BGer 9C_617/2014
 
BGer 9C_617/2014 vom 11.03.2015
9C_617/2014
{T 0/2}
 
Urteil vom 11. März 2015
 
II. sozialrechtliche Abteilung
Besetzung
Bundesrichterin Glanzmann, Präsidentin,
Bundesrichter Meyer, Bundesrichterin Pfiffner, Bundesrichter Parrino, Bundesrichterin Moser-Szeless,
Gerichtsschreiber Furrer.
 
Verfahrensbeteiligte
A.________,
Beschwerdeführer,
gegen
Ausgleichskasse Basel-Landschaft,
Hauptstrasse 109, 4102 Binningen,
Beschwerdegegnerin.
Gegenstand
Alters- und Hinterlassenenversicherung (Beiträge für Nichterwerbstätige, Bemessung),
Beschwerde gegen den Entscheid
des Kantonsgerichts Basel-Landschaft
vom 19. Juni 2014.
 
Sachverhalt:
A. Mit Verfügung vom 30. April 2013 bzw. Einspracheentscheid vom 19. August 2013 setzte die Ausgleichskasse des Kantons Basel-Landschaft die von A.________ als Nichterwerbstätiger für die Beitragsperiode von 1. Januar bis 31. Dezember 2010 zu entrichtenden AHV/IV/EO-Beiträge auf Fr. 7'906.40 (inkl. Verwaltungskosten) fest, wobei sie der Beitragsberechnung ein massgebendes Vermögen (halbiert und gerundet) von Fr. 3'150'000.- (Reinvermögen am Stichtag 31. Dezember 2010 von Fr. 3'002'271.-, kapitalisiertes Renteneinkommen von Fr. 3'331'700.- [Fr. 166'585.- x 20]) zugrunde legte.
B. Die hiegegen erhobene Beschwerde, mit welcher A.________ beantragte, seine Beiträge seien auf der Grundlage eines massgebenden Vermögens von Fr. 2'850'000.- (statt Fr. 3'150'000.-) festzusetzen, wies das Kantonsgericht Basel-Landschaft mit Entscheid vom 19. Juni 2014 ab.
C. Mit Beschwerde in öffentlich-rechtlichen Angelegenheiten beantragt A.________ die Aufhebung des angefochtenen Entscheids und erneuert sein vorinstanzliches Rechtsbegehren.
Während die Beschwerdegegnerin auf Abweisung der Beschwerde schliesst, trägt das Bundesamt für Sozialversicherungen (BSV) insoweit auf Abweisung der Beschwerde an, als diese sich gegen die Kapitalisierung der Überbrückungsrente richtet.
 
Erwägungen:
1. Mit Beschwerde in öffentlich-rechtlichen Angelegenheiten kann u.a. die Verletzung von Bundesrecht gerügt werden (Art. 95 lit. a BGG), die Feststellung des Sachverhalts nur, wenn sie offensichtlich unrichtig ist oder auf einer Rechtsverletzung im Sinne von Art. 95 BGG beruht und wenn die Behebung des Mangels für den Ausgang des Verfahrens entscheidend sein kann (Art. 97 Abs. 1 BGG). Das Bundesgericht legt seinem Urteil den Sachverhalt zugrunde, den die Vorinstanz festgestellt hat (Art. 105 Abs. 1 BGG). Es kann deren Sachverhaltsfeststellung von Amtes wegen berichtigen oder ergänzen, wenn sie offensichtlich unrichtig ist oder auf einer Rechtsverletzung im Sinne von Art. 95 beruht (Art. 105 Abs. 2 BGG).
2. Nichterwerbstätige bezahlen je nach ihren sozialen Verhältnissen einen Beitrag von bis zu Fr. 10'300.- pro Jahr (Art. 10 Abs. 1 erster Satz AHVG, Art. 3 Abs. 1bis IVG, Art. 27 Abs. 2 vierter Satz EOG; je in der hier anwendbaren, bis 31. Dezember 2011 gültig gewesenen Fassung). Über die Beitragsbemessung hat der Bundesrat gestützt auf Abs. 3 von Art. 10 AHVG nähere Vorschriften erlassen: Die Beiträge der Nichterwerbstätigen, welche - wie vorliegend - mehr als den jährlichen Mindestbeitrag zu entrichten haben, werden aufgrund des Vermögens und Renteneinkommens nach der in Abs. 1 von Art. 28 AHVV enthaltenen Tabelle berechnet, wobei das jährliche Renteneinkommen mit 20 multipliziert wird. Verfügt ein Nichterwerbstätiger gleichzeitig über Vermögen und Renteneinkommen, so wird der mit 20 multiplizierte jährliche Rentenbetrag zum Vermögen hinzugerechnet (Abs. 2). Für die Berechnung des Beitrages ist das Vermögen einschliesslich des mit 20 multiplizierten jährlichen Rentenbetrages auf die nächsten 50'000 Franken abzurunden (Abs. 3). Ist eine verheiratete Person als Nichterwerbstätige beitragspflichtig, so bemessen sich ihre Beiträge aufgrund der Hälfte des ehelichen Vermögens und Renteneinkommens (Abs. 4).
3. Im Streit liegt die Höhe des massgebenden Vermögens und hierbei einzig die Festsetzung des kapitalisierten Renteneinkommens.
3.1. Zum einen rügt der Beschwerdeführer die Kapitalisierung der ihm von 1. Januar 2008 bis Ende Januar 2013 (Erreichen des ordentlichen AHV-Rentenalters) ausgerichteten Überbrückungsrente seiner Pensionskasse von jährlich Fr. 26'520.-. Er stellt zwar die in ZAK 1988 S. 169 wiedergegebene Rechtsprechung (betreffend eine von der beruflichen Vorsorgeeinrichtung bis zum AHV-Rentenalter ausgerichtete "AHV-Vorauszahlung"), wonach solche Leistungen als Renteneinkommen zu qualifizieren sind, explizit nicht in Frage. Hingegen hält er die Multiplikation der Überbrückungsrente mit dem Faktor 20 - welcher im Falle von lebenslänglichen Renten zwar sachgerecht sei, nicht jedoch im Falle temporärer Renten - für willkürlich und mit dem "Prinzip der Äquivalenz der Rente und des dafür angerechneten Vermögenswerts" nicht vereinbar. Auch moniert er, der Maximalwert der Überbrückungsrente hätte von den Spezialisten der Ausgleichskasse ohne Weiteres festgestellt werden können.
Wie der Beschwerdeführer zu Recht anerkennt, ist die von der beruflichen Vorsorgeeinrichtung bis zum Erreichen des ordentlichen AHV-Rentenalters erbrachte Überbrückungsrente praxisgemäss als massgebendes Renteneinkommen zu qualifizieren (Urteil H 117/89 vom 12. Oktober 1989 E. 3 mit Hinweisen). Damit im Widerspruch steht indes sein Vorbringen, die Überbrückungsrente sei gleich zu behandeln wie eine temporäre Leibrente, deren Vermögenswert bezifferbar ist, denn in einem solchen Fall läge gerade kein Renteneinkommen im Sinne der Rechtsprechung vor (Urteil H 160/05 vom 2. Februar 2006 E. 4.1 mit Hinweisen; vgl. auch Rz. 2089 neuntes Lemma e contrario der Wegleitung des BSV über die Beiträge der Selbständigerwerbenden und Nichterwerbstätigen in der AHV, IV und EO [WSN] in der ab 1. Januar 2013 gültigen Fassung). Bei Renteneinkommen erübrigt sich die vom Beschwerdeführer anbegehrte, genaue Berechnung des Maximalwerts jedoch von vornherein: Wie das BSV in seiner Stellungnahme zutreffend darlegt, ermöglicht die Regelung von Art. 28 AHVV der Massenverwaltung ein pauschales, durchführungstechnisch einfach zu bewältigendes Verfahren, bei welchem auf eine versicherungsmathematisch korrekte Umrechnung von Rentenleistungen in Vermögen verzichtet wird. Das Bundesgericht hat diese Regelung in ständiger Rechtsprechung als verfassungs- und gesetzeskonform erachtet (BGE 127 V 65 E. 3a S. 67; 125 V 230 E. 3a S. 233 f.; BGE 120 V 163 E. 2 i.f. S. 166; 105 V 241 E. 2 S. 243; Urteil H 29/06 vom 6. Februar 2007 E. 5.2, in: SVR 2007 AHV Nr. 16 S. 45). Auch hat es sich bereits mit dem vom Beschwerdeführer erhobenen Einwand, die Kapitalisierung könne nur bei einer lebenslänglichen Rente und nicht bei einer Zeitrente vorgenommen werden, auseinandergesetzt und diesen verworfen (BGE 120 V 163 E. 4c S. 169). Auf diese Rechtsprechung kann verwiesen werden, ohne dass näher zu prüfen wäre, ob der Beschwerdeführer hinsichtlich der geltend gemachten Grundrechtsverletzung den Anforderungen der qualifizierten Rügepflicht gemäss Art. 106 Abs. 2 BGG genügt.
 
3.2.
3.2.1. Zum anderen macht der Beschwerdeführer sinngemäss geltend, Beschwerdegegnerin und Vorinstanz hätten Art. 10 Abs. 1 AHVG i.V.m. Art. 28 Abs. 1 AHVV verletzt, indem sie davon ausgegangen seien, er habe im Jahr 2010 ein Renteneinkommen von Fr. 102'054.- statt Fr. 94'370.- erzielt. Bei dem die Differenz ausmachenden Betrag von Fr. 7'684.- handle es sich um eine
Dagegen verweisen Vorinstanz und Beschwerdegegnerin auf die ständige Rechtsprechung des Bundesgerichts, wonach der Begriff des Renteneinkommens im weitesten Sinne zu verstehen ist (BGE 125 V 230 E. 3b S. 234; 120 V 163 E. 4a S. 167; Urteil 9C_117/2014 vom 28. Juli 2014 E. 3.2; je mit Hinweisen). Entscheidend sei daher nicht, ob die Leistungen mehr oder weniger die Merkmale einer Rente aufwiesen, sondern ob die Leistungen zum Unterhalt der versicherten Person beitrügen, d.h. ob es sich um Einkommensbestandteile handle, welche die sozialen Verhältnisse der nichterwerbstätigen Person beeinflussten. Dies sei hier der Fall, womit die Qualifikation als Renteneinkommen nicht zu beanstanden sei.
3.2.2. Vorinstanz und Beschwerdegegnerin ist insoweit beizupflichten, als die Rechtsprechung im Kontext der Beitragsbemessung der Nichterwerbstätigen mehr als die Einkünfte, die gemeinhin als "Renteneinkommen" bezeichnet werden, unter diesen Begriff subsumiert. Nichtsdestotrotz muss es sich bei den Einkünften, wenn auch im weitesten Sinne (vgl. E. 3.2.1 Absatz 2 hievor), um Renteneinkommen handeln. Bereits der Begriff der Rente bzw. derjenige des Einkommens geht von einer 
Vorliegend ist unbestritten und aktenmässig erstellt (vgl. Rentenmeldung der Pensionskasse B.________ vom 25. Oktober 2010), dass die fragliche Leistung - es handelt sich um eine Barauszahlung freier Mittel aufgrund der Fusion der Ergänzungskasse der B.________ und der Pensionskasse der B.________ - in der Höhe von Fr. 7'684.- einmaligerfolgte. Dies schliesst nach dem hievor Dargelegten - namentlich wäre es bei einer einmaligen Leistung sinnwidrig, ein (fiktiv) dahinter stehendes Deckungskapital zu ermitteln (vgl. E. 3.2.2 erster Absatz i.f.) - die Qualifikation als Renteneinkommen aus. Daran ändert im Übrigen der Umstand nichts, dass die Steuerverwaltung Basel-Landschaft in der Veranlagungsverfügung vom 21. Februar 2013 - auch was den fraglichen Betrag betrifft - von Renteneinkommen ausgegangen ist: Der Begriff des Renteneinkommens gemäss Art. 28 AHVV ist unabhängig vom Begriff der Rente oder des Einkommens im Sinne des Steuerrechts (Urteile H 233/01 vom 4. Februar 2002 E. 2d; H 186/91 vom 2. Juni 1992 E. 4c mit Hinweisen; vgl. auch Rz. 2092 und 2108 WSN).
3.2.3. Nach dem Gesagten ist die Beschwerde insoweit begründet, als der Betrag von Fr. 7'684.- nicht als Renteneinkommen zu qualifizieren ist. Der vorinstanzliche Entscheid und der Einspracheentscheid vom 19. August 2013 sind aufzuheben und die Sache ist an die Beschwerdegegnerin zurückzuweisen, damit sie im Sinne der Erwägungen über die Beiträge für das Jahr 2010 neu verfüge.
4. Dem Verfahrensausgang entsprechend werden die Gerichtskosten zu vier Fünftel dem Beschwerdeführer und zu einem Fünftel der Beschwerdegegnerin auferlegt (Art. 66 Abs. 1 BGG).
 
Demnach erkennt das Bundesgericht:
1. Die Beschwerde wird teilweise gutgeheissen. Der Entscheid des Kantonsgerichts Basel-Landschaft vom 19. Juni 2014 und der Einspracheentscheid der Ausgleichskasse Basel-Landschaft vom 19. August 2013 werden aufgehoben. Die Sache wird zu neuer Verfügung im Sinne der Erwägungen an die Ausgleichskasse Basel-Landschaft zurückgewiesen. Im Übrigen wird die Beschwerde abgewiesen.
2. Die Gerichtskosten von Fr. 600.- werden zu Fr. 480.- dem Beschwerdeführer und zu Fr. 120.- der Beschwerdegegnerin auferlegt.
3. Dieses Urteil wird den Parteien, dem Kantonsgericht Basel-Landschaft, Abteilung Sozialversicherungsrecht, und dem Bundesamt für Sozialversicherungen schriftlich mitgeteilt.
Luzern, 11. März 2015
Im Namen der II. sozialrechtlichen Abteilung
des Schweizerischen Bundesgerichts
Die Präsidentin: Glanzmann
Der Gerichtsschreiber: Furrer