BGer 9C_167/2018
 
BGer 9C_167/2018 vom 26.04.2018
 
9C_167/2018
 
Urteil vom 26. April 2018
 
II. sozialrechtliche Abteilung
Besetzung
Bundesrichterin Pfiffner, Präsidentin,
Bundesrichterinnen Glanzmann, Moser-Szeless.
Gerichtsschreiberin Stanger.
 
Verfahrensbeteiligte
A.________,
vertreten durch Rechtsanwalt Michael Ausfeld,
Beschwerdeführer,
gegen
IV-Stelle des Kantons Zürich, Röntgenstrasse 17, 8005 Zürich,
Beschwerdegegnerin.
Gegenstand
Invalidenversicherung,
Beschwerde gegen den Entscheid des Sozialversicherungsgerichts des Kantons Zürich vom 18. Dezember 2017 (IV.2016.00744).
 
Sachverhalt:
A. Nachdem ein erstes Leistungsgesuch abgewiesen worden war (Verfügung vom 25. Januar 2012), meldete sich der 1969 geborene A.________ im September 2012 erneut bei der Invalidenversicherung zum Leistungsbezug an. Die Sozialversicherungsanstalt des Kantons Zürich, IV-Stelle, führteerwerbliche und medizinische Abklärungen durch; unter anderem veranlasste sie eine polydisziplinäre Begutachtung bei der PMEDA Polydisziplinäre Medizinische Abklärungen, Zürich (nachfolgend PMEDA; Expertise vom 13. April 2015). Mit Verfügung vom 25. Mai 2016 verneinte die IV-Stelle einen Rentenanspruch.
B. Die dagegen erhobene Beschwerde wies das Sozialversicherungsgericht des Kantons Zürich mit Entscheid vom 18. Dezember 2017 ab.
C. A.________ führt Beschwerde in öffentlich-rechtlichen Angelegenheiten mit dem Rechtsbegehren, der Entscheid vom 18. Dezember 2017 sei aufzuheben, und es sei ihm eine halbe Rente der Invalidenversicherung zuzusprechen.
 
Erwägungen:
 
1.
1.1. Mit Beschwerde in öffentlich-rechtlichen Angelegenheiten kann unter anderem die Verletzung von Bundesrecht gerügt werden (Art. 95 lit. a BGG), die Feststellung des Sachverhalts durch die Vorinstanz nur, wenn sie offensichtlich unrichtig ist oder auf einer Rechtsverletzung im Sinne von Artikel 95 beruht und wenn die Behebung des Mangels für den Ausgang des Verfahrens entscheidend sein kann (Art. 97 Abs. 1 BGG). Die Beschwerde hat unter anderem die Begehren und deren Begründung zu enthalten, wobei in der Begründung in gedrängter Form - unter Bezugnahme auf und in Auseinandersetzung mit den entscheidenden vorinstanzlichen Erwägungen (BGE 138 I 171 E. 1.4 S. 176; 134 II 244 E. 2.1 S. 245 f.) - darzulegen ist, inwiefern der angefochtene Akt Recht verletzt (Art. 42 Abs. 1 und 2 BGG).
1.2. Bei den gerichtlichen Feststellungen zum Gesundheitszustand und zur Arbeitsfähigkeit bzw. deren Veränderung in einem bestimmten Zeitraum handelt es sich grundsätzlich um eine Tatfrage (BGE 132 V 393 E. 3.2 S. 397 ff.). Gleiches gilt für die konkrete Beweiswürdigung. Dagegen sind frei überprüfbare Rechtsfragen (Urteil 9C_194/2017 vom 29. Januar 2018 E. 3.2) die unvollständige Feststellung rechtserheblicher Tatsachen, die Missachtung des Untersuchungsgrundsatzes (Art. 43 Abs. 1, Art. 61 lit. c ATSG) und der Anforderungen an den Beweiswert ärztlicher Berichte und Gutachten sowie die Frage, ob und in welchem Umfang die ärztlichen Feststellungen anhand der Indikatoren nach BGE 141 V 281 auf Arbeitsunfähigkeit schliessen lassen (BGE 141 V 281 E. 7 S. 308 f.).
2. Streitgegenstand bildet der Anspruch des Beschwerdeführers auf eine Rente der Invalidenversicherung. Es stellt sich in erster Linie die Frage, ob die Vorinstanz zu Recht von der Einschätzung der Arbeitsfähigkeit im Administrativgutachten vom 13. April 2015 abgewichen ist und einen invalidenversicherungsrechtlich relevanten Gesundheitsschaden verneint hat.
3. Die Gutachter der PMEDA diagnostizierten eine mittelgradige depressive Episode (ICD-10 F32.1), welche die Arbeitsfähigkeit auch retrospektiv, zumindest seit zwei Jahren, auf 50 % reduziere. Das kantonale Sozialversicherungsgericht prüfte die Einschätzung der Experten anhand der Standardindikatoren gemäss BGE 141 V 281 (vorinstanzliche Erwägung 5.5 i.V.m. 5.4.2). Es gelangte zum Ergebnis, dass aus somatischer Sicht keine Diagnose mit Auswirkung auf die Arbeitsfähigkeit vorliege und der psychischen Symptomatik keine invalidisierende Wirkung beizumessen sei. Dabei berücksichtigte die Vorinstanz die neue Rechtsprechung, wonach sämtliche psychische Leiden, namentlich auch leichte bis mittelschwere Depressionen, einem strukturierten Beweisverfahren zu unterziehen sind (BGE 143 V 418 E. 7.1 S. 428) und eine invalidenversicherungsrechtlich relevante psychische Gesundheitsschädigung nicht bereits mit dem Argument der fehlenden Therapieresistenz ausgeschlossen werden kann (BGE 143 V 409 E. 4.4 S. 414 f.).
In der Beschwerde werden im Zusammenhang mit der Standardindikatorenprüfung verschiedene Rügen vorgebracht, auf welche nachfolgend einzugehen ist.
 
4.
4.1. In formeller Hinsicht rügt der Beschwerdeführer eine Gehörsverletzung, indem die Konsistenzprüfung erstmals durch die Vorinstanz vorgenommen und ihm vorgängig nicht die Gelegenheit geboten worden sei, sich zu diesem Kontext zu äussern.
Nach früherem Verfahrensstandard eingeholte Gutachten verlieren nicht per se ihren Beweiswert. Vielmehr ist im Rahmen einer gesamthaften Prüfung des Einzelfalls mit seinen spezifischen Gegebenheiten und den erhobenen Rügen entscheidend, ob ein abschliessendes Abstellen auf die vorhandenen Beweisgrundlagen vor Bundesrecht standhält (BGE 141 V 281 E. 8 S. 309). Zu prüfen ist, ob das Gutachten eine schlüssige Beurteilung im Lichte der Indikatoren gemäss BGE 141 V 281 unter Berücksichtigung der neuesten Rechtsprechung erlaubt oder nicht. Indem die Vorinstanz in antizipierter Beweiswürdigung (BGE 136 I 229 E. 5.3 S. 236) auf eine weitere medizinische Begutachtung verzichtete, weil sie das Administrativgutachten als zuverlässige Beurteilungsgrundlage im dargelegten Sinne erachtete, verletzte sie das rechtliche Gehör nicht. Dem Beschwerdeführer war es sodann unbenommen, sich zu den Standardindikatoren gemäss BGE 141 V 281 zu äussern, zumal er bereits im Vorbescheidverfahren deren Anwendung thematisierte. Nicht einsehbar ist, inwiefern eine Konstellation vergleichbar mit einer reformatio in peius vorliegen soll.
4.2. Weiter erachtet der Beschwerdeführer die vorinstanzliche Feststellung als aktenwidrig, wonach (lediglich) eine mittelgradige depressive Episode vorliege. Dem Gutachten sei zu entnehmen, dass es sich bei seinem Beschwerdebild um ein chronifiziertes depressives Syndrom handle. Mit der Annahme einer chronifizierten Depression müsse sich die gesamte Einschätzung der ihm verbleibenden Arbeitsfähigkeit, namentlich in Bezug auf seine Ressourcen und die Gesamtbeurteilung sämtlicher Lebensbereiche, zu seinen Gunsten verschieben.
4.2.1. Der Beschwerdeführer verkennt, dass Episode und Chronifizierung als die Depression näher umschreibende Merkmale einander nicht ausschliessen. Eine Chronifizierung kann jedoch im Rahmen der Indikatorenprüfung, insbesondere im Zusammenhang mit dem Behandlungs- und Eingliederungserfolg (BGE 141 V 281 E. 4.3.1.2 S. 299 f.), von Bedeutung sein (E. 4.2.2).
4.2.2. Nach unbestrittener vorinstanzlicher Feststellung schöpfte der Beschwerdeführer seine therapeutischen und medikamentösen Behandlungsmöglichkeiten nicht aus. Er habe lediglich einmal eine stationäre Therapie absolviert, und die ambulante psychiatrische Behandlung würde nur alle vier bis sechs Wochen stattfinden, was nicht auf einen erheblichen Leidensdruck schliessen lasse. Dementsprechend werde auch keine suffiziente medikamentöse Behandlung der Depression durchgeführt; es werde ihm einzig ein niedrig dosiertes Medikament gegen Schlafstörungen verabreicht. Der Beschwerdeführer bringt lediglich vor, die behandelnden Psychiater hätten festgestellt, der Suizid seines Vaters sei im Rahmen der Therapie nicht angehbar. Dieser Einwand ist unbeheflich, denn er setzt sich nicht mit der vorinstanzlichen Feststellung auseinander, wonach ein Zusammenhang zwischen diesem Ereignis im Jahr 1991 und seiner Arbeitsunfähigkeit nicht ersichtlich sei.
Der psychiatrische Gutachter ging zwar von einer chronifizierten depressiven Situation aus, riet je doch gleichzeitig zu einer Anpassung der therapeutischen und medikamentösen Behandlung und prognostizierte, dass nach Etablierung einer leitliniengerechten antidepressiven Behandlung mit dem Wiedererlangen der vollen Arbeitsfähigkeit spätestens Mitte Juli 2015 zu rechnen sei. Eine leitliniengerechte Therapie ist weder erstellt noch wird sie vom Beschwerdeführer behauptet. Unter diesen Umständen kann der Chronifizierung keine im Rahmen der Indikatorenprüfung entscheidende Bedeutung beigemessen werden.
4.3. Entgegen der Vorbringen in der Beschwerde berücksichtigte die Vorinstanz die Spannungskopfschmerzen im Rahmen der Konsistenzprüfung, wo sie festhielt, der Beschwerdeführer treibe deswegen keinen Sport mehr. Weiter stellte sie fest, dass der Komplex Gesundheitsschädigung sich als nicht ausgeprägt erweise. Die diagnoserelevanten Befunde reduzierten sich auf die bekannten demenziellen Klagen, welche sich indes nicht katalogisieren liessen, und eine hirnorganische Störung könne ausgeschlossen werden. Somit verbleibe es bei der Diagnose aus dem depressiven Formenkreis; weitere Komorbiditäten würden nicht bestehen. Diese Feststellung findet ihre Stütze im Gutachten der PMEDA. Sowohl der psychiatrische als auch der neuropsychologische Experte hielten fest, dass die Kopfschmerzen im Kontext des depressiven Syndroms hinreichend einzuordnen seien, wobei der Neuropsychologe auch einen Zusammenhang mit einem bewusstseinsnahen Störartefakt für möglich erachtete. Da davon auszugehen ist, dass die mittelgradige depressive Episode mit einer leitliniengerechten Therapie angehbar ist (E. 4.2.2), muss Gleiches auch für die vom Beschwerdeführer geklagten Spannungskopfschmerzen gelten.
4.4. Sodann übersieht der Beschwerdeführer mit seinem Einwand, seine "Tätigkeiten und Verhaltensweisen" müssten adäquat im Verhältnis zur verbliebenen Arbeitsfähigkeit beurteilt werden, dass die Vorinstanz mit der Feststellung, seine Einschränkungen zeigten sich in verschiedenen Lebensbereichen, nicht von einem (relevanten) inkonsistenten Verhalten ausging.
4.5. Nicht nachvollziehbar sind schliesslich die Vorbringen des Beschwerdeführers im Zusammenhang mit den psychosozialen Faktoren und seiner (angeblich) verschlechterten familiären Situation.
4.6. Zusammenfassend verletzt es kein Bundesrecht, dass die Vorinstanz in Abweichung des Administrativgutachtens einen invalidenversicherungsrechtlich relevanten Gesundheitsschaden verneinte.
5. Entsprechend dem Ausgang des Verfahrens hat der Beschwerdeführer die Gerichtskosten zu tragen (Art. 66 Abs. 1 BGG).
 
 Demnach erkennt das Bundesgericht:
1. Die Beschwerde wird abgewiesen.
2. Die Gerichtskosten von Fr. 800.- werden dem Beschwerdeführer auferlegt.
3. Dieses Urteil wird den Parteien, dem Sozialversicherungsgericht des Kantons Zürich und dem Bundesamt für Sozialversicherungen schriftlich mitgeteilt.
Luzern, 26. April 2018
Im Namen der II. sozialrechtlichen Abteilung
des Schweizerischen Bundesgerichts
Die Präsidentin: Pfiffner
Die Gerichtsschreiberin: Stanger