BGer 8C_849/2013 |
BGer 8C_849/2013 vom 19.05.2014 |
{T 0/2}
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8C_849/2013
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Urteil vom 19. Mai 2014 |
I. sozialrechtliche Abteilung |
Besetzung
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Bundesrichterin Leuzinger, Präsidentin,
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Bundesrichter Ursprung, Bundesrichterin Heine,
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Gerichtsschreiber Nabold.
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Verfahrensbeteiligte |
A.________,
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vertreten durch Rechtsanwalt Dr. Urs Markus Lischer,
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Beschwerdeführer,
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gegen
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Kirchgemeinde B.________,
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vertreten durch Rechtsanwältin Marianne Imbach-Arnold,
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Beschwerdegegnerin.
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Gegenstand
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Öffentliches Personalrecht (Vorinstanzliches Verfahren),
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Beschwerde gegen den Entscheid des Kantonsgerichts Luzern vom 16. Oktober 2013.
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Sachverhalt: |
A. Der 1976 geborene A.________ war zunächst mit einem Pensum von 80 %, später von 90 %, bei der Kirchgemeinde B.________ angestellt. Nach Gewährung des rechtlichen Gehörs kündigte der Kirchenrat mit Entscheid vom 20. Februar 2013 das Arbeitsverhältnis des A.________ unter sofortiger Freistellung per 31. Mai 2013, da sein Verhalten nicht befriedige. Am 25. März 2013 stellte A.________ bei der Schlichtungsstelle der Kirchgemeinde B.________ und bei der Schlichtungsstelle für öffentlich-rechtliche Arbeitsverhältnisse des Kantons Luzern ein Gesuch um Durchführung eines Schlichtungsverfahrens. Am 2. April 2013 erklärte sich letztere Schlichtungsstelle für unzuständig für die Angestellten der Kirchgemeinde B.________. Mit Schreiben vom 4. April 2013 teilte der Präsident des Kirchenrates der Kirchgemeinde B.________ als Schlichtungsstelle dieser Kirchgemeinde A.________ mit, die Voraussetzungen für einen Schlichtungsversuch seien nicht gegeben, da er in der Sache befangen und die Vermittlung in einem Streit, in welchem der Vermittelnde selber Partei ist, ausgeschlossen sei.
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B. Die von A.________ daraufhin erhobene Beschwerde wies das Kantonsgericht des Kantons Luzern mit Entscheid vom 16. Oktober 2013 ab.
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C. Mit Beschwerde beantragt A.________ sinngemäss, die Sache sei unter Aufhebung des kantonalen Gerichtsentscheides an die Schlichtungsstelle der Kirchgemeine B.________ zur Durchführung des Schlichtungsverfahren zurückzuweisen, wobei festzuhalten sei, dass der Präsident und die Mitglieder des Kirchenrates als Schlichter nicht in Frage kommen, da diese befangen seien. Eventuell sei festzustellen, dass die Kündigung des Arbeitsverhältnisses rechtswidrig war.
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Die Vorinstanz schliesst auf Abweisung der Beschwerde, während die Kirchgemeinde B.________ beantragt, die Beschwerde sei abzuweisen, soweit auf sie einzutreten sei.
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In ihren weiteren Eingaben vom 30. Januar und vom 6. Februar 2014 halten die Parteien an ihren Anträgen fest.
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Erwägungen: |
1. Angefochten ist ein Endentscheid einer letzten kantonalen Instanz (Art. 86 Abs. 1 lit. d, Art. 90 BGG). Dieser bestätigt die Rechtmässigkeit einer ausgesprochenen Kündigung im Rahmen eines öffentlich-rechtlichen Anstellungsverhältnisses und betrifft somit eine öffentlich-rechtliche Angelegenheit im Sinn von Art. 82 lit. a BGG. Da mit dem Begehren um Weiterbestehen des Arbeitsverhältnisses Lohnforderungen und allenfalls weitere geldmässige Ansprüche in Zusammenhang stehen, liegt eine vermögensrechtliche Streitigkeit vor (Urteil 8C_826/2009 vom 1. Juli 2010 E. 1.1 mit Hinweis), weshalb der Ausschlussgrund von Art. 83 lit. g BGG nicht gegeben ist. Die Beschwerde ist auf dem Gebiet der öffentlich-rechtlichen Arbeitsverhältnisse unter anderem zulässig, wenn der Streitwert nicht weniger als Fr. 15'000.- beträgt (Art. 85 Abs. 1 lit. b BGG). Diese Streitwertgrenze ist im vorliegenden Verfahren offensichtlich erreicht; es ist jedoch daran zu erinnern, dass gemäss Art. 112 Abs. 1 lit. d BGG die Rechtsmittelbelehrung des vorinstanzlichen Entscheids die Angabe des Streitwertes zu enthalten hätte.
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2. Die Beschwerdegegnerin macht geltend, der Beschwerdeführer habe kein aktuelles und praktisches Rechtsschutzinteresse an der Frage, ob ein Schlichtungsverfahren durchzuführen gewesen wäre, da ein allfälliger Nachteil durch ein positives Urteil des Bundesgerichts in der Sache selber behoben wäre. Dieser Ansicht kann indessen nicht gefolgt werden, zumal ein Schlichtungsverfahren nicht von vornherein auf Gegenstände beschränkt ist, die mit Aussicht auf Erfolg gerichtlich eingeklagt werden können. Soweit ersichtlich, ist denn auch das Bundesgericht bisher nicht wegen fehlenden Rechtsschutzinteresses auf Begehren um Durchführung von Schlichtungsverfahren nicht eingetreten (vgl. auch BGE 138 III 366 E. 3.1 S. 368 ff. und 138 III 558). Falls vorliegend ein Schlichtungsverfahren bundesrechtswidrig ausgelassen wurde, so ist ein solches nachzuholen. Auf die Beschwerde ist demnach auch in diesem Punkt einzutreten.
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3. Die Beschwerde in öffentlich-rechtlichen Angelegenheiten kann wegen Rechtsverletzung gemäss Art. 95 und Art. 96 BGG erhoben werden. Der angefochtene Entscheid stützt sich in der Sache auf kantonales resp. kommunales Recht. Als Beschwerdegrund kommt im Wesentlichen die Verletzung von Bundesrecht, insbesondere von verfassungsmässigen Rechten in Frage (Art. 95 BGG). Die Anwendung des kantonalen resp. des kommunalen Rechts als solches bildet nicht Beschwerdegrund. Überprüft werden kann insoweit nur, ob der angefochtene Entscheid auf willkürlicher Gesetzesanwendung beruht oder ob das Gesetz oder seine Anwendung sonstwie gegen übergeordnetes Recht verstossen (vgl. BGE 133 II 249 E. 1.2.1 S. 251 f.; Urteile 8C_687/2010 vom 5. Januar 2011 E. 3.1 und 8C_690/2010 vom 1. November 2010 E. 2.1, auch zum Folgenden). Hinsichtlich der Verletzung von Grundrechten und von kantonalem und interkantonalem Recht gilt eine qualifizierte Rügepflicht (vgl. Art. 106 Abs. 2 BGG). Das Bundesgericht prüft eine solche Rüge nur insofern, als sie in der Beschwerde präzise vorgebracht und begründet worden ist (Art. 106 Abs. 2 BGG; BGE 136 I 49 E. 1.4.1 S. 53, auch zum Folgenden). Wird eine Verletzung des Willkürverbots geltend gemacht, muss im Einzelnen dargelegt werden, inwiefern der angefochtene Entscheid an einem qualifizierten und offensichtlichen Mangel leidet. Auf ungenügend begründete Rügen und bloss allgemein gehaltene, appellatorische Kritik am angefochtenen Entscheid tritt es nicht ein (BGE 130 I 258 E. 1.3 S. 262; 129 I 113 E. 2.1 S. 120; je mit Hinweisen).
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4.
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4.1. Das kantonale Gericht hat erwogen, gestützt auf Art. 20 der Personal- und Besoldungsverordnung der Kirchgemeinde B.________ vom 23. April 2007 (nachstehend: PersV) hätte der Beschwerdeführer grundsätzlich Anspruch auf einen nachträglichen Schlichtungsversuch gehabt. Die betreffenden Erwägungen werden zu Recht von keiner der Parteien als bundesrechtswidrig gerügt. Gemäss den weiteren vorinstanzlichen Erwägungen konnte indessen im konkreten Fall von einem Schlichtungsversuch abgesehen werden, da einerseits die Gegenpartei wenig vergleichsbereit erscheint und andererseits der Präsident des Kirchenrates als das durch die PersV vorgesehene Schlichtungsorgan befangen ist.
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4.2. Ein Schlichtungsverfahren dient unter anderem dazu, die Vergleichsbereitschaft der Parteien auszuloten. Es obliegt daher der Schlichtungsstelle, das Verfahren unter Umständen abzubrechen, wenn es sich erweist, dass bei einer Partei jede Vergleichsbereitschaft fehlt. Indem das kantonale Gericht einerseits den grundsätzlichen Anspruch des Beschwerdeführers auf ein nachträgliches Schlichtungsverfahren bejaht, andererseits aber von der Durchführung eines solchen mangels Vergleichsbereitschaft der Gegenpartei absieht, verhält es sich widersprüchlich: Die Vorinstanz setzt sich damit gleichsam selber als Ersatzschlichtungsbehörde ein und nimmt das Resultat des Schlichtungsverfahrens vorweg, ohne ein solches gehörig durchzuführen. Eine gesetzliche Grundlage für eine solche Vorgehensweise ist nicht ersichtlich und ergibt sich auch nicht aus dem kantonalen Entscheid. Wie der Beschwerdeführer zudem zutreffend geltend macht, würde damit sein Anspruch auf Durchführung des Verfahrens vom Willen der Gegenpartei abhängen. Eine entsprechende Auslegung von Art. 20 PersV widerspräche offensichtlich dem Wortlaut dieses Artikels und ist - da auch keine anderen Gründe für eine solche Auslegung sprechen - willkürlich und damit bundesrechtswidrig.
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4.3. Es steht fest und ist unbestritten, dass das in Art. 20 PersV vorgesehene Schlichtungsorgan, mithin der Präsident des Kirchenrates, in vorliegender Angelegenheit befangen und damit als Schlichter ungeeignet ist. Die PersV regelt nicht, wie im Falle des Ausstandes des Schlichtungsorganes vorzugehen ist. Allerdings ist es willkürlich, daraus zu folgern, der entsprechende Verfahrensschritt entfalle bei einer Befangenheit des Schlichtungsorganes. Vielmehr ist in analoger Anwendung von Art. 1 Abs. 2 ZGB die Verordnungslücke nach der Regel zu füllen, welche das Gericht als Verordnungsgeber aufstellen würde. Hätte der Verordnungsgeber bei Verordnungserlass die Möglichkeit einer Befangenheit des Präsidenten des Kirchenrates bedacht, so hätte er die Regel aufgestellt, wonach in diesen Fällen ad hoc eine unbefangene Schlichtungsperson einzusetzen ist. Da die Verordnung vom Kirchenrat der Kirchgemeinde B.________ erlassen worden ist, erscheint dieser Rat zur Bestimmung der Ersatzperson zuständig.
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4.4. Da der Kirchenrat bis jetzt noch keine Ersatzschlichtungsperson bestimmt hat und diese nicht zwingend dem Kirchenrat angehören muss, ist vorliegend entgegen dem Antrag des Beschwerdeführers nicht zu prüfen, ob wegen Befangenheit kein Mitglied dieses Rates als Ersatzperson in Frage kommt. Die Beschwerde ist demgemäss gutzuheissen und die Sache ist unter Aufhebung des kantonalen Gerichtsentscheides an den Kirchenrat der Kirchgemeinde B.________ zurückzuweisen, damit dieser eine Ersatzschlichtungsperson bestimmt. Soweit der Kirchenrat wegen Befangenheit auch für diese Amtshandlung nicht beschlussfähig sein sollte, wird in Anwendung von § 12 Abs. 4 des Synodalgesetzes vom 7. November 2007 über die römisch-katholischen Kirchgemeinden des Kantons Luzern die Synodalverwalterin oder der Synodalverwalter die Ersatzperson auszuwählen haben. Anzumerken bleibt, dass damit die eingesetzte Ersatzperson nicht zur Schlichtungsstelle der Synode oder des Synodalrates würde, sondern (Ersatz-) Schlichtungsorgan der Kirchgemeinde B.________ bliebe.
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5. Bei diesem Verfahrensausgang rechtfertigt es sich, die Gerichtskosten der Beschwerdegegnerin aufzuerlegen (Art. 66 Abs. 1 BGG). Diese hat dem Beschwerdeführer überdies für das bundesgerichtliche Verfahren eine Parteientschädigung auszurichten (Art. 68 Abs. 1 und 2 BGG).
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Demnach erkennt das Bundesgericht: |
1. Die Beschwerde wird teilweise gutgeheissen und der Entscheid des Kantonsgerichts Luzern vom 16. Oktober 2013 aufgehoben. Die Sache wird zum weiteren Vorgehen im Sinne der Erwägungen an den Kirchenrat der Kirchgemeinde B.________ zurückgewiesen. Im Übrigen wird die Beschwerde abgewiesen.
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2. Die Gerichtskosten von Fr. 2000.- werden der Beschwerdegegnerin auferlegt.
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3. Die Beschwerdegegnerin hat den Beschwerdeführer für das bundesgerichtliche Verfahren mit Fr. 2800.- zu entschädigen.
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4. Die Sache wird zur Neuverlegung der Kosten und der Parteientschädigung des vorangegangenen Verfahrens an das Kantonsgericht zurückgewiesen.
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5. Dieses Urteil wird den Parteien und dem Kantonsgericht Luzern schriftlich mitgeteilt.
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Luzern, 19. Mai 2014
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Im Namen der I. sozialrechtlichen Abteilung
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des Schweizerischen Bundesgerichts
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Die Präsidentin: Leuzinger
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Der Gerichtsschreiber: Nabold
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