochten werden kann (vgl. BGE 137 III 47 E. 1.2). In der Hauptsache geht es um Kinderunterhalt und damit um eine Zivilsache (Art. 72 Abs. 1 BGG) vermögensrechtlicher Natur, deren Streitwert den Betrag von Fr. 30'000.-- (Art. 74 Abs. 1 lit. b BGG) gemäss den vorinstanzlichen Angaben nicht erreicht (Fr. 22'400.--; Unterhalt für die Kinder bis zu deren Mündigkeit). Damit ist einzig die Verfassungsbeschwerde gegeben (Art. 113 BGG).
1.2. Die Voraussetzungen gemäss Art. 76 Abs. 1 lit. a und b BGG sind erfüllt. Auf die fristgerecht (Art. 100 Abs. 1 BGG) eingereichte Verfassungsbeschwerde ist einzutreten.
 
2.
2.1. Die Vorinstanz hat dem Vertreter der im Genuss unentgeltlicher Rechtspflege prozessierenden, in der Sache unterliegenden Berufungsklägerin (B.________) für einen als angemessen erachteten Aufwand von 6,5 Stunden und Auslagen einen Betrag von Fr. 1'170.-- plus Mehrwertsteuer zugesprochen. Ferner hat das Appellationsgericht erwogen, dem (obsiegenden) Berufungsbeklagten (A.________) sei eine Parteientschädigung zulasten der Berufungsklägerin auf der Grundlage des Streitwertes und unter Berücksichtigung der komplexen Fragestellung zum Ansatz von Fr. 250.-- zuzüglich Mehrwertsteuer zuzusprechen. Zufolge offensichtlicher Uneinbringlichkeit dieser Forderung sei der unentgeltlichen Rechtsanwältin des Berufungsbeklagten (der Beschwerdeführerin im vorliegenden Verfahren) ein Honorar von Fr. 2'500.-- zuzüglich Mehrwertsteuer aus der Gerichtskasse auszurichten.
2.2. Die Beschwerdeführerin rügt eine Verletzung der Begründungspflicht gemäss Art. 29 Abs. 2 BV und macht ausführend dazu geltend, aus dem zugesprochenen Honorar von Fr. 2'500.-- zu einem Stundenansatz von Fr. 250.-- gehe hervor, dass die Vorinstanz von einem Aufwand von 10 Arbeitsstunden ausgegangen sei. Unklar bleibe indes, wie sie den 10-Stunden-Aufwand ermittelt habe, zumal der effektive Aufwand gemäss eingereichter Kostennote vom 20. August 2012 rund 60 Stunden betragen habe. Die Vorinstanz habe in ihrem Entscheid die Abweichung von der eingereichten Kostennote nicht begründet.
 
2.3.
2.3.1. Das rechtliche Gehör nach Art. 29 Abs. 2 BV verlangt, dass die Behörde die Vorbringen der vom Entscheid in ihrer Rechtslage betroffenen Person auch tatsächlich hört, prüft und in der Entscheidfindung berücksichtigt. Daraus folgt die Verpflichtung der Behörde, ihren Entscheid zu begründen. Dabei ist nicht erforderlich, dass sie sich mit allen Parteistandpunkten einlässlich auseinandersetzt und jedes einzelne Vorbringen ausdrücklich widerlegt. Vielmehr kann sie sich auf die für den Entscheid wesentlichen Punkte beschränken. Die Begründung muss so abgefasst sein, dass sich die betroffene Person über die Tragweite des Entscheids Rechenschaft geben und ihn in voller Kenntnis der Sache an die höhere Instanz weiterziehen kann. In diesem Sinne müssen wenigstens kurz die Überlegungen genannt werden, von denen sich die Behörde hat leiten lassen und auf die sich ihr Entscheid stützt (BGE 136 V 351 E. 4.2 S. 355; 134 I 83 E. 4.1 S. 88 mit Hinweisen).
2.3.2. Das Recht, angehört zu werden, ist formeller Natur. Die Verletzung der aus dem Anspruch auf rechtliches Gehör nach Art. 29 Abs. 2 BV fliessenden Begründungspflicht führt ungeachtet der Erfolgsaussichten der Beschwerde in der Sache selbst grundsätzlich zur Aufhebung der angefochtenen Verfügung (BGE 132 V 387 E. 5.1 S. 390; 127 V 431 E. 3d/aa S. 437 f.). Nach der Rechtsprechung kann eine - nicht besonders schwerwiegende - Verletzung des rechtlichen Gehörs ausnahmsweise als geheilt gelten, wenn die betroffene Person die Möglichkeit erhält, sich vor einer Beschwerdeinstanz zu äussern, die sowohl den Sachverhalt wie die Rechtslage frei überprüfen kann (BGE 135 I 279 E. 2.6.1 S. 285). Von einer Rückweisung der Sache an die Verwaltung ist auch bei einer schwerwiegenden Verletzung des rechtlichen Gehörs dann abzusehen, wenn und soweit die Rückweisung zu einem formalistischen Leerlauf und damit zu unnötigen Verzögerungen führen würde, die mit dem (der Anhörung gleichgestellten) Interesse der betroffenen Partei an einer beförderlichen Beurteilung der Sache nicht zu vereinbaren wären (BGE 136 V 117 E. 4.2.2.2 S. 126 f. mit Hinweisen).
2.3.3. Nach der bundesgerichtlichen Rechtsprechung zur Parteientschädigung, die auch auf die Entschädigung des unentgeltlichen Rechtsbeistands Anwendung findet (Urteile 5D_4/2011 vom 20. April 2011 E. 4.2.2; 5D_45/2009 vom 26. Juni 2009 E. 3.1), muss der Entscheid über die Höhe des anwaltlichen Honorars in der Regel nicht begründet werden, was zumindest dann gilt, wenn ein Tarif oder eine gesetzliche Regelung der Ober- und Untergrenze der Entschädigung besteht und das Gericht diesen Tarif beziehungsweise diese Bandbreite einhält und von der Partei keine aussergewöhnlichen Umstände vorgebracht werden (BGE 111 Ia 1 E. 2a S. 1 f.; 93 I 116 E. 2 S. 120 f.). Eine Begründungspflicht wird namentlich dann angenommen, wenn das Gericht die Entschädigung abweichend von der Kostennote der Rechtsanwältin auf einen bestimmten, nicht der üblichen, praxisgemäss gewährten Entschädigung entsprechenden Betrag festsetzt. In einem solchen Fall kann nicht mehr davon gesprochen werden, die Anwältin vermöge die Überlegungen, die das Gericht zu einem solchen Entschädigungsentscheid führten, auch ohne Begründung zu erkennen (Urteile 4A_275/2010 vom 11. August 2010 E. 8.2; 2C_832/2008 vom 4. Mai 2009 E. 6.3, in: StR 64/2009 S. 668; I 308/1998 vom 28. Juli 1999 E. 3b, in: Pra 2000 Nr. 109 S. 635). Akzeptiert das Gericht in einem solchen Fall einzelne Posten der Kostennote, setzt es aber andere herab, hat es zu jeder Reduktion zumindest kurz auszuführen, aus welchem Grund die Aufwendungen als unnötig betrachtet werden (Urteil 9C_991/2008 vom 18. Mai 2009 E. 3.1.2, in: SZZP 2009 S. 391; zum Ganzen: Urteil 5D_15/2012 vom 28. März 2012 E. 4.2.2).
2.4. Ohne Hinweis auf die anwendbaren kantonalen Normen heisst es im angefochtenen Entscheid, zufolge Uneinbringlichkeit der (gegenüber der Berufungsklägerin bestehenden) Forderung sei der Vertreterin des unentgeltlich prozessierenden Berufungsbeklagten ein Honorar von Fr. 2'500.-- zuzusprechen. W ie viele Stunden dabei berücksichtigt worden sind, wird nicht ausdrücklich gesagt; unter Annahme des Honorars von Fr. 250.-- pro Stunde und mit Blick auf den Betrag von Fr. 2'500.-- kann immerhin von berücksichtigten 10 Stunden ausgegangen werden. Aus der Begründungergibt sich aber nicht, welche Positionen der Kostenliste der Beschwerdeführerin nicht und aus welchem Grund sie nicht berücksichtigt worden sind. Der angefochtene Entscheid vermag damit den vorgenannten Begründungsanforderungen nicht zu genügen.
2.5. Die Vorinstanz hat demnach den Anspruch der Beschwerdeführerin auf rechtliches Gehör in schwerwiegender Weise verletzt. Eine Heilung dieses Mangels im vorliegenden Verfahren ist ausgeschlossen, da das Bundesgericht die Bemessung der Entschädigung des unentgeltlichen Rechtsbeistandes nur in eingeschränktem Rahmen überprüfen kann und die Beschwerdeführerin diesfalls einer Instanz verlustig ginge. Einen formalistischen Leerlauf stellt die Rückweisung der Angelegenheit an das kantonale Gericht sodann ebenfalls nicht dar, wird diesem dadurch doch die Gelegenheit geboten, die Entschädigung in Nachachtung der dargelegten Grundsätze neu zu beurteilen und festzusetzen.
 
3.
Damit ist die Beschwerde gutzuheissen, der angefochtene Entscheid aufzuheben und die Sache zu neuem Entscheid an die Vorinstanz zurückzuweisen. Von der Erhebung von Gerichtskosten ist unter den vorliegenden Umständen abzusehen (Art. 66 Abs. 1 Satz 2 und Abs. 4 BGG). Der im Streit um die Erhöhung des Honorars als unentgeltlicher Rechtsbeistand im vorgenannten Sinne obsiegende Rechtsanwalt hat Anspruch auf eine Parteientschädigung (BGE 125 II 518; Urteil 9C_387/2012 vom 26. September 2012 E. 5 mit Hinweisen, in: SVR 2013 IV Nr. 8 S. 19).
 
Demnach erkennt das Bundesgericht:
1. Die Verfassungsbeschwerde wird gutgeheissen. Der angefochtene Entscheid wird aufgehoben und die Sache zu neuem Entscheid an die Vorinstanz zurückgewiesen.
2. Es werden keine Gerichtskosten erhoben.
3. Der Kanton Basel-Stadt hat die Beschwerdeführerin für das bundesgerichtliche Verfahren mit Fr. 1'000.-- zu entschädigen.
4. Dieses Urteil wird den Parteien schriftlich mitgeteilt.
Lausanne, 14. Juni 2013
Im Namen der II. zivilrechtlichen Abteilung
des Schweizerischen Bundesgerichts
Der Präsident: von Werdt
Der Gerichtsschreiber: Zbinden