BGer 8C_8/2020 |
BGer 8C_8/2020 vom 02.03.2020 |
8C_8/2020 |
Urteil vom 2. März 2020 |
I. sozialrechtliche Abteilung |
Besetzung
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Bundesrichterin Heine, präsidierendes Mitglied,
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Bundesrichterin Viscione, Bundesrichter Abrecht,
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Gerichtsschreiber Jancar.
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Verfahrensbeteiligte |
A.________,
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vertreten durch Rechtsanwalt Eric Stern,
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Beschwerdeführer,
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gegen
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Zürich Versicherungs-Gesellschaft AG,
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Alfred-Escher-Strasse 50, 8022 Zürich, Beschwerdegegnerin.
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Gegenstand
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Unfallversicherung (Kausalzusammenhang),
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Beschwerde gegen den Entscheid des Sozialversicherungsgerichts des Kantons Zürich vom 6. November 2019 (UV.2018.00105).
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Sachverhalt: |
A. Der 1964 geborene A.________ war seit 2012 bei der B.________ AG angestellt und damit bei der Zürich-Versicherungsgesellschaft AG (nachfolgend Zürich) obligatorisch unfallversichert. Am 29. Oktober 2012 stürzte er auf einer Treppe. Gleichentags wurde er im Spital C.________ behandelt, dort wurde eine Schmerzexazerbation am Rücken diagnostiziert. Die Zürich kam für die Heilbehandlung und das Taggeld auf. Mit Verfügung vom 15. Januar 2014 stellte sie die Leistungen per 30. April 2013 ein. Auf Einsprache des Versicherten hin holte sie ein Gutachten der MEDAS Ostschweiz, St. Gallen, vom 5. Februar 2015 ein. Mit Entscheid vom 5. April 2018 wies sie die Einsprache ab.
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B. Die hiergegen geführte Beschwerde wies das Sozialversicherungsgericht des Kantons Zürich mit Entscheid vom 6. November 2019 ab.
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C. Mit Beschwerde in öffentlich-rechtlichen Angelegenheiten beantragt der Versicherte, in Aufhebung des kantonalen Entscheides seien seine Ansprüche gemäss dem UVG zu bejahen. Eventuell sei die Sache zur Neubeurteilung zurückzuweisen.
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Ein Schriftenwechsel wurde nicht durchgeführt.
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Erwägungen: |
1. Mit der Beschwerde in öffentlich-rechtlichen Angelegenheiten kann eine Rechtsverletzung nach Art. 95 f. BGG gerügt werden. Das Bundesgericht wendet das Recht von Amtes wegen an (Art. 106 Abs. 1 BGG). Dennoch prüft es - offensichtliche Fehler vorbehalten - nur die in seinem Verfahren gerügten Rechtsmängel (Art. 42 Abs. 1 f. BGG; BGE 135 II 384 E. 2.2.1 S. 389). Im Beschwerdeverfahren um die Zusprechung oder Verweigerung von Geldleistungen der Unfallversicherung ist das Bundesgericht nicht an die vorinstanzliche Feststellung des rechtserheblichen Sachverhalts gebunden (Art. 97 Abs. 2 und Art. 105 Abs. 3 BGG).
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2. |
2.1. Streitig und zu prüfen ist, ob das kantonale Gericht Bundesrecht verletzte, indem es die Leistungseinstellung der Zürich per 30. April 2013 bestätigte.
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Es hat richtig erkannt, dass das bis Ende 2016 geltende Recht zur Anwendung gelangt (vgl. Abs. 1 der Übergangsbestimmungen zur Änderung des UVG vom 25. September 2015, AS 2016 4375, 4387). Weiter hat die Vorinstanz die Rechtsprechung über den für die Leistungspflicht des obligatorischen Unfallversicherers erforderlichen natürlichen Kausalzusammenhang (BGE 134 V 109 E. 2.1 S. 111 f.), den Wegfall der Unfallkausalität bei Erreichen des Zustands, wie er vor dem Unfall bestand oder sich auch ohne diesen ergeben hätte (Status quo ante vel sine; SVR 2016 UV Nr. 18 S. 55, 8C_331/2015 E. 2.1.1), den massgebenden Beweisgrad der überwiegenden Wahrscheinlichkeit (BGE 138 V 218 E. 6 S. 221) und den Beweiswert ärztlicher Berichte (BGE 134 V 231 E. 5.1 S. 232, 125 V 351 E. 3 S. 352 f.) richtig dargelegt. Darauf wird verwiesen.
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2.2. Die Vorinstanz erwog im Wesentlichen, das interdisziplinäre (orthopädische, neurologische und psychiatrische) MEDAS-Gutachten vom 5. Februar 2015 erfülle die praxisgemässen Anforderungen an eine medizinische Beurteilungsgrundlage. Die Gutachter hätten sich der Auffassung des PD Dr. med. D.________, Facharzt FMH für Orthopädische Chirurgie und Traumatologie des Bewegungsapparates, speziell Wirbelsäulenchirurgie, beratender Arzt der Zürich, vom 28. Mai 2013 angeschlossen. Demnach seien die traumaverdächtigen Befunde aufgrund der 3-Phasen-Skelettszintigraphie vom 14. Januar 2013 lediglich leicht ausgeprägt gewesen. Unter Berücksichtigung der bezüglich der Unfallfolgen unauffälligen übrigen Verlaufsbilder der Wirbelsäule sowie des Vorzustandes sei davon auszugehen, dass der Status quo sine nach Ablauf eines halben Jahres seit dem Unfall vom 29. Oktober 2012 erreicht gewesen sei. Alle darüber hinaus persistierenden Rückenschmerzen seien dem Vorzustand und seinen Folgen zuzuordnen. Gestützt auf die medizinische Aktenlage erweise sich die Beurteilung der Zürich als nachvollziehbar, weshalb die Beschwerde abzuweisen sei.
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3. Der Beschwerdeführer legt einen Bericht des Neurologen Dr. E.________ vom 15. November 2019 auf. Hierbei handelt es sich, da erst nach dem angefochtenen Gerichtsentscheid vom 6. November 2019 entstanden, um ein unzulässiges echtes Novum (Art. 99 Abs. 1 BGG; BGE 139 III 120 E. 3.1.2 S. 123; Urteil 8C_608/2019 vom 14. Januar 2020 E. 4.2). Die darauf basierenden Ausführungen des Beschwerdeführers sind somit unbeachtlich.
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4. |
4.1. Der Beschwerdeführer macht im Wesentlichen geltend, er habe im Jahre 2007 einen Autounfall erlitten. Es könne sich beim Unfall vom 29. Oktober 2012 um einen Rückfall in Bezug auf jenen Unfall handeln. Es sei nicht auszuschliessen, dass der allenfalls auch nur als nicht besonders schwer einzustufende Unfall im Jahre 2012 in Kombination mit dem Unfall im Jahre 2007 eben doch besonderes schwerwiegende gesundheitliche Folgen gezeitigt habe. Die MEDAS-Gutachter hätten die Akten betreffend den Unfall im Jahre 2007 nicht beigezogen, so dass die Aktenlage unvollständig sei. Indem sie das Zusammenwirken der Unfälle aus den Jahren 2007 und 2012 nicht geprüft und nicht plausibel erklärt hätten, tauge ihre Expertise vom 5. Februar 2015 nicht als Entscheidungsgrundlage.
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4.2. Den MEDAS-Gutachtern war aufgrund der vorhandenen medizinischen Akten bekannt, welchen multiplen therapeutischen Interventionen an der Wirbelsäule sich der Beschwerdeführer aufgrund des im November 2007 erlittenen Autounfalls unterziehen musste. Der Beschwerdeführer legt nicht dar, inwiefern den MEDAS-Gutachtern diesbezüglich entscheidwesentliche medizinische Erkenntnisse gefehlt oder sie gesundheitliche Beschwerden übersehen hätten. In diesem Lichte ist es somit nicht zu beanstanden, dass die MEDAS-Gutachter auf den Beizug der Akten betreffend den Unfall im Jahre 2007 verzichteten. Im Übrigen kamen die MEDAS-Gutachter aufgrund der klinischen und bildgebenden Befunde nachvollziehbar zum Schluss, dass bezüglich der Wirbelsäulenbeschwerden der Status quo sine ein halbes Jahr nach dem Unfall vom 29. Oktober 2012 erreicht gewesen sei. Hiergegen erhebt der Beschwerdeführer keine substanziierten Einwände.
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4.3. Im MEDAS-Gutachten vom 5. Februar 2015 wurde weiter dargelegt, das psychische Beschwerdebild sei iatrogen durch die Medikamente verursacht worden. Der Unfall vom 29. Oktober 2012 sei eher unwahrscheinlich Allein- oder Teilursache der psychischen Symptomatik. Die Vorinstanz hielt fest, die Psyche- und Suchtproblematik sei bereits im Zusammenhang mit dem früheren Unfall im Jahr 2007 bekannt gewesen und habe jedenfalls vor dem Ereignis vom 29. Oktober 2012 bestanden.
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Mit diesen gutachterlichen und vorinstanzlichen Feststellungen setzt sich der Beschwerdeführer nicht substanziiert auseinander. Seine bloss pauschalen Einwände, die medizinische Behandlung sei adäquat gewesen bzw. die MEDAS-Gutachter hätten die Frage der korrekten medizinischen Therapie weder geprüft noch plausibel erklärt, vermögen die Verneinung des natürlichen Kausalzusammenhangs zwischen dem Unfall vom 29. Oktober 2012 und den psychischen Beschwerden nicht zu entkräften.
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4.4. Zusammenfassend ist der Vorinstanz beizupflichten, dass das MEDAS-Gutachten vom 5. Februar 2015 die Beweisanforderungen an eine medizinische Beurteilungsgrundlage (hierzu siehe BGE 134 V 231 E. 5.1 S. 232, 465 E. 4.4 S. 470) erfüllt, weshalb sie zu Recht darauf abstellte.
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Aus dem Argument des Versicherten, seit dem Unfall von 29. Oktober 2012 sei er zu 100 % arbeitsunfähig, kann nicht ohne Weiteres gefolgert werden, seine andauernden Beschwerden seien auch im Zeitpunkt der Leistungseinstellung per 30. April 2013unfallbedingt gewesen. Denn dies liefe auf einen unzulässigen "post hoc ergo propter hoc"-Schluss (zu deutsch: danach, also deswegen) hinaus (BGE 119 V 335 E. 2b/bb S. 341 f.). Zudem muss der obligatorische Unfallversicherer den Beweis des Wegfalls der natürlichen Unfallkausalität nicht durch den Nachweis unfallfremder Gründe erbringen. Entscheidend ist allein, ob unfallbedingte Ursachen des Gesundheitsschadens dahingefallen sind (Urteil 8C_530/2019 vom 20. November 2019 E. 6.2.5), was hier nach dem Gesagten zutrifft.
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Da von weiteren medizinischen Abklärungen keine entscheidrelevanten Ergebnisse zu erwarten sind, verzichtete die Vorinstanz darauf zu Recht (antizipierte Beweiswürdigung; BGE 144 V 361 E. 6.5 S. 368 f., 136 I 229 E. 5.3 S. 236).
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5. Der unterliegende Beschwerdeführer trägt die Gerichtskosten (Art. 66 Abs. 1 BGG).
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Demnach erkennt das Bundesgericht: |
1. Die Beschwerde wird abgewiesen.
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2. Die Gerichtskosten von Fr. 800.- werden dem Beschwerdeführer auferlegt.
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3. Dieses Urteil wird den Parteien, dem Sozialversicherungsgericht des Kantons Zürich und dem Bundesamt für Gesundheit schriftlich mitgeteilt.
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Luzern, 2. März 2020
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Im Namen der I. sozialrechtlichen Abteilung
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des Schweizerischen Bundesgerichts
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Das präsidierende Mitglied: Heine
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Der Gerichtsschreiber: Jancar
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