BGer 6B_411/2016 |
BGer 6B_411/2016 vom 07.06.2016 |
{T 0/2}
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6B_411/2016
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Urteil vom 7. Juni 2016 |
Strafrechtliche Abteilung |
Besetzung
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Bundesrichter Denys, Präsident,
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Bundesrichter Oberholzer,
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Bundesrichterin Jametti,
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Gerichtsschreiber Näf.
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Verfahrensbeteiligte |
X.________,
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vertreten durch Rechtsanwalt Samuel Lemann,
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Beschwerdeführer,
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gegen
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Generalstaatsanwaltschaft des Kantons Bern, Maulbeerstrasse 10, 3011 Bern,
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Beschwerdegegnerin.
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Gegenstand
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Widerhandlung gegen das Tierschutzgesetz, Widerhandlung gegen das bernische Gesetz über Jagd und Wildtierschutz,
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Beschwerde gegen das Urteil des
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Obergerichts des Kantons Bern, Strafabteilung, 2. Strafkammer, vom 29. Februar 2016.
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Sachverhalt: |
A. |
A.a. Die Wildhut und Naturschutzaufsicht des Kantons Bern erstattete am 29. März 2013 bei der Staatsanwaltschaft Emmental-Oberaargau Strafanzeige gegen X.________ wegen Widerhandlungen gegen das Bundesgesetz über Waffen, Waffenzubehör und Munition (WG; SR 514.54), gegen das bernische Gesetz über Jagd und Wildtierschutz (JWG; BSG 922.11), gegen die bernische Jagdverordnung (JaV; BSG 922.111) und gegen die bernische Direktionsverordnung über die Jagd (JaDV; BSG 922.111.1). Diese Widerhandlungen soll X.________ am 22./23. Januar 2013 im Rahmen der Jagd auf Füchse dadurch begangen haben, dass er eine geladene Schusswaffe in einem Fahrzeug mitführte, ohne Waffe und Munition zu trennen; dass er eine zeit- und fachgerechte Nachsuche unterliess; dass er gegen die Weidgerechtigkeit verstiess; dass er den eigenen Standort sowie die Standorte der beschossenen Säugetiere und deren Fluchtrichtungen nicht kennzeichnete; dass er die Jagd im Umkreis von 100 Metern von ständig bewohnten Gebäuden ausübte und dass er die maximal zulässige Schrotschussdistanz überschritt.
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A.b. Die Staatsanwaltschaft des Kantons Bern, Region Emmental-Oberaargau, sprach X.________ mit Strafbefehl vom 6. Dezember 2013 der beanzeigten Widerhandlungen gegen das Waffengesetz und gegen die bernische Jagdgesetzgebung schuldig. Sie sprach ihn überdies der Widerhandlungen gegen das Tierschutzgesetz (Art. 26 Abs. 1 lit. a TSchG; SR 455) schuldig, begangen durch Vernachlässigen eines zuvor angeschossenen Tieres. Sie verurteilte ihn zu einer Geldstrafe von 30 Tagessätzen zu je CHF 40.--, bedingt vollziehbar bei einer Probezeit von drei Jahren, zu einer Verbindungsbusse von CHF 200.-- und zu einer Busse von CHF 1'500.--.
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X.________ erhob Einsprache.
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Die Staatsanwaltschaft hielt am Strafbefehl fest (Art. 355 Abs. 3 lit. a StPO) und überwies die Akten dem Regionalgericht Emmental-Oberaargau zur Durchführung des Hauptverfahrens (Art. 356 Abs. 1 StPO). Der Strafbefehl gilt damit als Anklageschrift (Art. 356 Abs. 1 StPO).
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B. |
B.a. Das Regionalgericht Emmental-Oberaargau sprach X.________ am 1. September 2014 von der Anschuldigung der Widerhandlung gegen das Tierschutzgesetz, angeblich begangen am 22./23. Januar 2013 durch Vernachlässigung eines zuvor angeschossenen Tieres, frei. Es sprach ihn auch von der Anschuldigung der Widerhandlung gegen die bernische Jagdverordnung, angeblich begangen am 22. Januar 2013 durch Ausübung der Jagd im Umkreis von 100 Metern von ständig bewohnten Gebäuden und durch Überschreitung der maximal zulässigen Schrotschussdistanz, frei.
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Hingegen sprach es ihn schuldig der Widerhandlung gegen das bernische Gesetz über Jagd und Wildtierschutz, begangen am 22./23. Januar 2013 durch Unterlassen des zeit- und fachgerechten Nachsuchens (Verstoss gegen die Weidgerechtigkeit); der Widerhandlung gegen die bernische Direktionsverordnung über die Jagd, begangen durch Unterlassen der Kennzeichnung des eigenen Standorts sowie der Standorte und der Fluchtrichtungen der beschossenen Säugetiere (sog. "Verbrechen"), und der Widerhandlung gegen das Waffengesetz, begangen am 23. Januar 2013 durch Transport einer Waffe, ohne Waffe und Munition zu trennen. Es verurteilte X.________ zu einer Busse von CHF 1'200.-- beziehungsweise zu einer Ersatzfreiheitsstrafe von 12 Tagen im Falle der schuldhaften Nichtbezahlung der Busse.
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Das Regionalgericht stellte in seinen Urteilserwägungen vom 12. Juli 2015 den folgenden Sachverhalt als unbestritten fest.
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X.________ gab am Abend des 22. Januar 2013 innerhalb der 100-Meter-Grenze zu einem ständig bewohnten Gebäude vier Schüsse auf Füchse ab. Der vierte Schuss war ein Schrotschuss. X.________ unterliess es, seinen eigenen Standort sowie die Standorte und die Fluchtrichtungen der beschossenen Füchse zu markieren. Er fuhr mit seinem Auto nach Hause. Das Geschehen war von Wildhüter A.________ beobachtet worden, der seinen Amtskollegen, Wildhüter B.________, verständigte und um Unterstützung bei den gebotenen ersten Abklärungen noch am Abend ersuchte. Die beiden Wildhüter fanden sich am Morgen des 23. Januar 2013, um 08.00 Uhr, wieder am Ort des Geschehens ein und begannen mit einem Schweisshund die Nachsuche. X.________ erschien (unaufgefordert) um 09.30 Uhr am Ort des Geschehens.
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Das Regionalgericht kam überdies gestützt auf die von ihm als überzeugend qualifizierten Aussagen der beiden Wildhüter zum Schluss, dass X.________ nicht "verbrochen" d.h. die relevanten Standorte nicht markiert hatte, dass er keine ernsthafte, rechtzeitige Nachsuche vorgenommen beziehungsweise organisiert hatte und dass er am Vormittag des 23. Januar 2013 mit einem geladenen Gewehr im Auto am Ort des Geschehens vorgefahren war.
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B.b. Die Staatsanwaltschaft des Kantons Bern, Region Emmental-Oberaargau, meldete Berufung an. Sie reichte nach Eingang der schriftlichen Urteilsbegründung die Berufungserklärung ein mit dem Antrag, X.________ sei (auch) der Widerhandlung gegen das Tierschutzgesetz (Tierquälerei) schuldig zu sprechen, mehrfach begangen am 22./23. Januar 2013 durch Vernachlässigen von drei zuvor angeschossenen Tieren. Er sei zu einer bedingt vollziehbaren Geldstrafe von 30 Tagessätzen zu einem im Urteilszeitpunkt zu bestimmenden Tagessatz sowie zu einer im Urteilszeitpunkt zu bestimmenden Verbindungsbusse zu verurteilen.
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X.________ beantragte, die Berufung sei abzuweisen und das erstinstanzliche Urteil sei zu bestätigen.
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B.c. Das Obergericht des Kantons Bern stellte im Urteil vom 29. Februar 2016 fest, dass der erstinstanzliche Entscheid in Bezug auf verschiedene Freisprüche und Schuldsprüche in Rechtskraft erwachsen ist. Es sprach X.________ zudem schuldig der Widerhandlung gegen das Tierschutzgesetz, begangen am 22./23. Januar 2013 durch Misshandeln eines zuvor angeschossenen Fuchses durch Unterlassen der zeit- und fachgerechten Nachsuche, sowie der Widerhandlung gegen das bernische Gesetz über Jagd und Wildtierschutz, begangen am 22./23. Januar 2013 durch Unterlassen der zeit- und fachgerechten Nachsuche (Verstoss gegen die Weidgerechtigkeit) auf einen zuvor beschossenen Fuchs.
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Das Obergericht verurteilte X.________ zu einer Geldstrafe von 40 Tagessätzen zu je CHF 40.--, bedingt vollziehbar bei einer Probezeit von zwei Jahren, zu einer Verbindungsbusse von CHF 400.-- und zu einer Übertretungsbusse von CHF 1'200.--.
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C. X.________ erhebt Beschwerde in Strafsachen. Er beantragt, das Urteil des Obergerichts des Kantons Bern vom 29. Februar 2016 sei aufzuheben und das Urteil des Regionalgerichts Emmental-Oberaargau vom 1. September 2014 sei zu bestätigen. Eventualiter sei die Sache zur Neubeurteilung an die Vorinstanz zurückzuweisen. Zudem stellt er den Antrag, der Beschwerde die aufschiebende Wirkung zu erteilen.
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Die Oberstaatsanwaltschaft des Kantons Bern hat auf Vernehmlassung verzichtet. Das Obergericht beantragt die Abweisung der Beschwerde. X.________ hat zur Vernehmlassung des Obergerichts Stellung genommen.
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Erwägungen: |
1. Es stellt sich die Frage, ob in einem Fall der vorliegenden Art bei Unterlassen der Nachsuche im Rahmen der Jagd neben den Bestimmungen der kantonalen Jagdgesetzgebung auch die Vorschriften des eidgenössischen Tierschutzgesetzes zur Anwendung gelangen können. Die Staatsanwaltschaft und die Vorinstanz bejahen die Frage, der Beschwerdeführer und die erste Instanz verneinen sie.
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1.1. |
1.1.1. Das Bundesgesetz vom 20. Juni 1986 über die Jagd und den Schutz wildlebender Säugetiere und Vögel (Jagdgesetz, JSG; SR 922.0) ist gestützt auf Art. 24sexies Abs. 4, 24septies, 25 und 25bis aBV erlassen worden, welchen heute Art. 74 (Umweltschutz), Art. 78 Abs. 4 (Schutz der Tier- und Pflanzenwelt), Art. 79 (Fischerei und Jagd) und Art. 80 BV (Tierschutz) entsprechen. Da sich das Jagdgesetz auch auf Art. 80 BV (Tierschutz) stützt, kann es auch Regelungen enthalten, welche tierschützerische Anliegen im Zusammenhang mit der Jagd betreffen (siehe ARNOLD MARTI, Die schweizerische Bundesverfassung, St. Galler Kommentar, 3. Aufl. 2014, Art. 79 BV N. 11). Daraus folgt jedoch nicht, dass diese Anliegen im Jagdgesetz abschliessend geregelt sind und das Tierschutzgesetz daher auf Handlungen im Zusammenhang mit der Jagd nicht zur Anwendung gelangen kann.
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Das Jagdgesetz bezweckt nach seinem Artikel 1 Absatz 1, (a.) die Artenvielfalt und die Lebensräume der einheimischen und ziehenden wildlebenden Säugetiere und Vögel zu erhalten; (b.) bedrohte Tierarten zu schützen; (c.) die von wildlebenden Tieren verursachten Schäden an Wald und an landwirtschaftlichen Kulturen auf ein tragbares Mass zu begrenzen; (d.) eine angemessene Nutzung der Wildbestände durch die Jagd zu gewährleisten. Es stellt nach Art. 1 Abs. 2 Grundsätze auf, nach denen die Kantone die Jagd zu regeln haben. Gemäss Art. 3 JSG (Grundsätze) regeln und planen die Kantone die Jagd. Sie berücksichtigen dabei die örtlichen Verhältnisse sowie die Anliegen der Landwirtschaft und des Naturschutzes. Die nachhaltige Bewirtschaftung der Wälder und die natürliche Verjüngung mit standortgemässen Baumarten sollen sichergestellt sein (Abs. 1). Sie bestimmen die Voraussetzungen für die Jagdberechtigung, legen das Jagdsystem und das Jagdgebiet fest und sorgen für eine wirkungsvolle Aufsicht (Abs. 2). Sie führen nach den Vorschriften des Bundesrates eine Statistik über den Abschuss und den Bestand der wichtigsten Arten (Abs. 3). Nach Art. 3 Abs. 4 JSG bestimmt der Bundesrat die für die Jagd verbotenen Hilfsmittel. Er lässt eine eidgenössische Jagdstatistik erstellen.
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Das Jagdgesetz und die Jagdverordnung des Bundes enthalten vereinzelte Bestimmungen, welche den Schutz des Tieres vor unnötigen Leiden im Rahmen der Jagd betreffen. Diesem Zweck dienen unter anderen teilweise die Vorschriften betreffend die für die Jagd verbotenen Hilfsmittel (Art. 3 Abs. 4 JSG, Art. 17 Abs. 1 lit. i JSG, Art. 2 JSV). Das Jagdgesetz enthält im Besonderen aber keine Strafbestimmung, welche demjenigen Strafe androht, der bei Ausübung der Jagd einem Tier unnötige Leiden zufügt.
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1.1.2. Die bernische Jagdgesetzgebung enthält Bestimmungen, welche tierschützerischen Anliegen entsprechen. Es handelt sich dabei unter anderem um die Vorschriften betreffend die sog. Weidgerechtigkeit. Gemäss Art. 14 Abs. 1 JWG/BE wenden die Jägerinnen und Jäger alle Sorgfalt an, um dem Tier unnötige Qualen und Störungen zu ersparen und seine Würde zu bewahren. Sie tragen nach Art. 14 Abs. 2 JWG/BE insbesondere die Verantwortung für eine zeit- und fachgerechte Nachsuche. Nach Art. 12 JaV/BE verstösst gegen die Weidgerechtigkeit unter anderem, wer (b.) die zeit- und fachgerechte Nachsuche unterlässt, (c.) Wildtieren unnötige Qualen zufügt. Art. 16 Abs. 1 JaDV/BE wiederholt, dass auf beschossene Wildtiere zeit- und fachgerecht nachzusuchen ist.
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Die Bestimmungen betreffend die Nachsuche dienen dem Tierschutz. Ziel der Nachsuche ist es, mit Hilfe eines Nachsuchegespanns, bestehend aus einem qualifizierten Hundeführer und einem ausgebildeten Schweisshund, verletztes Wild möglichst rasch zu finden, bereits verendete Stücke zu bergen und noch lebende Tiere von ihrem Leiden zu befreien. Die Einschätzung des Jägers über seinen Schuss ("ich habe bestimmt gefehlt") oder über den Zustand des von ihm beschossenen Tieres ("es ist gesund weitergezogen") ist für die Entscheidung zur Nachsuche nicht relevant. Vielmehr gilt der Grundsatz, dass jedes beschossene und geflüchtete Wild, unabhängig von der Wildart, nachzusuchen ist (zum Ganzen JAGD- UND FISCHEREIVERWALTERKONFERENZ DER SCHWEIZ [Hrsg.], Jagen in der Schweiz, Auf dem Weg zur Jagdprüfung, 2. Aufl. 2014, S. 233, 235). Die Missachtung der Vorschriften betreffend die Nachsuche wird gemäss Art. 31 JWG/BE geahndet. Nach Art. 31 Abs. 1 lit. a JWG/BE wird, soweit nicht bundesrechtliche Strafnormen zur Anwendung gelangen, mit Busse bis zu 20'000 Franken bestraft, wer gegen die ausführenden oder ergänzenden Vorschriften des Regierungsrates oder der Volkswirtschaftsdirektion über die Weidgerechtigkeit, die Kontroll- oder die Meldepflichten sowie den Gebrauch von Transportmitteln, Waffen oder Munition verstösst. Die Missachtung der Vorschriften über die Nachsuche erfüllt den Tatbestand von Art. 31 Abs. 1 lit. a JWG/BE unabhängig davon, ob das beschossene Wildtier verletzt, tot oder unverletzt ist, mithin unabhängig davon, ob es leidet. Das Leiden eines beschossenen Wildtieres, das verletzt worden ist, wird somit vom kantonalrechtlichen Übertretungstatbestand gemäss Art. 31 Abs. 1 lit. a JWG/BE nicht erfasst. Insoweit finden die in Art. 31 Abs. 1 JWG/BE vorbehaltenen bundesrechtlichen Strafnormen Anwendung.
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1.2. Das Tierschutzgesetz vom 16. Dezember 2005 (TSchG; SR 455), das an die Stelle des Tierschutzgesetzes vom 9. März 1978 getreten ist, bezweckt nach seinem Artikel 1, die Würde und das Wohlergehen des Tieres zu schützen. Es gilt gemäss Art. 2 Abs. 1 für Wirbeltiere und die vom Bundesrat bezeichneten wirbellosen Tiere in dem vom Bundesrat bestimmten Umfang. Vorbehalten bleiben nach Art. 2 Abs. 2 TSchG das Jagdgesetz, das Bundesgesetz über den Natur- und Heimatschutz, das Bundesgesetz über die Fischerei, das Berufsbildungsgesetz sowie das Tierseuchengesetz. Mit diesem Vorbehalt wird eine Regelung für Situationen geschaffen, in denen die Bestimmungen des Tierschutzgesetzes mit denjenigen der genannten anderen Gesetze kollidieren. Das Tierschutzgesetz ist aber auch in den in Art. 2 Abs. 2 TSchG vorbehaltenen Bereichen anwendbar, soweit diese, beispielsweise das Jagdgesetz, keine abweichenden Bestimmungen enthalten (BOLLIGER/RICHNER/RÜTTIMANN, Schweizer Tierschutzstrafrecht in Theorie und Praxis, 2011, S. 63). Der Vorbehalt gemäss Art. 2 Abs. 2 TSchG bedeutet mithin nicht, dass auf dem Gebiet der Jagd das Tierschutzgesetz nicht anwendbar ist (BOLLIGER/RÜTTIMANN/GERRITSEN, Baujagd unter dem Aspekt des Tierschutz- und Jagdrechts, 2012, S. 26 ff.).
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1.3. Auch im Rahmen und bei Gelegenheit der Jagd dürfen einem Tier selbstredend nicht unnötige Leiden zugefügt werden. Nach Absatz 2 von Artikel 4 TSchG (Grundsätze) darf niemand ungerechtfertigt einem Tier Schmerzen, Leiden oder Schäden zufügen, es in Angst versetzen oder in anderer Weise seine Würde missachten und ist das Misshandeln, Vernachlässigen oder unnötige Überanstrengen von Tieren verboten. Dieser Grundsatz gilt für alle Tiere, mithin auch für Wildtiere. Er gilt nicht nur beim Umgang mit Tieren (siehe dazu Art. 4 Abs. 1 TSchG), sondern ganz allgemein. Er gilt auch bei Gelegenheit der Jagd.
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Wer auf ein Wildtier, das er beschossen hat, pflichtwidrig nicht zeit- und fachgerecht nachsucht, verstösst, wenn er durch das Unterlassen der Nachsuche dem Wildtier, da es verletzt ist, ungerechtfertigt Leiden zufügt, auch gegen den in Art. 4 Abs. 2 TSchG festgelegten Grundsatz, was bei Vorsatz gemäss Art. 26 Abs. 1 lit. a TSchG und bei Fahrlässigkeit nach Art. 26 Abs. 2 TSchG strafbar ist. Gemäss Art. 26 Abs. 1 lit. a TSchG wird mit Freiheitsstrafe bis zu drei Jahren oder Geldstrafe bestraft, wer ein Tier misshandelt, vernachlässigt, es unnötig überanstrengt oder dessen Würde in anderer Weise missachtet. Handelt der Täter fahrlässig, so wird er gemäss Art. 26 Abs. 2 TSchG mit Geldstrafe bis zu 180 Tagessätzen bestraft.
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2. |
2.1. Der Beschwerdeführer gab am Abend des 22. Januar 2013 vier Schüsse auf drei Füchse ab. Er unterliess es unstreitig, seinen eigenen Standort sowie die Standorte und die Fluchtrichtungen der beschossenen Füchse zu markieren. Dadurch verstiess er unstreitig gegen Art. 16 Abs. 2 JaDV/BE. Bleiben Säugetiere nicht im Feuer, so sind nach dieser Bestimmung die jagdberechtigten Personen verpflichtet, sofort nach dem Schuss ihren eigenen Standort sowie denjenigen des beschossenen Säugetieres und dessen Fluchtrichtung deutlich zu kennzeichnen. Beim Nachtansitz auf Haarraubwild können diese Massnahmen auch erst mit dem Jagdabbruch getroffen werden. Die diesbezügliche Verurteilung wegen Unterlassens der Kennzeichnung (sog. "Verbrechen") focht der Beschwerdeführer schon im Berufungsverfahren nicht an und ist daher hier nicht zu überprüfen.
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2.2. |
2.2.1. Die Vorinstanz stellt fest, ein Fuchs sei vom Beschwerdeführer verletzt worden. Der Wildhüter, der das Verhalten des Beschwerdeführers beobachtet habe, habe den Fuchs lahmend flüchten gesehen. Ein anderer Fuchs sei von den Wildhütern am Morgen des 23. Januar 2013 mit einem Bauchschuss verendet 200 Meter von der Anschussstelle entfernt aufgefunden worden. Der dritte Fuchs sei, wovon im Zweifel zu Gunsten des Beschwerdeführers auszugehen sei, unverletzt geblieben. Die Vorinstanz ist der Auffassung, dass der Beschwerdeführer noch in der Nacht mit der Nachsuche hätte beginnen müssen. Eine Nachsuche, die mehrere Stunden nach der Schussabgabe erfolge, könne nicht mehr als zeitgerecht bezeichnet werden. Ein mehrstündiges Zuwarten vereitle den Zweck der Nachsuche, nämlich das Auffinden und Erlösen verletzter Tiere. Die Vorinstanz erwägt, der Beschwerdeführer habe in seiner Garantenstellung die Weidgerechtigkeit und die Würde der Tiere verletzt, indem er es unterlassen habe, eine fach- und zeitgerechte Nachsuche auf die beschossenen und dadurch zumindest teilweise verletzten Füchse vorzunehmen. Der Beschwerdeführer habe somit durch das Unterlassen der Nachsuche in Bezug auf zwei der drei beschossenen Füchse den objektiven Tatbestand der Tierquälerei im Sinne von Art. 26 Abs. 1 lit. a TSchG erfüllt. Hinsichtlich des dritten, im Zweifel unverletzt gebliebenen Fuchses habe er den Tatbestand von Art. 31 Abs. 1 JWG/BE in Verbindung mit Art. 16 Abs. 1 und 2 JaDV/BE erfüllt. Der Beschwerdeführer habe als langjähriger Jäger um die möglichen Auswirkungen von fehlerhaften Schüssen für die Tiere gewusst. Indem er trotz dieses Wissens seine Verantwortung für eine zeit- und fachgerechte Nachsuche nicht wahrgenommen habe, habe er in Kauf genommen, dass die Füchse Nr. 2 und Nr. 3 unnötig gelitten hätten und - im Fall von Fuchs Nr. 2 - schliesslich verendet seien. Daher sei von vorsätzlicher Tatbegehung auszugehen.
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2.2.2. Die Vorinstanz geht damit zutreffend davon aus, dass durch das Unterlassen der zeit- und fachgerechten Nachsuche auf das beschossene Tier der Tatbestand der Tierquälerei im Sinne von Art. 26 Abs. 1 lit. a TSchG erfüllt wird, wenn zufolge des Unterlassens der Nachsuche das Tier unnötig leidet. Dies setzt voraus, dass das beschossene Tier im Zeitpunkt, als die zeit- und fachgerechte Nachsuche hätte beginnen müssen, verletzt war und noch lebte. War das beschossene Tier in diesem Zeitpunkt bereits tot oder aber unverletzt, konnte das Unterlassen der zeit- und fachgerechten Nachsuche keine unnötigen Leiden bewirken. Die Vorinstanz geht offenbar davon aus, dass zwei Füchse verletzt waren und noch lebten, als der Beschwerdeführer ihres Erachtens noch in der Nacht mit der Nachsuche hätte beginnen müssen.
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2.2.3. Weder aus Art. 14 JWG/BE noch aus Art. 12 JaV/BE noch aus Art. 16 JaDV/BE ergibt sich, was unter einer
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2.2.4. Gemäss den Feststellungen der Vorinstanz blieb einer der vom Beschwerdeführer beschossenen drei Füchse unverletzt. Ein anderer Fuchs wurde von den Wildhütern bei Tagesanbruch des 23. Januar 2013 mit einem Bauchschuss verendet aufgefunden. In Bezug auf diese beiden Füchse kann der Beschwerdeführer durch das Unterlassen der Nachsuche, die bei Tagesanbruch des 23. Januar 2013 hätte beginnen müssen, den Tatbestand der Tierquälerei im Sinne von Art. 26 Abs. 1 lit. a TSchG nicht erfüllt haben. Den dritten Fuchs hatte der Wildhüter A.________ am Abend des 22. Januar 2013 lahmend flüchten gesehen. Ob dieser Fuchs im Zeitpunkt, als der Beschwerdeführer bei Tagesanbruch des 23. Januar 2013 mit der Nachsuche hätte beginnen müssen, noch lebte und noch litt, geht aus dem angefochtenen Urteil nicht hervor. Von der Antwort auf diese Frage hängt es aber ab, ob der Beschwerdeführer in Bezug auf diesen Fuchs den Tatbestand der Tierquälerei im Sinne von Art. 26 Abs. 1 lit. a TSchG erfüllte. Sollte sich die Frage nicht beantworten lassen, wird die Vorinstanz im Zweifel zu Gunsten des Beschwerdeführers davon ausgehen müssen, dass der Fuchs im massgebenden Zeitpunkt, als der Beschwerdeführer bei Tagesanbruch des 23. Januar 2013 mit der Nachsuche hätte beginnen müssen, keine Leiden ertragen musste. Die Beschwerde ist im Sinne dieser Erwägungen gutzuheissen.
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2.2.5. Bei diesem Ergebnis kann dahingestellt bleiben, ob der Beschwerdeführer überhaupt die Absicht hatte, eine Nachsuche durchzuführen beziehungsweise zu organisieren, was die Vorinstanz unter anderem mit der Begründung verneint, dass der Beschwerdeführer am 23. Januar 2013, um 09.30 Uhr, ohne Schweisshund am Ort des Geschehens erschien. Offenbleiben kann daher auch, welche Schlüsse für die Nachsuche auf beschossenes Haarraubwild (z.B. Füchse) aus Art. 16 Abs. 3 JadV/BE zu ziehen sind, wonach bei Feststellung von Verletzungen von beschossenem Schalenwild (z.B. Rehe) die Nachsuche mit einem auf Schweiss geprüften Hund ausgeführt werden muss.
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2.3. Zwischen dem Unterlassen der Nachsuche und der Tierquälerei, begangen durch Unterlassen der Nachsuche, besteht nach der zutreffenden Auffassung der Vorinstanz unechte Konkurrenz. Denn die Nachsuche dient tierschützerischen Zwecken. Eine Verurteilung wegen des kantonalrechtlichen Übertretungstatbestands des Unterlassens der zeit- und fachgerechten Nachsuche (Art. 31 Abs. 1 lit. a JWG/BE in Verbindung mit Art. 14 Abs. 2 JWG/BE, Art. 12 lit. b JaV/BE und Art. 16 Abs. 1 JaDV/BE) ist somit nur möglich, soweit ein Schuldspruch wegen Tierquälerei im Sinne von Art. 26 Abs. 1 lit. a TSchG aus irgendeinem Grunde ausser Betracht fällt.
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3. Die Beschwerde ist im Sinne der Erwägungen gutzuheissen, das Urteil des Obergerichts des Kantons Bern, 2. Strafkammer, vom 29. Februar 2016 aufzuheben und die Sache zur neuen Entscheidung an die Vorinstanz zurückzuweisen. Bei diesem Ausgang des Verfahrens sind keine Kosten zu erheben und hat der Kanton Bern dem Beschwerdeführer eine Entschädigung zu zahlen.
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Mit dem Entscheid in der Sache wird das Gesuch um aufschiebende Wirkung gegenstandslos.
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Demnach erkennt das Bundesgericht: |
1. Die Beschwerde wird im Sinne der Erwägungen gutgeheissen, das Urteil des Obergerichts des Kantons Bern, Strafabteilung, 2. Strafkammer, vom 29. Februar 2016 aufgehoben und die Sache zur neuen Entscheidung an die Vorinstanz zurückgewiesen.
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2. Es werden keine Kosten erhoben.
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3. Der Kanton Bern hat dem Beschwerdeführer eine Entschädigung von Fr. 3'000.-- zu zahlen.
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4. Dieses Urteil wird den Parteien und dem Obergericht des Kantons Bern, Strafabteilung, 2. Strafkammer, schriftlich mitgeteilt.
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Lausanne, 7. Juni 2016
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Im Namen der Strafrechtlichen Abteilung
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des Schweizerischen Bundesgerichts
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Der Präsident: Denys
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Der Gerichtsschreiber: Näf
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