BGer 1C_664/2012
 
BGer 1C_664/2012 vom 15.01.2014
{T 0/2}
1C_664/2012
 
Urteil vom 15. Januar 2014
 
I. öffentlich-rechtliche Abteilung
Besetzung
Bundesrichter Fonjallaz, Präsident,
Bundesrichter Aemisegger, Eusebio,
Gerichtsschreiber Dold.
 
Verfahrensbeteiligte
X.________
Beschwerdeführer,
gegen
Amt für Natur, Jagd und Fischerei,
Postfach 1183, 6431 Schwyz,
Regierungsrat des Kantons Schwyz, Bahnhofstrasse 9, 6430 Schwyz.
Gegenstand
Bekanntgabe von Personendaten der Schutzgebietsaufseher,
Beschwerde gegen den Entscheid vom 18. Oktober 2012 des Verwaltungsgerichts des Kantons Schwyz, Kammer III.
 
Sachverhalt:
 
A.
1. Die Liste der Aufsichtspersonen nach § 9c der Biotopschutzverordnung wird auf der Webseite des Kantons Schwyz nicht publiziert.
2. X.________ und dem Pilzverein Y.________ wird der Zugang zur Liste der beim Kanton angestellten Aufsichtspersonen (mit Namen, Vornamen und Wohnort) unter folgender Auflage gewährt: Die Liste darf weder publiziert noch auf andere Weise zugänglich gemacht werden.
3. Die Liste wird den Gesuchstellern innert 10 Tagen nach Rechtskraft dieser Verfügung abgegeben.
4. Behandlungsgebühr: Fr. 200.-- (je hälftig den zwei Gesuchstellern verrechnet).
X.________ und der Pilzverein fochten diese Verfügung beim Regierungsrat an und verlangten die Aufhebung der Dispositiv-Ziffern 1, 3 und 4 sowie der Auflage in Dispositiv-Ziffer 2. Der Regierungsrat wies die Beschwerde am 19. Juni 2012 ab.
Die auf der Liste enthaltenen Daten über den Wohnort der Aufsichtspersonen dürfen nicht an Dritte weitergegeben werden.
Das Verwaltungsgericht änderte auch die Kostenregelung für das bisherige Verfahren. Zudem auferlegte es X.________ vier Fünftel der Kosten des verwaltungsgerichtlichen Beschwerdeverfahrens.
 
B.
 
Erwägungen:
 
1.
 
2.
2.1. Das Verwaltungsgericht legt im angefochtenen Entscheid dar, als amtliche Dokumente würden gemäss § 4 lit. b ÖDSG Aufzeichnungen gelten, welche die Erfüllung einer öffentlichen Aufgabe betreffen, unabhängig von der Darstellungsform oder dem Informationsträger. Der Beschwerdeführer verlange somit Einsicht in ein amtliches Dokument, wobei keine Rolle spiele, ob die betreffenden Angaben bereits auf einer separaten Liste existierten oder den jeweiligen Personalakten zu entnehmen seien.
§ 12  3. Bekanntgabe von Personendaten
1 Andern öffentlichen Organen und Privaten dürfen bekannt gegeben werden: a) Name, Vorname, Adresse und Geburtsdatum einer Person;
b) Daten, welche die betroffene Person allgemein zugänglich gemacht hat.
2 [...]
3 Systematisch geordnet dürfen Daten im Sinne von Abs. 1 und 2 nur bekannt gegeben werden, wenn sich der Empfänger der Daten ausdrücklich dazu verpflichtet, sie ausschliesslich für schützenswerte ideelle Zwecke zu verwenden und sie nicht an Dritte weiterzugeben.
4 [...]
Das Verwaltungsgericht führt weiter aus, der Anspruch auf Einsicht in die Stammdaten gelte nicht unbeschränkt, sondern sei gegen den Persönlichkeitsschutz (Art. 13 Abs. 2 BV) abzuwägen. Grundlage für diese Abwägung sei § 6 ÖDSG, der Ausnahmen zum Öffentlichkeitsprinzip nach § 5 ÖDSG definiere:
§ 6  Ausnahmen 
1 Kein Anspruch auf Zugang besteht für:
a) amtliche Dokumente von Administrativuntersuchungen und Disziplinarverfahren sowie von hängigen verwaltungsrechtlichen Einsprache- und Beschwerdeverfahren;
b) amtliche Dokumente aus internen Mitberichtsverfahren;
c) amtliche Dokumente aus nicht öffentlichen Verhandlungen. Beschlüsse sind unter Vorbehalt von Abs. 2 zugänglich.
2 Der Zugang zu amtlichen Dokumenten wird aufgeschoben, eingeschränkt oder verweigert, wenn ihm überwiegende öffentliche oder private Interessen entgegenstehen.
3 Überwiegende öffentliche Interessen können namentlich angenommen werden, wenn die Gewährung des Zugangs geeignet ist:
a) die öffentliche Sicherheit oder die zielkonforme Durchführung konkreter behördlicher Massnahmen zu beeinträchtigen;
b) die Position eines öffentlichen Organs in Vertragsverhandlungen zu erschweren;
c) die freie Meinungs- und Willensbildung eines öffentlichen Organs oder einer andern Behörde zu behindern.
4 Überwiegende private Interessen können namentlich angenommen werden, wenn die Gewährung des Zugangs:
a) zur Preisgabe von Informationen führen würde, die dem öffentlichen Organ von Dritten freiwillig und unter Zusicherung der Geheimhaltung mitgeteilt worden sind;
b) die Offenlegung von Tatsachen zur Folge hätte, die dem Berufs-, Geschäfts- oder Fabrikationsgeheimnis unterliegen oder die urheberrechtlich geschützt sind.
In Bezug auf die in Frage stehenden Schutzgebietsaufseher kommt das Verwaltungsgericht in einer Güterabwägung zum Schluss, dass höchstens insofern ein öffentliches Interesse an der Bekanntgabe von deren Namen bestehe, als dies eine Kontaktaufnahme via das zuständige Amt ermögliche und es z.B. nach einem Zusammentreffen erlaube, Funktion und Zuständigkeit der Schutzgebietsaufseher zu klären. Es könne zudem auch im Zusammenhang mit der Vorstellung der Arbeit der Schutzgebietsaufseher Sinn machen, diese beim Namen zu nennen. Dem stünden weder überwiegende persönliche Interessen entgegen, noch sei davon auszugehen, dass die Bekanntgabe der Namen die Ausübung des Amts behindern würde, weil die Schutzgebietsaufseher mit Repressalien zu rechnen hätten. Für die Angabe weiterer Personendaten (Wohnadresse, Geburtsdatum) bestehe jedoch kein überwiegendes öffentliches Interesse. Der Umgang mit den Stammdaten in Verbindung mit der beruflichen bzw. amtlichen Funktion einer Person könne Auswirkungen auf die Privatheit und Verhaltensfreiheit des Betroffenen haben, weshalb die Bekanntgabe von Daten auf für die Identifizierung im amtlichen Verkehr notwendigen Angaben zu beschränken sei. Dies entspreche im Übrigen auch der Fürsorgepflicht des Kantons als Arbeitgeber.
2.2. Der Beschwerdeführer macht geltend, er habe einen Anspruch auf Bekanntgabe der Stammdaten, zumal § 12 Abs. 1 lit. a ÖDSG keine Einschränkung vorsehe und insbesondere keinen Interessennachweis verlange. Wenn das Verwaltungsgericht behaupte, er habe nicht einfach nur Stammdaten, sondern Stammdaten von Personen im Zusammenhang mit einer bestimmten Tätigkeit verlangt, so stelle es damit nur das Offensichtliche fest, zumal Beamte immer eine bestimmte staatliche Funktion inne hätten. Es handle sich bei den verlangten Daten nicht um ein amtliches Dokument und sie seien auch nicht im Sinne von § 12 Abs. 3 ÖDSG systematisch geordnet. Als systematisch geordnete Daten seien nach der Botschaft des Regierungsrats solche zu qualifizieren, welche nach Kriterien sortiert seien. Wenn man der Argumentation des Verwaltungsgerichts folgen würde, wären bereits die Stammdaten von zwei Personen als "systematisch geordnet" zu qualifizieren. Weiter sei auch die Interessenabwägung durch das Verwaltungsgericht nicht nachvollziehbar. Zum einen sei nicht ersichtlich, welche Grundrechte tangiert sein könnten. Zum andern stelle es in Missachtung von § 6 ÖDSG fest, dass an der Bekanntgabe von Wohnadresse und Geburtsdatum kein überwiegendes öffentliches Interesse bestehe. Nach § 6 ÖDSG sei indessen kein überwiegendes Interesse für die Bekanntgabe notwendig. Das Verwaltungsgericht wechsle mit seinem Ansatz vom Öffentlichkeits- wieder zum Geheimhaltungsprinzip. Wer sich für ein öffentliches Amt zur Verfügung stelle, akzeptiere eine Einschränkung seiner Privatsphäre. Auch sei nicht ersichtlich, inwiefern die Fürsorgepflicht des Kantons Schwyz als Arbeitgeber der Schutzgebietsaufseher einer Bekanntgabe der verlangten Informationen entgegenstehen solle. Indem das Verwaltungsgericht ihm die Einsicht nicht im beantragten Umfang gewährt und die Auflage gemacht habe, die Daten über den Wohnort der Aufsichtspersonen dürften nicht an Dritte weitergegeben werden, habe es die genannten kantonalrechtlichen Bestimmungen willkürlich ausgelegt.
2.3. Laut § 4 lit. b ÖDSG sind amtliche Dokumente Aufzeichnungen, welche die Erfüllung einer öffentlichen Aufgabe betreffen, unabhängig von der Darstellungsform und vom Informationsträger; ausgenommen sind Aufzeichnungen, die nicht fertig gestellt oder ausschliesslich für den persönlichen Gebrauch bestimmt sind. Die Vorinstanz ist dieser Definition entsprechend davon ausgegangen, dass der Beschwerdeführer Einsicht in ein amtliches Dokument verlangt habe. Weshalb dieser abstreitet, dass es um ein solches Dokument geht, ist nicht nachvollziehbar, insbesondere, da das Öffentlichkeitsprinzip nach § 5 ÖDSG nur amtliche Dokumente zum Gegenstand hat und das Einsichtsrecht deshalb die Existenz eines amtlichen Dokuments gerade voraussetzt.
2.4. Gemäss § 15 lit. a ÖDSG dürfen Personendaten Privaten bekannt gegeben werden, wenn ein Rechtssatz dazu verpflichtet oder ermächtigt. Der Beschwerdeführer stützt seinen Antrag auf § 5 und § 12 Abs. 1 ÖDSG. Zutreffend ist, dass keine dieser beiden Bestimmungen einen Interessennachweis verlangt. Zudem sieht § 7 Abs. 2 ÖDSG ausdrücklich vor, dass das Gesuch um Einsicht nicht begründet werden muss. Entgegen der Ansicht des Beschwerdeführers bedeutet dies allein indessen nicht, dass der Anspruch auf Einsicht absolut ist und ihm entgegenstehende private oder öffentliche Interessen nicht berücksichtigt werden dürften. Der Regierungsrat des Kantons Schwyz hielt in seiner Botschaft zum Gesetz denn auch relativierend fest, auch nach Einführung des Öffentlichkeitsprinzips seien nicht alle Informationen und Akten öffentlich, die Geheimhaltung müsse aber im Einzelfall mit überwiegenden öffentlichen oder privaten Interessen begründet werden können (Beschluss des Regierungsrats Nr. 104/2007 vom 23. Januar 2007 zum Gesetz über die Öffentlichkeit der Verwaltung und den Datenschutz, S. 1).
2.5. Die Schutzgebietsaufseher haben nach § 9c der Verordnung des Kantons Schwyz vom 24. September 1992 über den Biotop- und Artenschutz sowie den ökologischen Ausgleich (SRSZ 721.110) die Aufgabe, die Einhaltung der Schutzbestimmungen in den kantonalen Naturschutzgebieten sowie der in der Verordnung festgelegten Artenschutzbestimmungen zu überwachen (Abs. 1). Sie informieren die Besucher unter anderem über die Verhaltensregeln (Abs. 2) und zeigen Übertretungen der Strafverfolgungsbehörde an (Abs. 3). Dass das Verwaltungsgericht gestützt hierauf festgehalten hat, es könne ein Interesse daran bestehen, die Identität der Schutzgebietsaufseher zu kennen und mit ihnen via das zuständige Amt in Kontakt zu treten, ist nicht zu beanstanden. Dem zu Grunde liegt das allgemeine Interesse an der Transparenz und Kontrolle der Verwaltungstätigkeit. Nach den vorinstanzlichen Ausführungen geht dieses öffentliche Interesse dem Recht der Aufsichtspersonen auf informationelle Selbstbestimmung vor (Art. 13 Abs. 2 BV), erschöpft sich aber in der Kenntnis von deren Namen. Ein schutzwürdiges Interesse an der Bekanntgabe der weiteren Stammdaten verneinte das Verwaltungsgericht. Diese Einschätzung ist ebenfalls nicht zu beanstanden. Dass das Verwaltungsgericht bei seiner Güterabwägung vorrangige Interessen an einer weitergehenden Einsicht ausser Acht gelassen hätte, ist nicht ersichtlich und wird vom Beschwerdeführer selbst auch nicht behauptet (Art. 42 Abs. 2 und Art. 106 Abs. 2 BGG). Der angefochtene Entscheid erweist sich insofern vor dem Hintergrund der Kritik des Beschwerdeführers nicht als willkürlich.
2.6. Hinsichtlich der Auflage, den Wohnort der Aufsichtspersonen nicht Dritten bekannt zu geben, ist umstritten, ob es sich bei der Liste um systematisch geordnete Daten im Sinne von § 12 Abs. 3 ÖDSG handelt. Gemäss der regierungsrätlichen Botschaft (a.a.O., S. 15) sind damit Daten gemeint, welche nach bestimmten Kriterien (z.B. nach dem Datum des Zuzugs, nach Alter oder Beruf) sortiert sind. Zwar ist davon auszugehen, dass der Regierungsrat primär Listen mit Personendaten vor Augen hatte, welche durch ein bestimmtes Kriterium geordnet werden können, und nicht eine Gruppe von Personen mit demselben Merkmal (hier: derselbe Beruf bzw. dieselbe Funktion). Es ist jedoch nicht willkürlich, auch bei Letzterem von systematisch geordneten Daten zu sprechen, zumal eine entsprechende Auswahl auf einer Systematik basiert und die Verbindung von Stammdaten mit einer öffentlichen Funktion einen zusätzlichen Informationsgehalt bedeutet. Auch insofern erweist sich die Kritik des Beschwerdeführers als unbegründet.
2.7. Man kann sich freilich fragen, ob das Verwaltungsgericht nicht konsequenterweise die Bekanntgabe des Wohnorts der Aufsichtspersonen als gesetzeswidrig hätte erklären müssen, zumal nach seinen Erwägungen nur an der Bekanntgabe der Namen ein überwiegendes Interesse besteht. Wie es sich damit genau verhält, kann jedoch offen bleiben. Indem das Verwaltungsgericht die Mitteilung des Wohnorts an Dritte per Auflage unterband, wählte es gegenüber der Geheimhaltung eine mildere Massnahme, sodass dem Beschwerdeführer aus dieser Unstimmigkeit jedenfalls kein Nachteil erwuchs.
 
3.
 
Demnach erkennt das Bundesgericht:
1. Auf die subsidiäre Verfassungsbeschwerde wird nicht eingetreten.
2. Die Beschwerde in öffentlich-rechtlichen Angelegenheiten wird abgewiesen.
3. Die Gerichtskosten von Fr. 3'000.-- werden dem Beschwerdeführer auferlegt.
4. Es wird keine Parteientschädigung zugesprochen.
5. Dieses Urteil wird dem Beschwerdeführer, dem Amt für Natur, Jagd und Fischerei, dem Regierungsrat und dem Verwaltungsgericht des Kantons Schwyz, Kammer III, schriftlich mitgeteilt.
Lausanne, 15. Januar 2014
Im Namen der I. öffentlich-rechtlichen Abteilung
des Schweizerischen Bundesgerichts
Der Präsident: Fonjallaz
Der Gerichtsschreiber: Dold