BGer 5A_126/2019 |
BGer 5A_126/2019 vom 03.09.2019 |
5A_126/2019 |
Urteil vom 3. September 2019 |
II. zivilrechtliche Abteilung |
Besetzung
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Bundesrichter Herrmann, Präsident,
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Bundesrichter Marazzi, von Werdt,
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Gerichtsschreiber von Roten.
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Verfahrensbeteiligte |
A.________,
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vertreten durch Rechtsanwalt Serge Flury,
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Beschwerdeführer,
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gegen
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B.________,
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vertreten durch Advokat Dominik Schniepper,
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Beschwerdegegnerin.
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Gegenstand
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Offenlegungspflicht,
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Beschwerde gegen das Urteil des Obergerichts des Kantons Aargau, Zivilgericht, 2. Kammer, vom 19. Dezember 2018 (ZOR.2018.53).
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Sachverhalt: |
A. |
A.a. A.________ ist der Sohn des am xxxx 2013 verstorbenen C.________, und B.________ war bis zu dessen Ableben seine langjährige Partnerin. Ende 2006 übergab C.________ sel. seinem Sohn A.________ Fr. 2'216'000.--. Im Gegenzug verpflichtete sich A.________, seinem Vater jährlich Fr. 80'000.-- zu überweisen. Am 30. Oktober 2008 verfasste C.________ sel. ein an B.________ gerichtetes Schreiben. Er teilte ihr mit, nach seinem Tod werde A.________ auf seinen eigenen Namen ein Konto eröffnen und Fr. 220'000.-- in Form von Wertschriften und Bargeld überweisen. Davon werde A.________ ihr monatlich Fr. 1'000.-- (oder den Gegenwert in Euro) auszahlen, bis das Kapital und die Zinsen aufgebraucht seien. Ausserdem erklärte C.________ sel., dass sich das auf das nach seinem Tod neu zu eröffnende Konto einzuzahlende Kapital proportional verringere, falls vom im Jahr 2006 übergebenen Betrag nach Abzug der an C.________ überwiesenen Beträge sowie von Steuern und Legaten weniger als Fr. 1'101'000.-- übrig seien, und dass sich die monatlich auszuzahlenden Beträge gleichermassen proportional reduzieren würden. A.________ und seine Ehefrau haben das Schreiben vom 30. Oktober 2008 mit unterzeichnet, und zwar mit folgender Erklärung:
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"A.________ und D.________ erklären sich mit obigem Brief in allen Teilen einverstanden und verpflichten sich für sich und ihre Nachkommen, B.________ obige Leistungen zu erbringen."
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A.b. Nach dem Tod von C.________ bestritt A.________, B.________ aus dem Schreiben vom 30. Oktober 2008 etwas zu schulden.
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A.c. Am 11. Mai 2016 klagte B.________ beim Bezirksgericht Rheinfelden. Sie beantragte, A.________ sei zu verurteilen, ihr Fr. 29'000.-- nebst Zins zu 5 % seit 15. Juni 2014 zu bezahlen, und er sei zu verpflichten, innert einer vom Gericht zu bestimmenden Frist den Vermögensstand der lebzeitigen Zuwendung des Erblassers im Zeitpunkt des Ablebens offenzulegen und durch entsprechende Unterlagen zu belegen. Schliesslich behielt sie sich Mehrforderungen ausdrücklich vor. In der Folge beschränkte das Bezirksgericht das Verfahren auf die Frage, ob A.________ die verlangten Informationen offenlegen muss. Es bejahte dies mit Entscheid vom 21. März 2018 und setzte A.________ eine einmalige Frist von 20 Tagen an.
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B. |
Gegen diesen Entscheid erhob A.________ Berufung beim Obergericht des Kantons Aargau, welches das Rechtsmittel abwies (Entscheid vom 19. Dezember 2018, zugestellt am 17. Januar 2019).
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C. |
Mit Beschwerde in Zivilsachen vom 11. Februar 2019 wendet sich A.________ (Beschwerdeführer) an das Bundesgericht, dem er beantragt, das Auskunftsbegehren der B.________ (Beschwerdegegnerin) sei abzuweisen.
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Das Bundesgericht hat die kantonalen Akten und Vernehmlassungen eingeholt. Die Beschwerdegegnerin schliesst auf Abweisung der Beschwerde, während das Obergericht auf eine Vernehmlassung verzichtet hat. In seinen Bemerkungen zur Beschwerdeantwort hält der Beschwerdeführer an seinen Anträgen fest.
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Erwägungen: |
1. |
Das Bundesgericht prüft von Amtes wegen und mit freier Kognition, ob die Eintretensvoraussetzungen gegeben sind (BGE 144 V 97 E. 1; 144 II 184 E. 1; 143 III 140 E. 1).
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1.1. Angefochten ist ein von einer letzten kantonalen Instanz im Sinn von Art. 75 Abs. 1 und 2 BGG ergangener Rechtsmittelentscheid, mit welchem der Beschwerdeführer verpflichtet wird, den Vermögensstand der lebzeitigen Zuwendung des Erblassers im Zeitpunkt des Ablebens offenzulegen und durch entsprechende Unterlagen zu belegen. Im Übrigen weist es die Sache an das Bezirksgericht zurück, damit das Verfahren seinen Fortgang nehme. Damit liegt kein Endentscheid im Sinn von Art. 90 BGG vor (zum Begriff des Endentscheids: BGE 133 V 477 E. 4.1.1).
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1.2. Das Bezirksgericht wie auch das Obergericht haben vorab die Frage beurteilt, ob das Rechtsgeschäft, aus welchem die Beschwerdegegnerin den eingeklagten Anspruch ableitet, nur unter Einhaltung der für Verfügungen von Todes wegen zu beachtenden Formvorschriften hätte angeordnet bzw. vereinbart werden können. Beide Instanzen haben diese Frage verneint. Mit diesem Schritt haben die kantonalen Instanzen über eine materiellrechtliche Teilfrage des Leistungsbegehrens entschieden (Formgültigkeit des Verpflichtungsgeschäfts) und die Höhe des geltend gemachten Anspruchs vom noch durchzuführenden Beweisverfahren abhängig gemacht. Der Entscheid, der eine materiell-rechtliche Teilfrage entscheidet, ist an sich ein Zwischenentscheid, der nur unter den Voraussetzungen von Art. 93 Abs. 1 BGG angefochten werden kann (BGE 133 V 477 E. 4.1.3).
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1.3. Gestützt auf die Feststellung, das Rechtsgeschäft vom 30. Oktober 2008 sei formgültig abgeschlossen worden, haben die kantonalen Instanzen die Pflicht zur beantragten Offenlegung bejaht.
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Es stellt sich nunmehr die Frage, ob sich das Offenlegungsbegehren auf einen sich aus dem materiellen Bundesrecht ergebenden Auskunftsanspruch stützt oder ob es sich um einen beweisrechtlich begründeten Editionsantrag handelt. Diese Unterscheidung ist insofern von Belang, als das Bundesgericht den ein materielles Auskunftsbegehren gutheissenden Entscheid als Teilentscheid im Sinn von Art. 91 Bst. a BGG qualifiziert (BGE 140 III 409 E. 4.3; 135 III 212 E. 1.2; vgl. Urteil 4A_269/2017 vom 20. Dezember 2017 E. 1.2, nicht publ. in: BGE 144 III 43), der unter Vorbehalt der allgemeinen Zulässigkeitskriterien angefochten werden kann (BGE 141 III 395 E. 2.2), während ein Entscheid über einen beweisrechtlichen Editionsantrag als Zwischenentscheid im Sinn von Art. 93 Abs. 1 BGG gilt (Urteile 5A_544/2016 vom 27. Januar 2017 E. 1; 5A_421/2013 vom 19. August 2013 E. 1, teilweise publ. in: SZZP 2014 S. 34 ff. und zusammengefasst in: FamPra.ch 2013 S. 1032).
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Das geltende Privatrecht kennt keinen allgemeinen Informationsanspruch, der Platz greift, wo immer Informationen geeignet wären, Rechtsansprüche zu verwirklichen (BGE 132 III 677 E. 4.2.1). Materielle Auskunftsansprüche hat der Gesetzgeber namentlich im Eherecht (Art. 170 ZGB), im Erbrecht (Art. 607 Abs. 3 und Art. 610 Abs. 2 ZGB) und im Obligationenrecht (Art. 256a, Art. 321b Abs. 1, Art. 331 Abs. 4, Art. 351a Abs. 1, Art. 360b Abs. 5, Art. 365 Abs. 2, Art. 400 Abs. 1, Art. 505 Abs. 1, Art. 656c Abs. 2 und 3, Art. 697, Art. 697d Abs. 2, Art. 697k Abs. 3, Art. 715a, Art. 730b, Art. 802, Art. 857 Abs. 3 OR) vorgesehen. Dass eine dieser Bestimmungen hier zur Anwendung kommen könnte, wird nicht behauptet. Weder die Beschwerdegegnerin noch die kantonalen Instanzen haben sich auf einen sich aus dem materiellen Bundesrecht ergebenden Auskunftsanspruch gestützt. Damit ist ihr Offenlegungsbegehren als beweisrechtlich begründeter Editionsantrag zu qualifizieren, der, wie ausgeführt, als Zwischenentscheid im Sinn von Art. 93 Abs. 1 BGG gilt.
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1.4. Ein Zwischenentscheid im Sinn von Art. 93 Abs. 1 BGG kann angefochten werden, wenn der angefochtene Entscheid einen nicht wieder gutzumachenden Nachteil bewirken kann (Bst. a) oder wenn die Gutheissung der Beschwerde sofort einen Endentscheid herbeiführen und damit einen bedeutenden Aufwand an Zeit oder Kosten für ein weitläufiges Beweisverfahren ersparen würde (Bst. b). Dabei obliegt es dem Beschwerdeführer darzutun, dass eine dieser Voraussetzungen erfüllt ist, sofern dies nicht geradezu in die Augen springt (BGE 141 III 395 E. 2.5).
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Der Beschwerdeführer verkennt die rechtliche Ausgangslage und äussert sich nicht zu den hier aufgeworfenen Eintretensfragen. Dass diese vorliegen sollen, liegt auch nicht geradezu auf der Hand. Rechtsprechungsgemäss haben Beweisverfügungen als Zwischenentscheide grundsätzlich keinen nicht wieder gutzumachenden Nachteil zur Folge (BGE 99 Ia 437 E. 1; 141 III 80 E. 1.2; Urteile 5A_603/2009 vom 26. Oktober 2009 E. 3.1 und 5A_211/2007 vom 16. August 2007 E. 3.1; für eine hier nicht zutreffende Ausnahme vgl. zit. Urteil 5A_544/2016 E. 1), so dass die Voraussetzung nach Art. 93 Abs. 1 Bst. a BGG nicht erfüllt ist. Demgegenüber würde die Gutheissung der Beschwerde einen Endentscheid herbeiführen, denn sollte sich erweisen, dass das Rechtsgeschäft, aus welchem die Beschwerdegegnerin den eingeklagten Anspruch ableitet, die Einhaltung der für Verfügungen von Todes wegen zu beachtenden Formvorschriften erfordert hätte, wären diese unbestrittenermassen nicht eingehalten und wäre die Klage abzuweisen. Indes legt der Beschwerdeführer nicht dar und es ist auch nicht ersichtlich, inwiefern mit der Beurteilung des Zwischenentscheids ein bedeutender Aufwand an Zeit oder Kosten für ein weitläufiges Beweisverfahren erspart würde. Damit sind auch diese Voraussetzungen nach Art. 93 Abs. 1 Bst. b BGG nicht erfüllt.
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2. |
Gestützt auf die vorstehenden Ausführungen ist auf die Beschwerde nicht einzutreten. Bei diesem Ausgang des Verfahrens wird der Beschwerdeführer kosten- und gegenüber der Beschwerdegegnerin entschädigungspflichtig (Art. 66 Abs. 1 und Art. 68 Abs. 1 und 2 BGG).
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Demnach erkennt das Bundesgericht: |
1. Auf die Beschwerde wird nicht eingetreten.
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2. Die Gerichtskosten von Fr. 2'000.-- werden dem Beschwerdeführer auferlegt.
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3. Der Beschwerdeführer hat die Beschwerdegegnerin für das bundesgerichtliche Verfahren mit Fr. 2'000.-- zu entschädigen.
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4. Dieses Urteil wird den Parteien und dem Obergericht des Kantons Aargau, Zivilgericht, 2. Kammer, schriftlich mitgeteilt.
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Lausanne, 3. September 2019
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Im Namen der II. zivilrechtlichen Abteilung
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des Schweizerischen Bundesgerichts
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Der Präsident: Herrmann
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Der Gerichtsschreiber: von Roten
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