BGer 6B_65/2014 |
BGer 6B_65/2014 vom 09.10.2014 |
{T 0/2}
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6B_65/2014
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Urteil vom 9. Oktober 2014 |
Strafrechtliche Abteilung |
Besetzung
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Bundesrichter Mathys, Präsident,
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Bundesrichter Oberholzer, Rüedi,
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Gerichtsschreiber Boog.
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Verfahrensbeteiligte |
Y.________,
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vertreten durch Rechtsanwältin Ilona Treier,
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Beschwerdeführer,
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gegen
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Oberstaatsanwaltschaft des Kantons Aargau,
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Beschwerdegegnerin.
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Gegenstand
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Brandstiftung, versuchter Betrug, Strafzumessung, Willkür,
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Beschwerde gegen das Urteil des Obergerichts
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des Kantons Aargau, Strafgericht, 1. Kammer,
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vom 14. November 2013.
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Sachverhalt: |
A. Y.________ und Z.________ (Verfahren 6B_69/2014) waren Gesellschafter der Kollektivgesellschaft A.________ in U.________. Am 3. September 2010 entstand um ca. 01.30 Uhr in den Geschäftsräumlichkeiten der Kollektivgesellschaft A.________ ein Brand, der durch die Feuerwehr V.________ mit 30 Mann und fünf Fahrzeugen gelöscht werden musste. Der durch den Brand entstandene Gebäudeschaden wurde von der AGV Aargauischen Gebäudeversicherung (nachfolgend: Gebäudeversicherung) auf Fr. 425'339.-- beziffert. Y.________ meldete am 3. September 2010 der Allianz Suisse Versicherungs-Gesellschaft AG, bei welcher die Kollektivgesellschaft A.________ mit einer Versicherungssumme von Fr. 420'000.-- gegen Feuer und mit einer Versicherungssumme von Fr. 620'000.-- gegen Betriebsunterbrechung versichert war, telefonisch, dass es in den Geschäftsräumlichkeiten gebrannt habe. Dabei gab er an, es sei eingebrochen worden und die Einbrecher hätten einen Brand gelegt. Nachdem der Schadeninspektor durch die Polizei auf den Verdacht einer Brandstiftung hingewiesen worden war, leistete die Versicherung keine Zahlungen. Nach anfänglichem Bestreiten gestand Y.________ im Untersuchungsverfahren ein, die Brandstiftung unter Mitwirkung von Z.________ und X.________ (Verfahren 6B_46/2014) geplant zu haben, wobei sie einen Einbruch vorgetäuscht hatten, um Versicherungsleistungen erhältlich zu machen. Mit der Versicherungssumme wollten sie die finanziellen Probleme der Kollektivgesellschaft A.________ bewältigen und mit dem Restbetrag eine neue Gesellschaft zu gründen.
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B. Das Bezirksgericht Bremgarten erklärte Y.________ am 24. Mai 2012 des versuchten Betruges und der versuchten Brandstiftung schuldig und verurteilte ihn zu einer Freiheitsstrafe von 24 Monaten, unter Anrechnung der ausgestandenen Haft und unter Gewährung des bedingten Strafvollzuges bei einer Probezeit von 3 Jahren. Die Zivilforderungen verwies es auf den Zivilweg.
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C. Y.________ führt Beschwerde in Strafsachen. Er beantragt, er sei wegen versuchter Brandstiftung sowie wegen versuchten Betruges schuldig zu sprechen und zu einer Freiheitsstrafe von maximal 18 Monaten zu verurteilen und es sei ihm der bedingte Strafvollzug zu gewähren. Eventualiter sei er wegen Brandstiftung sowie wegen versuchten Betruges schuldig zu sprechen und zu einer Freiheitsstrafe von maximal 36 Monaten zu verurteilen, mit teilbedingtem Vollzug, wobei die Strafe im Umfang von 6 Monaten zu vollziehen sei. Subeventualiter sei das angefochtene Urteil aufzuheben und die Sache zur Neubeurteilung an die Vorinstanz zurückzuweisen. Ferner ersucht er um Gewährung der unentgeltlichen Rechtspflege.
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D. Das Obergericht und die Staatsanwaltschaft des Kantons Aargau haben auf Vernehmlassung verzichtet.
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Erwägungen: |
1. Der Beschwerdeführer wendet sich gegen die Strafzumessung und die Feststellung des Sachverhalts. Gemäss Art. 42 Abs. 1 und 2 BGG hat die Rechtsschrift die Begehren und deren Begründung zu enthalten. In der Begründung ist in gedrängter Form darzulegen, inwiefern der angefochtene Akt Recht verletzt. Der Beschwerdeführer begründet seinen Antrag, er sei lediglich wegen versuchter Brandstiftung schuldig zu sprechen, nicht. Sein Vorbringen, dass ein Schuldspruch wegen vollendeter Brandstiftung ausser Betracht falle, wenn der Mitangeklagte X.________ ihm unbekannte Personen beigezogen hätte, genügt in diesem Zusammenhang nicht. Da er sich nicht darüber auslässt, aus welchen Gründen der Schuldspruch wegen vollendeter Brandstiftung Bundesrecht verletzen soll, kann insofern auf seine Beschwerde nicht eingetreten werden.
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2. |
2.1. In Bezug auf die Strafzumessung macht der Beschwerdeführer geltend, die Vorinstanz habe wesentliche Kriterien ausser Acht gelassen oder falsch gewichtet und eine unverhältnismässig hohe Strafe ausgesprochen. Im Einzelnen beanstandet er, dass die Vorinstanz im Rahmen der Beurteilung der objektiven Tatkomponenten im Wesentlichen auf den Sachschaden in der Höhe von Fr. 425'339.-- abstellt. Damit lasse sie ausser Acht, dass die Schadenshöhe schon zum Ausschluss des privilegierten Tatbestandes von Art. 221 Abs. 3 StGB führe. Diese könne sich daher - wenn überhaupt - lediglich unwesentlich straferhöhend auswirken. Dies gelte umso mehr, als die Vorinstanz den von der Gebäudeversicherung geltend gemachten Schaden nicht als erwiesen erachtet und die Forderung auf den Zivilweg verwiesen habe. Zudem habe die Vorinstanz nicht berücksichtigt, dass durch den Brand keine anderen Gebäude oder Menschen gefährdet worden seien. Nicht nachvollziehbar sei im Weiteren, inwiefern sich die Tatplanung und die Rollenverteilung zusätzlich verschuldenserhöhend auswirken sollen, zumal diese Gesichtspunkte schon durch die Qualifizierung als Mittäterschaft hinreichend abgegolten würden. In Bezug auf die subjektiven Tatkomponenten bringt der Beschwerdeführer vor, die Vorinstanz habe seine lang anhaltende finanzielle Notlage, welche ihn regelrecht in die Verzweiflung getrieben habe, nicht hinreichend gewürdigt. Ziel der kriminellen Handlungen sei in erster Linie der Abbau der drängenden Geschäftsschulden gewesen. Es sei ihm nie um den eigenen Vorteil gegangen, sondern allein darum, einen Ausweg aus der Misere zu finden, der es erlaubt hätte, seinen familiären Unterstützungspflichten nachzukommen und die Gesellschaft finanziell wieder aufzubauen. Unter diesen Umständen hätten die finanziellen Beweggründe nicht derart stark verschuldenserhöhend gewichtet werden dürfen. Schliesslich macht der Beschwerdeführer geltend, die Vorinstanz habe die Tatbeiträge der anderen Mittäter bei der Bewertung des Verschuldens nicht hinreichend gegeneinander abgewogen. Die Tatbeiträge der Mittäter wögen ungleich schwerer als sein eigener. Namentlich habe die Vorinstanz ausser Acht gelassen, dass er keinen Einfluss auf das Ausmass des Brandes gehabt habe, zumal er den Brandbeschleuniger weder beschafft noch verteilt und den Brand auch nicht gelegt habe. Die Festsetzung einer Einsatzstrafe von 42 Monaten sowie deren Erhöhung um 12 Monate erscheine daher als unverhältnismässig (Beschwerde S. 4 ff.).
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2.2. Die Vorinstanz geht für die Strafzumessung vom Tatbestand der Brandstiftung als schwerstem Delikt aus. Sie nimmt an, hinsichtlich des tatbezogenen Verschuldens sei zu berücksichtigen, dass durch den Brand ein Sachschaden in der Höhe von Fr. 425'339.-- entstanden sei. Allein aus diesem Ausmass des verschuldeten Erfolgs ergebe sich ein leichtes bis mittelschweres Verschulden. Als mittelschwer verschuldenserhöhend wirke sich weiter das konkrete Vorgehen aus. Die Brandlegung sei geplant und die Rollen unter den Mittätern seien klar verteilt gewesen. So habe der Mitangeklagte X.________, welcher für die eigentliche Brandlegung bestimmt gewesen sei, den vom Mitangeklagten Z.________ zuvor im Büro deponierten Benzinkanister als Brandbeschleuniger verwendet, nachdem der Beschwerdeführer zusammen mit dem Mitangeklagten Z.________ vorgängig die Büros verwüstet und die Zugangstüre beschädigt hätten, um einen Einbruch vorzutäuschen. Durch die Verwendung von Benzin als Brandbeschleuniger an fünf verschiedenen Orten hätten die Täter nicht nur die Zerstörung der Büros der Kollektivgesellschaft A.________, sondern des gesamten Gebäudes und damit die Verursachung eines weit höheren Schadens in Kauf genommen. Dass sich das Feuer nicht weiter ausgebreitet habe, sei einzig auf die fehlende Sauerstoffzufuhr zurückzuführen, was sich nicht strafmindernd auswirken könne. Bei den subjektiven Tatkomponenten würdigt die Vorinstanz den direkten Vorsatz sowie das egoistische Motiv des Beschwerdeführers stark verschuldenserhöhend. Die Brandstiftung sei geplant gewesen, um in der Folge den Schadenfall der Versicherung zu melden, damit diese die Versicherungsleistungen ausbezahle. Der Beschwerdeführer habe sich zwar in einem finanziellen Engpass befunden. Dies habe indes seine Freiheit, sich gegen das Unrecht zu entscheiden, nicht beeinträchtigt. Insgesamt sei von einem nicht mehr leichten bis mittelschweren Tatverschulden auszugehen. Dementsprechend setzt die Vorinstanz die Einsatzstrafe auf 3
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2.3. Gemäss Art. 47 Abs. 1 StGB misst das Gericht die Strafe nach dem Verschulden des Täters zu. Es berücksichtigt das Vorleben, die persönlichen Verhältnisse sowie die Wirkung der Strafe auf das Leben des Täters. Die Bewertung des Verschuldens richtet sich gemäss Abs. 2 derselben Bestimmung nach der Schwere der Verletzung oder der Gefährdung des betroffenen Rechtsguts, nach der Verwerflichkeit des Handelns, den Beweggründen und Zielen des Täters sowie danach, wie weit der Täter nach den inneren und äusseren Umständen in der Lage war, die Gefährdung oder Verletzung zu vermeiden.
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2.4. Die Vorinstanz hat die vom Bezirksgericht Bremgarten ausgesprochene, bedingt aufgeschobene Freiheitsstrafe von 24 Monaten auf 4
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3. |
3.1. Der Beschwerdeführer wendet sich schliesslich gegen die Feststellung der Vorinstanz, es sei unbestritten, dass ausschliesslich er und die beiden Mitangeklagten an der Tat beteiligt gewesen seien. Es sei durchaus möglich, dass der Mitangeklagte X.________ weitere, ihm unbekannte Personen beigezogen habe. Dies sei insofern bedeutsam, als bei einem Freispruch des Mitangeklagten X.________ und Annahme einer Dritttäterschaft ein Schuldspruch wegen vollendeter Brandstiftung ausser Betracht falle, da die Handlungen dieses Dritten nicht zugerechnet werden könnten (Beschwerde S. 12 f.).
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3.2. Die Feststellung des Sachverhalts durch die Vorinstanz kann gemäss Art. 97 Abs. 1 BGG nur gerügt werden, wenn sie offensichtlich unrichtig, d.h. willkürlich ist oder auf einer Verletzung von schweizerischem Recht im Sinne von Art. 95 BGG beruht und wenn die Behebung des Mangels für den Ausgang des Verfahrens entscheidend sein kann. Die Rüge der willkürlichen Feststellung des Sachverhalts prüft das Bundesgericht gemäss Art. 106 Abs. 2 BGG nur insoweit, als in der Beschwerde explizit vorgebracht und substantiiert begründet wird, inwiefern der angefochtene Entscheid an einem qualifizierten und offensichtlichen Mangel leidet (BGE 138 I 171 E. 1.4; 136 II 489 E. 2.8; 133 IV 286 E. 1.4; je mit Hinweisen).
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3.3. Die Beschwerde ist in diesem Punkt unbegründet, soweit sie den Begründungsanforderungen überhaupt genügt. Aus der blossen Möglichkeit, dass in die Brandstiftung weitere Personen involviert gewesen sein könnten, ergibt sich nicht, dass der Schluss der Vorinstanz offensichtlich unhaltbar ist. Im Übrigen hat das Bundesgericht die Beschwerde des Mitangeklagten X.________ mit heutigem Datum abgewiesen (Verfahren 6B_46/2014).
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4. Die Beschwerde ist teilweise gutzuheissen, im Übrigen aber abzuweisen, soweit darauf einzutreten ist. Bei diesem Ausgang des Verfahrens hat der Kanton Aargau den Beschwerdeführer im Umfang seines Obsiegens für das bundesgerichtliche Verfahren zu entschädigen (Art. 68 Abs. 1 BGG). Die Entschädigung ist praxisgemäss seinem Rechtsvertreter auszurichten. In diesem Umfang wird das Gesuch um unentgeltliche Rechtspflege gegenstandslos (BGE 139 III 396 E. 4.1). Soweit der Beschwerdeführer mit seiner Beschwerde unterliegt, ist das Gesuch zufolge Aussichtslosigkeit der Beschwerde abzuweisen (Art. 64 Abs. 1 und 2 BGG). Entsprechend sind dem Beschwerdeführer Gerichtskosten aufzuerlegen (Art. 66 Abs. 1 BGG). Seinen finanziellen Verhältnissen ist bei der Festsetzung der Gerichtskosten Rechnung zu tragen (Art. 65 Abs. 2 BGG).
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Demnach erkennt das Bundesgericht: |
1. Die Beschwerde wird teilweise gutgeheissen, das Urteil des Obergerichts des Kantons Aargau vom 14. November 2013 aufgehoben und die Sache zu neuer Entscheidung an die Vorinstanz zurückgewiesen; im Übrigen wird die Beschwerde abgewiesen, soweit darauf einzutreten ist.
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2. Das Gesuch um unentgeltliche Rechtspflege wird abgewiesen, soweit es nicht gegenstandslos geworden ist.
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3. Dem Beschwerdeführer werden Gerichtskosten von Fr. 500.-- auferlegt.
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4. Der Kanton Aargau hat dem Rechtsvertreter des Beschwerdeführers für das bundesgerichtliche Verfahren eine Entschädigung von Fr. 2'000.-- auszurichten.
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5. Dieses Urteil wird den Parteien und dem Obergericht des Kantons Aargau, Strafgericht, 1. Kammer, schriftlich mitgeteilt.
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Lausanne, 9. Oktober 2014
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Im Namen der Strafrechtlichen Abteilung
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des Schweizerischen Bundesgerichts
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Der Präsident: Mathys
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Der Gerichtsschreiber: Boog
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