BGer 1C_497/2014 |
BGer 1C_497/2014 vom 10.02.2015 |
{T 0/2}
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1C_497/2014
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Urteil vom 10. Februar 2015 |
I. öffentlich-rechtliche Abteilung |
Besetzung
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Bundesrichter Fonjallaz, Präsident,
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Bundesrichter Karlen, Eusebio,
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Gerichtsschreiber Forster.
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Verfahrensbeteiligte |
A.________,
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Beschwerdeführer,
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vertreten durch Rechtsanwalt Tim Walker,
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gegen
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Strassenverkehrsamt des Kantons Graubünden, Kalchbühlstrasse 18, 7000 Chur,
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Departement für Justiz, Sicherheit und Gesundheit des Kantons Graubünden, Hofgraben 5, 7001 Chur.
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Gegenstand
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Sicherungsentzug des Führerausweises,
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Beschwerde gegen das Urteil vom 17. Juni 2014
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des Verwaltungsgerichts des Kantons Graubünden,
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1. Kammer.
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Sachverhalt: |
A. |
B. |
C. |
D. |
Erwägungen: |
1. |
1.1. Die Sachurteilsvoraussetzungen von Art. 82 ff. BGG sind grundsätzlich erfüllt und geben zu keinen Vorbemerkungen Anlass.
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1.2. Das Bundesgericht legt seinem Urteil den Sachverhalt zugrunde, den die Vorinstanz festgestellt hat. Die Feststellung des Sachverhalts kann nur gerügt werden, wenn sie offensichtlich unrichtig ist oder auf einer Rechtsverletzung im Sinne von Art. 95 BGG beruht und wenn die Behebung des Mangels für den Ausgang des Verfahrens entscheidend sein kann (Art. 97 Abs. 1 i.V.m. Art. 105 Abs. 1-2 BGG).
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1.3. Mit der Beschwerde in öffentlich-rechtlichen Angelegenheiten kann namentlich eine Verletzung von Bundesrecht, Völkerrecht und kantonalen verfassungsmässigen Rechten gerügt werden (Art. 95 BGG). Das Bundesgericht wendet das Recht von Amtes wegen an (Art. 106 Abs. 1 BGG). Es ist folglich weder an die in der Beschwerde geltend gemachten Argumente noch an die Erwägungen der Vorinstanz gebunden; es kann eine Beschwerde aus einem anderen als dem angerufenen Grund gutheissen, und es kann eine Beschwerde mit einer von der Argumentation der Vorinstanz abweichenden Begründung abweisen (BGE 133 II 249 E. 1.4.1 S. 254 mit Hinweisen). Immerhin prüft das Bundesgericht, unter Berücksichtigung der allgemeinen Begründungspflicht der Beschwerde (Art. 42 Abs. 1 und 2 BGG), grundsätzlich nur die geltend gemachten Rügen, sofern die rechtlichen Mängel nicht geradezu offensichtlich sind. Es ist jedenfalls nicht gehalten, wie eine erstinstanzliche Behörde alle sich stellenden rechtlichen Fragen zu untersuchen, wenn diese vor Bundesgericht nicht mehr vorgetragen werden (BGE 133 II 249 E. 1.4.1 S. 254).
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2. |
3. |
3.1. Was der Beschwerdeführer in diesem Zusammenhang konkret beanstanden will, wird nicht deutlich. Insbesondere verkennt er das Rechtsinstitut des vorsorglichen Sicherungsentzuges des Führerausweises:
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3.1.1. Motorfahrzeugführer müssen über Fahreignung und Fahrkompetenz verfügen (Art. 14 Abs. 1 SVG). Über keine Fahreignung verfügt (insbesondere), wer die erforderliche körperliche und psychische Leistungsfähigkeit zum sicheren Führen von Motorfahrzeugen nicht hat (Art. 14 Abs. 2 lit. b SVG). Führerausweise sind zu entziehen, wenn festgestellt wird, dass die gesetzlichen Voraussetzungen zur Erteilung nicht oder nicht mehr bestehen (Art. 16 Abs. 1 SVG). Der Führerausweis wird einer Person im Rahmen eines Sicherungsentzuges auf unbestimmte Zeit entzogen, wenn ihre körperliche und geistige Leistungsfähigkeit nicht oder nicht mehr ausreicht, ein Motorfahrzeug sicher zu führen oder wenn sie aufgrund ihres bisherigen Verhaltens nicht Gewähr bietet, dass sie künftig beim Führen eines Motorfahrzeuges die Vorschriften beachten und auf die Mitmenschen Rücksicht nehmen wird (Art. 16d Abs. 1 lit. a und lit. c SVG).
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3.1.2. Bestehen Zweifel an der Fahreignung einer Person, so wird diese einer Fahreignungsuntersuchung unterzogen, namentlich bei Meldung eines Arztes, dass eine Person wegen einer körperlichen oder psychischen Krankheit Motorfahrzeuge nicht sicher führen kann (Art. 15d Abs. 1 lit. e SVG). Ärzte sind in Bezug auf solche Meldungen vom Berufsgeheimnis entbunden. Sie können die Meldung direkt an die zuständige kantonale Strassenverkehrsbehörde oder an die Aufsichtsbehörde für Ärzte erstatten (Art. 15d Abs. 3 SVG). Bestehen Zweifel an der Fahrkompetenz einer Person, so kann diese einer Kontrollfahrt, einer Theorieprüfung, einer praktischen Führerprüfung oder einer andern geeigneten Massnahme wie einer Aus- oder Weiterbildung oder einer Nachschulung unterzogen werden (Art. 15d Abs. 5 SVG). Bestehen nach Ablauf einer Probezeit weiter Bedenken, kann die Wiedererteilung des Führerausweises an geeignete Auflagen und Bedingungen geknüpft werden (BGE 131 II 248 E. 4.1 S. 250 mit Hinweis).
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3.1.3. Der Führerausweis kann (bereits vor dem Abschluss eines Administrativverfahrens betreffend Sicherungsentzug) vorsorglich entzogen werden, wenn ernsthafte Zweifel an der Fahreignung bestehen (Art. 30 VZV [SR 741.51]). Da bei drohenden Sicherungsentzügen eine Wiederzulassung zum motorisierten Verkehr nicht verantwortbar ist, bevor ernsthafte Zweifel an der Fahreignung ausgeräumt sind, wird Rechtsmitteln gegen vorsorgliche Entzüge und Sicherungsentzüge grundsätzlich keine aufschiebende Wirkung eingeräumt, womit in diesen Fällen der Ausweis in der Regel bis zum rechtskräftigen Abschluss des Administrativverfahrens (vorsorglich) entzogen bleibt (BGE 122 II 359 E. 3a S. 364; 107 Ib 395 E. 2a S. 398; je mit Hinweisen; Urteile 1C_331/2014 vom 28. August 2014 E. 4.2-4.3; 1C_574/2013 vom 22. Oktober 2013 E. 2.2; 1C_324/2013 vom 9. September 2013 E. 2.3).
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3.2. Der Beschwerdeführer macht nicht geltend, er habe schon den (am 2. Februar 2011) vorsorglich verfügten Sicherungsentzug mit Rechtsmitteln angefochten bzw. die kantonalen Instanzen seien auf entsprechende Beschwerden zu Unrecht nicht eingetreten. Wenn er erst den am 27. Juni 2012 (definitiv) verfügten Sicherungsentzug mit Beschwerden an das kantonale Departement und an die Vorinstanz angefochten hat, ist dies nicht den kantonalen Instanzen anzulasten. Dass diese den Beschwerden gegen den Sicherungsentzug keine aufschiebende Wirkung eingeräumt haben, ist angesichts des Gesundheitszustandes des Beschwerdeführers (vgl. nachfolgend, E. 4.2-4.3) durchaus bundesrechtskonform (vgl. BGE 122 II 359 E. 3a S. 364), soweit er diesbezüglich überhaupt substanziierte Rügen erhebt.
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4. |
4.1. Der Beschwerdeführer setzt sich mit den entscheiderheblichen Erwägungen der Vorinstanz nur am Rande auseinander. Dabei repetiert er verallgemeinernde Argumente aus früheren Beschwerdeschriften. Zunächst verkennt er, dass der Sicherungsentzug (im Gegensatz zum Warnungsentzug) nicht an ein strafrechtlich vorwerfbares schuldhaftes Verhalten geknüpft ist, sondern an die fehlende Fahreignung (vgl. BGE 131 II 248 E. 4 S. 250 mit Hinweisen). Indem die Vorinstanz seine Fahreignung aus gesundheitlichen Gründen verneint hat, wird weder ein Schuldvorwurf begründet, noch die strafprozessuale Unschuldsvermutung (Art. 32 Abs. 1 BV) verletzt. Analoges gilt für die ebenfalls offensichtlich unbegründete Rüge, die Rechtsgleichheit (Art. 8 BV) werde verletzt, weil er keine strafbaren Trunkenheitsfahrten oder Raserdelikte begangen habe (und trotzdem von einem Führerausweisentzug betroffen sei).
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4.2. Was den Gesundheitszustand des Beschwerdeführers betrifft, verweist die Vorinstanz namentlich auf das psychiatrische Gutachten, die administrativmassnahmenrechtlichen Vorakten und die Anlasstat vom 6. Januar 2011. Damals sei der Personenwagen des Beschwerdeführers um ca. 15.00 Uhr bei laufendem Motor (und mit Licht und eingeschalteter Scheibenwischanlage) auf einem Parkplatz aufgefunden worden. Das Fahrzeug sei nicht abgeschlossen gewesen, und der Beschwerdeführer sei in der Folge von der Polizei in verwirrtem Zustand zu Hause aufgefunden worden. Gleichentags sei er ärztlich untersucht und in die Psychiatrische Klinik Waldhaus eingewiesen worden. Am 1. Februar 2011 habe seine damalige (ihn ambulant) behandelnde Ärztin das kantonale Strassenverkehrsamt um einen sofortigen Sicherungsentzug seines Führerausweises (wegen Fremdgefährdung) ersucht.
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4.3. Im psychiatrischen Gutachten vom 5. Januar 2012 wird schlüssig dargelegt, dass dem Beschwerdeführer die Fahreignung aus gesundheitlichen Gründen abzusprechen sei. Da der Beschwerdeführer die Einhaltung der ärztlichen Auflagen offenbar nicht für notwendig halte, sei an eine Aufhebung des Sicherungsentzuges nicht zu denken. Auch mittel- und langfristig erscheine die medizinische Prognose eher ungünstig. Die Vorinstanz legt im Übrigen dar, dass bereits zuvor, insbesondere in den Jahren 2005-2008, analoge Sicherungsentzüge wegen psychischen Erkrankungen des Beschwerdeführers erfolgt seien. Dies sei nicht zuletzt deshalb nötig geworden, weil er die ihm verschriebenen Medikamente mehrmals eigenmächtig abgesetzt habe. Die von ihm erhobenen Rechtsmittel seien schon damals (bis ans Bundesgericht) allesamt abgewiesen worden. In den aktuellen Beschwerdeverfahren habe sein Rechtsvertreter überwiegend dieselben pauschalen Einwendungen vorgebracht wie schon in den früheren Prozessschriften. Auch die vom Strassenverkehrsamt am 27. Juni 2012 verfügten Auflagen und Bedingungen für eine allfällige Wiederteilung der Fahrerlaubnis orientierten sich an den nachvollziehbaren Empfehlungen des psychiatrischen Gutachters.
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4.4. Soweit sich der Beschwerdeführer damit nicht näher auseinandersetzt, kann auf die Erwägungen der Vorinstanz verwiesen werden. Indem er die schlüssigen Darlegungen des psychiatrischen Experten lediglich bestreitet, werden keine zulässigen Rügen substanziiert. Der Hinweis auf ein Zeugnis vom 18. Oktober 2013 (seines aktuellen behandelnden Arztes), worin dem Beschwerdeführer die Einhaltung von Auflagen und Bedingungen gemäss der erstinstanzlichen Verfügung des kantonalen Strassenverkehrsamtes vom 27. Juni 2012 unterdessen attestiert werde, lässt die Sachverhaltsfeststellungen des angefochtenen Entscheides nicht als unrichtig erscheinen. Ein Nachweis der Einhaltung dieser Auflagen und Bedingungen würde im Übrigen nicht zur Bundesrechtswidrigkeit des verfügten Sicherungsentzuges bzw. der Fahreignungsuntersuchung führen. Vielmehr stand (und steht) es dem Beschwerdeführer frei, beim Strassenverkehrsamt den Antrag zu stellen, es sei das in der Verfügung vom 27. Juni 2012 in Aussicht gestellte Verfahren betreffend Wiedererteilung des Führerausweises einzuleiten (mit ärztlich begleiteter Kontrollfahrt, evtl. neuer Untersuchung bzw. Führerprüfung). Auch darauf wurde der Beschwerdeführer im angefochtenen Entscheid (S. 15, E. 3e) bereits ausdrücklich hingewiesen.
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5. |
6. |
7. |
Demnach erkennt das Bundesgericht: |
1. Die Beschwerde wird abgewiesen, soweit auf sie einzutreten ist.
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2. Das Gesuch um unentgeltliche Rechtspflege wird abgewiesen.
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3. Die Gerichtskosten von Fr. 2'000.-- werden dem Beschwerdeführer auferlegt.
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4. Dieses Urteil wird den Verfahrensbeteiligten, dem Verwaltungsgericht des Kantons Graubünden, 1. Kammer, und dem Bundesamt für Strassen, Sekretariat Administrativmassnahmen, schriftlich mitgeteilt.
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Lausanne, 10. Februar 2015
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Im Namen der I. öffentlich-rechtlichen Abteilung
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des Schweizerischen Bundesgerichts
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Der Präsident: Fonjallaz
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Der Gerichtsschreiber: Forster
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