BGer 5A_909/2013
 
BGer 5A_909/2013 vom 04.04.2014
{T 0/2}
5A_909/2013
 
Urteil vom 4. April 2014
 
II. zivilrechtliche Abteilung
Besetzung
Bundesrichter von Werdt, Präsident,
Bundesrichterin Escher,
Bundesrichter Marazzi, Herrmann, Schöbi,
Gerichtsschreiber Zingg.
 
Verfahrensbeteiligte
X.________,
vertreten durch Rechtsanwalt Eric Stern,
Beschwerdeführerin,
gegen
Y.________,
vertreten durch Rechtsanwalt Mirco Ceregato,
Beschwerdegegner.
Gegenstand
Ehescheidung (güterrechtliche Auseinandersetzung),
Beschwerde gegen das Urteil des Obergerichts des Kantons Zürich, I. Zivilkammer, vom 29. Oktober 2013.
 
Sachverhalt:
A. Mit Urteil vom 23. Juli 2012 schied das Bezirksgericht Uster die Ehe von Y.________ und X.________. Es verpflichtete Y.________ unter anderem, X.________ zur Abgeltung ihrer güterrechtlichen Ansprüche den Betrag von Fr. 1'422'744.50 zu bezahlen.
B. Am 14. September 2012 erhob Y.________ Berufung an das Obergericht des Kantons Zürich. Er verlangte unter anderem die Aufhebung des angefochtenen Urteils im Güterrechtspunkt und beantragte, X.________ zu verpflichten, ihm zur Abgeltung seiner güterrechtlichen Ansprüche Fr. 30'981.-- zu bezahlen. X.________ erhob Anschlussberufung.
Mit Urteil vom 29. Oktober 2013 verpflichtete das Obergericht Y.________, X.________ aus Güterrecht Fr. 1'297'294.-- zu bezahlen. Die Kosten des zweitinstanzlichen Verfahrens von Fr. 40'000.-- auferlegte es X.________ zu einem Fünftel und Y.________ zu vier Fünfteln und es sprach X.________ eine reduzierte Parteientschädigung von Fr. 24'000.-- zu.
C. Am 2. Dezember 2013 hat X.________ (Beschwerdeführerin) Beschwerde in Zivilsachen erhoben. Sie beantragt, das obergerichtliche Urteil sei teilweise aufzuheben. Y.________ (Beschwerdegegner) sei zur Zahlung von Fr. 1'422'744.50 aus Güterrecht zu verurteilen. Der Beschwerdegegner sei zur Übernahme von neun Zehnteln und sie zur Übernahme eines Zehntels der zweitinstanzlichen Gerichtskosten zu verpflichten und der Beschwerdegegner habe ihr für das Berufungsverfahren eine Entschädigung von Fr. 30'000.-- zu entrichten. Allenfalls sei die Sache an die Vorinstanz zurückzuweisen.
Am 20. Januar 2014 hat die Beschwerdeführerin um Gewährung der unentgeltlichen Rechtspflege ersucht.
Das Bundesgericht hat die Akten beigezogen, aber keine Vernehmlassungen eingeholt.
 
Erwägungen:
1. Die von der Beschwerdeführerin erhobene Beschwerde in Zivilsachen ist grundsätzlich zulässig (Art. 72 Abs. 1, Art. 74 Abs. 1 lit. b, Art. 75, Art. 76, Art. 90, Art. 100 Abs. 1 i.V.m. Art. 45 Abs. 1 BGG). Auf weitere Eintretensfragen ist im Sachzusammenhang einzugehen.
2. Umstritten ist einzig, welcher Barbetrag sich am Stichtag für die güterrechtliche Auseinandersetzung (12. August 2004) im Vermögen des Beschwerdegegners befand.
2.1. Das Obergericht hielt fest, der Beschwerdegegner habe im Mai 2004 über Fr. 340'000.-- auf einem Konto bei der Bank A.________ verfügt. Davon habe er sich am 21. Mai 2004 Fr. 300'000.-- bar auszahlen lassen. Nach eigenen Angaben habe er dieses Geld in der Folge "in eine Schublade" getan. Somit habe er jedenfalls nicht behauptet, diese Summe bis zum Stichtag verbraucht zu haben, so dass sie ihm als Barvermögen anzurechnen sei.
Am 12. August 2004 habe der Beschwerdegegner auf dem Konto bei der Bank A.________ über Fr. 254'261.26 verfügt. Davon habe er später Fr. 203'800.-- abgehoben.
Anlässlich seiner Befragung vor Bezirksgericht am 18. August 2005 habe der Beschwerdegegner keine Angaben über die nach dem Stichtag bezogenen Bargeldbeträge gemacht. Hingegen habe er angegeben, im Zeitpunkt der Befragung über Fr. 525'000.-- Bargeld zu verfügen. Es erscheine naheliegend, dass sich diese Summe im Wesentlichen aus den im Mai 2004 bezogenen Fr. 300'000.-- und dem nach dem 12. August 2004 bezogenen Bargeld zusammensetze.
Dem Beschwerdegegner sei demnach ein Bargeldbetrag von Fr. 300'000.-- anzurechnen. Das Bezirksgericht habe demgegenüber Fr. 550'000.-- angerechnet. Es bestünden aber keine Hinweise in den Akten, dass der Beschwerdegegner am 12. August 2004 über einen zusätzlichen Barbetrag von Fr. 250'000.-- verfügt habe. Auch aus seinem prozessualen Verhalten lasse sich solches nicht ableiten. Zwar habe er die Buchhaltungsunterlagen seiner beiden Firmen (B.________ AG und C.________ AG) nicht eingereicht, doch könne daraus im vorliegenden Zusammenhang nichts geschlossen werden.
2.2. Die Beschwerdeführerin macht geltend, aufgrund der Verletzung der Mitwirkungspflichten durch den Beschwerdegegner müsse ihm ein Bargeldbetrag von Fr. 550'000.-- angerechnet werden (Art. 160 und 164 ZPO). In seiner Steuererklärung 2000 habe der Beschwerdegegner Darlehensguthaben gegenüber der C.________ AG von insgesamt Fr. 555'000.-- ausgewiesen. Da er sich geweigert habe, die Buchhaltungsunterlagen der C.________ AG herauszugeben, müsse dieser Darlehensbetrag als bar bezogen in der güterrechtlichen Auseinandersetzung berücksichtigt werden.
2.3. Gemäss Art. 160 Abs. 1 ZPO sind die Parteien und Dritte zur Mitwirkung bei der Beweiserhebung verpflichtet. Verweigert eine Partei die Mitwirkung unberechtigterweise, so berücksichtigt dies das Gericht bei der Beweiswürdigung (Art. 164 ZPO). Art. 164 ZPO macht keine Vorgaben, welche Schlüsse das Gericht bei der Beweiswürdigung aus einer Mitwirkungsverweigerung ziehen soll. Insbesondere ist nicht vorgeschrieben, dass das Gericht ohne Weiteres auf die Wahrheit der Tatsachenbehauptungen der Gegenpartei schliessen muss. Vielmehr handelt es sich bei der unberechtigten Mitwirkungsverweigerung um einen Umstand unter anderen, der in die freie Beweiswürdigung (Art. 157 ZPO) hineinfliesst (Sven Rüetschi, in: Berner Kommentar, Schweizerische Zivilprozessordnung, 2012, N. 4 ff. zu Art. 164 ZPO). Die Vorinstanz hat denn auch darauf hingewiesen, dass die Weigerung des Beschwerdegegners, Dokumente herauszugeben, sich zwar zu seinen Ungunsten auswirken müsse, dieser Nachteil aber nicht weitergehen dürfe als notwendig. Wenn sich aus den Akten ein klares Bild ergebe, sei darauf abzustellen. Auf diese Erwägung geht die Beschwerdeführerin nicht ein und sie legt nicht dar, inwieweit darin eine Verletzung des Gehalts des Grundsatzes der freien Beweiswürdigung liegen könnte (vgl. dazu Urteil 5A_250/2012 vom 18. Mai 2012 E. 7.4.1 mit Hinweisen). Sie bemängelt vielmehr das Ergebnis der vorinstanzlichen Beweiswürdigung. Weder die Bestimmung von Art. 157 ZPO noch die als verletzt gerügten Art. 160 i.V.m. Art. 164 ZPO ändern jedoch etwas daran, dass das Ergebnis der vorinstanzlichen Beweiswürdigung für das Bundesgericht grundsätzlich verbindlich ist (Art. 105 Abs. 1 BGG; Urteil 5A_250/2012 vom 18. Mai 2012 E. 7.4 zu Art. 157 ZPO).
Gemäss Art. 97 BGG kann die Feststellung des Sachverhalts und damit die Beweiswürdigung nur gerügt werden, wenn die Sachverhaltsfeststellung offensichtlich unrichtig - d.h. willkürlich (Art. 9 BV; BGE 135 III 127 E. 1.5 S. 130 mit Hinweis) - ist oder auf einer Rechtsverletzung im Sinne von Art. 95 BGG beruht und die Behebung des Mangels für den Verfahrensausgang entscheidend sein kann. Bei der Rüge der offensichtlich unrichtigen Sachverhaltsfeststellung gilt das strenge Rügeprinzip (Art. 106 Abs. 2 BGG). Das Bundesgericht prüft in diesem Fall nur klar und detailliert erhobene und, soweit möglich, belegte Rügen; auf rein appellatorische Kritik am angefochtenen Entscheid tritt es nicht ein (BGE 134 II 244 E. 2.2 S. 246; 137 II 353 E. 5.1 S. 356).
Die Sachverhaltsfeststellung bzw. Beweiswürdigung erweist sich als willkürlich (Art. 9 BV), wenn das Gericht Sinn und Tragweite eines Beweismittels offensichtlich verkannt hat, wenn es ohne sachlichen Grund ein wichtiges und entscheidwesentliches Beweismittel unberücksichtigt gelassen oder wenn es auf der Grundlage der festgestellten Tatsachen unhaltbare Schlussfolgerungen gezogen hat. Dass die von Sachgerichten gezogenen Schlüsse nicht mit der eigenen Darstellung des Beschwerdeführers übereinstimmen, belegt keine Willkür (BGE 137 III 226 E. 4.2 S. 234; 136 III 552 E. 4.2 S. 560).
Die Beschwerdeführerin beschränkt sich darauf, ihre Würdigung der Akten und der Mitwirkungsverweigerung des Beschwerdegegners an die Stelle der Würdigung durch das Obergericht zu setzen. Inwieweit dieses dabei in Willkür verfallen sein soll, ist weder genügend dargetan noch ersichtlich. Soweit sie sich auf die Steuererklärung des Beschwerdegegners beruft, so übergeht sie die vorinstanzliche Erwägung, dass dieser lediglich der Wert einer Parteibehauptung zukomme und sie insbesondere angesichts des prozessualen Verhaltens des Beschwerdegegners nicht geeignet sei, einen verlässlichen Schluss über sein früheres Barvermögen zuzulassen. Fehlt es mithin an einer genügenden Auseinandersetzung mit den vorinstanzlichen Erwägungen, so kann auf die Beschwerde nicht eingetreten werden.
2.4. Wie sich aus der Beschwerdebegründung ergibt, greift die Beschwerdeführerin die vorinstanzliche Kostenregelung nur für den Fall an, dass sie im Güterrechtspunkt obsiegt. Da dies nicht der Fall ist, ist auf die Kosten nicht weiter einzugehen.
3. Bei diesem Ausgang des Verfahrens trägt die Beschwerdeführerin die Gerichtskosten (Art. 66 Abs. 1 BGG). Wie die vorstehenden Erwägungen zeigen, war ihre Beschwerde von Anfang an aussichtslos. Ihr Gesuch um unentgeltliche Rechtspflege ist deshalb abzuweisen (Art. 64 Abs. 1 BGG).
 
Demnach erkennt das Bundesgericht:
1. Auf die Beschwerde wird nicht eingetreten.
2. Das Gesuch um unentgeltliche Rechtspflege wird abgewiesen.
3. Die Gerichtskosten von Fr. 2'000.-- werden der Beschwerdeführerin auferlegt.
4. Dieses Urteil wird den Parteien und dem Obergericht des Kantons Zürich, I. Zivilkammer, schriftlich mitgeteilt.
Lausanne, 4, April 2014
Im Namen der II. zivilrechtlichen Abteilung
des Schweizerischen Bundesgerichts
Der Präsident: von Werdt
Der Gerichtsschreiber: Zingg