BGer 9C_502/2015 |
BGer 9C_502/2015 vom 13.10.2015 |
{T 0/2}
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9C_502/2015
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Urteil vom 13. Oktober 2015 |
II. sozialrechtliche Abteilung |
Besetzung
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Bundesrichterin Glanzmann, Präsidentin,
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Bundesrichterin Pfiffner, Bundesrichter Parrino,
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Gerichtsschreiberin Fleischanderl.
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Verfahrensbeteiligte |
pensionskasse pro, Bahnhofstrasse 4,
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6430 Schwyz, vertreten durch
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Advokat Thomas Käslin,
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Beschwerdeführerin,
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gegen
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A.________, vertreten durch
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Rechtsanwältin Andrea Metzler,
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Beschwerdegegnerin,
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Pensionskasse für den Aussendienst der AXA Gesellschaften, General Guisan-Strasse 40, 8401 Winterthur.
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Gegenstand
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Berufliche Vorsorge (vorinstanzliches Verfahren),
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Beschwerde gegen den Entscheid des Versicherungsgerichts des Kantons Aargau vom 9. Juni 2015.
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Sachverhalt: |
A.
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A.a. A.________ und B.________ heirateten im Jahr 1990. Sie trennten sich 2002 und sind seit Mai 2008 rechtskräftig geschieden. Das Bezirksgericht C.________ sah mit Scheidungsurteil vom 7. Mai 2008 die hälftige Teilung der während der Ehe bis zum 31. Oktober 2007 gegenüber der jeweiligen beruflichen Vorsorgeeinrichtung erworbenen Austrittsleistungen vor und überwies die Angelegenheit mit Verfügung vom 6. Juni 2008 zur weiteren Behandlung an das Versicherungsgericht des Kantons Aargau.
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A.b. Ende April 2004 war B.________ mit dem Antrag auf Auszahlung von Vorsorgeldern zum Zwecke der Wohneigentumsförderung (WEF) an die Pensionskasse für den Aussendienst der AXA Gesellschaften, Winterthur, (nachfolgend: Pensionskasse AXA) gelangt, wobei er die Unterschrift von A.________ gefälscht hatte (vgl. Strafbefehl der Staatsanwaltschaft des Kantons Aargau vom 13. November 2013). Die Pensionskasse AXA zahlte B.________ daraufhin am 7. Juni 2004 den gewünschten Vorbezug im Betrag von Fr. 100'000.- aus. Nachdem B.________ seine damalige Stelle aufgegeben hatte, wurde seine Freizügigkeitsleistung von Fr. 73'320.- auf Ende März 2006 an die Stiftung Auffangeinrichtung BVG überwiesen. In der Folge übertrug die Stiftung die Freizügigkeitsleistung in der Höhe von Fr. 73'626.95 an die Vorsorgeeinrichtung des neuen Arbeitgebers von B.________, die pensionskasse pro, Schwyz. Mit Valuta vom 23. September 2011 zahlte diese die Freizügigkeitsleistung von nunmehr noch Fr. 68'281.10 wegen Aufnahme einer selbstständigen Erwerbstätigkeit an B.________ aus.
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A.c. Am 20. März 2012 fällte das Versicherungsgericht des Kantons Aargau mit der Begründung, der Vollzug der scheidungsgerichtlich angeordneten hälftigen Teilung der Austrittsleistung der beruflichen Vorsorge sei nicht mehr möglich, einen Nichteintretensentscheid und überwies die Sache an das Bezirksgericht C.________ zur Festsetzung einer angemessenen Entschädigung nach Art. 124 ZGB. Dieses verpflichtete B.________ mit Entscheid vom 8. November 2012, A.________ gestützt auf Art. 124 ZGB den Betrag von Fr. 96'824.05 zuzüglicher jeweiliger Verzinsung zu bezahlen. Das im Anschluss von A.________ gegen B.________ eingeleitete Betreibungsverfahren blieb erfolglos.
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B.
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B.a. Mit beim Versicherungsgericht des Kantons Aargau eingereichter Klage vom 18. Juli 2013 forderte A.________ die Pensionskasse AXA auf, einen Betrag von Fr. 117'792.05 nebst Zins von 5 % seit 4. Juni 2013 zu bezahlen. Diese habe bei der Überprüfung des Ende April 2004 durch ihren ehemaligen Ehemann gestellten Antrags auf WEF-Vorbezug eine Sorgfaltspflichtverletzung begangen. Am 21. Oktober 2014 klagte A.________ gleichenorts zudem gegen die pensionskasse pro und die Stiftung Auffangeinrichtung BVG. In solidarischer Haftung seien diese zu verpflichten, ihr Fr. 113'510.05 nebst Zins von 5 % seit 22. Oktober 2014 zu entrichten, weil die pensionskasse pro die gesamte Freizügigkeitsleistung ihres Ex-Ehegatten während eines laufenden Teilungsverfahrens ausbezahlt und so die durch das Scheidungsgericht festgelegte hälftige Teilung verunmöglicht habe.
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B.b. Mit Verfügung vom 10. Dezember 2014 lehnte das angerufene Versicherungsgericht eine Vereinigung der beiden Klageprozesse ab, lud jedoch die Pensionskasse AXA dem Verfahren gegen die pensionskasse pro bei. In der Folge zog A.________ die Klage gegen die Stiftung Auffangeinrichtung BVG zurück, welche daraufhin aus dem Verfahren entlassen wurde (Verfügung vom 22. Mai 2015). Gleichzeitig beschränkte das Gericht den Prozess einstweilen auf die Frage der Zuständigkeit. Mit Zwischenentscheid vom 9. Juni 2015 bejahte es diese in sachlicher und örtlicher Hinsicht und trat auf die gegen die pensionskasse pro gerichtete Klage ein.
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C. Die pensionskasse pro lässt Beschwerde in öffentlich-rechtlichen Angelegenheiten erheben und die Aufhebung des angefochtenen Zwischenentscheids mangels Zuständigkeit der Vorinstanz beantragen.
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Erwägungen: |
1. Gegen selbstständig eröffnete Vor- und Zwischenentscheide über die Zuständigkeit ist die Beschwerde in öffentlich-rechtlichen Angelegenheiten zulässig (Art. 92 Abs. 1 BGG). Auf die Beschwerde ist daher einzutreten.
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2. Gemäss Art. 73 Abs. 1 Satz 1 BVG bezeichnet jeder Kanton ein Gericht, das als letzte kantonale Instanz über Streitigkeiten zwischen Vorsorgeeinrichtungen, Arbeitgebern und Anspruchsberechtigten entscheidet. Gerichtsstand ist nach Abs. 3 der Bestimmung der schweizerische Sitz oder Wohnsitz der beklagten Partei oder der Ort des Betriebes, bei dem die versicherte Person angestellt wurde.
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3.
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3.1. Die Beschwerdeführerin bestreitet zum einen die sachliche Zuständigkeit der Vorinstanz. Sie macht eine Verletzung von Art. 73 BVG geltend, da nicht eine Angelegenheit der beruflichen Vorsorge, sondern ein Schadenersatzanspruch im Streite stehe. Dieser unterliege, je nachdem, ob es sich um eine vor oder nach der Scheidung vorgenommene Barauszahlung handle, anderen Betrachtungsweisen. Im vorliegenden Fall sei die Scheidung am 24. Mai 2008 rechtskräftig geworden; die Barauszahlung sei indes erst am 23. September 2011 erfolgt. Dementsprechend könne eine Schadenersatzpflicht auf Grund einer angeblichen, nach Rechtskraft des Scheidungsurteils begangenen Sorgfaltspflichtverletzung nicht mehr mit den gesetzlichen Vorgaben der beruflichen Vorsorge begründet werden. Auch ein Ersatzanspruch bei Eintritt des Vorsorgefalls oder bei Unmöglichkeit der Teilung der Freizügigkeitsleistung gemäss Art. 124 ZGB sei durch das Zivilgericht zu beurteilen.
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3.2. Der vorinstanzlich gegen die Beschwerdeführerin eingereichten Klage liegt der Umstand zugrunde, dass die Vorsorgeeinrichtung B.________ mit Wirkung auf 23. September 2011 die gesamte verbliebene Freizügigkeitsleistung von Fr. 68'281.10 ausbezahlt hat. Es steht fest - und wird auch nicht bestritten -, dass das bei der Vorinstanz im Juni 2008 angehobene berufsvorsorgerechtliche Teilungsverfahren, welches das kantonale Gericht der Beschwerdeführerin mit Verfügung vom 18. Juni 2008 angezeigt und mit einem weiteren Schreiben vom 18. August 2011 in Erinnerung gerufen hatte, im Zeitpunkt der Ausrichtung der Freizügigkeitsleistung an B.________ immer noch hängig gewesen war. Der Streit um die ausbezahlte Freizügigkeitsleistung bezieht sich somit auf die scheidungsrechtlich vorgesehene Regelung der Vorsorgeguthaben. Wie das kantonale Gericht überdies zutreffend ausgeführt hat, ist in sachlicher Hinsicht erforderlich, dass die Streitigkeit die berufliche Vorsorge im engeren oder weiteren Sinne beschlägt. Dies ist dann der Fall, wenn sie spezifisch den Rechtsbereich der beruflichen Vorsorge betrifft und das Vorsorgeverhältnis zwischen einer anspruchsberechtigten Person und einer Vorsorgeeinrichtung zum Gegenstand hat. Der Rechtsweg nach Art. 73 BVG steht dagegen nicht offen, wenn die Streitigkeit ihre rechtliche Grundlage nicht in der beruflichen Vorsorge hat, selbst wenn sie sich vorsorgerechtlich auswirkt (BGE 141 V 170 E. 3 S. 172 f. mit Hinweisen). Ob eine sozialversicherungs- oder eine privatrechtliche Streitigkeit vorliegt, beurteilt sich auf Grund des Streitgegenstands, wie er sich aus den klägerischen Anträgen und Sachvorbringen ergibt (BGE a.a.O.; Urteil 9C_211/2008 vom 7. Mai 2008 E. 4.1 mit Hinweisen). Die gegen die Beschwerdeführerin eingereichte (Schadenersatz-) Klage der Beschwerdegegnerin hat einen vorsorgerechtlichen Aspekt, indem mit ihr die während des hängigen Teilungsverfahrens erfolgte Auszahlung der Freizügigkeitsleistung beanstandet wird. Eine sachliche Konnexität mit dem Bereich der beruflichen Vorsorge ist vor diesem Hintergrund ohne Weiteres zu bejahen (vgl. auch Urteil 9C_324/2013 vom 3. September 2013, in: SVR 2014 BVG Nr. 11 S. 35).
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4. Als ebenso wenig stichhaltig erweisen sich ferner die mit Blick auf die örtliche Zuständigkeit der Vorinstanz vorgebrachten Einwände in der Beschwerde.
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4.1. Gerichtsstand gemäss Art. 73 Abs. 3 BVG bilde, so die Beschwerdeführerin, der schweizerische Sitz der beklagten Partei oder - im Sinne einer Ausnahmeklausel - der Ort des Betriebes, bei dem die versicherte Person angestellt gewesen sei. Da sie die fragliche Barauszahlung erst nach der Scheidung vorgenommen habe, seien allfällige Ansprüche auf Schadenersatz und die Teilung der Austrittsleistung nicht untrennbar verbunden. Eine "Ausnahme der generellen Norm auf Grund der engen Verwobenheit der Ansprüche" rechtfertige sich daher nicht, weshalb das Versicherungsgericht des Kantons Aargau als Berufsvorsorgegericht am Scheidungsort nicht (mehr) zuständig sei. Vielmehr komme der in Art. 73 Abs. 3 BVG stipulierte Regelfall zum Tragen, nach welchem die beklagte Partei an ihrem Sitz/Wohnsitz einzuklagen sei.
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4.2. Die Vorinstanz hat korrekt darauf hingewiesen, dass sich der Gerichtsstand nach Massgabe der erwähnten BVG-Bestimmung alternativ am Ort des Betriebes befindet, bei dem die versicherte Person angestellt (gewesen) ist. Da B.________ gemäss - in der Beschwerde nicht bemängelter und daher für das Bundesgericht verbindlicher (Art. 97 Abs. 1 sowie Art. 105 Abs. 1 und 2 BGG; BGE 133 II 249 E. 1.4.1 S. 254 mit Hinweisen) - Feststellung im angefochtenen Entscheid bei der in D.________ und damit im Kanton Aargau domizilierten Unternehmung E.________ AG gearbeitet hat, stellt das Versicherungsgericht des Kantons Aargau auch die in örtlicher Hinsicht zuständige Instanz dar.
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Infolge sachlicher und örtlicher Zuständigkeit ist die Vorinstanz demnach zu Recht auf die Klage der Beschwerdegegnerin vom 21. Oktober 2014 eingetreten.
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5. Dem Ausgang des Verfahrens entsprechend hat die Beschwerdeführerin die Gerichtskosten zu tragen (Art. 66 Abs. 1 Satz 1 BGG).
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Demnach erkennt das Bundesgericht: |
1. Die Beschwerde wird abgewiesen.
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2. Die Gerichtskosten von Fr. 500.- werden der Beschwerdeführerin auferlegt.
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3. Dieses Urteil wird den Parteien, der Pensionskasse für den Aussendienst der AXA Gesellschaften, dem Versicherungsgericht des Kantons Aargau und dem Bundesamt für Sozialversicherungen schriftlich mitgeteilt.
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Luzern, 13. Oktober 2015
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Im Namen der II. sozialrechtlichen Abteilung
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des Schweizerischen Bundesgerichts
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Die Präsidentin: Glanzmann
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Die Gerichtsschreiberin: Fleischanderl
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