BGer 2C_539/2015 |
BGer 2C_539/2015 vom 20.07.2015 |
{T 0/2}
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2C_539/2015
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Urteil vom 20. Juli 2015 |
II. öffentlich-rechtliche Abteilung |
Besetzung
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Bundesrichter Zünd, Präsident,
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Bundesrichter Stadelmann,
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Bundesrichter Haag,
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Gerichtsschreiber Zähndler.
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Verfahrensbeteiligte |
A.________,
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Beschwerdeführer,
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vertreten durch Advokat Alain Joset.
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gegen
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Migrationsamt des Kantons Basel-Stadt.
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Gegenstand
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Ausschaffungshaft,
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Beschwerde gegen das Urteil des Appellationsgerichts des Kantons Basel-Stadt als Verwaltungsgericht, Einzelrichter für Zwangsmassnahmen im Ausländerrecht, vom 22. Mai 2015.
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Sachverhalt: |
A. |
Nachdem er am 26. November 2014 vom Appellationsgericht des Kantons Basel-Stadt wegen verschiedener Delikte im Zusammenhang mit massiver häuslicher Gewalt zweitinstanzlich zu einer Freiheitsstrafe von 7 ½ Jahren verurteilt worden war und nachdem das Migrationsamt des Kantons Basel-Stadt bereits am 24. September 2012 die Niederlassungsbewilligung von A.________ unter Hinweis auf dessen Delinquenz widerrufen hatte, ordnete das Migrationsamt des Kantons Basel-Stadt gegen A.________ am 24. März 2015 Ausschaffungshaft bis zum 23. Juni 2015 an.
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Mit Urteil vom 25. März 2015 entschied der Einzelrichter für Zwangsmassnahmen im Ausländerrecht am Appellationsgericht als Verwaltungsgericht, die angeordnete Ausschaffungshaft sei rechtmässig. Gleichzeitig wies der Einzelrichter ein gegen ihn erhobenes Ausstandsgesuch ab.
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B. |
C. |
D. |
Während das Migrationsamt und das Appellationsgericht des Kantons Basel-Stadt auf Abweisung der Beschwerde schliessen, nimmt das Staatssekretariat für Migration (SEM) zur Angelegenheit Stellung, ohne einen ausdrücklichen Antrag zu stellen.
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Mit Eingaben vom 8. Juli 2015 und vom 17. Juli 2015lässt sich A.________ erneut vernehmen.
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Erwägungen: |
1. |
2. |
2.1. Die Vorinstanz hat in zutreffender Weise aufgezeigt, unter welchen Voraussetzungen eine ausländische Person in Ausschaffungshaft genommen werden darf, wenn sie Personen ernsthaft bedroht oder an Leib und Leben erheblich gefährdet und deshalb strafrechtlich verfolgt wird oder verurteilt worden ist (Art. 76 Abs. 1 lit. b Ziff. 1 i.V.m Art. 75 Abs. 1 lit. g AuG), was auf den Beschwerdeführer klarerweise zutrifft. Der Beschwerdeführer bestreitet das Vorliegen dieser Voraussetzungen nicht grundsätzlich, sondern beruft sich in der Sache im Wesentlichen darauf, dass die Migrationsbehörden zu lange untätig geblieben seien, was das Beschleunigungsgebot verletze und zu einer Haftentlassung führen müsse.
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Diese Rüge ist unbegründet: Dem angefochtenen Entscheid sowie den Vernehmlassungen des Migrationsamtes Basel-Stadt und des Staatssekretariates für Migration ist zu entnehmen, dass ein abgelaufener Reisepass des Beschwerdeführers vorliegt, welcher mit seiner Mithilfe ohne Probleme erneuert werden könnte. Bereits am 25. Februar 2015, als sich der Beschwerdeführer noch im Strafvollzug befand, wurde die Strafanstalt Thorberg mit der Erstellung neuer Passbilder beauftragt, doch widersetzte sich der Beschwerdeführer und vereitelte damit die Bemühungen der Behörde. In der Folge fanden diverse Kontakte des SEM zum zuständigen Konsulat der Kapverden statt (26. Februar 2015, 17. April 2015, 22. Mai 2015, 30. Juni 2015), mit dem Ziel, Ersatzreisepapiere zu beschaffen. Das kantonale Migrationsamt seinerseits hat den Beschwerdeführer in mehreren Gesprächen (24. März 2015, 7. April 2015, 28. Mai 2015, 9. Juni 2015) auf seine Mitwirkungspflicht aufmerksam gemacht und ihn aufgefordert, der notwendigen persönlichen Vorsprache beim Konsulat zuzustimmen. Dies verweigerte der Beschwerdeführer jedoch: Anlässlich der Befragung vom 9. Juni 2015 sowie anlässlich der Haftprüfung vom 22. Mai 2015 räumte er ausdrücklich ein, dass ihm die Beschaffung eines neuen Reisepasses möglich wäre, er dies jedoch ablehne, zumal er die nach wie vor hängige bundesgerichtliche Überprüfung des Strafurteils des Appellationsgerichtes vom 26. November 2014 in der Schweiz abzuwarten gedenke. Bei dieser Sachlage ist es evident, dass die Verzögerungen beim Wegweisungsvollzug einzig auf das renitente Verhalten des Beschwerdeführers und nicht auf mangelnde Aktivitäten der Migrationsbehörden zurückzuführen sind.
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2.2. Der Beschwerdeführer behauptet sodann in formeller Hinsicht, die ursprüngliche richterliche Haftprüfung habe nicht innert der gesetzlich vorgeschriebenen Frist von 96 Stunden (Art. 80 Abs. 2 AuG) stattgefunden: Zwar sei die mit Verfügung vom 24. März 2015 angeordnete Haft bereits am 25. März 2015 vom Einzelrichter für Zwangsmassnahmen im Ausländerrecht am Appellationsgericht überprüft und für recht- und verhältnismässig erkannt worden. Dieses Prüfung habe sich aber aufgrund der im bundesgerichtlichen Urteil 2C_335/2015 vom 19. Mai 2015 festgestellten Mängel als ungültig erwiesen. Damit erweise sich die Haft jedenfalls bis zur neuerlichen Prüfung am 22. Mai 2015 als ungesetzlich, was zur sofortigen Haftentlassung führen müsse.
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Dieser Auffassung ist nicht zu folgen: Im Urteil 2C_335/2015 vom 19. Mai 2015 hat das Bundesgericht die von der Vorinstanz bestätigte Haft weder als widerrechtlich noch als ungesetzlich bezeichnet; vielmehr hat sich das Bundesgericht zur formellen Entscheidkompetenz über das vom Beschwerdeführer im vorinstanzlichen Verfahren gestellte Ausstandsbegehren geäussert. Eine Entlassung des Beschwerdeführers aus der Ausschaffungshaft wurde vom Bundesgericht dagegen ausdrücklich abgelehnt. Stattdessen wurde die Vorinstanz aufgefordert, bei allfälliger Gutheissung des Ausstandsgesuchs innert 96 Stunden in neuer Besetzung erneut über die Rechtmässigkeit der Haft zu befinden. Dieser Aufforderung hat das Appellationsgericht fristgerecht Folge geleistet.
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2.3. Im Zusammenhang mit seiner soeben behandelten Behauptung der widerrechtlichen Haft, macht der Beschwerdeführer auch eine Verletzung von Art. 5 Ziff. 5 EMRK geltend: Er rügt, der Einzelrichter hätte im angefochtenen Urteil vom 22. Mai 2015 auf die gestellte Entschädigungsforderung eintreten müssen; der Verweis auf den zivilprozessualen Weg sei demgegenüber unstatthaft.
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Der Einwand ist unzutreffend: Die Vorinstanz hat im angefochtenen Entscheid und in ihrer Vernehmlassung aufgezeigt, dass Schadenersatzansprüche gegen den Kanton gemäss dem hier anwendbaren basel-städtischen Recht auf dem Wege des Zivilprozesses geltend zu machen sind. Wohl kann die mit dem Haftprüfungsverfahren befasste kantonale Instanz aus verfahrensökonomischen Gründen selber über ein Entschädigungsbegehren entscheiden, doch kann sie die Beurteilung auch der für Staatshaftungsfragen zuständigen Behörde überlassen: Dass Art. 5 Ziff. 5 EMRK eine direkt anwendbare (materielle) Grundlage für eine Entschädigung bietet, hat für sich alleine jedenfalls nicht zur Folge, dass die entsprechenden Ansprüche Gegenstand des Haftprüfungsverfahrens bilden würden (Urteil 2C_168/2013 vom 7. März 2013 E. 1.2 mit Hinweisen auf die Rechtsprechung des EGMR und des Bundesgerichtes). Im Übrigen ist festzuhalten, dass dem Beschwerdeführer sowohl im bundesgerichtlichen Verfahren 2C_334/2015 betreffend die Ausstandsfrage als auch mit dem vorliegend angefochtenen Entscheid für die Verhandlung vom 25. März 2015 eine finanzielle Kompensation zugesprochen wurde und er somit für den ihm entstandenen Mehraufwand bereits eine gerechte Entschädigung (vgl. Art. 41 EMRK) erhalten hat. Zwar bezeichnet er die Höhe der vorinstanzlichen Entschädigung als willkürlich und rügt in diesem Zusammenhang eine Verletzung der Begründungspflicht. Auch diese Rüge erweist sich jedoch als unzutreffend, zumal die Vorinstanz die Bemessungsfaktoren nachvollziehbar dargelegt und beziffert hat. Welche Norm des kantonalen Rechts hierbei willkürlich angewendet worden sein soll, zeigt der Beschwerdeführer nicht auf. Die Beschwerde genügt in diesem Punkt den qualifizierten Begründungsanforderungen bei Verfassungsrügen nicht, weshalb darauf nicht einzutreten ist (vgl. Art. 106 Abs. 2 BGG; vgl. BGE 133 II 249 E. 1.4.2 S. 254; 133 IV 286 E. 1.4 S. 287).
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2.4. Abschliessend macht der Beschwerdeführer geltend, die Vorinstanz habe ihm zu Unrecht die unentgeltliche Rechtspflege verweigert und dadurch seine verfassungsrechtlichen Ansprüche gemäss Art. 29 Abs. 3 und Art. 31 Abs. 2 BV verletzt. Dieser Rüge ist nicht zu folgen: Wie die Vorinstanz zutreffend ausgeführt hat, setzt die unentgeltliche Rechtspflege in den ersten drei Monaten der Ausschaffungshaft grundsätzlich die fehlende Aussichtslosigkeit voraus (BGE 139 I 206 E. 3.3.1 S. 214 m.H.). Bei der vorliegenden Sachlage ist es unter den hier massgeblichen Verfassungsgesichtspunkten nicht zu beanstanden, wenn das Appellationsgericht die Vorbringen des Beschwerdeführers als aussichtlos bezeichnet hat. Gleiches gilt denn auch für das bundesgerichtliche Verfahren (vgl. E. 3 hiernach).
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3. |
Entsprechend diesem Verfahrensausgang hat der Beschwerdeführer die bundesgerichtlichen Kosten zu tragen (Art. 66 Abs. 1 BGG). Zufolge Aussichtslosigkeit kann seinem Gesuch um unentgeltliche Rechtspflege und Verbeiständung nicht entsprochen werden (Art. 64 Abs. 1 BGG e contrario).
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Demnach erkennt das Bundesgericht: |
1. Die Beschwerde wird abgewiesen, soweit darauf einzutreten ist.
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2. Das Gesuch um unentgeltliche Rechtspflege und Verbeiständung wird abgewiesen.
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3. Die Gerichtskosten von Fr. 1'000.-- werden dem Beschwerdeführer auferlegt.
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4. Dieses Urteil wird den Verfahrensbeteiligten sowie dem Staatssekretariat für Migration schriftlich mitgeteilt.
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Lausanne, 20. Juli 2015
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Im Namen der II. öffentlich-rechtlichen Abteilung
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des Schweizerischen Bundesgerichts
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Der Präsident: Zünd
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Der Gerichtsschreiber: Zähndler
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