BGer 5A_242/2019 |
BGer 5A_242/2019 vom 27.09.2019 |
5A_242/2019 |
Urteil vom 27. September 2019 |
II. zivilrechtliche Abteilung |
Besetzung
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Bundesrichter Herrmann, Präsident,
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Bundesrichter von Werdt, Schöbi,
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Gerichtsschreiber Sieber.
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Verfahrensbeteiligte |
A.A.________,
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vertreten durch Rechtsanwalt Reto Fischer,
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Beschwerdeführerin,
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gegen
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B.A.________,
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vertreten durch Advokat Patrick Frey,
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Beschwerdegegner.
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Gegenstand
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Eheschutzmassnahmen,
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Beschwerde gegen den Entscheid des Kantonsgerichts St. Gallen, Einzelrichter im Familienrecht, vom 22. Februar 2019 (FS.2018.23-EZE2 ZV.2018.98-EZE2; ZV.2019.6-EZE2 ZV.2019.20-EZE2).
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Sachverhalt: |
A. A.A.________ (geb. 1979; Beschwerdeführerin) und B.A.________ (geb. 1977; Beschwerdegegner) sind die verheirateten Eltern von C.A.________ (geb. 18. Februar 2009) und D.A.________ (geb. 14. Oktober 2012). Seit September 2017 leben die Eheleute getrennt. Mit Entscheid vom 5. Juni 2018 nahm das Kreisgericht Werdenberg-Sarganserland auf Gesuch der Ehefrau hin vom Getrenntleben Vormerk, stellte die Kinder unter die Obhut der Mutter und regelte das Besuchsrecht des Vaters. Ausserdem verpflichtete es B.A.________ zur Zahlung von Kindes- und Ehegattenunterhalt, wobei es festhielt, welche Beträge monatlich zur Deckung des gebührenden Unterhalts der Kinder fehlen.
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B. Auf Berufung von A.A.________ hin traf das Kantonsgericht St. Gallen mit Entscheid vom 15. Februar 2019, berichtigt am 22. Februar 2019, bezüglich des Kindesunterhalts neu folgende Regelung (Dispositivziffer 4 und 5) :
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"4. B.A.________ wird verpflichtet, an den Unterhalt von C.A.________ [...] monatlich im Voraus folgende Beträge zuzüglich allfälliger Kinderzulagen zu bezahlen:
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a) 1. September 2017 bis 31. Dezember 2017: Fr. 0.00
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(zur Deckung des gebührenden Unterhalts von Fr. 1'030.00
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[nur Barunterhalt] fehlt der gesamte Betrag)
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b) 1. Januar 2018 bis 28. Februar 2018 Fr. 1'710.00
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c) 1. März 2018 bis 31. Oktober 2018 Fr. 560.00
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(zur Deckung des gebührenden Unterhalts von Fr. 1'030.00
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[nur Barunterhalt] fehlt der Betrag von Fr. 475.00)
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d) 1. November 2018 bis 31. Oktober 2019 Fr. 690.00
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(zur Deckung des gebührenden Unterhalts von Fr. 955.00
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[nur Barunterhalt] fehlt der Betrag von Fr. 265.00)
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e) Ab 1. November 2019 Fr. 1'030.00
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5. B.A.________ wird verpflichtet, an den Unterhalt von D.A.________ [...] monatlich im Voraus folgende Beträge zuzüglich allfälliger Kinderzulagen zu bezahlen:
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a) 1. September 2017 bis 31. Dezember 2017: Fr. 0.00
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(zur Deckung des gebührenden Unterhalts von Fr. 1'120.00
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[nur Barunterhalt] fehlt der gesamte Betrag)
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b) 1. Januar 2018 bis 28. Februar 2018 Fr. 1'790.00
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c) 1. März 2018 bis 31. Oktober 2018 Fr. 640.00
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(zur Deckung des gebührenden Unterhalts von Fr. 1'120.00
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[nur Barunterhalt] fehlt der Betrag von Fr. 475.00)
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d) 1. November 2018 bis 31. Oktober 2019 Fr. 690.00
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(zur Deckung des gebührenden Unterhalts von Fr. 955.00
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[nur Barunterhalt] fehlt der Betrag von Fr. 265.00)
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e) Ab 1. November 2019 Fr. 1'030.00"
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Ferner verpflichtete das Kantonsgericht B.A.________ dazu, an A.A.________ vom 1. Januar bis 28. Februar 2018 persönlichen Unterhalt von monatlich Fr. 1'200.-- (Dispositivziffer 6a) und ab 1. November 2019 von Fr. 65.-- im Monat zu bezahlen (Dispositivziffer 6b). Die Gerichtskosten auferlegte es beiden Eheleuten je zur Hälfte, Parteikosten sprach es keine zu (Dispositivziffer 7 und 8). Im Übrigen hielt es fest, der erstinstanzliche Entscheid bleibe weitergehend unverändert (Dispositivziffer 3).
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C. Mit Beschwerde vom 21. März 2019 gelangt A.A.________ an das Bundesgericht. Sie beantragt, in Abänderung der Ziffern 4d und e, 5d und e sowie 6b des Entscheids des Kantonsgerichts sei der monatlich zu bezahlende Unterhalt für die Söhne (zuzüglich allfälliger Kinderzulagen) wie folgt neu festzulegen: Für die Zeit vom 1. November 2018 bis 31. Oktober 2019 auf Fr. 860.-- und ab 1. November 2019 auf Fr. 1'085.--. Dabei sei festzuhalten, dass bis Oktober 2019 zur Deckung des gebührenden Unterhalts von Fr. 955.-- (nur Barunterhalt) je der Betrag von Fr. 95.-- fehle. Ausserdem beantragt A.A.________, es sei der an sie persönlich zu bezahlende Unterhalt ab 1. November 2019 auf monatlich Fr. 180.-- festzulegen. Eventualiter sei die Sache zur Neubeurteilung an das Kantonsgericht zurückzuweisen. Zuletzt ersucht sie darum, ihr für das bundesgerichtliche Verfahren das Recht auf unentgeltliche Rechtspflege zu gewähren.
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Mit Eingabe vom 22. Mai 2019 verzichtet das Kantonsgericht mit Ausnahme einiger ergänzender Hinweise auf eine Stellungnahme. Am 21. Juni 2019 beantragt B.A.________, die Beschwerde sei abzuweisen und ihm sei die unentgeltliche Rechtspflege zu bewilligen. Mit Replik vom 26. Juni 2019 und Duplik vom 8. Juli 2019 haben die Parteien an ihren bisherigen Anträgen festgehalten.
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Im Übrigen hat das Bundesgericht die Akten des kantonalen Verfahrens eingeholt.
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Erwägungen: |
1. |
1.1. Angefochten ist ein Endentscheid (Art. 90 BGG) einer letzten kantonalen Instanz, die als oberes Gericht (Art. 75 BGG) über den Kindesunterhalt sowie den ehelichen Unterhalt während des Getrenntlebens der Parteien entschieden hat. Strittig ist damit eine vermögensrechtliche Zivilsache (Art. 72 Abs. 1 BGG; vgl. Urteil 5A_273/2018 und 5A_281/2018 vom 25. März 2019 E. 2.1), wobei der erforderliche Streitwert von Fr. 30'000.-- erreicht ist (Art. 74 Abs. 1 Bst. b i.V.m. Art. 51 Abs. 1 Bst. a und Abs. 4 BGG). Die Beschwerdeführerin ist nach Art. 76 Abs. 1 BGG zur Beschwerde in Zivilsachen berechtigt, die sie auch fristgerecht erhoben hat (Art. 100 Abs. 1 BGG). Auf die Beschwerde ist grundsätzlich einzutreten.
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1.2. Eheschutzentscheide unterstehen Art. 98 BGG (BGE 133 III 393 E. 5), weshalb nur die Verletzung verfassungsmässiger Rechte gerügt werden kann. Auch eine Berichtigung oder Ergänzung der vorinstanzlichen Sachverhaltsfeststellungen kommt nur in Frage, wenn die kantonale Instanz solche Rechte verletzt hat (BGE 133 III 585 E. 4.1). Es gilt das strenge Rügeprinzip nach Art. 106 Abs. 2 BGG. Die rechtsuchende Partei muss daher klar und detailliert anhand der Erwägungen des angefochtenen Entscheids darlegen, inwiefern ein verfassungsmässiges Recht verletzt worden sein soll (BGE 141 I 36 E. 1.3). Auf ungenügend begründete Rügen und rein appellatorische Kritik am angefochtenen Entscheid tritt das Bundesgericht nicht ein (BGE 140 III 264 E. 2.3 S. 266).
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2. |
2.1. Im Zusammenhang mit der streitbetroffenen Unterhaltsberechnung beanstandet die Beschwerdeführerin die Berücksichtigung von Mobilitätskosten über Fr. 340.-- im Bedarf des Ehemannes als verfassungswidrig.
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Das Kantonsgericht stellte für verschiedene Zeitperioden das Einkommen und den Bedarf der Parteien und der Kinder fest. Aufgrund der als Novum berücksichtigten Tatsache, dass der Beschwerdegegner im Laufe des Berufungsverfahrens eine neue Anstellung bei der E.________ AG antrat, rechnete die Vorinstanz ihm ab November 2018 ein Einkommen von monatlich Fr. 4'535.-- und ab November 2019 ein hypothetisches Einkommen von Fr. 5'840.-- im Monat an. Was den Bedarf des Beschwerdegegners anbelangt, hielt das Kantonsgericht fest und betont es auch vor Bundesgericht, dass die erstinstanzlich festgestellten Bedarfszahlen von keiner Partei beanstandet würden. Da diese Zahlen zudem als zutreffend erschienen, könnten sie, angepasst auf die aktuellen Verhältnisse, übernommen werden. In der Folge berücksichtigte die Vorinstanz im Bedarf des Beschwerdegegners für die gesamte Unterhaltsdauer die bisherigen Mobilitätskosten von Fr. 340.--.
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2.2. Die Beschwerdeführerin wirft der Vorinstanz eine Verletzung des Willkürverbots (Art. 9 BV) sowie des Anspruchs auf rechtliches Gehör (Art. 29 Abs. 2 BV) vor. Aus den im Berufungsverfahren eingereichten Unterlagen ergebe sich, dass dem Beschwerdegegner von seiner neuen Arbeitgeberin ein Dienstfahrzeug zur Verfügung gestellt werde, welches auch Privat und für Fahrten zwischen Wohnung und Arbeitsplatz genutzt werden dürfe. Die Fahrzeugkosten würden von der Arbeitgeberin getragen. Auch werde dem Beschwerdegegner die Privatnutzung des Geschäftswagens als Lohnbestandteil aufgerechnet. Dem Beschwerdegegner entstünden ab November 2018 damit weder Kosten für den Arbeitsweg noch für die private Mobilität. Eine entsprechende Feststellung fehle im vorinstanzlichen Entscheid. Das Kantonsgericht habe daher den Sachverhalt unvollständig und willkürlich festgestellt. Dem stehe nicht entgegen, dass die Beschwerdeführerin das Kantonsgericht nicht ausdrücklich auf diesen Umstand hingewiesen habe. In Eheschutzverfahren gelte der Untersuchungsgrundsatz (Art. 272 ZPO) und gestützt auf Art. 296 Abs. 1 ZPO müsse das Gericht in Kinderbelangen den Sachverhalt von Amtes wegen erforschen. Das Kantonsgericht habe daher auch ohne zusätzliche Intervention erkennen müssen, dass dem Beschwerdegegner seit November 2018 für Arbeitsweg/Mobilität keine Kosten mehr entstünden. Damit sei die Berücksichtigung von Mobilitätskosten von monatlich Fr. 340.-- ab November 2018 aktenwidrig, offensichtlich unhaltbar und somit willkürlich.
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2.3. Der Beschwerdegegner wendet ein, er habe die relevanten Unterlagen bereits sehr früh in das Berufungsverfahren eingebracht. Die Beschwerdeführerin habe vor Fällung des angefochtenen Entscheids über diese verfügt. Die strittige Bedarfsfestsetzung sei durch die erste Instanz vorgenommen und von der zweiten Instanz richtigerweise unverändert übernommen worden. Unter diesen Umständen hätte es an der Beschwerdeführerin gelegen, die nun vorgebrachten Umstände spätestens vor Kantonsgericht zu rügen. Dagegen sei es rechtsmissbräuchlich die entsprechenden Rügen zu unterlassen, um sie mit Beschwerde an das Bundesgericht zu erheben. Hieran vermöge auch der Hinweis auf den Untersuchungsgrundsatz nichts zu ändern. Im Übrigen diene das ihm überlassene Fahrzeug dem Beschwerdegegner hauptsächlich für geschäftliche Zwecke. Private Fahrten seien ihm nur bis zu einer Distanz von 300 km pro Monat erlaubt. Für die Kosten der privaten Nutzung habe er zudem selbst aufzukommen. Folglich entstünden sehr wohl Mobilitätskosten, die im Bedarf zu berücksichtigen seien. Womöglich wäre es vertretbar gewesen, diese Kosten tiefer zu veranschlagen. Willkür liege aber jedenfalls keine vor.
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3. Basierend auf den von der Beschwerdeführerin erhobenen Rügen und den dagegen formulierten Einwendungen des Beschwerdegegners ist in einem ersten Schritt zu prüfen, ob das Kantonsgericht den Sachverhalt willkürlich festgestellt hat (E. 3.1). Sollte dies der Fall sein, stellt sich die Frage, ob das Kantonsgericht die strenge Untersuchungsmaxime verletzt hat und damit in Zusammenhang stehend ob die Beschwerdeführerin ihrer Mitwirkungsobliegenheit nachgekommen ist (E. 3.2). Bejahendenfalls ist schliesslich zu beurteilen, ob die Beschwerdeführerin den Instanzenzug ausgeschöpft hat (E. 3.3).
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3.1. |
3.1.1. Die Feststellung des Sachverhalts kann nur gerügt werden, wenn sie offensichtlich unrichtig ist oder auf einer Rechtsverletzung im Sinn von Art. 95 BGG beruht und wenn die Behebung des Mangels für den Ausgang des Verfahrens entscheidend sein kann (Art. 97 Abs. 1 BGG). Eine willkürliche Sachverhaltsfeststellung liegt nur vor, wenn das Gericht Sinn und Tragweite eines Beweismittels offensichtlich verkannt hat, wenn es ohne sachlichen Grund ein wichtiges und entscheidwesentliches Beweismittel unberücksichtigt gelassen oder wenn es auf der Grundlage der festgestellten Tatsachen unhaltbare Schlussfolgerungen gezogen hat. Dass die von Sachgerichten gezogenen Schlüsse nicht mit der eigenen Darstellung der rechtsuchenden Partei übereinstimmen, belegt keine Willkür (BGE 142 II 433 E. 4.4; 140 III 264 E. 2.3 mit Hinweisen). Erforderlich ist zudem, dass der Entscheid nicht nur in der Begründung, sondern auch im Ergebnis willkürlich ist (BGE 143 I 321 E. 6.1).
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3.1.2. Bei der strittigen Bedarfsermittlung hat das Kantonsgericht beim Beschwerdegegner Mobilitätskosten von monatlich Fr. 340.-- berücksichtigt, wobei sie die Zahlen des erstinstanzlichen Urteils für den gesamten massgebenden Zeitraum übernommen hat (vgl. vorne E. 2.1). Hiergegen bringt die Beschwerdeführerin zu Recht vor, dass sich mit Antritt der neuen Anstellung durch den Beschwerdegegner (vgl. vorne E. 2.1) eine neue Situation ergeben hat: Dem im Berufungsverfahren vorgelegten Dienstwagenüberlassungsvertrag vom 12. November 2018 (vgl. Beschwerdebeilage 6) ist zu entnehmen, dass die Arbeitgeberin dem Beschwerdegegner ein Dienstfahrzeug zur Verfügung stellt (Ziffer 1). In Ziffer 2 des Vertrags sind die Nutzungsmöglichkeiten für den Geschäftswagen aufgeführt. Gemäss Ziffer 2.1 darf dieser für "betriebliche oder geschäftliche Zwecke im Zusammenhang mit dem Arbeitsverhältnis, für Fahrten zwischen Wohnung und Arbeitsplatz", und laut Ziffer 2.2 für "Privatfahrten bis 300km" genutzt werden. Unter Ziffer 5 (Kosten) ist vereinbart, dass die Arbeitgeberin die Wartungs-, Reparatur- und Betriebskosten trägt, die Motorfahrzeugsteuern und -versicherungen bezahlt und dem Beschwerdegegner pro Monat ein Budget von Fr. 450.-- für Benzinkosten zur Verfügung stellt. Die Benzinkosten sind über Spesen abzurechnen. Das Kantonsgericht hat den Dienstwagenüberlassungsvertrag ohne sachlichen Grund unberücksichtigt gelassen und damit den Sachverhalt offensichtlich unrichtig festgestellt. Werden im Bedarf des Beschwerdegegners keine Mobilitätskosten berücksichtigt, steigt dessen Leistungsfähigkeit, was wiederum einen Einfluss auf die Höhe der Unterhaltsbeiträge haben kann. Offensichtlich kann die Behebung des Mangels für den Ausgang des Verfahrens entscheidend sein.
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3.2. Das Kantonsgericht und der Beschwerdegegner weisen darauf hin, dass sich die Beschwerdeführerin im Berufungsverfahren nicht zu den neu eingetretenen Umständen und der strittigen Bedarfsfestsetzung geäussert habe.
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3.2.1. Wie die Beschwerdeführerin zutreffend einwendet, gilt im vorliegend auch Kinderbelange betreffenden Berufungsverfahren der uneingeschränkte Untersuchungsgrundsatz (Art. 296 Abs. 1 ZPO; Urteile 5A_404/2019 vom 15. Juli 2019 E. 4; 5A_813/2013 vom 12. Mai 2014 E. 3.3). Demnach erforscht das Gericht den Sachverhalt von Amtes wegen. Es ist verpflichtet, von sich aus alle Elemente in Betracht zu ziehen, die entscheidwesentlich sind, und unabhängig von den Anträgen der Parteien zu erheben (BGE 130 I 180 E. 3.2). Das Gericht hat alle rechtserheblichen Umstände zu berücksichtigen, die sich im Laufe des Verfahrens ergeben, auch wenn die Parteien nicht ausdrücklich darauf Bezug nehmen (BGE 144 III 349 E. 4.2.1; 128 III 411 E. 3.2.1; MAZAN/STECK, in: Basler Kommentar, Schweizerische Zivilprozessordnung, 3. Aufl. 2017, N. 12 zu Art. 296 ZPO). Die Pflicht der Behörde, den Sachverhalt zu erforschen, entbindet die Beteiligten indessen nicht davon, durch Hinweise zum Sachverhalt oder Bezeichnung von Beweisen am Verfahren mitzuwirken (BGE 130 I 180 E. 3.2). Sie müssen das Gericht über den Sachverhalt orientieren und ihm die verfügbaren Beweismittel nennen (BGE 128 III 411 E. 3.2.1; Urteile 5A_1000/2018 vom 3. Mai 2019 E. 3.1.2; 5A_400/2018 vom 28. August 2018 E. 4.3.1). Zu prüfen ist somit, ob die Beschwerdeführerin ihrer Mitwirkungsobliegenheit nachgekommen ist.
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3.2.2. Die Mitwirkungspflicht beschlägt in erster Linie die Beschaffung des Prozessstoffes. Vorliegend stellt sich indes das Problem der Beschaffung des Prozessstoffs nicht. Berührt ist allein die Berücksichtigung der sich bereits in den Akten befindlichen Unterlagen zur neuen Anstellung des Ehemannes und deren Würdigung durch das Kantonsgericht. Im von der strengen Untersuchungsmaxime beherrschten Verfahren hat der Richter grundsätzlich alles zu lesen bzw. zu würdigen, was in den Akten liegt. Auf jeden Fall muss das Gericht jene Unterlagen berücksichtigen, die - wie hier mit dem "Dienstwagenüberlassungsvertrag" - geradezu selbsterklärend sind und vernünftigerweise keinen Interpretationsspielraum offen lassen. In der Tat ergibt sich aus dem fraglichen Beweismittel ohne weiteres, dass die Arbeitgeberin des Beschwerdegegners diesem einerseits ein Dienstfahrzeug zur Verfügung stellt und ihm andererseits monatlich bis zu Fr. 450.-- an Benzinkosten entschädigt. Darauf musste die Beschwerdeführerin das Kantonsgericht nicht besonders aufmerksam machen, sodass ihr keine Verletzung der Mitwirkungsobliegenheit vorgeworfen werden kann.
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3.3. |
3.3.1. Die Beschwerde ist nach Art. 75 Abs. 1 BGG zulässig gegen Entscheide letzter kantonaler Instanzen. Entscheiden diese nach dem Grundsatz von Art. 75 Abs. 2 BGG als Rechtsmittelinstanzen, ist die Ausschöpfung des kantonalen Instanzenzugs unerlässliche Voraussetzung für die Zulässigkeit der Beschwerde an das Bundesgericht. Es gilt das Prinzip der double instance im Zivilrecht - ausgenommen die in Art. 75 Abs. 2 Bst. a-c BGG genannten Fälle, die vorliegend nicht in Betracht fallen (BGE 141 III 188 E. 4.1; 139 III 252 E. 1.6 S. 255; 138 III 41 E. 1.1; 137 III 424 E. 2.1). Der Begriff der Letztinstanzlichkeit bedeutet, dass der kantonale Instanzenzug nicht nur formell durchlaufen werden soll, sondern dass die Rügen, die dem Bundesgericht unterbreitet werden, soweit möglich schon vor Vorinstanz vorgebracht werden müssen (BGE 134 III 524 E. 1.3 S. 527 mit Hinweisen; Urteile 4A_647/2015 und 4A_649/2015 vom 11. August 2016 E. 5.2.2, nicht publ. in: BGE 142 III 557; 4A_260/2014 vom 8. September 2014 E. 1; 4A_94/2014 vom 1. Juli 2014 E. 1 und 3.2).
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3.3.2. Das Kantonsgericht hat die vom Beschwerdegegner am 9. Januar 2019 eingereichten Unterlagen der Beschwerdeführerin am 10. Januar 2019 zugestellt und ihr eine Frist gesetzt für eine freiwillige Stellungnahme. Damit hätte sie die Möglichkeit gehabt, auf die veränderten Verhältnisse hinzuweisen, was sie nicht getan hat. Im Anwendungsbereich der strengen Untersuchungsmaxime geht die Pflicht zur Ausschöpfung des Instanzenzuges indes nicht weiter als die Mitwirkungsobliegenheit. Wer - wie hier - seine Mitwirkungsobliegenheit nicht verletzt hat, muss sich nicht vorhalten lassen, den Instanzenzug nicht ausgeschöpft zu haben.
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4. Zusammenfassend hat das Kantongsgericht ohne sachlichen Grund ein entscheidrelvantes Beweismittel unberücksichtigt gelassen und ist damit bei der Ermittlung des Sachverhalts in Willkür verfallen (vgl. vorne E. 3.1.1).
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Die Beschwerde erweist sich damit als begründet und es sind antragsgemäss die Ziffern 4d und e, 5d und e sowie 6b des angefochtenen Entscheids aufzuheben. Da es nicht Sache des Bundesgerichts ist, unter Ergänzung des massgebenden Sachverhalts erstmals über den fraglichen Unterhalt zu entscheiden, ist die Angelegenheit zur Neufestsetzung des Kindesunterhalts ab November 2018 sowie des Ehegattenunterhalts ab November 2019 an das Kantonsgericht zurückzuweisen (Art. 107 Abs. 2 BGG). Das Kantonsgericht wird auch neu über die Kosten des kantonalen Verfahrens zu entscheiden haben (Art. 67 und 68 Abs. 5 BGG), weshalb auch die Ziffer 3 des angefochtenen Entscheids teilweise und die Ziffern 7 und 8 ganz aufzuheben sind. Unter diesen Umständen braucht auf die weitere Rüge der Verletzung des Anspruchs auf rechtliches Gehör nicht mehr eingegangen zu werden.
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5. |
5.1. Die Rückweisung der Angelegenheit zum erneuten Entscheid gilt im Hinblick auf die Gerichtskosten und die Parteientschädigung als vollständiges Obsiegen der Beschwerdeführerin (BGE 141 V 281 E. 11.1). Entsprechend sind die Gerichtskosten dem Beschwerdegegner aufzuerlegen (Art. 66 Abs. 1 BGG) und hat dieser der Beschwerdeführerin die Parteikosten zu ersetzen (Art. 68 Abs. 1 und 2 BGG).
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5.2. Beide Parteien ersuchen für das bundesgerichtliche Verfahren um unentgeltliche Rechtspflege und Beiordnung ihrer Anwälte als unentgeltliche Rechtsvertreter. Die diesbezüglichen Voraussetzungen sind erfüllt (Art. 64 Abs. 1 und 2 BGG). Da die Beschwerdeführerin keine Verfahrenskosten zu tragen hat, ist ihr Gesuch gegenstandslos geworden, soweit es die Befreiung von den Gerichtskosten betrifft (BGE 109 Ia 5 E. 5). Nicht gegenstandslos geworden ist es hingegen hinsichtlich der Bestellung eines unentgeltlichen Rechtsbeistands: Zwar wird der Beschwerdeführerin eine Parteientschädigung zugesprochen. Angesichts der wirtschaftlichen Verhältnisse des Beschwerdegegners ist indessen nicht anzunehmen, dass die Beschwerdeführerin die ihr zustehende Entschädigung erhältlich machen kann. Deshalb ist auch der Rechtsvertreter der Beschwerdeführerin direkt aus der Bundesgerichtskasse zu entschädigen (BGE 122 I 322 E. 3d). Der Beschwerdegegner wird darauf hingewiesen, dass er dieser Ersatz zu leisten hat, falls er dazu später in der Lage ist (Art. 64 Abs. 4 BGG; vgl. zum Ganzen Urteil 5A_295/2016 vom 23. Februar 2017 E. 6.2, nicht publiziert in: BGE 143 III 113).
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Demnach erkennt das Bundesgericht: |
1. Die Beschwerde wird gutgeheissen, die Ziffer 3 des Entscheids des Kantonsgerichts St. Gallen vom 22. Februar 2019 wird teilweise und die Ziffern 4d und e, 5d und e, 6b, 7 und 8 werden ganz aufgehoben und die Sache wird zur Ergänzung des Sachverhalts und zum erneuten Entscheid über den Kindesunterhalt ab November 2018, den Ehegattenunterhalt ab November 2019 sowie die Kosten des kantonalen Verfahrens an das Kantonsgericht zurückgewiesen.
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2.
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2.1. Das Gesuch der Beschwerdeführerin um unentgeltliche Rechtspflege für das bundesgerichtliche Verfahren wird gutgeheissen, soweit es nicht gegenstandslos geworden ist, und es wird ihr Rechtsanwalt Reto Fischer als Rechtsbeistand beigegeben.
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2.2. Das Gesuch des Beschwerdegegners um unentgeltliche Rechtspflege für das bundesgerichtliche Verfahren wird gutgeheissen und es wird ihm Rechtsanwalt Patrick Frey als Rechtsbeistand beigegeben.
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3. Die Gerichtskosten von Fr. 1'500.-- werden dem Beschwerdegegner auferlegt, indes vorerst auf die Bundesgerichtskasse genommen.
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4. Der Beschwerdegegner hat die Beschwerdeführerin für das bundesgerichtliche Verfahren mit Fr. 1'500.-- zu entschädigen. Die Entschädigung wird indes vorläufig auf die Bundesgerichtskasse genommen und Rechtsanwalt Reto Fischer wird aus dieser mit Fr. 1'500.-- entschädigt.
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5. Rechtsanwalt Patrick Frey wird aus der Bundesgerichtskasse mit Fr. 1'500.-- entschädigt.
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6. Dieses Urteil wird den Parteien und dem Kantonsgericht St. Gallen, Einzelrichter im Familienrecht, schriftlich mitgeteilt.
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Lausanne, 27. September 2019
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Im Namen der II. zivilrechtlichen Abteilung
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des Schweizerischen Bundesgerichts
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Der Präsident: Herrmann
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Der Gerichtsschreiber: Sieber
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