BGer 5A_764/2013 |
BGer 5A_764/2013 vom 20.01.2014 |
{T 0/2}
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5A_764/2013
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Urteil vom 20. Januar 2014 |
II. zivilrechtliche Abteilung |
Besetzung
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Bundesrichter von Werdt, Präsident,
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Bundesrichter Marazzi und Schöbi,
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Gerichtsschreiber Möckli.
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Verfahrensbeteiligte |
X.________,
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vertreten durch Rechtsanwalt André Gräni,
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Beschwerdeführer,
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gegen
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Y.________,
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vertreten durch Rechtsanwalt Jörg Zumstein,
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Beschwerdegegnerin,
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A.________,
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B.________.
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Gegenstand
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Summarisches Verfahren betreffend Vollstreckung (Besuchsrecht),
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Beschwerde gegen den Entscheid des Obergerichts
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des Kantons Aargau, Zivilgericht, 5. Kammer,
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vom 2. September 2013.
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Sachverhalt: |
A. X.________ und Y.________ haben die beiden gemeinsamen Kinder A.________ (Jahrgang 2000) und B.________ (Jahrgang 2001). Mit Eheschutzentscheid vom 30. Mai / 17. Juni 2011 stellte das Bezirksgericht Aarau die beiden Kinder unter die Obhut der Mutter, unter Einräumung eines Besuchsrechts des Vaters an jedem zweiten Wochenende von Freitag, 20 Uhr, bis Sonntag, 18 Uhr, und eines Ferienrechts von drei Wochen pro Jahr.
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B. Am 12. März 2012 stellte der Vater beim Bezirksgericht Aarau ein Vollstreckungsgesuch, u.a. mit den Begehren, die Mutter sei unter Androhung von Strafe gemäss Art. 292 StGB zu verpflichten, ihm die beiden Kinder an den im Eheschutzentscheid festgelegten Besuchsrechtstagen bzw. -wochenenden zu den dort festgehaltenen Tageszeiten sowie zur Verbringung der Ferien zu übergeben (Ziff. 2) und er sei im Zusammenhang mit dem Besuchsrecht und als Mitinhaber der elterlichen Sorge richterlich zu ermächtigen, für die beiden Kinder ohne Zustimmung der Mutter beim Passbüro Pässe zu bestellen, und die Mutter sei unter Androhung von Strafe gemäss Art. 292 StGB zu verpflichten, ihm die Reisepässe der Kinder während der Dauer der Besuchsrechtsausübung zu überlassen, eventualiter sei sie unter Androhung von Strafe gemäss Art. 292 StGB zu verpflichten, die schriftliche Zustimmung zur Bestellung der Reisepässe durch ihn abzugeben und ihm die Reisepässe der Kinder während der Dauer der Besuchsrechtsausübung zu überlassen.
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C. Gegen diesen Entscheid hat X.________ am 9. Oktober 2013 eine Beschwerde in Zivilsachen erhoben. Er verlangt dessen Aufhebung und stellt die Begehren wie im kantonalen Verfahren (Übergabe der Kinder gemäss Eheschutzentscheid unter Strafandrohung; Ermächtigung zur Bestellung von Pässen bzw. Verpflichtung der Ehefrau zu deren Aushändigung während der Besuchsrechtsausübung unter Strafandrohung; eventualiter Verpflichtung zur Zustimmung zur Passausstellung unter Strafandrohung). Ferner verlangt er für das ober- wie für das bundesgerichtliche Verfahren die unentgeltliche Rechtspflege. Es wurden keine Vernehmlassungen eingeholt.
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Erwägungen: |
1. Der angefochtene Entscheid erging in einem Verfahren zur Vollstreckung eines Urteils in Zivilsachen. Solche Entscheide unterliegen gemäss ausdrücklicher Gesetzesvorschrift der Beschwerde in Zivilsachen (Art. 72 Abs. 2 lit. b Ziff. 1 BGG; Urteil 4A_31/2008 vom 6. März 2008 E. 1). Besuchsrechte sind nicht vermögensrechtlicher Natur, weshalb keine Streitwerterfordernisse gelten. Die Beschwerde ist somit zulässig.
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2. Das erste Rechtsbegehren des Beschwerdeführers geht dahin, dass die im Eheschutzentscheid getroffene Besuchsrechtsregelung durch eine Strafandrohung gemäss Art. 292 StGB zu vollstrecken sei.
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2.1. Besuchsrechte sind einer Zwangsvollstreckung grundsätzlich zugänglich (statt vieler: KELLERHALS, in: Berner Kommentar, N. 100 zu Art. 343 ZPO). Vorliegend geht es nicht um eine direkte Realvollstreckung, auf welche nach heutiger Auffassung jedenfalls bei urteilsfähigen Kindern zu verzichten ist (vgl. BGE 107 II 301 E. 5 S. 303; Urteil 5C.250/2005 vom 3. Januar 2006 E. 3.2.1), sondern um die indirekte Zwangsvollstreckung durch Strafandrohung gemäss Art. 292 Abs. 1 lit. a ZPO, wie sie in Art. 343 Abs. 1 lit. a ZPO als Vollstreckungsmassnahme bei einer Verpflichtung zu einem Tun ausdrücklich vorgesehen ist, wobei es auch zulässig wäre, die Strafbewehrung direkt in der materiellen Besuchsrechtsregelung aufzunehmen (vgl. BGE 127 IV 119 E. 2b S. 122 oben).
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2.2. Das Obergericht hat auf die Begründung des Bezirksgerichts hingewiesen, wonach die getroffene Regelung nicht ohne Rücksicht auf die konkreten Umstände und die Bedürfnisse der Betroffenen wie Feiertage, Klassenlager, Ferienpläne, etc. durchgeführt werden könne. Sodann hat es erwogen, dass es gemäss bundesgerichtlicher Rechtsprechung nicht um eine buchhalterische Ausgleichung ausgefallener Besuche, sondern darum gehe, einen angemessenen Kontakt zwischen dem besuchsberechtigten Elternteil und dem Kind zu gewährleisten (Urteil 5A_381/2010 vom 21. Juli 2010 E. 5.4.2 m.w.H.). Der Beschwerdeführer bestreite aber nicht, dass ihm die Beklagte ein Besuchs- und Ferienrecht einräume, das umfangmässig der gerichtlichen Regelung im Eheschutzentscheid entspreche. Vor diesem und dem weiteren Hintergrund, dass das Obergericht bereits im Rahmen des Eheschutzentscheides darauf hingewiesen habe, dass angesichts der Reibereien zwischen den Parteien das Besuchs- und Ferienrecht im Zusammenhang mit Festtagen flexibel zu handhaben sei, habe das Bezirksgericht zu Recht von der Androhung der Ungehorsamkeitsstrafe nach Art. 292 StGB als Vollstreckungsmassnahme abgesehen.
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2.3. Der Beschwerdeführer macht geltend, er habe vor beiden Instanzen geltend gemacht, dass ihm das Besuchs- und Ferienrecht nicht in der vollen Dauer gewährt worden sei, weshalb die obergerichtliche Feststellung, er habe nicht bestritten, dass das ihm tatsächlich ermöglichte Besuchsrecht umfangmässig der gerichtlichen Regelung entspreche, willkürlich sei.
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3. Das zweite Rechtsbegehren des Beschwerdeführers dreht sich um die Ausstellung von Reisepässen. Diesbezüglich finden sich im Eheschutzentscheid weder Anordnungen noch Erwägungen. Das betreffende Vollstreckungsbegehren kann deshalb nicht im Dienste der Umsetzung des Eheschutzentscheides stehen, zumal jedenfalls im vorliegenden Fall die Ausstellung von Reisepässen für die Ausübung des Besuchsrechts, welches einen regelmässigen Kontakt zwischen nicht obhutsberechtigtem Elternteil und Kind ermöglichen soll, entbehrlich ist: Beide Elternteile wie auch die Kinder wohnen in der Schweiz und nach den Sachverhaltsfeststellungen im angefochtenen Entscheid sind die Kinder anlässlich der Ausübung des Besuchsrechts jeweils im Besitz ihrer Identitätskarten, was einen Ferienradius innerhalb des Schengenraumes ermöglicht. Wenn der Beschwerdeführer diesbezüglich geltend macht, die Rechtsausübung sei örtlich nicht begrenzt, verkennt er, dass das Aufenthaltsbestimmungsrecht grundsätzlich dem obhutsberechtigten Elternteil zusteht (BGE 136 III 353 E. 3.2 S. 356).
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4. Im Zusammenhang mit der für das kantonale Beschwerdeverfahren wegen fehlender prozessualer Bedürftigkeit verweigerten unentgeltlichen Rechtspflege werden sowohl mit Bezug auf den (vom Obergericht mit Fr. 5'170.-- berechneten und vom Beschwerdeführer mit Fr. 17'295.75 bezifferten) Bedarf als auch hinsichtlich des (vom Obergericht auf durchschnittlich Fr. 12'785.-- berechneten und vom Beschwerdeführer mit "Fr. 9'155.-- vor Eintritt der Arbeitsunfähigkeit" angegebenen) Einkommens eine Vielzahl von Willkürrügen erhoben.
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5. Zusammenfassend ergibt sich, dass die Beschwerde abzuweisen ist, soweit auf sie eingetreten werden kann, und dass zufolge ihrer Aussichtslosigkeit auch das für das bundesgerichtliche Verfahren gestellte Gesuch um unentgeltliche Rechtspflege abzuweisen ist (Art. 64 Abs. 1 BGG). Die Gerichtskosten sind dem Beschwerdeführer aufzuerlegen (Art. 66 Abs. 1 BGG).
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Demnach erkennt das Bundesgericht: |
1. Die Beschwerde wird abgewiesen, soweit darauf einzutreten ist.
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2. Die Gerichtskosten von Fr. 2'000.-- werden dem Beschwerdeführer auferlegt.
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3. Dieses Urteil wird den Parteien, den Kindern A.________ und B.________ sowie dem Obergericht des Kantons Aargau, Zivilgericht, 5. Kammer, schriftlich mitgeteilt.
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Lausanne, 20. Januar 2014
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Im Namen der II. zivilrechtlichen Abteilung
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des Schweizerischen Bundesgerichts
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Der Präsident: von Werdt
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Der Gerichtsschreiber: Möckli
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