BGer 4A_249/2013 |
BGer 4A_249/2013 vom 19.08.2013 |
{T 0/2}
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4A_249/2013
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Urteil vom 19. August 2013 |
I. zivilrechtliche Abteilung |
Besetzung
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Bundesrichterin Klett, Präsidentin,
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Bundesrichter Kolly, Bundesrichterin Niquille,
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Gerichtsschreiberin Reitze.
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Verfahrensbeteiligte |
X.________,
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vertreten durch Rechtsanwalt Dr. Andrea Cantieni,
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Beschwerdeführerin,
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Z.________ AG,
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vertreten durch Rechtsanwalt Thomas Casanova,
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Beschwerdegegnerin.
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Gegenstand
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Arbeitsvertrag; Haftung,
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Beschwerde gegen das Urteil des Kantonsgerichts von Graubünden, II. Zivilkammer, vom 8. April 2013.
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Sachverhalt: |
A. |
A.a. X.________ (Arbeitnehmerin, Klägerin, Beschwerdeführerin) arbeitete seit dem 1. Juli 2000 als Operatorin bei der Y.________ AG. Im Jahr 2008 verlagerte die Y.________ AG ihre Produktion ins Ausland, weshalb sie der Arbeitnehmerin auf den 31. August 2008 kündigte, ihr jedoch noch bis zum 31. Dezember 2008 Arbeit zusicherte. Die Arbeitnehmerin wurde in der Folge von der Z.________ AG (Beklagte, Beschwerdegegnerin) per 8. Oktober 2008 als Reinigungshilfe eingesetzt. Ihr Auftrag bestand darin, die Fenster im Erdgeschoss zu reinigen, wofür sie mit den notwendigen Putzutensilien und entsprechender Schutzausrüstung versorgt wurde.
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A.b. Am 13. Oktober 2008 stürzte die Arbeitnehmerin, als sie die Fenster der Nordfassade reinigen wollte, rund vier Meter in die Tiefe. Um die besagten Fenster zu erreichen, musste die Arbeitnehmerin ein ca. 1.10 Meter hohes Geländer mit Handlauf, Knie- und Fussleiste übersteigen bzw. hinter diesem durchgehen. Zwischen diesem Geländer und den Fenstern befindet sich eine nicht tragfähige Brandabschottung und unmittelbar vor den Fenstern verläuft ein in blauer Farbe gehaltenes Metallkreuz, dessen untere Längsverstrebung aus einem Vierkantrohr besteht. Die Arbeitnehmerin durchbrach die Brandabschottung und stürzte auf den rund vier Meter tieferen Betonboden des sich darunter befindlichen Elektroraumes.
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A.c. Als Folge dieses Unfalles erlitt die Arbeitnehmerin ein Polytrauma und musste während längerer Dauer hospitalisiert werden. Am 21. August 2009 wurde die Diagnose einer posttraumatischen Belastungsstörung gestellt. Nach einem weiteren stationären Aufenthalt in einer Klinik, erlitt die Arbeitnehmerin am 7. Juli 2010 einen Herzinfarkt. Seit dem Unfallgeschehen war die Arbeitnehmerin nie mehr arbeitstätig.
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B. |
B.a. Mit Vereinbarung und Erklärung vom 30. Dezember 2010 übernahm die Z.________ AG sämtliche allfällig bestehenden Verpflichtungen der Y.________ AG in Liquidation gegenüber der Arbeitnehmerin.
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In der Folge beantragte die Arbeitnehmerin dem Bezirksgericht Imboden mit Klage vom 6. Januar 2011, die Z.________ AG sei zu verpflichten, ihr eine Entschädigung von Fr. 50'000.-- zuzüglich Zins zu bezahlen.
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Der Bezirksgerichtspräsident hiess mit Beweisverfügung vom 4. März 2011 den prozessualen Antrag der Parteien gut und beschränkte das Verfahren vorerst auf die Teilfrage der vertraglichen und/oder ausservertraglichen Haftung. Mit Entscheid vom 13. September 2011 wies das Bezirksgericht Imboden die Klage ab. Es erwog, dass weder eine Verletzung der arbeitsrechtlichen Fürsorgepflichten seitens der Beklagten vorliege noch ein Werkmangel erkennbar sei, womit die Beklagte weder eine vertragliche noch eine ausservertragliche Haftung treffe.
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B.b. Mit Urteil vom 8. April 2013 wies das Kantonsgericht von Graubünden eine von der Klägerin gegen den Entscheid des Bezirksgerichts Imboden vom 13. September 2011 erhobene Berufung ab. Die Klägerin berief sich im Berufungsverfahren nur noch auf die vertragliche Haftung der Verletzung der Fürsorge- und Schutzpflichten, welche jedoch vom Kantonsgericht ebenfalls verneint wurde.
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C. |
Mit Beschwerde in Zivilsachen beantragt die Klägerin dem Bundesgericht, das Urteil des Kantonsgerichts von Graubünden vom 8. April 2013 sei aufzuheben und die Angelegenheit sei an das Bezirksgericht Imboden zurückzuweisen, um über die Schadenersatzforderung zu entscheiden. Eventualiter sei die Sache an die Vorinstanz zur Durchführung des Augenscheins und Neubeurteilung zurückzuweisen. Die Beklagte sei ferner zu verpflichten, sie für die Verfahren vor dem Bezirksgericht Imboden mit Fr. 20'627.80 und vor dem Kantonsgericht von Graubünden mit Fr. 8'142.80 ausseramtlich zu entschädigen. Schliesslich seien das Bezirksgericht Imboden und das Kantonsgericht von Graubünden zu verpflichten, die amtlichen Kosten des erstinstanzlichen Verfahrens von Fr. 8'000.-- bzw. des zweitinstanzlichen Verfahrens von Fr. 6'000.-- der Beklagten aufzuerlegen.
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Die Beklagte beantragt die Beschwerde sei abzuweisen. Die Vorinstanz schliesst unter Hinweis auf die Erwägungen im angefochtenen Urteil ebenfalls auf Abweisung der Beschwerde, soweit darauf einzutreten sei.
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Erwägungen: |
1. |
Das Bundesgericht prüft von Amtes wegen und mit freier Kognition, ob ein Rechtsmittel zulässig ist (Art. 29 Abs. 1 BGG; BGE 137 III 417 E. 1 S. 417 mit Hinweisen).
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1.1. Der angefochtene Entscheid des Kantonsgerichts von Graubünden ist ein verfahrensabschliessender Endentscheid (Art. 90 BGG) einer letzten kantonalen Instanz (Art. 75 Abs. 1 BGG). Der Streitwert beträgt Fr. 50'000.-- womit die Beschwerde in Zivilsachen in vermögensrechtlichen Angelegenheiten zulässig ist (Art. 74 Abs. 1 BGG).
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1.2. Die Beschwerdeschrift hat ein Rechtsbegehren zu enthalten (Art. 42 Abs. 1 BGG). Da die Beschwerde in Zivilsachen ein reformatorisches Rechtsmittel ist (Art. 107 Abs. 2 BGG), darf sich die Beschwerdeführerin in der Regel nicht darauf beschränken, die Aufhebung des angefochtenen Entscheids zu beantragen, sondern muss einen Antrag in der Sache stellen. Die Beschwerdeführerin muss demnach angeben, welche Punkte des Entscheides angefochten und welche Abänderungen beantragt werden. Grundsätzlich ist ein materieller Antrag erforderlich; Anträge auf Rückweisung der Sache an die Vorinstanz zu neuer Entscheidung oder blosse Aufhebungsanträge genügen in der Regel nicht und machen die Beschwerde unzulässig (BGE 133 III 489 E. 3.1 S. 489 f.). Ein blosser Rückweisungsantrag reicht ausnahmsweise aus, wenn das Bundesgericht im Falle der Gutheissung in der Sache nicht selbst entscheiden könnte, weil die erforderlichen Sachverhaltsfeststellungen der Vorinstanz fehlen (BGE 133 III 489 E. 3.1 S. 490).
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Die Rechtsbegehren der Beschwerdeführerin enthalten keinen materiellen Antrag. Sie beantragt, "das Urteil des Kantonsgerichts von Graubünden vom 8. April 2013 sei aufzuheben. Die Angelegenheit sei an das Bezirksgericht Imboden zurückzuweisen, um im Sinne der Erwägungen über die Schadenersatzforderung zu entscheiden. Eventualiter sei die Sache an die Vorinstanz zur Durchführung des Augenscheins und Neubeurteilung zurückzuweisen". Die Beschwerdeführerin weist in ihrer Beschwerdeschrift jedoch richtigerweise darauf hin, dass das Verfahren vor den kantonalen Instanzen sich bisher nur auf die Frage der Haftung der Beschwerdegegnerin beschränkt habe. Zum Schadenquantitativ seien deshalb noch keine Beweise abgenommen worden, weshalb die Rückweisung an das Bezirksgericht beantragt werde, welches über die Höhe und Bemessung des Schadenersatzes zu entscheiden habe.
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Der Rückweisungsantrag kann unter diesen Voraussetzungen als genügend angesehen werden, zumal es nicht Sache des Bundesgerichts wäre, als erste Instanz über die Höhe des Schadenersatzes zu entscheiden. Das Bundesgericht könnte mithin, sollte es die Rechtsauffassung der Beschwerdeführerin für begründet erachten, kein Sachurteil fällen, sondern müsste die Streitsache zur weiteren Abklärung des Sachverhalts an die Vorinstanz zurückweisen (BGE 133 III 489 E. 3.1 S. 489 f. mit Hinweisen).
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1.3. Da auch die übrigen Sachurteilsvoraussetzungen erfüllt sind, ist auf die Beschwerde - unter Vorbehalt einer rechtsgenüglichen Begründung (Art. 42 Abs. 2 und Art. 106 Abs. 2 BGG) - einzutreten.
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2. |
2.1. Das Bundesgericht legt seinem Urteil den von der Vorinstanz festgestellten Sachverhalt zugrunde (Art. 105 Abs. 1 BGG). Von diesen tatsächlichen Feststellungen kann es nur dann abweichen, wenn sie offensichtlich unrichtig sind oder auf einer Rechtsverletzung im Sinne von Art. 95 BGG beruhen (Art. 105 Abs. 2 BGG) und wenn die Behebung des Mangels für den Ausgang des Verfahrens entscheidend sein kann (Art. 97 Abs. 1 BGG). Offensichtlich unrichtig bedeutet dabei willkürlich (BGE 137 I 58 E. 4.1.2 S. 62; 136 II 304 E. 2.4 S. 313 f.; je mit Hinweisen). In der Beschwerde ist entsprechend den Anforderungen von Art. 106 Abs. 2 BGG zu begründen, inwiefern der von der Vorinstanz festgestellte Sachverhalt einen Mangel im Sinne von Art. 105 Abs. 2 BGG aufweisen soll (BGE 133 II 249 E. 1.4.3 S. 254 f.).
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2.2. Mit Beschwerde in Zivilsachen können Rechtsverletzungen gemäss Art. 95 und 96 BGG gerügt werden. Gemäss Art. 42 Abs. 1 BGG hat die Rechtsschrift die Begehren und deren Begründung zu enthalten; im Rahmen der Begründung ist in gedrängter Form darzulegen, inwiefern der angefochtene Akt Recht verletzt (Art. 42 Abs. 2 BGG), andernfalls wird darauf nicht eingetreten. Unerlässlich ist im Hinblick auf Art. 42 Abs. 2 BGG, dass die Beschwerde auf die Begründung des angefochtenen Entscheids eingeht und im Einzelnen aufzeigt, worin eine Verletzung von Bundesrecht liegt. Die Beschwerdeführerin soll in der Beschwerdeschrift nicht bloss die Rechtsstandpunkte, die sie im kantonalen Verfahren eingenommen hat, erneut bekräftigen, sondern mit ihrer Kritik an den als rechtsfehlerhaft erachteten Erwägungen der Vorinstanz ansetzen (vgl. BGE 134 II 244 E. 2.1 S. 245 f.).
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2.3. Hinsichtlich der Verletzung von Grundrechten gilt der in Art. 106 Abs. 1 BGG verankerte Grundsatz der Rechtsanwendung von Amtes wegen nicht; insofern besteht eine qualifizierte Rügepflicht (Art. 106 Abs. 2 BGG; BGE 136 I 49 E. 1.4.1 S. 53; 65 E. 1.3.1 S. 68 mit Hinweisen). Es obliegt der Beschwerdeführerin namentlich darzulegen, inwiefern der angefochtene Entscheid gegen die gerügten Grundrechte verstossen soll. Das Bundesgericht prüft nur klar und detailliert erhobene und, soweit möglich, belegte Rügen. Auf rein appellatorische Kritik am angefochtenen Entscheid tritt das Bundesgericht nicht ein (BGE 134 V 138 E. 2.1 S. 143; 133 II 396 E. 3.1 S. 399).
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2.4. Diese Grundsätze verkennt die Beschwerdeführerin.
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Ihre wiederholten Ausführungen erschöpfen sich weitgehend in appellatorischer Kritik am angefochtenen Entscheid. Sie setzt sich zu grossen Teilen nicht oder nicht hinreichend mit dem angefochtenen Entscheid auseinander, sondern begnügt sich damit, die Dinge aus ihrer Sicht darzulegen. Solchermassen erweitert sie den Sachverhalt in beliebigem Ausmass und weicht von den tatsächlichen Feststellungen der Vorinstanz ab, ohne rechtsgenügliche Sachverhaltsrügen zu erheben. Soweit sich die Beschwerdeführerin für die Begründung ihrer teils unklaren Rügen auf ihre eigene Darstellung des Sachverhalts beruft, ist sie nicht zu hören.
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So beantragt die Beschwerdeführerin in ihrer Beschwerde, die Kosten der beiden kantonalen Verfahren von insgesamt Fr. 14'000.-- der Beschwerdegegnerin aufzuerlegen sowie die Beschwerdegegnerin zu verpflichten, ihr eine ausseramtliche Entschädigung von insgesamt Fr. 28'770.60 auszurichten. Die Beschwerdeführerin führt jedoch in ihrer Beschwerdeschrift keineswegs aus, ob sie mit ihren Anträgen verlangen wollte, dass die Gerichts- und Parteikosten der kantonalen Verfahren auch bei Abweisung der Beschwerde anders zu verlegen seien. Damit genügt die Eingabe der Beschwerdeführerin den Begründungsanforderungen offensichtlich nicht (Art. 42 BGG), weshalb auf diese Anträge nicht einzutreten ist.
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Schliesslich verkennt die Beschwerdeführerin auch, dass hinsichtlich der Verletzung von Grundrechten eine qualifizierte Rügepflicht gilt. Sie macht in ihrer Beschwerdeschrift geltend, die Vorinstanz habe ihr rechtliches Gehör verletzt (Art. 29 Abs. 2 BV), da sie ihrer Begründungspflicht nicht nachgekommen sei. Sie habe nicht begründet, weshalb der Reinigungsauftrag der in einem nicht auflösbaren Widerspruch zu "den anderen von der Vorinstanz festgestellten Instruktionen" gestanden habe, keine Verletzung der Fürsorge- und Schutzpflichten der Beschwerdegegnerin begründet habe. Die Beschwerdeführerin verkennt jedoch, dass es dem Gericht erlaubt ist, sich auf die für den Entscheid wesentlichen Punkte zu beschränken und dass es sich nicht mit allen Parteistandpunkten einlässlich auseinandersetzen und jedes einzelne Vorbringen ausdrücklich widerlegen muss. Die Begründung des Entscheids muss demnach so abgefasst sein, dass sich der Betroffene über die Tragweite des Entscheids Rechenschaft geben und ihn in voller Kenntnis der Sache an die höhere Instanz weiterziehen kann (vgl. BGE 134 I 83 E. 4.1 S. 88; 133 III 439 E. 3.3 S. 445; je mit Hinweisen). Die Beschwerdeführerin unterlässt es darzulegen, inwiefern ihr diese (angeblich ungenügende) Begründung der Vorinstanz eine sachgerechte Anfechtung des Entscheides verunmöglicht hätte. Damit genügt sie dem strengen Rügeprinzip gemäss Art. 106 Abs. 2 BGG offensichtlich nicht. Eine Verletzung von Art. 29 Abs. 2 BV ist nicht dargetan, soweit überhaupt auf die Rüge eingetreten werden kann.
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3. |
Die Beschwerdeführerin rügt eine unrichtige Feststellung des Sachverhaltes, eine willkürliche Beweiswürdigung und eine Verletzung von Art. 8 ZGB.
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Sie macht im Wesentlichen geltend, die Vorinstanz habe den Inhalt des Auftrages der Beschwerdegegnerin an die Beschwerdeführerin nicht richtig festgestellt. Der Auftrag habe darin bestanden, die Fenster von der Süd- über die West- zur Nordfassade hin zu reinigen; somit sei die Beschwerdeführerin auch beauftragt worden, die gefährliche Nordfassade zu reinigen, ohne dass sie jedoch mit dem entsprechenden Reinigungswerkzeug und einer genügenden Absturzsicherung ausgestattet worden sei. Die Instruktion der Beschwerdegegnerin sei widersprüchlich gewesen, weshalb sich die Beschwerdeführerin in den Gefahrenbereich begeben habe. Die Vorinstanz habe es unterlassen, sich mit dem Widerspruch der Beschwerdegegnerin in ihrer Instruktion, keine nicht leicht zugänglichen und mit Metallverstrebungen versehenen Fenster zu reinigen, und mit dem Auftrag, die Fenster an der Nordfassade zu reinigen, welche alle hinter einem Geländer liegen würden, auseinanderzusetzen und habe die Beweise einseitig zugunsten der Beschwerdegegnerin gewürdigt.
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3.1. Zwischen den Parteien ist das Vorliegen eines Schadens unbestritten, weshalb die Vorinstanz das Verfahren auf die Frage der Verletzung einer Fürsorge- und Schutzpflicht beschränkt hat. Dabei hat sie festgestellt, dass die gegenüber der Beschwerdeführerin getätigten Anweisungen hinsichtlich der Reinigung der Fenster klar und unmissverständlich gewesen seien; die Beschwerdeführerin sei ausdrücklich dahin gehend instruiert worden, keine Fenster mit Querverstrebungen zu reinigen, nirgendwo hinaufzusteigen und ganz allgemein lediglich diejenigen Fenster zu reinigen, die leicht zugänglich seien. Die Beschwerdeführerin habe den ihr erteilten Auftrag richtig verstanden, was nicht zuletzt dem Umstand zu entnehmen sei, dass sie bis zum Unfall diejenigen Fenster mit davor befindlichen Metallverstrebungen von den Reinigungsarbeiten ausgenommen habe.
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Es sei demnach festzuhalten, dass die Beschwerdeführerin am Unfalltag weisungswidrig ein Geländer überstiegen bzw. hinter diesem durchgegangen sei und sich damit in den Gefahrenbereich begeben habe. Die Beschwerdeführerin habe dies deshalb getan, um ein Fenster mit einer sich davor befindlichen Metallverstrebung zu reinigen, welches gemäss Instruktion - gerade wegen der ungenügenden Zugänglichkeit und der sich daraus ergebenen Gefahrensituation - explizit von der Reinigung ausgeschlossen gewesen sei. Für die Beschwerdegegnerin sei nicht vorhersehbar gewesen, dass die Beschwerdeführerin ohne ersichtlichen Grund von ihrer anfänglichen Arbeitsweise abweichen und sich über die entsprechenden Weisungen hinwegsetzen würde. Die Beschwerdegegnerin habe demnach keine Fürsorge- und Schutzpflichten verletzt.
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3.2. Die Beschwerdeführerin bestreitet nicht, dass die Instruktionen der Beschwerdegegnerin unter anderem dahin gehend gelautet haben, keine Fenster mit Querverstrebungen und keine Fenster, die nicht leicht zugänglich sind zu reinigen; aus dem angefochtenen Urteil geht denn auch hervor, dass die Beschwerdeführerin in ihrer Berufungsschrift ausdrücklich anerkannt hat, dass sie jene Fensterscheiben, welche sich hinter Metallkreuzen der Gebäudetragekonstruktion befanden, auslassen konnte. Damit ist unbestritten, dass Fenster mit Querverstrebungen bzw. solche die nicht leicht zugänglich waren, vom Reinigungsauftrag ausgenommen waren.
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Soweit die Beschwerdeführerin nun versucht, zwischen dem ihr erteilten Auftrag, die Fenster der Süd- zur Nordfassade hin zu reinigen und der ihr erteilten Instruktion, die nicht leicht zugänglichen Fenster sowie diejenigen mit Querverstrebungen auszulassen, einen Widerspruch herbeizuführen, kann sie nicht gehört werden. Zwar ist ihr beizupflichten, dass die Vorinstanz den Ablauf bzw. die Reihenfolge der ihr beauftragten Reinigungsarbeiten im Erdgeschoss von der Süd- über die West- zur Nordfassade hin, nicht festgestellt hat. Ebenso wenig hat die Vorinstanz festgestellt, wie viele Fenster insgesamt und an welcher Fassade, mit Querverstrebungen oder anderen Abschrankungen versehen waren. Entgegen den Vorbringen der Beschwerdeführerin vermag dies jedoch am Ausgang des Verfahrens nichts zu ändern. Die der Beschwerdeführerin erteilte Instruktion war, wie die Vorinstanz unter Würdigung der Beweise willkürfrei festgestellt hat, klar und unmissverständlich, womit es nicht von Belang ist, an welcher Fassade sich die vom Reinigungsauftrag nicht erfassten Fenster befanden und in welcher Reihenfolge die Reinigung zu erfolgen hatte. Denn wie die Beschwerdeführerin selber vorbringt, gab es nicht nur an der Nordfassade, sondern auch an der Süd- und Westfassade solche schwer zugänglichen Fenster, welche sie gemäss den tatsächlichen Feststellungen der Vorinstanz weisungsgemäss ausgelassen hat. Damit kann der Beschwerdegegnerin auch nicht angelastet werden, die Beschwerdeführerin nicht mit dem entsprechenden Reinigungswerkzeug und einer genügenden Absturzsicherung ausgerüstet zu haben, da solche Fenster, die allenfalls eine weitere Ausrüstung erfordert hätten, nicht vom Reinigungsauftrag erfasst waren, ungeachtet dessen, an welcher Hausfassade sie sich befanden.
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Damit vermag die Beschwerdeführerin auch keine Verletzung von Art. 8 ZGB aufzuzeigen, indem sie vorbringt, der Vorinstanz form- und fristgerecht einen Antrag auf Durchführung eines gerichtlichen Augenscheins gestellt zu haben. Die Beschwerdeführerin bringt vor, dass ein gerichtlicher Augenschein dazu verholfen hätte, festzustellen, dass sich sämtliche an der Nordseite befindlichen Fenster hinter einer Abschrankung befinden würden, dass die ihr zur Verfügung gestellten Reinigungsutensilien ungenügend gewesen und die Ausnahme der Reinigung der Fenster mit Querverstrebungen rein aus wirtschaftlichen Gründen erfolgt wäre. Die Vorinstanz hat unter Würdigung der Beweise festgehalten, dass ein erneuter Augenschein keine neuen, entscheidrelevanten Hinweise ergeben würde, weshalb sie darauf verzichtet hat. Der Verzicht auf die Abnahme von Beweisen in antizipierter Beweiswürdigung verletzt entgegen der Ansicht der Beschwerdeführerin Art. 8 ZGB nicht.
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3.3. So vermag denn die Beschwerdeführerin auch keine Willkür in den vorinstanzlichen Feststellungen auszuweisen, indem sie vorbringt, zwischen der ihr erteilten Instruktion, sie solle auf nichts hinaufsteigen und dem zur Verfügungstellen einer Leiter zur Reinigung der Fenster einen Widerspruch zu sehen. Es kann der Beschwerdeführerin nicht gefolgt werden, wenn sie das Zurverfügungstellen einer Leiter so verstehen will, dass damit die klare und unmissverständliche Instruktion der Beschwerdegegnerin relativiert oder gar aufgehoben würde. Die Vorinstanz hat verbindlich festgestellt, dass die Beschwerdeführerin ein Geländer überstiegen hat bzw. hinter diesem durchgegangen ist und sich damit in den Gefahrenbereich begeben hat, um ein Fenster zu reinigen, welches explizit von der Reinigung ausgeschlossen war. An diesem Beweisergebnis vermag die Beschwerdeführerin mit ihrem Vorbringen nichts zu ändern.
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3.4. Der Vorinstanz kann demnach weder Willkür in ihrer Beweiswürdigung noch eine Verletzung von Art. 8 ZGB vorgeworfen werden. Sie hat ohne Verletzung von Bundesrecht erwogen, dass das Verhalten der Beschwerdeführerin - ohne ersichtlichen Grund von ihrer anfänglich weisungsgetreuer Reinigungsarbeit abzuweichen und sich über die entsprechenden Instruktionen hinwegzusetzen - für die Beschwerdegegnerin nicht vorhersehbar war. Die der Beschwerdeführerin erteilten Instruktionen waren klar und unmissverständlich, womit die Beschwerdegegnerin keine arbeitsrechtlichen Fürsorge- und Schutzpflichten verletzt hat. Damit erübrigt es sich auf die weiteren Vorbringen der Beschwerdeführerin einzugehen.
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4. |
Nach dem Gesagten erweist sich die Beschwerde als unbegründet. Sie ist abzuweisen, soweit darauf einzutreten ist. Bei diesem Verfahrensausgang wird die Beschwerdeführerin kosten- und entschädigungspflichtig (Art. 66 Abs. 1 sowie Art. 68 Abs. 2 BGG).
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Demnach erkennt das Bundesgericht: |
1. Die Beschwerde wird abgewiesen, soweit darauf einzutreten ist.
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2. Die Gerichtskosten von Fr. 2'000.-- werden der Beschwerdeführerin auferlegt.
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3. Die Beschwerdeführerin hat die Beschwerdegegnerin für das bundesgerichtliche Verfahren mit Fr. 2'500.-- zu entschädigen.
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4. Dieses Urteil wird den Parteien und dem Kantonsgericht von Graubünden, II. Zivilkammer, schriftlich mitgeteilt.
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Lausanne, 19. August 2013
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Im Namen der I. zivilrechtlichen Abteilung
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des Schweizerischen Bundesgerichts
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Die Präsidentin: Klett
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Die Gerichtsschreiberin: Reitze
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