BGE 98 Ia 86 |
13. Urteil vom 2. Februar 1972 i.S. X. gegen Kanton Basel-Stadt und Stadt Zürich |
Regeste |
Art. 46 Abs. 2 BV. |
Sachverhalt |
A.- Das basel-städtische Gesetz über die direkten Steuern vom 22. Dezember 1949 kennt keine spezielle Grundstückgewinnsteuer; hingegen sehen §§ 55 ff. für Gewinne auf Privatvermögen eine besondere Kapitalgewinnsteuer vor. Nach § 55 Abs. 1 lit. a ist als Kapitalgewinn u.a. steuerbar "der durch Veräusserung oder Nachlassinventur in Erscheinung tretende Mehrwert von Vermögensstücken". Der Kapitalgewinn besteht gemäss § 56 in der Differenz zwischen dem Einstandswert und dem Erlös oder Verkehrswert zur Zeit der Handänderung oder dem Wert im Nachlassinventar; als Einstandswert gilt dabei der Erwerbswert unter Berücksichtigung der wertvermehrenden Aufwendungen und definitiven Wertverminderungen, bei unentgeltlichem Erwerb der Verkehrswert zur Zeit des Erwerbs.
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B.- Am 26. Dezember 1968 verstarb der in Basel wohnhaft gewesene X., der als einzige Erbin seine Ehefrau hinterliess. Zu seinem Nachlass gehörten u.a. sämtliche Aktien der Immobiliengesellschaft Y. AG, die ihren Sitz in Basel hat und deren einziges Aktivum eine in Zürich befindliche Liegenschaft ist.
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Am 21. August 1969 verkaufte Frau X. sämtliche Aktien der Y. AG zum Preis von Fr. 610'000.-- an W. aus Zürich. Gestützt auf §§ 154 ff. des zürcherischen Gesetzes über die direkten Steuern vom 8. Juli 1951 erhob die Stadt Zürich hiefür mit Veranlagungsverfügung vom 12. November 1969 eine Grundstückgewinnsteuer von Fr. 46'460.--. Im November 1968, also noch vor dem Tod von X., hatte das mit der Verwaltung der Liegenschaft betraute Treuhandbüro die basel-städtische Steuerverwaltung angefragt, ob der Kanton Basel-Stadt bei einer Veräusserung sämtlicher Aktien der Y. AG für den erzielten Gewinn eine Steuer erheben werde, was mit Schreiben vom 11. Dezember 1968 verneint wurde.
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In der in Basel nach dem Tode von X. durchgeführten Nachlassinventur wurden die Aktien der Y. AG zunächst auf Fr. 295'000.-- geschätzt. Da die für die Kapitalgewinnsteuer eingeleitete Veranlagung beim Verkauf der Aktien noch nicht in Rechtskraft erwachsen war, setzte die basel-städtische Steuerverwaltung gestützt auf den erzielten Verkaufspreis den Inventarwert der Aktien nachträglich von Fr. 295'000.-- auf Fr. 610'000.-- herauf. Zusammen mit einem bei der Nachlassinventur auf anderen Vermögensobjekten festgestellten Kapitalgewinn von Fr. 265'600.-- unterwarf sie auch den auf den Aktien der Y. AG ermittelten Wertzuwachs von Fr. 495'000.-- der Kapitalgewinnsteuer nach §§ 55 ff. des basel-städtischen Steuergesetzes. Ausgehend von einem steuerbaren Kapitalgewinn von Fr. 760'600.-- setzte sie mit Verfügung vom 30. Oktober 1970 die zu entrichtende Kapitalgewinnsteuer auf Fr. 79'367.50 fest. Eine hiegegen erhobene Einsprache wies die Steuerverwaltung am 6. Januar 1971 ab. Frau X. erhob daraufhin Rekurs bei der Steuerkommission des Kantons Basel-Stadt, wobei sie, wie schon im Einspracheverfahren, mit Bezug auf die Besteuerung der Aktien der Y. AG eine Verletzung von Art. 46 Abs. 2 BV geltend machte. Das Recht zur Besteuerung von Grundstückgewinnen stehe einzig dem Liegenschaftskanton zu; dies gelte nach der bundesgerichtlichen Praxis auch dann, wenn der Gewinn nicht durch einen Direktverkauf, sondern, wie hier, durch die Veräusserung sämtlicher Aktien einer reinen Immobiliengesellschaft erzielt worden sei.
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Die Steuerkommission des Kantons Basel-Stadt wies den Rekurs mit Entscheid vom 19. Mai 1971 ab. Sie verneinte das Vorliegen einer Doppelbesteuerung, da die in Zürich und im Kanton Basel-Stadt erhobenen Steuern inbezug auf Subjekt, Objekt und den erfassten Zeitraum verschieden seien. Dazu komme, dass die bei der Nachlassinventur erhobene Kapitalgewinnsteuer einen Ausgleich für bisher vom Verstorbenen zuwenig bezahlte Vermögenssteuer darstelle; die von der Rekurrentin angerufenen Grundsätze seien daher nicht anwendbar.
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C.- Im Anschluss an diesen Rekursentscheid der Steuerkommission des Kantons Basel-Stadt führt Frau X. staatsrechtliche Beschwerde wegen Verletzung von Art. 46 Abs. 2 BV. Sie stellt den Hauptantrag, es sei der im Kanton Basel-Stadt steuerbare Kapitalgewinn von Fr. 760'600.-- um den auf den Aktien der Y. AG festgestellten Mehrwert von Fr. 495'000.-- auf Fr. 265'600.-- herabzusetzen und die Kapitalgewinnsteuer entsprechend von Fr. 79'367.50 auf Fr. 27'714.95 zu reduzieren. Eventuell sei festzustellen, dass die Beschwerdeführerin in Zürich keine Grundstückgewinnsteuer schulde und dass die dort bereits bezahlte Grundstückgewinnsteuer von Fr. 46'460.-- zurückzuerstatten sei.
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D.- Der Regierungsrat des Kantons Basel-Stadt beantragt Abweisung der Beschwerde, soweit sie sich gegen diesen Kanton richtet. Das Steueramt der Stadt Zürich beantragt, es sei festzustellen, dass die Stadt Zürich berechtigt sei, den auf ihrem Gebiet erzielten Grundstückgewinn mit der Grundstückgewinnsteuer zu erfassen.
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Die Begründung der Beschwerde und die Stellungnahmen der kantonalen Instanzen gehen, soweit erforderlich, aus den folgenden Erwägungen hervor.
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Das Bundesgericht zieht in Erwägung: |
Die Veranlagungsverfügung der Stadt Zürich vom 12. November 1969 ist unangefochten geblieben. Hingegen hat sich die Beschwerdeführerin gegen die später im Kanton Basel-Stadt ergangene Veranlagung zur Wehr gesetzt und im Anschluss an den Rekursentscheid der Steuerkommission vom 19. Mai 1971 rechtzeitig staatsrechtliche Beschwerde erhoben; auf einen Weiterzug dieses Entscheides an den Regierungsrat, wie er laut Rechtsmittelbelehrung möglich gewesen wäre, konnte sie nach dem Gesagten verzichten. Auf die Beschwerde ist daher einzutreten.
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2. Dass ein interkantonaler Doppelbesteuerungskonflikt im Sinne von Art. 46 Abs. 2 BV auch dann gegeben sein kann, wenn sich nicht die Steueransprüche zweier Kantone, sondern eines Kantons und einer Gemeinde eines andern Kantons gegenüberstehen, ist zu Recht von keiner Seite bestritten worden (vgl. SCHLUMPF, Bundesgerichtspraxis zum Doppelbesteuerungs-Verbot, 3. A., S. 31). Hingegen vertrat die Steuerkommission des Kantons Basel-Stadt in ihrem Rekursentscheid die Auffassung, dass eine gegen Art. 46 Abs. 2 BV verstossende Doppelbesteuerung nur dann vorliege, wenn ein Steuerpflichtiger von zwei oder mehreren Kantonen für das nämliche Objekt und für die gleiche Zeit zu Steuern herangezogen werde, was im vorliegenden Falle nicht zutreffe. Dem ist zunächst entgegenzuhalten, dass die soeben wiedergegebene "konstruktive" Begriffsbestimmung heute in der Rechtsprechung nur noch eine untergeordnete Rolle spielt und, im Hinblick auf die Verschiedenheit der kantonalen Steuersysteme, an den einzelnen Identitätsmerkmalen nicht durchgehend festgehalten werden kann (vgl. dazu SCHLUMPF, a.a.O., S. 17 ff.). Die konstruktive Begriffsbestimmung umschreibt überdies nur den Tatbestand der aktuellen Doppelbesteuerung und lässt die bei Doppelbesteuerungsstreitigkeiten sich ebenfalls stellende Frage der Abgrenzung der kantonalen Steuerhoheiten offen. Eine Verletzung von Art. 46 Abs. 2 BV setzt nämlich nicht notwendigerweise eine aktuelle Doppelbesteuerung voraus, sondern liegt schon dann vor, wenn ein Kanton in Verletzung der vom Bundesgericht aufgestellten (oder noch aufzustellenden) Kollisionsnormen seine Steuerhoheit überschreitet und eine Steuer erhebt, zu deren Erhebung aufgrund der tatsächlichen und rechtlichen Beziehungen ein anderer Kanton zuständig wäre (sog. virtuelle Doppelbesteuerung).
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Der Einwand der Steuerkommission ist überdies auch der Sache nach unbegründet, da, wie sich zeigen wird, eine aktuelle Doppelbesteuerung im Sinne der konstruktiven Begriffsbestimmung tatsächlich vorliegt:
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a) Um darzutun, dass keine Identität der Steuersubjekte bestehe, führt die Steuerkommission an, dass die basel-städtische Kapitalgewinnsteuer eine persönliche Schuld des Erblassers bzw. eine Nachlassschuld bilde, während die in der Stadt Zürich erhobene Grundstückgewinnsteuer bei der Erbin, d.h. der Witwe des Verstorbenen erhoben worden sei. Diese Betrachtungsweise ist unhaltbar. Im einen wie im andern Fall trifft die Steuer jedenfalls im Ergebnis einzig und allein die Beschwerdeführerin, sei es als Erwerberin der Erbschaft, sei es als Verkäuferin der Aktien. Es ginge nicht an, die Beschwerdeführerin mit Bezug auf die basel-städtische Kapitalgewinnsteuer bloss als Steuernachfolgerin ihres Ehemannes ansehen zu wollen, denn diese Steuer wurde erst durch die Nachlassinventur ausgelöst und hätte zu Lebzeiten des Verstorbenen gar nicht erhoben werden können. An der Identität der Steuersubjekte kann daher kein Zweifel bestehen.
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b) Die Identität der Steuerobjekte wurde von der Steuerkommission verneint mit der Begründung, dass im Kanton Basel- Stadt der Mehrwert der Aktien, in Zürich hingegen der Mehrwert des Grundstückes besteuert worden sei. Dieser Einwand dürfte auf einem Irrtum beruhen. Die Steuerkommission scheint davon ausgegangen zu sein, dass die Immobiliengesellschaft ihrerseits die in Zürich befindliche Liegenschaft verkauft habe (S. 1 des Rekursentscheides vom 19. Mai 1971), was nicht zutrifft; es wurden lediglich die Aktien verkauft, und sowohl in Zürich als auch im Kanton Basel-Stadt bildete der auf ihnen entstandene Wertzuwachs Gegenstand der Besteuerung. Ohne Belang ist weiter der von der Steuerkommission erhobene Einwand, dass der Wertzuwachs in den beiden Veranlagungen verschieden berechnet worden sei; auch wenn dies zuträfe, vermöchte es die grundsätzliche Gleichheit der Steuerobjekte, auf die es im Doppelbesteuerungsrecht ankommt, nicht in Frage zu stellen; andernfalls könnte, da die kantonalen Steuergesetze immer gewisse Verschiedenheiten aufweisen, von einer Gleichheit des Steuerobjektes überhaupt nie die Rede sein. Zwar wird in Zürich ein realisierter Kapitalgewinn besteuert, während die im Kanton Basel-Stadt bei der Nachlassinventur erhobene Kapitalgewinnsteuer einen bloss festgestellten, aber nicht realisierten Wertzuwachs erfasst. Aber auch dies vermag an der Identität des Steuerobjektes nichts zu ändern; im einen wie im andern Fall geht es um die Besteuerung desselben Mehrwertes auf dem gleichen Vermögensgegenstand, nämlich den Aktien der Y. AG.
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c) Schliesslich wendet die Steuerkommission ein, dass es an der Gleichzeitigkeit der Besteuerung fehle, indem die Kapitalgewinnsteuer in Basel-Stadt "pro 1968" (Jahr der Nachlassinventur) erhoben worden sei, während die Stadt Zürich einen im Jahr 1969 (Verkauf der Aktien) vollendeten Steuertatbestand erfasse. Dieser Einwand übersieht, dass das Erfordernis der zeitlichen Identität der Besteuerung auf periodische Steuern zugeschnitten ist und im Grunde genommen mit dem Erfordernis der Identität der Steuerobjekte zusammenfällt (vgl. SCHLUMPF, a.a.O., S. 22 unten). Steuerobjekt ist vorliegend nicht die Vornahme der Nachlassinventur oder der Verkauf der Aktien, sondern der auf diesen in einem bestimmten Zeitraum entstandene Wertzuwachs, und mit Bezug auf den erfassten Zeitraum ist die erforderliche Identität gegeben.
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Daraus folgt klarerweise, dass die im Kanton Basel-Stadt und in der Stadt Zürich ergangenen Veranlagungen zu einer tatsächlichen Doppelbesteuerung geführt haben. Bei einer bloss virtuellen Doppelbesteuerung wäre es geblieben, wenn die Beschwerdeführerin die Aktien einstweilen behalten hätte, so dass lediglich im Kanton Basel-Stadt die durch die Nachlassinventur ausgelöste Kapitalgewinnsteuer zu bezahlen gewesen wäre. Aber auch in diesem Falle hätte die Pflichtige mit staatsrechtlicher Beschwerde das Besteuerungsrecht des Kantons Basel-Stadt in Frage stellen können. Es bleibt im folgenden zu prüfen, welchem Kanton das Recht zur Besteuerung zusteht.
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Der Regierungsrat des Kantons Basel-Stadt stellt in seiner Vernehmlassung die Richtigkeit dieser Rechtsprechung an sich nicht in Frage. Er macht aber geltend, dass damit der Grundsatz, wonach Aktionär und Aktiengesellschaft steuerlich getrennt zu behandeln und die Aktien als bewegliches Vermögen am Wohnsitz des Aktionärs zu versteuern seien, durchbrochen werde, was verschiedene Probleme stelle.
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a) Unklar sei zunächst, ob nach Verkauf der Aktien einer Immobiliengesellschaft und nach Entrichtung der Grundstückgewinnsteuer im Liegenschaftskanton der neue Aktionär seine Aktien in seinem Wohnsitzkanton oder am Ort der gelegenen Sache zu versteuern habe. Diese Frage ist bereits in BGE 95 I 30 beantwortet worden, indem festgehalten wurde, dass der Liegenschaftskanton wohl den durch Verkauf sämtlicher Aktien erzielten Grundstückgewinn besteuern dürfe, dass aber im übrigen die einzelnen Aktien und ihre Erträgnisse der Steuerhoheit des Wohnsitzkantons des (alten oder neuen) Aktionärs unterstünden.
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b) Weiter wirft der Regierungsrat des Kantons Basel-Stadt die Frage auf, ob die Immobiliengesellschaft, wenn sie nach erfolgtem Verkauf der Aktien ihrerseits selber die Liegenschaft verkaufe, den vollen buchmässigen Gewinn zu versteuern habe oder bloss die noch nicht erfasste Differenz zwischen dem Verkaufspreis aller Aktien und dem Verkaufspreis des Grundstückes.
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Da nach der in BGE 85 I 96 ff. begründeten Rechtsprechung das Besteuerungsrecht im einen wie im andern Fall dem Liegenschaftskanton zusteht, handelt es sich bei der gestellten Frage nicht um eine solche des Doppelbesteuerungs-, sondern des innerkantonalen Rechts, und das Bundesgericht hat darüber, ob und wie ein ausschliesslich der Steuerhoheit eines Kantons unterstehender Tatbestand steuerlich erfasst werden soll, keine Regeln aufzustellen; es hätte auf entsprechende Rüge hin lediglich darüber zu befinden, ob eine getroffene Lösung vor Art. 4 BV standhält.
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c) Ein interkantonaler Doppelbesteuerungskonflikt könnte sich indessen in dem vom Regierungsrat weiterhin erwähnten Fall ergeben, dass nach Verkauf der Aktien und anschliessendem Verkauf der Liegenschaft durch die Immobiliengesellschaft diese liquidiert und der Gewinn an den nicht im Liegenschaftskanton wohnhaften Aktionär ausgeschüttet wird. Müsste der Aktionär diesen Gewinn in seinem Wohnsitzkanton z.B. als Einkommen versteuern, so hätte dies, zumindest wirtschaftlich gesehen, eine doppelte, oder, wenn im Liegenschaftskanton der Verkauf der Aktien und der Verkauf des Grundstückes je unabhängig voneinander besteuert worden wären, sogar eine dreifache Besteuerung ein und desselben Grundstückgewinnes zur Folge. Zwar würde es sich um verschiedene Steuersubjekte handeln, doch wäre gleichwohl zweifelhaft, ob ein solches Vorgehen vor Art. 46 Abs. 2 BV standhielte. Die Frage stellt sich hier indessen nicht und kann daher offen bleiben.
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Weitere Schwierigkeiten ähnlicher Art sind denkbar; sie lassen sich aber lösen und bilden jedenfalls keinen Anlass, von der in BGE 85 I 96 ff. begründeten Rechtsprechung, wonach der durch Verkauf sämtlicher oder der überwiegenden Mehrheit der Aktien einer reinen Immobiliengesellschaft erzielte Gewinn der Steue1 hoheit des Liegenschaftskantons untersteht, abzuweichen. Diese Regel bildet daher die Grundlage für die Lösung des vorliegenden Falles.
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4. Es ist unbestritten, dass die Y. AG eine reine Immobiliengesellschaft darstellt und dass die Beschwerdeführerin von ihrem Ehemann sämtliche Aktien dieser Gesellschaft geerbt hat, um sie anschliessend gesamthaft zu verkaufen. Es handelt sich demnach um einen Tatbestand, auf den die in BGE 85 I 96 ff. aufgestellte Kollisionsnorm zutrifft. Wenn der Erblasser die Aktien zu seinen Lebzeiten selber verkauft hätte, wie dies seine Absicht gewesen war, wäre die Besteuerung des Kapitalgewinnes klarerweise nicht dem Kanton Basel-Stadt, sondern der Stadt Zürich zugestanden. Die Steuerverwaltung des Kantons Basel-Stadt hatte denn auch auf Anfrage hin am 11. Dezember 1968 eine entsprechende Auskunft erteilt. Bei einem zu Lebzeiten des Erblassers erfolgten Verkauf hätte der Kanton Basel-Stadt auch bei der Nachlassinventur zum vornherein keine Kapitalgewinnsteuer erheben können, da sich die Aktien nicht mehr im Nachlass befunden hätten.
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Formell hat zwar die im Kanton Basel-Stadt ergangene Veranlagung, im Gegensatz zur Veranlagung der Stadt Zürich, nicht den durch Verkauf der Aktien realisierten Kapitalgewinn, sondern den bei der Nachlassinventur festgestellten, aber noch nicht realisierten Mehrwert der Aktien zum Gegenstand. Dieser Unterschied ist für die Frage der Abgrenzung der kantonalen Steuerhoheiten jedoch ohne Belang. Nach einer in zahlreichen Entscheiden bestätigten Rechtsprechung untersteht der bei Veräusserung einer Liegenschaft erzielte Gewinn der Steuerhoheit des Kantons der gelegenen Sache (BGE 91 I 470 f., BGE 88 I 340, BGE 85 I 98 mit Hinweisen), und seit BGE 85 I 96 ff. gilt diese Regel, wie erwähnt, auch für den durch Verkauf der Aktien einer reinen Immobiliengesellschaft erzielten Gewinn. Zwar betrafen diese Urteile regelmässig Fälle, in denen die Besteuerung von realisierten Grundstückgewinnen streitig war. Es ergibt sich jedoch ohne weiteres, dass die Steuerhoheit des Liegenschaftskantons über realisierte Grundstückgewinne eine vorherige Besteuerung dieses Wertzuwachses durch den Wohnsitzkanton des Grundeigentümers oder des Aktionärs ausschliesst. Wenn in den meisten Kantonen nur der realisierte Grundstückgewinn besteuert wird, so deshalb, weil der Wertzuwachs anhand des erzielten Verkaufspreises zuverlässig ermittelt und die Entrichtung der Steuer nach erfolgter Realisierung am ehesten zugemutet werden kann; das doppelbesteuerungsrechtlich massgebende Steuerobjekt ist jedoch im einen wie im andern Fall dasselbe, nämlich nicht die Tatsache der Handänderung oder der Realisierung des Gewinnes, sondern der auf dem Grundstück in einem bestimmten Zeitraum entstandene Wertzuwachs (vgl.BGE 45 I 286). Wäre der Wohnsitzkanton des Grundeigentümers befugt, bei irgendeiner Gelegenheit den auf einem ausserkantonalen Grundstück entstandenen, aber nicht realisierten Wertzuwachs zu besteuern, so ergäbe sich im Zeitpunkt der Realisierung ein schwierig zu lösender Doppelbesteuerungskonflikt; es würde sich die Frage stellen, ob der Liegenschaftskanton den gesamten seit Erwerb des Grundstückes entstandenen Kapitalgewinn oder bloss den vom Wohnsitzkanton des Grundeigentümers noch nicht erfassten Kapitalgewinn besteuern dürfe. Die erste Lösung würde zu einer Doppelbesteuerung des Pflichtigen führen, die zweite zu einer unangebrachten Benachteiligung des Liegenschaftskantons, verbunden mit der unerwünschten Folge, dass der Umfang der Steuerhoheit des Liegenschaftskantons über Grundstückgewinne vom Steuersystem des Wohnsitzkantons abhängig wäre. Die besonderen Gründe, aus denen der beim Verkauf eines Grundstückes erzielte Kapitalgewinn der Steuerhoheit des Liegenschaftskantons unterstellt wurde, treffen in gleicher Weise auch zu für die Besteuerung von unrealisierten Grundstückgewinnen. Im einen wie im andern Fall geht es um die steuerliche Erfassung eines Wertzuwachses, der zur Hauptsache auf äussere Umstände, namentlich auf die allgemeine Steigerung der Boden- und Baupreise sowie auf Aufwendungen des Gemeinwesens (Anlage von Strassen und Kanalisationen) zurückzuführen ist (vgl. BGE 85 I 100 /101). Dass der Kanton Basel-Stadt bei der Nachlassinventur keine Kapitalgewinnsteuer auf ausserkantonalen Grundstücken erheben könnte, steht denn auch ausser Zweifel.
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Die vorstehenden Überlegungen gelten aber, zumindest grundsätzlich, auch für die steuerliche Erfassung der Aktien einer reinen Immobiliengesellschaft. Insoweit, als der beim Verkauf sämtlicher oder der überwiegenden Mehrheit der Aktien realisierte Grundstückgewinn der Steuerhoheit des Liegenschaftskantons untersteht, bleibt für eine vorgängige Besteuerung des auf den Aktien entstandenen Wertzuwachses durch den Wohnsitzkanton des Aktionärs kein Raum.
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Im Rekursentscheid der Steuerkommission und in der Vernehmlassung des Regierungsrates des Kantons Basel-Stadt wird allerdings geltend gemacht, dass die bei der Nachlassinventur erhobene Kapitalgewinnsteuer als Ausgleich für vom Erblasser zu wenig bezahlte Vermögenssteuer anzusehen sei; der Todesfall werde zum Anlass genommen, um über das Vermögen des Verstorbenen endgültig abzurechnen. Diesem Einwand käme ein gewisses Gewicht zu, wenn nach basel-städtischem Steuerrecht die periodische Vermögenssteuer nur auf dem Erwerbswert des Objektes zu entrichten wäre oder wenn bei der Nachlassinventur der Mehrwert auf Basis des in der letzten Steuererklärung deklarierten Steuerwertes berechnet würde. Weder das eine noch das andere trifft zu. Nach § 62 Abs. 1 des basel-städtischen Steuergesetzes ist für die Bemessung der Vermögenssteuer der zu Beginn der jeweiligen Veranlagungsperiode gegebene Verkehrswert massgebend, und dies gilt nach § 64 grundsätzlich auch für die Versteuerung von Wertpapieren. Der Kapitalgewinn wiederum berechnet sich nicht nach dem in der letzten Steuererklärung deklarierten Steuerwert, sondern nach dem Einstandswert (§ 56). Eine Ausnahme gilt nur für vor mehr als 10 Jahren erworbene Vermögensobjekte, bei denen mangels eines nachweisbaren Erwerbswertes auf den Steuerwert vor 10 Jahren abzustellen ist; der Steuerpflichtige kann aber auch hier verlangen, dass der nachgewiesene, über dem vor 10 Jahren deklarierten Steuerwert liegende Einstandswert als Grundlage für die Berechnung der Kapitalgewinnsteuer berechnet werde (§ 57 Abs. 2; vgl. GRÜNINGER/STUDER, Kommentar zum Basler Steuergesetz, neue A. 1970, S. 366 f.). Es mag zutreffen, dass rein tatsächlich bei der Vermögenssteuer eine gewisse Bewertungsfreiheit besteht, doch ist, von gewissen aufgrund von § 57 Abs. 2 denkbaren Ausnahmen abgesehen, nicht ersichtlich, inwiefern die durch Angabe eines zu tiefen Steuerwertes entstandene Vermögenssteuerersparnis durch die bei Veräusserung oder Nachlassinventur erhobene Kapitalgewinnsteuer ausgeglichen werden soll (vgl. auch GUHL, Die Spezialbesteuerung der Grundstückgewinne in der Schweiz, Diss. Zürich 1953, S. 372). Jedenfalls geht die behauptete ausgleichende Funktion aus dem Gesetzestext nicht hervor. Im übrigen wurde nicht geltend gemacht, dass vorliegend die bei der Nachlassinventur erhobene Kapitalgewinnsteuer tiefer gewesen wäre, wenn der Erblasser die Aktien der Y. AG Jahr für Jahr zum wirklichen Verkehrswert deklariert hätte. Bei der in §§ 55 ff. vorgesehenen Kapitalgewinnsteuer handelt es sich im wesentlichen um eine reine Wertzuwachssteuer, auf die die erwähnten Kollisionsnormen vollauf Anwendung finden.
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Zu der vom Regierungsrat des Kantons Basel-Stadt gestellten Frage, welchem Kanton das Recht zur Erhebung der Erbschaftssteuer zustehe, ist in diesem Verfahren keine Stellung zu nehmen. Sie steht mit dem Beschwerdegegenstand in keinem unmittelbaren Zusammenhang und ihre Beantwortung würde überdies eine vorherige Anhörung der übrigen Beteiligten voraussetzen.
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Demnach erkennt das Bundesgericht:
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