BGer 2C_236/2013
 
BGer 2C_236/2013 vom 19.08.2013
{T 0/2}
2C_236/2013
 
Urteil vom 19. August 2013
 
II. öffentlich-rechtliche Abteilung
Besetzung
Bundesrichter Zünd, Präsident,
Bundesrichterin Aubry Girardin,
Bundesrichter Stadelmann,
Gerichtsschreiberin Genner.
 
Verfahrensbeteiligte
X.________,
vertreten durch Rechtsanwalt Thomas Wüthrich,
Beschwerdeführer,
gegen
Amt für Migration des Kantons Luzern, Fruttstrasse 15, Postfach 3439, 6002 Luzern,
Justiz- und Sicherheitsdepartement des Kantons Luzern, Bahnhofstrasse 15, 6002 Luzern.
Gegenstand
Widerruf der Niederlassungsbewilligung,
Beschwerde gegen das Urteil des Kantonsgerichts (vormals Verwaltungsgericht) des Kantons Luzern, 4. Abteilung, vom 24. Januar 2013.
 
Sachverhalt:
 
A.
 
B.
 
C.
 
Erwägungen:
 
1.
1.1. Angefochten ist der letztinstanzliche, verfahrensabschliessende Entscheid eines kantonalen Gerichts auf dem Gebiet des öffentlichen Rechts, welcher grundsätzlich der Beschwerde in öffentlich-rechtlichen Angelegenheiten unterliegt (vgl. Art. 82 lit. a BGG, Art. 86 Abs. 1 lit. d BGG, Art. 90 BGG). Gegen Entscheide über den Widerruf einer Niederlassungsbewilligung ist die Beschwerde in öffentlich-rechtlichen Angelegenheiten zulässig, weil grundsätzlich ein Anspruch auf das Fortbestehen dieser Bewilligung gegeben ist (BGE 135 II 1 E. 1.2.1 S. 4). Ob der Anspruch im konkreten Fall zu bejahen ist, bildet Gegenstand der materiellen Beurteilung (BGE 137 I 284 E. 1.3 S. 287).
1.2. Soweit der Beschwerdeführer die Wegweisung anficht, ist die Beschwerde in öffentlich-rechtlichen Angelegenheiten ausgeschlossen (Art. 83 lit. c Ziff. 4 BGG). Gegen den kantonalen Wegweisungsentscheid steht die subsidiäre Verfassungsbeschwerde nach Art. 113 BGG grundsätzlich nur offen, soweit die Verletzung besonderer verfassungsmässiger Rechte geltend gemacht wird; diese müssen der betroffenen Person unmittelbar ein rechtlich geschütztes Interesse im Sinn von Art. 115 lit. b BGG verschaffen (BGE 137 II 305 E. 3.3). Eine Verletzung derartiger Rechte (rechtsprechungsgemäss etwa der Schutz des Lebens gemäss Art. 10 Abs. 1 BV, das Verbot der Folter und jeder anderen Art grausamer, unmenschlicher und erniedrigender Behandlung oder Bestrafung gemäss Art. 10 Abs. 3 BV oder das in Art. 25 Abs. 3 BV verankerte Non-Refoulement-Prinzip) wird nicht geltend gemacht, weshalb die subsidiäre Verfassungsbeschwerde nicht zulässig ist.
1.3. Die übrigen Sachurteilsvoraussetzungen sind erfüllt. Auf die Beschwerde in öffentlich-rechtlichen Angelegenheiten ist einzutreten, soweit damit der Widerruf der Niederlassungsbewilligung beanstandet wird. Auf die (sinngemäss erhobene) subsidiäre Verfassungsbeschwerde ist nicht einzutreten.
 
2.
2.1. Mit der Beschwerde in öffentlich-rechtlichen Angelegenheiten kann eine Rechtsverletzung nach Art. 95 und Art. 96 BGG gerügt werden. Das Bundesgericht wendet das Recht von Amtes wegen an (Art. 106 Abs. 1 BGG). Es ist folglich weder an die in der Beschwerde geltend gemachten Argumente noch an die Erwägungen der Vorinstanz gebunden (BGE 133 II 249 E. 1.4.1 S. 254). In Bezug auf die Verletzung von Grundrechten gilt eine qualifizierte Rüge- und Substanziierungspflicht (Art. 106 Abs. 2 BGG; BGE 136 II 304 E. 2.5 S. 314).
2.2. Das Bundesgericht legt seinem Urteil den von der Vorinstanz festgestellten Sachverhalt zugrunde (Art. 105 Abs. 1 BGG). Es kann die Sachverhaltsfeststellung der Vorinstanz von Amtes wegen berichtigen oder ergänzen, wenn sie offensichtlich unrichtig ist oder auf einer Rechtsverletzung im Sinn von Art. 95 BGG beruht (Art. 105 Abs. 2 BGG). Die beschwerdeführende Partei kann die Feststellung des Sachverhalts unter den gleichen Voraussetzungen beanstanden, wenn die Behebung des Mangels für den Ausgang des Verfahrens entscheidend sein kann (Art. 97 Abs. 1 BGG). Eine entsprechende Rüge ist rechtsgenüglich substanziiert vorzubringen (BGE 136 II 304 E. 2.5 S. 314).
2.3. Neue Tatsachen und Beweismittel dürfen nur so weit vorgebracht werden, als erst der Entscheid der Vorinstanz dazu Anlass gibt (Art. 99 Abs. 1 BGG).
 
3.
3.1. Die Vorinstanz habe seinen Antrag, ein Fachgutachten betreffend die Rückfallgefahr einzuholen, zu Unrecht abgewiesen. Das Gutachten von Dr. med. Martin Kiesewetter vom 17. Dezember 2003 sei nicht aktuell; entgegen der Ansicht der Vorinstanz beantworte es die Frage nicht, ob gegenwärtig (im Jahr 2013) eine Gefahr für die öffentliche Sicherheit von ihm - dem Beschwerdeführer - ausgehe. Die von der Vorinstanz vorgenommene antizipierte Beweiswürdigung sei insbesondere mit Blick auf die Anwendung des Abkommens vom 21. Juni 1999 zwischen der Schweizerischen Eidgenossenschaft einerseits und der Europäischen Gemeinschaft und ihren Mitgliedstaaten andererseits über die Freizügigkeit (Freizügigkeitsabkommen, FZA; SR 0.142.112.681) willkürlich.
3.2. Es trifft zu, dass das psychiatrische Gutachten vom 17. Dezember 2003 die Frage nach der aktuellen Rückfallgefahr nicht beantwortet. Wie die Vorinstanz jedoch zu Recht festgestellt hat, sind in der Zwischenzeit mehrere Stellungnahmen hinsichtlich der Legalprognose des Beschwerdeführers verfasst worden; diese sind in die Beurteilung der Vorinstanz eingeflossen. Einschlägig sind insbesondere der Jährliche Therapiebericht des Psychiatrisch-Psychologischen Dienstes (Justizvollzug Kanton Zürich) vom 29. Juni 2010, der Bericht der Fachkommission des Ostschweizer Strafvollzugskonkordates vom 6. Oktober 2010 sowie die Verlaufsberichte ambulante psychotherapeutische Behandlung der Strafanstalt Wauwilermoos vom 10. Mai 2011 und vom 20. Februar 2012. Rechtsprechungsgemäss kann das Gericht auf die Abnahme von Beweisen verzichten, wenn es aufgrund bereits abgenommener Beweise seine Überzeugung gebildet hat und ohne Willkür annehmen kann, seine Überzeugung werde durch weitere Beweiserhebungen nicht geändert (BGE 136 I 229 E. 5.3 S. 236; 134 I 140 E. 5.3 S. 148). Aufgrund der zeitlichen Nähe der genannten Berichte zum angefochtenen Entscheid durfte die Vorinstanz in antizipierter Beweiswürdigung auf die Erhebung weiterer Beweise verzichten. Unter den vorliegenden Umständen war nicht zu erwarten, dass ein psychiatrisches Gutachten zu neuen Erkenntnissen betreffend die Rückfallgefahr führen würde.
 
4.
 
5.
5.1. Der Beschwerdeführer macht sinngemäss geltend, der Widerruf der Niederlassungsbewilligung sei - insbesondere mit Blick auf die Trennung von Frau und Tochter - unverhältnismässig. Die enge familiäre Beziehung zu diesen begründe gestützt auf das FZA und das Übereinkommen vom 20. November 1989 über die Rechte des Kindes (SR 0.107, nachfolgend: Kinderrechtekonvention) ein Bleiberecht für ihn in der Schweiz; zudem habe die einjährige Tochter einen Anspruch darauf, dass ihr Vater mit ihr in der Schweiz bleiben dürfe.
5.2. Neben Art. 96 Abs. 1 AuG, welcher die Berücksichtigung der öffentlichen Interessen, der persönlichen Verhältnisse und des Integrationsgrades der ausländischen Person gebietet, ergibt sich die Notwendigkeit einer Verhältnismässigkeitsprüfung auch aus dem Anspruch auf Achtung des Familienlebens gemäss Art. 8 Ziff. 1 EMRK: Hat eine ausländische Person nahe Angehörige in der Schweiz und wird die Beziehung zu diesen tatsächlich gelebt, kann sie sich grundsätzlich auf Art. 8 Ziff. 1 EMRK berufen, um sich der drohenden Trennung von ihren Familienangehörigen zu widersetzen (BGE 130 II 281 E. 3.1 S. 285). Der Beschwerdeführer führt eine intakte Ehebeziehung mit seiner schweizerischen Gattin, soweit dies durch die Einschränkungen des Strafvollzugs möglich ist; desgleichen zu der im Zeitpunkt des angefochtenen Urteils knapp einjährigen Tochter. Er kann sich somit auf Art. 8 Ziff. 1 EMRK berufen; ist diese Garantie verletzt, erübrigt sich eine Prüfung der freizügigkeitsrechtlichen Schranken des Widerrufs.
5.3. Gemäss Art. 8 Ziff. 2 EMRK ist ein Eingriff in das durch Ziff. 1 geschützte Rechtsgut statthaft, soweit er gesetzlich vorgesehen und in einer demokratischen Gesellschaft für die nationale oder öffentliche Sicherheit, für das wirtschaftliche Wohl des Landes, zur Aufrechterhaltung der Ordnung, zur Verhütung von Straftaten, zum Schutz der Gesundheit oder der Moral oder zum Schutz der Rechte und Freiheiten anderer notwendig ist.
5.3.1. Vorliegend hat die Vorinstanz in Anbetracht der Schwere der verübten Taten (wobei der Mord und der Raub im Vordergrund stehen) die Verhältnismässigkeit der Massnahme im Sinn von Art. 96 Abs. 1 AuG und Art. 8 Ziff. 1 EMRK zu Recht bejaht. Der Eheschluss und die Familiengründung erfolgten erst im Februar 2012, also neun Jahre und fünf Monate nach der Begehung der Straftaten. Die Ehefrau wusste nicht nur um die Verurteilung des Beschwerdeführers, sondern auch um den Widerruf der Niederlassungsbewilligung. Sie musste deshalb damit rechnen, die Ehe nicht in der Schweiz leben zu können. Im Zeitpunkt des angefochtenen Urteils hatte die Ehe erst ein knappes Jahr gedauert, so dass nicht von einer lebensprägenden Ehedauer gesprochen werden kann. Die Rüge des Beschwerdeführers, es liege kein Anwendungsfall der "Reneja-Praxis" (vgl. BGE 135 II 377 E. 4.4 S. 382 mit Hinweisen) vor, läuft ins Leere, nachdem die Vorinstanz diese Frage explizit offengelassen hat. Ausschlaggebend ist hier, dass der Ehe aufgrund der kurzen Dauer im Vergleich zum Verschulden des Beschwerdeführers in der Interessenabwägung geringes Gewicht zukommt.
5.3.2. Was die am 29. Februar 2012 geborene Tochter betrifft, hält die Vorinstanz zutreffend fest, dass infolge des Strafvollzugs ein konstantes Zusammenleben mit ihr nie stattgefunden hat. Im Zeitpunkt des angefochtenen Urteils war die Tochter elf Monate alt. Der Beschwerdeführer sieht sie am Wochenende und nimmt seine Vaterpflichten - auch in finanzieller Hinsicht - soweit als möglich wahr. Von einem Familienleben im eigentlichen Sinn kann aber dennoch nicht gesprochen werden. Eine räumliche Trennung von dem Kind, mit dem der Beschwerdeführer nie zusammengelebt hat, würde daher keinen ungerechtfertigten Einschnitt in die Beziehung bewirken. Der Kontakt kann von Spanien aus mittels Telefonaten und Besuchen, mit fortschreitendem Alter des Kindes auch mit Hilfe von elektronischen Medien gepflegt werden. Das Interesse des Beschwerdeführers an einem Verbleib bei seiner Tochter in der Schweiz ist zu gering, um das öffentliche Interesse an seiner Fernhaltung aufzuwiegen.
5.4. Unter dem Blickwinkel von Art. 96 Abs. 1 AuG und Art. 8 EMRK erweist sich der Widerruf der Niederlassungsbewilligung demnach als verhältnismässig.
 
6.
6.1. Gemäss Art. 5 Abs. 1 Anhang I FZA dürfen die vom Freizügigkeitsabkommen gewährten Rechtsansprüche nur durch Massnahmen, die aus Gründen der öffentlichen Ordnung, Sicherheit und Gesundheit gerechtfertigt sind, eingeschränkt werden (vgl. auch BGE 130 II 176 E. 3.1 S. 179 f. mit Hinweisen). Weitere Präzisierungen finden sich vor allem in der Richtlinie 64/221/EWG des Rates vom 25. Februar 1964 zur Koordinierung der Sondervorschriften für die Einreise und den Aufenthalt von Ausländern, soweit sie aus Gründen der öffentlichen Ordnung, Sicherheit oder Gesundheit gerechtfertigt sind, ABl. 56 vom 4. April 1964 S. 850 (nachfolgend: Richtlinie 64/221/EWG); auf diese wird in Art. 5 Abs. 2 Anhang I FZA Bezug genommen.
6.2. Nach der an die Praxis des Gerichtshofs der Europäischen Union (EuGH) angeglichenen Rechtsprechung des Bundesgerichts setzen Entfernungs- oder Fernhaltemassnahmen eine hinreichend schwere und gegenwärtige Gefährdung der öffentlichen Ordnung durch die betreffende ausländische Person voraus. Eine strafrechtliche Verurteilung darf dabei nur insofern zum Anlass für eine derartige Massnahme genommen werden, als die ihr zugrunde liegenden Umstände ein persönliches Verhalten erkennen lassen, das eine gegenwärtige Gefährdung der öffentlichen Ordnung darstellt. Art. 5 Anhang I FZA steht somit Massnahmen entgegen, die (allein) aus generalpräventiven Gründen verfügt werden (vgl. BGE 130 II 176 E. 3.4 S. 182 ff.; 129 II 215 E. 7 S. 221 ff., je mit Hinweisen). Während die Prognose über das künftige Wohlverhalten im Rahmen der Interessenabwägung nach rein nationalem Ausländerrecht zwar mitzuberücksichtigen, aber nicht ausschlaggebend ist, kommt es bei Art. 5 Anhang I FZA wesentlich auf das Rückfallrisiko an (BGE 130 II 176 E. 4.2 S. 185 mit Hinweisen; Zünd/Arquint, Beendigung der Anwesenheit, Entfernung und Fernhaltung, in: Uebersax und andere [Hrsg.], Ausländerrecht, 2. Aufl. 2009, Rz. 8.40). Zu verlangen ist eine nach Art und Ausmass der möglichen Rechtsgüterverletzung zu differenzierende hinreichende Wahrscheinlichkeit, dass die ausländische Person künftig die öffentliche Sicherheit und Ordnung stören wird. Je schwerer die möglichen Rechtsgüterverletzungen sind, desto niedriger sind die Anforderungen an die in Kauf zu nehmende Rückfallgefahr (BGE 136 II 5 E. 4.2 S. 20 mit Hinweisen).
6.3. Der Beschwerdeführer hat im Alter von knapp 19 Jahren einen Mord an einer Frau begangen. Die Vorinstanz hebt hervor, dass er damit in ausserordentlich schwerer und besonders verwerflicher Art gegen die Rechtsordnung verstossen hat. Er habe aus primitiv egoistischen Motiven gehandelt und zugleich das höchste aller Rechtsgüter verletzt. Die Möglichkeit einer erneuten Straffälligkeit im einschlägigen Bereich werde zwar von den Fachpersonen nicht als besonders gross bezeichnet, jedoch auch nicht ausgeschlossen. Aus seinem nachweislich positiven Verhalten im Strafvollzug lasse sich nicht auf ein künftiges Wohlverhalten schliessen, weil er seit zehn Jahren unter einem strengen Regime und nunmehr auch unter dem Druck des ausländerrechtlichen Verfahrens stehe. Die diagnostizierte Drogenabhängigkeit (welche ihn unter anderem zu den Verbrechen veranlasst hatte) lasse eine erneute Straffälligkeit nicht unrealistisch erscheinen und habe nach Meinung aller beteiligten Psychologen und Psychiater einen entscheidenden Einfluss auf die Legalprognose.
6.4. Diese Einschätzung ist nicht zu beanstanden. Der Beschwerdeführer weist zwar zu Recht darauf hin, dass im Rahmen von Art. 5 Abs. 1 Anhang I FZA kein vollständiger Ausschluss der Rückfallgefahr verlangt werden kann (vgl. BGE 130 II 176 E. 4.3.1 S. 185 f.). Es gibt jedoch Delikte, die allein aufgrund ihrer Schwere und durch die Art und Weise ihrer Begehung eine spätere Rückfallgefahr - auch für weniger schwere Straftaten - möglich erscheinen lassen. Der Mord als schwerste Straftat gegen Leib und Leben gehört zum Kreis dieser Delikte. Der Gerichtshof der Europäischen Gemeinschaften (EuGH) hat in Auslegung von Art. 3 Abs. 2 der Richtlinie 64/221/EWG entschieden, dass frühere strafrechtliche Verurteilungen nur insoweit berücksichtigt werden dürfen, als die ihnen zugrunde liegenden Umstände ein persönliches Verhalten erkennen lassen, das eine gegenwärtige Gefährdung der öffentlichen Ordnung darstellt (Urteil des EuGH vom 27. Oktober 1977 30/77 Regina gegen Bouchereau, Slg. 1977 S. 1999 Randnr. 27-30). Demgemäss kann allein das vergangene Verhalten den Tatbestand der gegenwärtigen Gefährdung erfüllen (BGE 130 II 176 E. 4.3.1 S. 185 f.).
6.5. Dass der Beschwerdeführer sich im Arbeitsexternat unter realitätsnahen Bedingungen bewährt und seine Einsatzbereitschaft, seinen Leistungswillen und seine Sozialkompetenz unter Beweis gestellt hat, wie er vorbringt, trifft nur bedingt zu. Wie die Vorinstanz zu Recht erwähnt, lebt der Beschwerdeführer im (wenn auch offenen) Strafvollzug unter ständiger Kontrolle und steht zudem unter dem Druck des ausländerrechtlichen Widerrufsverfahrens. Es wird nicht in Abrede gestellt, dass der Beschwerdeführer Reifungsschritte vollzogen und sich im Arbeitsalltag bewährt hat. Diese Entwicklung geschah jedoch in ständiger Begleitung durch Fachpersonal, weshalb daraus keine Schlüsse für das Verhalten nach der Entlassung gezogen werden können. Eine aus der Sicht des Massnahmevollzugs positive Entwicklung oder ein klagloses Verhalten im Strafvollzug schliessen eine Rückfallgefahr und eine fremdenpolizeiliche Ausweisung nicht aus (BGE 137 II 233 E. 5.2.2 S. 236 f.). Im Übrigen wird ein makelloses Verhalten im Strafvollzug rechtsprechungsgemäss erwartet (BGE 139 II 121 E. 5.5.2). Die Vorinstanz betont zu Recht, dass die beruflichen, familiären, gesundheitlichen und vor allem finanziellen Herausforderungen, denen der Beschwerdeführer ausserhalb des Strafvollzugs begegnen wird, nicht zu unterschätzen sind und seine Legalprognose in Anbetracht seiner Reaktion auf schwierige Situationen in der Vergangenheit beeinträchtigen. Unter diesen Umständen ist nicht zu beanstanden, dass sie ein Rückfallrisiko bejaht hat.
6.6. Der Beschwerdeführer kann in der vorliegenden Konstellation auch nichts aus der Tatsache ableiten, dass die von ihm begangenen Straftaten im Zeitpunkt des angefochtenen Urteils mehr als zehn Jahre zurücklagen. Er hat diese Jahre nicht in Freiheit, sondern im Strafvollzug verbracht. Rechtsprechungsgemäss kann die seit der letzten strafrechtlichen Verurteilung verstrichene Zeit nicht zu Gunsten der ausländischen Person berücksichtigt werden, weil dadurch Personen, welche zu langen Strafen verurteilt worden sind, besser behandelt würden als Personen, welche kürzere Strafen zu verbüssen haben (Urteil 2C_238/2012 vom 30. Juli 2012 E. 3.3.2).
6.7. Aus den genannten Gründen ist eine aktuelle, hinreichend schwere Gefährdung der öffentlichen Ordnung, Sicherheit und Gesundheit zu bejahen.
6.8. Die vorstehenden Erwägungen führen zum Ergebnis, dass der Widerruf der Niederlassungsbewilligung mit Art. 5 Abs. 1 Anhang I FZA vereinbar ist. Nachdem die Vorinstanz ein relevantes Rückfallrisiko willkürfrei bejaht hat, bleibt für eine erneute Prüfung der Angelegenheit kein Raum.
 
7.
7.1. Bei diesem Ausgang des Verfahrens wird der unterliegende Beschwerdeführer gemäss Art. 66 Abs. 1 BGG grundsätzlich kostenpflichtig; er hat indessen um Gewährung der unentgeltlichen Rechtspflege ersucht.
7.2. Gemäss Art. 68 Abs. 2 und 3 BGG ist keine Parteientschädigung zuzusprechen.
 
Demnach erkennt das Bundesgericht:
1. Die Beschwerde wird abgewiesen, soweit darauf einzutreten ist.
2. Das Gesuch um unentgeltliche Rechtspflege wird abgewiesen. Die Gerichtskosten von Fr. 2'000.-- werden dem Beschwerdeführer auferlegt.
3. Dieses Urteil wird den Verfahrensbeteiligten, dem Verwaltungsgericht des Kantons Luzern, Verwaltungsrechtliche Abteilung, und dem Bundesamt für Migration schriftlich mitgeteilt.
Lausanne, 19. August 2013
Im Namen der II. öffentlich-rechtlichen Abteilung
des Schweizerischen Bundesgerichts
Der Präsident: Zünd
Die Gerichtsschreiberin: Genner