BGer 2C_270/2016 |
BGer 2C_270/2016 vom 22.06.2016 |
{T 0/2}
|
2C_270/2016
|
Urteil vom 22. Juni 2016 |
II. öffentlich-rechtliche Abteilung |
Besetzung
|
Bundesrichter Seiler, Präsident,
|
Bundesrichter Zünd,
|
Bundesrichterin Aubry Girardin,
|
Gerichtsschreiberin Mayhall.
|
Verfahrensbeteiligte |
X.________ AG,
|
Beschwerdeführerin,
|
vertreten durch Rechtsanwälte Herrn Daniel Staffelbach und/oder Herrn Dr. Martin Zobl,
|
gegen
|
Eidgenössische Finanzmarktaufsicht.
|
Gegenstand
|
Rabatte in Rahmenverträgen der Zusatzversicherung,
|
Beschwerde gegen die Zwischenverfügung
|
des Bundesverwaltungsgerichts, Abteilung II,
|
vom 8. März 2016.
|
Erwägungen: |
1. |
X.________ AG (nachfolgend: X.________), U.________, betreibt und vermittelt Versicherungen gegen die wirtschaftlichen Folgen von Krankheit, Unfall, Mutterschaft, Invalidität und Tod mit Ausnahme des Betriebs der Lebensversicherung. Mit als Verfügung bezeichnetem Schreiben vom 29. Januar 2016 erliess die Eidgenössische Finanzmarktaufsicht FINMA an X.________ die folgende Anordnung (Dispositivziffer 1) :
|
"1. Es wird festgestellt, dass die Gewährung von Kollektivrabatten in Rahmenverträgen sowie an Versicherte in Rahmenverträgen, d.h. an Mitglieder/ Berechtigte der Vertragspartner von Rahmenverträgen, folgenden aufsichtsrechtlichen Anforderungen zu entsprechen hat:
|
- Die Kollektivrabatte müssen technisch, d.h. risiko- und kostenseitig begründet sein;
|
- Die Solvenz des Versicherungsunternehmens sowie der Schutz der Versicherten vor Missbrauch müssen gewährleistet sein;
|
- Die Kollektivrabatte dürfen nicht zu versicherungstechnisch nicht begründbaren, erheblichen Ungleichbehandlungen führen."
|
X.________ wurde untersagt, Kollektivrabatte in Neuabschlüssen von Rahmenverträgen und in Neuabschlüssen von Verträgen mit Versicherten in bestehenden Rahmenverträgen zu gewähren, sofern die aufsichtsrechtlichen Anforderungen gemäss dieser Dispositivziffer 1 nicht eingehalten seien (Dispositivziffer 3). Dispositivziffer 3 wurde für sofort vollstreckbar erklärt und einer allfälligen Beschwerde die aufschiebende Wirkung entzogen (Dispositivziffer 4). Eine gegen diese Verfügung gerichtete Beschwerde von X.________ mit dem Antrag, es sei Dispositivziffer 4 der angefochtenen Verfügung umgehend aufzuheben und die aufschiebende Wirkung der Beschwerde wiederherzustellen, wies das Bundesverwaltungsgericht mit Zwischenverfügung vom 8. März 2016 ab. Die gegen die Zwischenverfügung des Bundesverwaltungsgerichts vom 8. März 2016 von X.________ erhobene Beschwerde vom 22. März 2016 mit dem Antrag, es sei Dispositivziffer 1 der angefochtenen Zwischenverfügung kostenfällig aufzuheben und ihrer Beschwerde gegen Dispositivziffer 3 der Verfügung der FINMA vom 29. Januar 2016 umgehend die aufschiebende Wirkung zu gewähren, erweist sich als offensichtlich unbegründet, weshalb sie im vereinfachten Verfahren gemäss Art. 109 Abs. 2 lit. a BGG und unter Verweis auf die zutreffend begründete angefochtene Zwischenverfügung abgewiesen werden kann.
|
2. |
2.1. Streitgegenstand (vgl. dazu BGE 136 II 165 E. 5 S. 174; Urteile 2C_961/2013 vom 29. April 2014 E. 3.3; 2C_930/2012 vom 10. Januar 2013 E. 1.1) des vorliegenden Verfahrens ist einzig die
|
2.2. Nach Art. 55 Abs. 1 VwVG hat die Beschwerde aufschiebende Wirkung. Ferner bestimmt Abs. 2 desselben Artikels: Hat die Verfügung nicht eine Geldleistung zum Gegenstand, so kann die Vorinstanz darin einer allfälligen Beschwerde die aufschiebende Wirkung entziehen. Aus dieser Ordnung geht hervor, dass der Suspensiveffekt von Beschwerden gegen Verfügungen, die zu einer vermögensrechtlichen Leistung verpflichten, wozu etwa Verfügungen über Prämien in der Berufsunfallversicherung gehören, auf keinen Fall entzogen werden darf (BGE 111 V 54 E. 3 S. 56 f., mit zahlreichen Hinweisen). Hinsichtlich auf Art. 4 Abs. 2 lit. r VAG und|oder auf Art. 38 VAG abgestützte Verfügungen sieht die Spezialnorm von Art. 84 Abs. 3 VAG demgegenüber vor, dass dagegen geführte Beschwerden keine aufschiebende Wirkung haben (zum sachlichen Anwendungsbereich dieser Norm auf in Anwendung von Art. 38, Art. 4 Abs. 2 lit. r und Art. 46 VAG geführte Tarifkontrollverfahren DU PASQUIER/VALÉRIE MENOUD, a.a.O., NN. 2, 3, 4 zu Art. 84 VAG). Der Gesetzgeber hat erwogen, die Verneinung der aufschiebenden Wirkung von Beschwerden gegen Tarifverfügungen im Sinne von Art. 84 Abs. 3 VAG sei eine eigentliche Abänderung von Art. 55 VwVG, welche sich durch die ansonsten von den Versicherungsunternehmen zu erleidenden erheblichen Nachteile rechtfertige. Bevor die infolge der aufschiebenden Wirkung blockierten Prämien eingefordert werden könnten, müsste zugewartet werden, bis das Beschwerdeverfahren vor erster und allenfalls auch zweiter Instanz durchgeführt sei; während dieser Zeit hätten die Versicherer ihre Leistungen trotz allenfalls ungenügender Prämien zu erbringen, weshalb sie in finanzielle Schwierigkeiten geraten könnten. Zudem sei die nachträgliche Einforderung von Prämien mit erheblichen Aufwänden verbunden, wobei die zusätzlichen Kosten und Ausfälle nicht der Versicherungsgemeinschaft belastet werden sollten (Botschaft des Bundesrates an die Bundesversammlung zu einem neuen Bundesgesetz über die Beaufsichtigung privater Versicherungseinrichtungen vom 5. Mai 1976, BBl 1976 II 916 f.; zur Beibehaltung dieser Regelung anlässlich der Revision des VAG vgl. den Antrag der Kommission [Art. 81a E-VAG] und Votum Ständerat
|
2.3. Zutreffend ist, dass der historische Gesetzgeber beim Erlass der spezialgesetzlichen Regelung von Art. 84 Abs. 3 VAG die Vermeidung finanzieller Notlagen durch die Versicherung vor Augen hatte. Ungeachtet dessen, wie sich ein allfälliges, im Hauptverfahren bestätigtes Verbot bestimmter Rabatte letztlich auf die Gestaltung der Versicherungsprämien insgesamt auswirken würde (was vorliegend nicht zu beurteilen ist), kann bei einer auf Willkür (Art. 9 BV in Verbindung mit Art. 98 BGG, oben, E. 2.1) beschränkten Überprüfung der angefochtenen vorinstanzlichen Zwischenverfügung und insbesondere angesichts der zweifelsohne fehlenden finanziellen Schwierigkeiten für das private Versicherungsunternehmen nicht eine klare bundesgesetzliche Verfahrensvorschrift missachtet und eine davon abweichende Anordnung über die aufschiebende Wirkung einer Beschwerde erlassen werden. Die übrigen, gegen die bundesgesetzliche Verfahrensvorschrift von Art. 84 Abs. 3 VAG gerichteten Rügen der Verletzung von verfassungsmässigen Rechten (Art. 98 BGG; Art. 27 in Verbindung mit Art. 94 BV) können angesichts der fehlenden Verfassungsgerichtsbarkeit gegenüber Bundesgesetzen nicht gutgeheissen werden (Art. 190 BV; zum Anwendungsgebot BGE 136 II 120 E. 3.5.1 S. 130; vgl. auch TSCHANNEN, Systeme des Allgemeinen Verwaltungsrechts, 2008, S. 54). Die Beschwerde erweist sich als offensichtlich unbegründet und ist, angesichts der eindeutigen gesetzlichen Regelung in Art. 84 Abs. 3 VAG und bestehender bundesgerichtlicher Praxis (BGE 111 V 54 E. 3 S. 57) im vereinfachten Verfahren nach Art. 109 Abs. 2 lit. a BGG abzuweisen (SEILER, in: Bundesgerichtsgesetz, 2. Aufl. 2015, N. 14 zu Art. 109 BGG).
|
3. |
Bei diesem Verfahrensausgang sind die (angesichts des geringen Aufwandes reduzierten) Gerichtskosten der Beschwerdeführerin aufzuerlegen (Art. 66 Abs. 1 BGG). Parteientschädigungen werden nicht gesprochen (Art. 68 BGG).
|
Demnach erkennt das Bundesgericht: |
1. Die Beschwerde wird abgewiesen.
|
2. Die Gerichtskosten von Fr. 3'000.-- werden der Beschwerdeführerin auferlegt.
|
3. Dieses Urteil wird den Verfahrensbeteiligten, der Eidgenössischen Finanzmarktaufsicht und dem Bundesverwaltungsgericht schriftlich mitgeteilt.
|
Lausanne, 22. Juni 2016
|
Im Namen der II. öffentlich-rechtlichen Abteilung
|
des Schweizerischen Bundesgerichts
|
Der Präsident: Seiler
|
Die Gerichtsschreiberin: Mayhall
|