BGer 5A_501/2014 |
BGer 5A_501/2014 vom 15.12.2014 |
{T 0/2}
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5A_501/2014
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Urteil vom 15. Dezember 2014 |
II. zivilrechtliche Abteilung |
Besetzung
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Bundesrichter von Werdt, Präsident,
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Bundesrichterin Escher, Bundesrichter Schöbi,
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Gerichtsschreiber Buss.
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Verfahrensbeteiligte |
A.A.________,
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vertreten durch Rechtsanwalt Dr. Peter Steiner,
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Beschwerdeführer,
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gegen
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B.A.________,
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vertreten durch Rechtsanwalt Dr. Walter Studer,
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Beschwerdegegnerin.
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Gegenstand
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Abänderung des Scheidungsurteils,
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Beschwerde gegen den Entscheid des Obergerichts
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des Kantons Aargau, Zivilgericht, 2. Kammer,
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vom 7. Mai 2014.
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Sachverhalt: |
A. A.A.________ (geb. 1956) und B.A.________ (geb. 1958) heirateten im Oktober 1982. Das jüngste aus der Verbindung hervorgegangene Kind wurde 2007 18-jährig. Mit Urteil vom 21. Januar 2010 hiess der Gerichtspräsident des Bezirksgerichts Brugg das Scheidungsbegehren der Parteien gut und genehmigte die von den Parteien am 6. Dezember 2009/10. Januar 2010 abgeschlossene Vereinbarung über die Scheidungsfolgen. In dieser Vereinbarung hatte sich A.A.________ verpflichtet, B.A.________ an ihren Unterhalt bis und mit November 2021 einen Unterhaltsbeitrag von Fr. 2'200.-- zu bezahlen.
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B. Am 1. April 2011 erhob A.A.________ beim Bezirksgericht Brugg eine Klage auf Abänderung des Scheidungsurteils und beantragte, die Unterhaltspflicht mit Wirkung ab 1. April 2011 um mindestens Fr. 1'000.-- zu reduzieren. Zur Begründung führte er insbesondere aus, dass sich seine finanzielle Situation aufgrund seiner Wiederverheiratung und des Zusammenlebens mit seiner neuen Ehefrau verschlechtert habe und mit der Geburt seiner Tochter weiter verschlechtern werde. Das Gesuch um unentgeltliche Rechtspflege hiess das Bezirksgericht mit Verfügung vom 23. Mai 2011 gut; die Klage wies es mit Entscheid vom 23. Oktober 2012 ab.
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C. Gegen den ihm am 8. März 2013 in vollständiger Ausfertigung zugestellten Entscheid erhob A.A.________ am 22. April 2013 beim Obergericht des Kantons Aargau Berufung und erneuerte seine vor erster Instanz gestellten Begehren. Das Obergericht wies das Gesuch um unentgeltliche Rechtspflege wegen fehlender Mittellosigkeit mit Verfügung vom 2. Mai 2013 ab. Mit Entscheid vom 7. Mai 2014 wies es die Berufung ab.
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D. Dem Bundesgericht beantragt A.A.________ (nachfolgend Beschwerdeführer) in seiner Beschwerde in Zivilsachen vom 18. Juni 2014, den obergerichtlichen Entscheid aufzuheben und seine Unterhaltspflicht um Fr. 1'000.--, d.h. auf Fr. 1'200.--, zu reduzieren. Eventuell sei das Verfahren an die Vorinstanz zum Neuentscheid zurückzuweisen. Zudem ersucht er für das bundesgerichtliche Verfahren um unentgeltliche Rechtspflege.
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Erwägungen: |
1. |
1.1. Angefochten ist der Endentscheid eines oberen Gerichts, das auf Rechtsmittel hin kantonal letztinstanzlich über die Abänderung eines Scheidungsurteils bezüglich des nachehelichen Unterhalts und damit in einer Zivilsache entschieden hat (Art. 90, Art. 75 und Art. 72 Abs. 1 BGG). Der Streitwert übersteigt gemäss obergerichtlicher Feststellung den gesetzlichen Mindestbetrag (Art. 74 Abs. 1 lit. b BGG). Die im Übrigen fristgerecht (Art. 100 Abs. 1 BGG) eingereichte Beschwerde in Zivilsachen ist grundsätzlich zulässig.
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1.2. Mit der vorliegenden Beschwerde können Rechtsverletzungen gemäss Art. 95 f. BGG gerügt werden. Mit Ausnahme der Verletzung von Grundrechten und von kantonalem und interkantonalem Recht wendet das Bundesgericht das Recht von Amtes wegen an (Art. 106 BGG). Es ist allerdings nicht gehalten, wie eine erstinstanzliche Behörde alle sich stellenden rechtlichen Fragen von sich aus zu untersuchen, wenn der Beschwerdeführer diese nicht mehr thematisiert (BGE 137 III 580 E. 1.3 S. 584). Deshalb ist in der Beschwerde in gedrängter Form darzulegen, inwiefern der angefochtene Akt Recht verletzt (Art. 42 Abs. 2 BGG; BGE 134 III 102 E. 1.1 S. 104). Der Beschwerdeführer muss auf den angefochtenen Entscheid eingehen und aufzeigen, worin eine Verletzung von Bundesrecht liegt; er soll im Schriftsatz mit seiner Kritik an den Erwägungen der Vorinstanz ansetzen, die er als rechtsfehlerhaft erachtet (vgl. BGE 121 III 397 E. 2a S. 400). Allgemein gehaltene Einwände, die ohne aufgezeigten oder erkennbaren Zusammenhang mit bestimmten Entscheidungsgründen vorgebracht werden, genügen nicht. Verfassungsverletzungen werden nur geprüft, wenn sie gerügt und gehörig begründet werden (Art. 106 Abs. 2 BGG; BGE 133 IV 286 E. 1.4 S. 287; 134 I 83 E. 3.2. S. 88 mit Hinweisen).
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2. Anlass zur Beschwerde gibt die Frage, ob sich der Beschwerdeführer zu Recht auf eine Veränderung der Verhältnisse im Sinne von Art. 129 Abs. 1 ZGB beruft.
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2.1. Der Beschwerdeführer verlangt vor Bundesgericht die Herabsetzung der Unterhaltsbeiträge wegen Verschlechterung seiner wirtschaftlichen Verhältnisse zufolge Wiederverheiratung und Geburt seiner Tochter. Er macht geltend, es sei entgegen der Auffassung des Obergerichts der volle Ehegattengrundbetrag von Fr. 1'700.-- und damit eine Erhöhung des Bedarfs um Fr. 600.-- zu berücksichtigen. Ebenfalls seien die Krankenkassenprämien seiner neuen Ehefrau von Fr. 310.60 hinzuzurechnen. Zudem fordert er auf den Grundbeträgen einen Zuschlag von 20 Prozent. Zur Begründung führt er an, es sei irrelevant, dass er im Rahmen des Scheidungsverfahrens (erfolglos) versucht habe, die entsprechend höheren Kosten gemäss seiner Zukunftsplanung zu berücksichtigen. Entscheidend sei einzig, dass der Unterhaltsbeitrag vorliegend nicht mit Blick auf die vorhersehbare Veränderung festgelegt worden sei. Vor Bundesgericht nicht mehr geltend macht der Beschwerdeführer eine Verbesserung der Verhältnisse auf Seiten der Beschwerdegegnerin.
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2.2. Das Obergericht hat im Hinblick auf die Voraussetzungen für eine Abänderung der Unterhaltsrente erwogen, die Parteien hätten die Scheidungskonvention in der Annahme geschlossen, dass sich der Beschwerdeführer wieder verheiraten werde. Diese Veränderung sei bei der Aushandlung der Scheidungskonvention offensichtlich auch berücksichtigt worden. Dass im Ergebnis im Existenzminimum des Beschwerdeführers keine zusätzlichen Kosten mit Blick auf die anstehende Eheschliessung eingesetzt worden seien, ändere nichts daran. Der Beschwerdeführer habe der Scheidungskonvention zugestimmt, obwohl die mit der Eheschliessung verbundenen, voraussehbaren Kosten keinen Eingang in die Berechnung des Existenzminimums gefunden hätten. Er könne sich deshalb insoweit nicht nachträglich auf eine Veränderung der Verhältnisse berufen. Das Abänderungsverfahren diene nicht dazu, das Ergebnis der Verhandlungen über die Scheidungskonvention bzw. das Scheidungsurteil zu korrigieren. Der als Folge der Eheschliessung höhere Grundbetrag sowie die zusätzlich vom Beschwerdeführer zu bezahlenden Krankenkassenprämien seiner neuen Ehefrau rechtfertigten deshalb keine Abänderung des im Scheidungsurteil festgesetzten Unterhaltsbeitrags. Neu zu berücksichtigen sei hingegen der Bedarf der Tochter aus zweiter Ehe, der sich aus dem Grundbetrag (Fr. 400.--) und den Kosten für die Krankenkasse (Fr. 50.--) zusammensetze. Dieser Erhöhung des Existenzminimums des Beschwerdeführers stehe jedoch eine Lohnerhöhung von netto Fr. 325.50 (Fr. 8'775.50 ./. Fr. 8'450.--) zuzüglich Kinderzulage gegenüber. Daher liege keine erhebliche Veränderung der Verhältnisse vor, unabhängig davon, ob zum Grundbetrag der Tochter ein Zuschlag von 20 Prozent vorgenommen werde oder nicht.
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2.3. |
2.3.1. Die Abänderungsklage auf Herabsetzung, Aufhebung oder Sistierung der Unterhaltsrente an die geschiedene Ehefrau setzt eine Veränderung im Sinne von Art. 129 Abs. 1 ZGB voraus, die nach der Festsetzung der Unterhaltsrente eingetreten und bei deren Festsetzung noch nicht zum Voraus berücksichtigt worden ist. Für den zukünftigen Abänderungsanspruch ist nicht die fehlende Vorhersehbarkeit der Veränderung für die Zukunft, sondern deren mangelnde Berücksichtigung bei der Regelung der Unterhaltsansprüche massgeblich (BGE 131 III 189 E. 2.7.4 S. 199; 128 III 305 E. 5b S. 310 f.). Im Sinne einer tatsächlichen Vermutung ist jedoch im Zweifel anzunehmen, dass vorhersehbare Änderungen auch berücksichtigt worden sind (BGE 138 III 289 E. 11.1.1 S. 292). Abänderbar im Sinne von Art. 129 Abs. 1 ZGB sind sowohl gerichtlich festgesetzte als auch von den Parteien vereinbarte - und alsdann gerichtlich genehmigte (Art. 279 Abs. 2 ZPO) - Renten. Von welchen Vorstellungen die Ehegatten beim Abschluss der Vereinbarung ausgegangen sind, ist dabei Tatfrage (BGE 105 II 166 E. 2 S. 169). Lässt sich der wirkliche Wille der Ehegatten nicht mehr feststellen, ist deren mutmasslicher Wille nach dem Vertrauensgrundsatz zu ermitteln (Rechtsfrage), d.h. die Scheidungsvereinbarung so auszulegen, wie sie nach ihrem Wortlaut und Zusammenhang sowie den gesamten Umständen verstanden werden durfte und musste. Das Abänderungsgericht orientiert sich dabei am dispositiven Recht, das in der Regel die Interessen der Ehegatten genügend wahrt, weshalb derjenige Ehegatte, der davon abweichen will, das mit hinreichender Deutlichkeit zum Ausdruck bringen muss (Urteile 5C.52/2007 vom 12. Juli 2007 E. 2, in: FamPra.ch 2007 S. 935; 5A_487/2011 vom 2. September 2011 E. 4.1).
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2.3.2. Vorliegend hat sich der Beschwerdeführer bereits rund zwei Monate nach der Scheidung wiederverheiratet. Es ist unbestritten, dass er sich der künftig auf ihn zukommenden Familienlasten beim Abschluss der Scheidungskonvention bewusst war und diese im Rahmen der Verhandlungen über die Scheidungskonvention auch als Argument ins Feld geführt hat. Die Vorinstanz hat daraus gefolgert, die Ausklammerung des Bedarfs der neuen Lebenspartnerin und jetzigen Ehefrau des Beschwerdeführers in dessen Existenzminimum stelle das Ergebnis von Verhandlungen über eine absehbare Entwicklung dar. Der Beschwerdeführer behauptet zwar, dass die Parteien die Rente vorliegend nicht mit Blick auf die vorhersehbare Veränderung festgesetzt hätten, übergeht jedoch, dass die Vorinstanz einen mutmasslichen Parteiwillen im gerade gegenteiligen Sinn ermittelt hat und setzt sich mit ihren entscheidenden Erwägungen nicht ansatzweise auseinander. Damit kann mangels rechtsgenüglicher Begründung in diesem Punkt nicht auf die Beschwerde eingetreten werden (Art. 42 Abs. 2 BGG; vgl. E. 1.2 oben). Es bleibt somit beim vorinstanzlichen Auslegungsergebnis, wonach nach dem mutmasslichen Parteiwillen die bereits damals absehbaren Kosten der jetzigen Ehefrau des Beschwerdeführers keine Abänderung des Unterhaltsbeitrags rechtfertigen sollen bzw. dabei, dass der Beschwerdeführer die dahingehende Vermutung nicht widerlegen konnte. Folglich ist auch insgesamt eine nach Art. 129 Abs. 1 ZGB relevante Veränderung der Verhältnisse nicht dargetan.
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3. Aus den dargelegten Gründen ist auf die Beschwerde nicht einzutreten. Der Beschwerdeführer hat für die Gerichtskosten aufzukommen (Art. 66 Abs. 1 BGG). Wie die vorstehenden Erwägungen aufzeigen, muss die Beschwerde als von Anfang an aussichtslos betrachtet werden. Damit mangelt es an einer materiellen Voraussetzung für die unentgeltliche Rechtspflege (Art. 64 Abs. 1 BGG). Das entsprechende Gesuch des Beschwerdeführers ist abzuweisen. Da keine Vernehmlassungen eingeholt worden und der Beschwerdegegnerin somit keine Kosten erwachsen sind, entfällt die Zusprechung einer Parteientschädigung.
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Demnach erkennt das Bundesgericht: |
1. Auf die Beschwerde wird nicht eingetreten.
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2. Das Gesuch um unentgeltliche Rechtspflege wird abgewiesen.
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3. Die Gerichtskosten von Fr. 2'000.-- werden dem Beschwerdeführer auferlegt.
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4. Dieses Urteil wird den Parteien und dem Obergericht des Kantons Aargau, Zivilgericht, 2. Kammer, schriftlich mitgeteilt.
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Lausanne, 15. Dezember 2014
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Im Namen der II. zivilrechtlichen Abteilung
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des Schweizerischen Bundesgerichts
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Der Präsident: von Werdt
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Der Gerichtsschreiber: Buss
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