BGer 6B_182/2014 |
BGer 6B_182/2014 vom 27.01.2015 |
{T 0/2}
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6B_182/2014
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Urteil vom 27. Januar 2015 |
Strafrechtliche Abteilung |
Besetzung
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Bundesrichter Denys, Präsident,
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Bundesrichter Rüedi,
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Bundesrichterin Jametti,
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Gerichtsschreiber M. Widmer.
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Verfahrensbeteiligte |
X.________,
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vertreten durch Rechtsanwältin Fiona Forrer,
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Beschwerdeführer,
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gegen
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1. Oberstaatsanwaltschaft des Kantons Zürich, Florhofgasse 2, 8090 Zürich,
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2. A.________,
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vertreten durch Rechtsanwalt Reto Zanotelli,
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Beschwerdegegner.
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Gegenstand
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Versuchte schwere Körperverletzung, Schuldfähigkeit, Strafzumessung; Willkür,
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Beschwerde gegen das Urteil des Obergerichts des Kantons Zürich, I. Strafkammer, vom 18. November 2013.
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Sachverhalt: |
A.
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B. |
C. |
Erwägungen: |
1. |
Neue Tatsachen und Beweismittel dürfen vor Bundesgericht nur soweit vorgebracht werden, als erst der Entscheid der Vorinstanz dazu Anlass gibt (Art. 99 Abs. 1 BGG). Hierbei handelt es sich um unechte Noven. Echte Noven, das heisst Tatsachen, die sich zugetragen haben, nachdem vor der Vorinstanz keine neuen Tatsachen mehr vorgetragen werden durften, sind vor Bundesgericht unbeachtlich (BGE 139 III 120 E. 3.1.2; 133 IV 342 E. 2.1; je mit Hinweisen). Der Beschwerdeführer reicht unter anderem ein Schreiben von PD Dr. med. B.________ vom 13. Februar 2014 ins Recht und zieht daraus seine Schlüsse. Dabei handelt es sich um echte Noven, die im bundesgerichtlichen Verfahren nicht zulässig sind.
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2. |
Der Beschwerdeführer wendet sich gegen die Verurteilung wegen versuchter schwerer Körperverletzung und beanstandet die diesbezügliche vorinstanzliche Sachverhaltsfeststellung.
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2.1. Die Vorinstanz stellt fest, der Beschwerdeführer habe den Beschwerdegegner mit zwei 3 cm tiefen Messerstichen am Oberkörper verwundet und dabei lebensgefährliche Verletzungen gewollt oder zumindest in Kauf genommen.
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Die Vorinstanz legt dar, die Aussagen des Beschwerdeführers seien widersprüchlich und wenig glaubhaft. Seine anfängliche Darstellung sei stark vom Geschehen abgewichen, welches durch die Aufnahmen der Videoüberwachung erstellt sei. Immerhin räume er ein, auf den Beschwerdegegner zugegangen zu sein, weil er ihn aus Wut habe verprügeln wollen. Die Angaben des Beschwerdegegners und der weiteren Anwesenden liessen sich demgegenüber mit den Bildern der Videoüberwachung vereinbaren. Ein Anwesender habe mehrfach geschildert, in der Hand des Beschwerdeführers ein Messer gesehen zu haben, was durch die Aussagen des Beschwerdegegners, der etwas glitzern sah, untermauert werde. Die Aufnahmen der Videoüberwachung zeigten das Geschehen praktisch lückenlos. Der Beschwerdegegner sei lediglich mit dem Beschwerdeführer in tätliche Auseinandersetzungen verwickelt gewesen und ein Raufhandel habe nicht stattgefunden. Es sei nicht ersichtlich, wer ausser dem Beschwerdeführer dem Beschwerdegegner die Verletzungen zugefügt haben sollte. Auch wenn die Tatwaffe nicht zum Vorschein gekommen sei, bestünden keine vernünftigen Zweifel, dass der Beschwerdeführer den Beschwerdegegner mit Messerstichen verletzt habe. Ein vom Beschwerdeführer behauptetes Komplott des Beschwerdegegners und dessen Kollegen liege nicht vor. Auch sein Vorbringen, der Beschwerdegegner und dessen Kollegen hätten ihn ausnehmen wollen, worauf vielleicht einer der anderen seinen eigenen Kollegen niedergestochen habe, sei zu verwerfen. Ebenso wenig überzeuge seine Spekulation, die Verletzung des Beschwerdegegners sei durch eine andere Person versehentlich verursacht worden. Auf der Videoüberwachung sei zu erkennen, dass es der Beschwerdeführer sei, der gegen den Beschwerdegegner vorgehe und ihn verfolge, um ihn zu verprügeln. Die anderen Anwesenden hätten sich an der Auseinandersetzung zwischen dem Beschwerdeführer und dem Beschwerdegegner nicht anders als schlichtend beteiligt. Eine Ausnahme bilde der Begleiter des Beschwerdeführers, der den Beschwerdegegner getreten habe.
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2.2. Die vorinstanzliche Sachverhaltsfeststellung kann nur gerügt werden, wenn sie offensichtlich unrichtig ist oder auf einer Rechtsverletzung im Sinne von Art. 95 BGG beruht und wenn die Behebung des Mangels für den Ausgang des Verfahrens entscheidend sein kann (Art. 97 Abs. 1 BGG). Offensichtlich unrichtig ist die Feststellung des Sachverhalts, wenn sie willkürlich ist (BGE 139 II 404 E. 10.1; 137 III 226 E. 4.2; zum Begriff der Willkür BGE 139 III 334 E. 3.2.5; 138 I 49 E. 7.1; 136 III 552 E. 4.2; je mit Hinweisen). Eine entsprechende Rüge muss klar und substanziiert begründet werden (Art. 42 Abs. 2 und Art. 106 Abs. 2 BGG; BGE 138 I 225 E. 3.2; 137 IV 1 E. 4.2.3; 136 I 65 E. 1.3.1; je mit Hinweisen). Auf eine rein appellatorische Kritik am angefochtenen Entscheid tritt das Bundesgericht nicht ein (BGE 139 II 404 E. 10.1; 137 IV 1 E. 4.2.3; 136 II 489 E. 2.8; je mit Hinweisen).
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Dem Grundsatz in dubio pro reo kommt in der vom Beschwerdeführer angerufenen Funktion als Beweiswürdigungsregel im Verfahren vor dem Bundesgericht keine über das Willkürverbot von Art. 9 BV hinausgehende Bedeutung zu (BGE 127 I 38 E. 2a; 124 IV 86 E. 2a; je mit Hinweisen).
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2.3. Der Beschwerdeführer legt nicht dar, inwiefern die Feststellungen der Vorinstanz schlechterdings unhaltbar sind. Er übt über weite Strecken unzulässige appellatorische Kritik am vorinstanzlichen Beweisergebnis und beschränkt sich darauf, seine Sicht der Dinge vorzutragen. Dies ist zum Beispiel der Fall, wenn er behauptet, aus dem Bildmaterial gehe hervor, dass er grundsätzlich ein fairer Mensch sei und nicht goutiert habe, dass sein Kollege den am Boden liegenden Beschwerdegegner trat. Darauf ist nicht einzutreten.
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3. |
3.1. Nach Art. 20 StGB ordnet das Gericht eine sachverständige Begutachtung an, wenn ernsthafter Anlass besteht, an der Schuldfähigkeit des Täters zu zweifeln. Dies gilt nicht nur, wenn das Gericht tatsächlich Zweifel an der Schuldfähigkeit hegt, sondern auch, wenn es nach den Umständen des Falls ernsthafte Zweifel haben sollte (BGE 133 IV 145 E. 3.3; 132 IV 29 E. 5.1; 119 IV 120 E. 2a; 116 IV 273 E. 4a; je mit Hinweisen). Indessen genügt zur Annahme einer verminderten Schuldfähigkeit nicht jede geringfügige Herabsetzung der Fähigkeit, sich zu beherrschen. Die Geistesverfassung des Betroffenen muss in hohem Masse in den Bereich des Abnormen fallen und von jener der durchschnittlichen Rechts- und Verbrechensgenossen abweichen, weil der Begriff des "normalen Menschen" nicht eng zu fassen ist (BGE 133 IV 145 E. 3.3; 116 IV 273 E. 4a und b; je mit Hinweisen). Die Notwendigkeit, ein Sachverständigengutachten beizuziehen, ist erst gegeben, wenn Anzeichen vorliegen, die geeignet sind, Zweifel hinsichtlich der vollen Schuldfähigkeit zu wecken, wie etwa ein Widerspruch zwischen Tat und Täterpersönlichkeit oder ein völlig unübliches Verhalten (BGE 133 IV 145 E. 3.3 mit Hinweisen).
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3.2. Die Vorinstanz prüft, ob die Schuldfähigkeit des Beschwerdeführers eingeschränkt war, weil er bei der Auseinandersetzung mit dem Beschwerdegegner eine Blutalkoholkonzentration zwischen 1,12 und 1,86 Gewichtspromille aufwies. Sie verneint dies und erwägt zutreffend, dass im Sinne einer groben Faustregel davon ausgegangen werden kann, dass bei einer Blutalkoholkonzentration von unter 2 Promille in der Regel keine Beeinträchtigung der Schuldfähigkeit vorliegt (vgl. BGE 122 IV 49 E. 1b und c). Zudem berücksichtigt sie, dass der Beschwerdeführer zu übermässigem Alkoholkonsum neige. Bei einem anderen Vorfall lediglich 7 Tage zuvor habe er eine Blutalkoholkonzentration von 1,19 bis 1,78 Gewichtspromille aufgewiesen. Dies lasse auf eine gewisse Alkoholgewöhnung schliessen. Die Videoaufnahmen widersprächen der Behauptung des Beschwerdeführers, er sei derart stark alkoholisiert gewesen, dass sich alles um ihn gedreht und er unscharf gesehen habe.
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3.3. Was der Beschwerdeführer dagegen vorbringt, genügt den Begründungsanforderungen nicht (Art. 42 Abs. 2 und Art. 106 Abs. 2 BGG).
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4. |
5. |
5.1. Das Bundesgericht greift in die Strafzumessung auf Beschwerde hin nur ein, wenn die Vorinstanz den gesetzlichen Strafrahmen über- oder unterschritten hat, wenn sie von nicht massgebenden Kriterien ausgegangen ist, wesentliche Gesichtspunkte ausser Acht gelassen oder in Überschreitung oder Missbrauch ihres Ermessens falsch gewichtet hat (BGE 136 IV 55 E. 5.6 mit Hinweis). Die Strafe bemisst sich nach dem Verschulden des Täters, wobei sein Vorleben, seine persönlichen Verhältnisse und die Wirkung der Strafe auf sein Leben zu berücksichtigen sind (Art. 47 Abs. 1 StGB). Das Verschulden wird nach der Schwere der Verletzung oder Gefährdung des betroffenen Rechtsguts, nach der Verwerflichkeit des Handelns, den Beweggründen und Zielen des Täters sowie danach bestimmt, wie weit der Täter nach den inneren und äusseren Umständen in der Lage war, die Gefährdung oder Verletzung zu vermeiden (Art. 47 Abs. 2 StGB). Diese allgemeinen Strafzumessungskriterien hat das Bundesgericht wiederholt erläutert (BGE 136 IV 55 E. 5.4 ff. mit Hinweisen). Darauf kann verwiesen werden.
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5.2. Die Vorinstanz berücksichtigt sämtliche relevanten Strafzumessungskriterien nachvollziehbar. Ihre Würdigung der Täterkomponenten ist ebenso wenig zu beanstanden wie ihre Erwägungen zu den Tatkomponenten der versuchten schweren Körperverletzung, des mehrfachen Diebstahls, des mehrfachen Hausfriedensbruchs, der mehrfachen Sachbeschädigung, der Drohung, der versuchten einfachen Körperverletzung sowie der Widerhandlung gegen das Waffengesetz. Die Tätlichkeiten ahndet sie zutreffend mit einer Busse.
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5.3. Soweit der Beschwerdeführer seine Rügen gegen die Strafzumessung auf der Grundlage des vergeblich beantragten Freispruchs begründet, ist darauf nicht einzutreten.
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6. |
Demnach erkennt das Bundesgericht: |
1. Die Beschwerde wird abgewiesen, soweit darauf einzutreten ist.
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2. Das Gesuch um unentgeltliche Rechtspflege wird abgewiesen.
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3. Die Gerichtskosten von Fr. 1'600.-- werden dem Beschwerdeführer auferlegt.
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4. Dieses Urteil wird den Parteien und dem Obergericht des Kantons Zürich, I. Strafkammer, schriftlich mitgeteilt.
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Lausanne, 27. Januar 2015
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Im Namen der Strafrechtlichen Abteilung
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des Schweizerischen Bundesgerichts
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Der Präsident: Denys
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Der Gerichtsschreiber: M. Widmer
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