BGE 98 Ia 602 |
88. Urteil vom 29. November 1972 i.S. Aschwanden gegen Appellationsgericht (als Verwaltungsgericht), den Regierungsrat und den Grossen Rat des Kantons Basel-Stadt. |
Regeste |
Stimmrecht. Ständeratswahl im Kanton Basel-Stadt. Behördliche Informationspflicht und Stimmgeheimnis. |
2. Unrichtige Rechtsmittelbelehrung als unverschuldetes Hindernis im Sinne von Art. 35 OG (Erw. 4). |
3. Umfang der Informationspflicht der Behörde über die eingegangenen Wahlvorschläge (Erw. 9). |
4. Verletzung des Stimmgeheimnisses durch unzulänglich eingerichtete Wahllokale (Erw. 10 a und b). |
Sachverhalt |
A.- Am 29., 30. und 31. Oktober 1971 fand im Kanton Basel-Stadt die Wahl des Abgeordneten in den Ständerat statt. Einziger vorgeschlagener Kandidat war der bisherige Dr. Willi Wenk, welcher mit starkem Mehr wiedergewählt wurde. Die in Basel stimmberechtigte Hedwig Aschwanden reichte am 3. November 1971 beim Regierungsrat des Kantons Basel-Stadt eine Wahleinsprache ein mit dem Antrag, die Wahl ungültig zu erklären. Sie machte eine Verletzung des Wahlgeheimnisses sowie der behördlichen Informationspflicht gegenüber den Stimmbürgern geltend, weil die Stimmbürger im Wahllokal Wettsteinschulhaus ihr Wahlrecht nicht hätten geheim ausüben können und weil der Wahlvorschlag nicht in genügender Form bekanntgegeben worden sei. Am 16. November 1971 wies der Regierungsrat des Kantons Basel-Stadt die Einsprache ab. Der betreffende Regierungsratsbeschluss wurde mit einer Begründung, die den nachstehenden rechtlichen Erwägungen zu entnehmen ist, Fräulein Aschwanden in Form eines Briefes mitgeteilt.
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B.- Mit Beschluss vom 16. November 1971 beantragte der Regierungsrat dem Grossen Rat des Kantons Basel-Stadt, die Ständeratswahl zu validieren. In seinem Bericht an den Grossen Rat stellte er fest. dass von 148'585 Stimmberechtigten sich 62'811 an der Wahl beteiligten. Bei 41'716 eingelegten gültigen Stimmzetteln betrage das absolute Mehr 20'859. Gewählt sei mit 34'571 Stimmen der bisherige Vertreter des Kantons Basel-Stadt, Herr Dr. Willi Wenk. Weiter wurde erwähnt, dass eine Einsprache von Fräulein H. Aschwanden eingereicht worden sei, die der Regierungsrat in seiner Sitzung vom 16. November 1971 als unbegründet abgewiesen habe.
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Mit Beschluss des Grossen Rates vom 18. November 1971 wurde die Ständeratswahl entsprechend dem regierungsrätlichen Antrag als validiert erklärt.
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C.- Hedwig Aschwanden wollte den Regierungsratsbeschluss vom 16. November 1971, mit welchem ihre Wahleinsprache abgewiesen wurde, anfechten. Auf ihre Anfrage hin teilte ihr der Staatsschreiber des Kantons Basel-Stadt schriftlich mit, dass gemäss § 16 des Gesetzes über die Verwaltungsrechtspflege gegen den betreffenden Regierungsratsbeschluss innert 7 Tagen ab Zustellung der Rekurs an das Verwaltungsgericht ergriffen werden könne und dass spätestens innert 14 Tagen eine schriftliche Rekursbegründung einzureichen sei.
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D.- Mit Eingabe vom 22. November 1971 reichte Hedwig Aschwanden beim Appellationsgericht als Verwaltungsgericht des Kantons Basel-Stadt einen begründeten Rekurs ein. Sie beantragte, dass das Abstimmungsresultat vom 29., 30., 31. Oktober 1971 wegen Verletzung des Wahlgeheimnisses und Verletzung der Informationspflicht ungültig erklärt und eine neue Wahl durchgeführt werde.
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Am 23. November 1971 schrieb der vorsitzende Präsident des Appellationsgerichts Basel Hedwig Aschwanden, dass das von ihr ergriffene Rechtsmittel aussichtslos sei. In dem Schreiben legte er unter Hinweis auf die massgebenden Bestimmungen von Verwaltungsrechtspflegegesetz und Wahlgesetz dar, dass und weshalb das Verwaltungsgericht zur Behandlung ihres Rekurses nicht zuständig sei. Es wurde ihr erklärt, dass ohne ihren Gegenbericht bis zum 30. November 1971 angenommen werde, dass sie im Interesse der Vermeidung von Kosten auf ein förmliches Urteil verzichte. Hedwig Aschwanden hielt jedoch an ihrem Rekurs fest. Am 16. Dezember 1971 fällte das Verwaltungsgericht den Nichteintretensentscheid. Er wurde - wie schon im Schreiben des Präsidenten vom 23. November 1971 dargelegt - damit begründet, dass der Beurteilung des Verwaltungsgerichts nur solche Verfügungen des Regierungsrats unterlägen, welche eine materielle Erledigung des behandelten Geschäfts enthalten oder auf Nichteintreten lauten. Die Validierung der Ständeratswahl sei Sache des Grossen Rates. Die Vorkehrungen des Regierungsrats auf diesem Gebiete dienten bloss der Vorbereitung der Beschlussfassung des Grossen Rates und enthielten keine materielle Erledigung des Geschäftes. Eine Anfechtung des in Frage stehenden Regierungsratsbeschlusses beim Verwaltungsgericht sei daher ausgeschlossen. Hedwig Aschwanden wurde eine Gerichtsgebühr von Fr. 100.-- auferlegt, weil sie trotz des Hinweises auf die Aussichtslosigkeit des Rekurses an diesem festgehalten habe.
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E.- Hedwig Aschwanden hat im Anschluss an den Entscheid des Verwaltungsgerichts vom 16. Dezember 1971 mit Eingabe vom 3. Januar 1972 staatsrechtliche Beschwerde wegen Verletzung ihrer politischen Rechte als Stimmbürgerin sowie des Art. 4 BV erhoben. Sie beantragt, zu berücksichtigen, dass ihr aus der falschen Rechtsmittelbelehrung durch die kantonale Instanz kein Nachteil erwachsen dürfe und dass die daraus entstandenen Kosten dem Verwaltungsgericht anzulasten seien. Dem Verwaltungsgericht wird ein gesetzwidriges Verhalten vorgeworfen, weil es ihre Rechtsmitteleingabe nicht unverzüglich an die zuständige Instanz weitergeleitet habe. Zur Sache selbst wiederholt die Beschwerdeführerin ihre im kantonalen Verfahren vorgebrachten Rügen der Verletzung des Wahlgeheimnisses und der behördlichen Informationspflicht gegenüber den Stimmbürgern und beantragt, die Ständeratswahl ungültig zu erklären. Zudem sei der Regierngsrat zu verpflichten, in den Wahllokalen für die Wahrung der geheimen Stimmabgabe zu sorgen; auch sei ihr Recht auf Information zu schützen. Die Begründung der Beschwerde ergibt sich, soweit nötig, aus den nachstehenden Erwägungen.
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F.- Das Verwaltungsgericht des Kantons Basel-Stadt beantragt unter Verzicht auf Gegenbemerkungen die Abweisung der Beschwerde. Der Regierungsrat des Kantons Basel-Stadt hat sich nicht vernehmen lassen.
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Das Bundesgericht zieht in Erwägung: |
1. Nach § 10 des baselstädtischen Gesetzes über die Verwaltungsrechtspflege vom 14. Juni 1928 (VRPG) unterliegen der Beurteilung des Verwaltungsgerichts grundsätzlich nur die Verfügungen des Regierungsrats, welche eine materielle Erledigung des behandelten Geschäftes enthalten oder auf Nichteintreten lauten. § 27 Abs. 2 der Kantonsverfassung (KV) bestimmt, dass die Untersuchung der Gültigkeit der Abstimmungen sowie der Wahl der Abgeordneten in den Ständerat vom Regierungsrat vorgenommen wird und dass der Bericht darüber dem Grossen Rate zum Entscheid vorzulegen ist. Die §§ 26 und 29 des kantonalen Gesetzes betreffend die Wahlen und Abstimmungen vom 9. März 1911 (WG) wiederholen im wesentlichen diese Verfassungsvorschrift und bestimmen präzisierend weiter, dass die Einsprachen gegen kantonale Wahlen dem Regierungsrat einzureichen sind, der sie an die Behörde weiterleitet, die über die Gültigkeit der Wahl zu entscheiden hat. Demnach wird eine Einsprache gegen die Ständeratswahl nicht vom Regierungsrat erledigt. Zuständig dazu ist der Grosse Rat, der die Wahl validiert.
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Von dieser Ordnung geht zu Recht auch der auf Nichteintreten lautende Entscheid des Verwaltungsgerichts aus. Das Verwaltungsgericht verkennt jedoch, dass der Regierungsrat im Falle der Beschwerdeführerin offensichtlich doch über die Wahleinsprache entschieden hat. Durch Regierungsratsbeschluss vom 16. November 1971 - welcher der Beschwerdeführerin zwar in Form eines Briefes mitgeteilt wurde, was aber nicht ändert, dass es sich um einen Entscheid handelt - wurde entschieden, dass die Wahleinsprache abgewiesen werde. Dem entspricht der Beschluss des Regierungsrats vom gleichen Tag, womit dem Grossen Rat über die Ständeratswahl Bericht erstattet und deren Validierung beantragt wurde. Die Wahleinsprache der Beschwerdeführerin wird darin dem Grossen Rat nicht zum Entscheid unterbreitet, sondern es wird nurmehr daraufhingewiesen, dass eine Einsprache von Fräulein H. Aschwanden fristgemäss eingereicht worden sei und dass der Regierungsrat diese Einsprache in seiner Sitzung vom 16. November 1971 als unbegründet abgewiesen habe. Demgemäss hat auch der Grosse Rat die Ständeratswahl validiert, ohne die Einsprache selbst beurteilt zu haben. Die Tatsache, dass der Regierungsrat über die Wahleinsprache der Beschwerdeführerin materiell entschied - was wohl erklärt, weshalb der Staatsschreiber diese auf den Rechtsmittelweg an das Verwaltungsgericht wies -, vermag jedoch die nach dem Gesetz ausgeschlossene Zuständigkeit des Verwaltungsgerichts nicht zu begründen. Die Beschwerdeführerin behauptet denn auch mit Recht nicht, dass dieses auf ihren Rekurs hätte eintreten müssen.
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2. Die Beschwerdeführerin sieht eine Verletzung von Art. 4 BV darin, dass das Verwaltungsgericht ihren Rekurs nicht unverzüglich an die zuständige Instanz weiterleitete, wie es seine gesetzliche Pflicht gewesen wäre. Die gesetzlichen Vorschriften, welche ein solches Vorgehen vorschreiben sollten, werden jedoch nicht genannt. Der Beschwerde fehlt es insoweit an der nach Art. 90 OG erforderlichen Begründung, weshalb auf die Rüge nicht einzutreten ist.
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Nach § 30 Abs. 1 VRPG werden in der Regel weder Gerichtsgebühren erhoben noch Parteientschädigungen zugesprochen. Nach Abs. 2 Satz 1 dieser Bestimmung, und auf diese stützt sich das Verwaltungsgericht im angefochtenen Entscheid, kann jedoch das Gericht ausnahmsweise einem Rekurrenteneine Gerichtsgebührbis zumBetrage vonFr. 1'000.-- auferlegen, wenn unter anderem die Art der Prozessführung dies rechtfertigt. Wohl wurde der Beschwerdeführerin vom Präsidenten des Appellationsgerichts dargelegt, dass und weshalb ihr Rekurs aussichtslos sei. Nachdem sie aber im Besitze eines Schreibens des Staatsschreibers, der den Regierungsratsentscheid mitunterzeichnet hatte, war, worin sie auf den Rechtsweg an das Verwaltungsgericht gewiesen wurde, kann ihr kein Vorwurf gemacht werden, wenn sie auf einem förmlichen Entscheid des Verwaltungsgerichts beharrte. Unter diesen Umständen ist es aber schlechthin unhaltbar und verstösst damit gegen Art. 4 BV, ihr eine tadelnswerte Prozessführung, welche die ausnahmsweise Auflage einer Gerichtsgebühr rechtfertigen würde, zur Last zu legen. Satz 2 des Dispositivs des Verwaltungsgerichtsentscheids vom 16. Dezember 1971, worin der Beschwerdeführerin eine Gerichtsgebühr von Fr. 100.-- auferlegt wird, ist daher aufzuheben.
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4. Soweit die staatsrechtliche Beschwerde das Wahlverfahren rügt und sich gegen den die Wahleinsprache abweisenden Entscheid des Regierungsrats vom 16. November 1971 richtet, ist sie verspätet. Die dreissigtägige Beschwerdefrist des Art. 89 OG, die mit der offenbar am 17. November 1971 erfolgten Zustellung des Regierungsratsentscheids zu laufen begann, ist unbenutzt verstrichen. Nach Art. 35 OG kann jedoch die Wiederherstellung einer versäumten Frist gewährt werden, wenn der Gesuchsteller durch ein unverschuldetes Hindernis davon abgehalten worden ist, innert Frist zu handeln. Als unverschuldetes Hindernis im Sinne dieser Vorschrift anerkennt die bundesgerichtliche Rechtsprechung auch eine von der zuständigen Behörde erteilte unrichtige Rechtsmittelbelehrung, sofern der Betroffene sich nach den Umständen darauf verlassen durfte (BGE 96 II 72, BGE 94 I 284 je mit Verweisungen). Dass der Staatsschreiber des Kantons Basel-Stadt zuständig ist, eine Belehrung über das gegen einen Regierungsratsentscheid zu ergreifende Rechtsmittel zu erteilen, steht ausser Zweifel. Es ist deshalb bloss zu prüfen, ob die Beschwerdeführerin darauf vertrauen durfte. Nach ständiger Rechtsprechung des Bundesgerichts kann eine Partei sich dann nicht auf ihren guten Glauben berufen bzw. sich nicht auf die ihr erteilte Rechtsmittelbelehrung verlassen, wenn sie die Voraussetzungen des in Frage stehenden Rechtsmittels tatsächlich kannte, sodass sie durch die falsche Belehrung nicht irregeführt werden konnte, oder wenn die Unrichtigkeit der Belehrung für sie ohne weiteres erkennbar war (BGE 96 II 72, BGE 94 I 284 je mit Verweisungen). Das ist hier anzunehmen von dem Zeitpunkt an, da die Beschwerdeführerin durch das Schreiben des Präsidenten des Verwaltungsgerichts von der Rechtslage Kenntnis erhielt. Auch wenn es an sich verständlich ist, dass sie angesichts der schriftlichen Rechtsmittelbelehrung des Staatsschreibers auf einem förmlichen Entscheid des Verwaltungsgerichts beharrte, so musste ihr dieses Schreiben dennoch allen Anlass geben, die Richtigkeit der ihr erteilten Rechtsmittelbelehrung zumindest in Zweifel zu ziehen. Eine Wiederherstellung kann deshalb nur für die Zeit gewährt werden, da die Beschwerdeführerin noch nicht im Besitze des Schreibens des Verwaltungsgerichtspräsidenten vom 23. November 1971 war. Wird aufgrund der Akten angenommen, die Beschwerdeführerin habe dieses am darauffolgenden Tag, dem 24. November 1971, erhalten, so endigte die 30tägige Beschwerdefrist am 10. Januar 1972 (Gerichtsferien vom 18. Dezember bis und mit 1. Januar, 8./9. Januar 1972 Samstag/Sonntag). Die Beschwerdeeingabe vom 3. Januar 1972 ist somit rechtzeitig.
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5. Nach der verfassungsmässigen Ordnung steht der Entscheid über die Wahleinsprachen dem Grossen Rat zu, welcher die Wahl validiert (§ 27 Abs. 2 KV, §§ 26, 29 WG; vgl. Erw. 1). Der Regierungsratsbeschluss, mit welchem dem Grossen Rat Bericht und Antrag über die Wahl erstattet wird, ist daher kein letztinstanzlicher kantonaler Hoheitsakt, der mit staatsrechtlicher Beschwerde angefochten werden kann (Art. 86 Abs. 2 OG). Ein solcher liegt erst mit dem Entscheid des Grossen Rates über die Einsprachen und die Validierung der Wahl vor. Auch wenn im vorliegenden Fall der Regierungsrat die Wahleinsprache der Beschwerdeführerin selbst materiell entschieden hat, so kann der betreffende Beschluss für sich allein dennoch nicht der staatsrechtlichen Beschwerde unterliegen. Anzufechten ist auch so in erster Linie der Beschluss des Grossen Rates vom 18. November 1971, mit welchem die im regierungsrätlichen Bericht erwähnte Abweisung der Wahleinsprache, wenn nicht zum Inhalt des Validierungsbeschlusses erhoben, so zum mindesten genehmigt wurde. In der staatsrechtlichen Beschwerde wird das Begehren gestellt, die Ständeratswahl als ungültig zu erklären. Das kann dahin verstanden werden, dass auch die Aufhebung des Validierungsbeschlusses des Grossen Rats vom 18. November 1971 verlangt wird, zumal die ausdrückliche Anfechtung auch dieses Beschlusses wohl deshalb unterblieb, weil der Regierungsrat die Wahleinsprache entschied und der Beschwerdeführerin zudem eine falsche Rechtsmittelbelehrung erteilt wurde. Gegenstand des Beschwerdeverfahrens ist somit auch der Validierungsbeschluss des Grossen Rates vom 18. November 1971.
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8. Die Beschwerdeführerin verlangt die Aufhebung der Ständeratswahl mit der Begründung, dass die Stimmbürger durch die Behörde über den Wahlvorschlag nicht hinreichend orientiert worden seien und zudem ihre Stimme nicht hätten geheim abgeben können.
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Das vom Verfassungsrecht des Bundes gewährleistete Stimmrecht gibt dem Bürger Anspruch darauf, dass kein Abstimmungsergebnis anerkannt wird, das nicht den freien Willen der Stimmbürger zuverlässig und unverfälscht zum Ausdruck bringt. Der Bürger soll sein Stimmrecht völlig frei ausüben und den Stimmzettel so ausfüllen können, wie es seinem wirklichen Willen entspricht, was unter anderem durch geheime Stimmabgabe gewährleistet wird (BGE 98 Ia 78, BGE 90 I 73, je mit Verweisungen). Bei der Frage, ob diese Grundsätze und damit das Stimmrecht verletzt sind, prüft das Bundesgericht nicht nur die Auslegung und Anwendung des Bundesrechts und des kantonalen Verfassungsrechts frei, sondern auch anderer kantonaler Vorschriften, sofern diese das Stimmrecht nach Inhalt und Umfang näher normieren (BGE 94 I 124 E. 2 mit Verweisungen). Die Sachverhaltsfeststellungen der kantonalen Behörden dagegen prüft es nur unter dem beschränkten Gesichtswinkel der Willkür (BGE 98 Ia 78, BGE 97 I 663).
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Der Regierungsrat hat die Rüge, der Wahlvorschlag sei den Stimmbürgern nicht zugestellt und damit nicht gehörig bekannt gemacht worden, unter Hinweis auf § 88 Abs. 3 WG als unbegründet erklärt. Nach dieser Bestimmung, die unter anderem speziell für die Ständeratswahl gilt, erhält der Stimmberechtigte nach Vorweisung des Stimmrechtsausweises vom Wahlbüro einen leeren Stimmzettel, den er nach allfälliger Ausfüllung in die Urne legt. Daraus schliesst der Regierungsrat, dass bei der Ständeratswahl eine Zustellung der Wahlvorschläge nicht zu erfolgen habe - anders als bei den Regierungsratswahlen, wo die Wahlvorschläge auf den Stimmzetteln vorgedruckt sind, die den Wählern vor der Wahl zugestellt werden (§ 72 Abs. 2, § 73 WG). Die Beschwerdeführerin wendet dagegen ein, die Vorschrift von § 88 Abs. 3 WG habe nicht den Sinn, dass der Wahlvorschlag den Stimmbürgern nicht bekanntzugeben sei. Die Stimmbürger seien vielmehr wie bei der Abstimmung über Sachvorlagen zu informieren, oder wie bei den Regierungsratswahlen mit dem Unterschied, dass der Wahlvorschlag nicht gleichzeitig als Stimmzettel gelte. Dem ist insoweit beizupflichten, als der Umstand, dass bei der Ständeratswahl die Wähler erst im Wahllokal den - leeren - Stimmzettel erhalten, nicht bedeuten kann, der Wahlvorschlag sei ihnen vor der Wahl überhaupt nicht zur Kenntnis zu bringen. § 72 Abs. 1 WG, wonach die Wahlvorschläge vom Polizeidepartement spätestens eine Woche vor dem Wahltage im Kantonsblatt bekanntgegeben werden, muss auch für die Ständeratswahl gelten. Der Wahlvorschlag mit Dr. Willi Wenk als Kandidaten wurde denn auch am 4. Oktober 1971 im Kantonslatt veröffentlicht. Eine weitergehende Information der Stimmbürger, wie die Beschwerdeführerin sie im Auge hat, ist im Gesetz jedoch nicht vorgesehen, und es wird auch nicht behauptet, dass eine solche sich aus der Verfassung ergeben müsste. Die Rüge, die Regierung habe ihre Informationspflicht gegenüber den Stimmbürgern verletzt, erweist sich daher als unbegründet.
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Die Beschwerdeführerin sieht sich in ihrem Recht aufgeheime Stimmabgabe verletzt, weil das Wahllokal im Wettsteinschulhaus so eingerichtet gewesen sei, dass die Mitglieder des Wahlbüros die Stimmbürger beim Ausfüllen des Wahlzettels hätten beobachten können. Man habe nämlich in den wie für den Schulbetrieb angeordneten Bänken schreiben müssen, vor denen die Mitglieder des Wahlbüros gleich dem Lehrer gestanden oder gesessen seien. Der Regierungsrat dagegen erklärt, es sei aufgrund des Tatsachenmaterials so gut wie sicher anzunehmen, dass keine Verletzung oder Ritzung des Wahlgeheimnisses stattgefunden habe. Die Tische seien so angeordnet gewesen, dass der Stimmbürger auf dem Weg vom Büro zu den Tischen resp. zur Urne den Stimmzettel, den ein Stimmbürger gerade ausfüllte, in der Regel nicht gesehen habe, es sei denn, er habe ihn sehen wollen. In solchen Fällen aber wären die Wahlbüros verpflichtet, dafür Sorge zu tragen, dass die Stimmbürger den Wahlakt geheim vornehmen könnten. Dass man zudem vom Wahlbüro aus die Stimmbürger absichtlich beobachtet habe, sei unwahrscheinlich. Die Mitglieder und Sekretäre seien bei jenen letzten Wahlen vollauf mit dem Abschneiden der Couvertecken, mit dem Abstempeln der Listen und mit der Abgabe der Stimmzettel beschäftigt gewesen. Seit Jahrzehnten habe übrigens das bisherige System keinen Anlass zu Beanstandungen gegeben.
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a) Den kantonalen Akten ist kein Hinweis darauf zu entnehmen, dass der Regierungsrat den von der Beschwerdeführerin behaupteten Sachverhalt näher überprüfte. Aus dessen Ausführungen im angefochtenen Entscheid ist jedoch zu schliessen, dass das Wahllokal im Wettsteinschulhaus so eingerichtet war, wie es in der Einsprache dargestellt wurde. Mit dem Argument, dass die Wähler beim Ausfüllen des Stimmzettels nur beobachten konnte, wer wollte, und dass überdies die Mitglieder des Wahlbüros zu beschäftigt gewesen seien, um solches zu tun, räumt der Regierungsrat ein, dass eine Beobachtung der Wähler möglich war. Überdies wird die Behauptung der Beschwerdeführerin, dass auch die übrigen Wahllokale gleich eingerichtet gewesen seien, vom Regierungsrat offenbar anerkannt mit der Bemerkung, das bisherige System habe bis anhin keinen Anlass zu Beanstandungen gegeben. Unter diesen Umständen kann jedenfalls nicht von einer Rechtsverweigerung gegenüber der Beschwerdeführerin gesprochen werden, die der Regierungsrat durch ungenügende Abklärung des Sachverhalts begangen haben sollte (BGE 93 I 537).
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b) Die §§ 13 und 63 WG enthalten die Vorschrift, dass die zuständige Behörde "für gehörige Einrichtung und Ausstattung der Wahllokale zu sorgen hat". Ein wesentlicher Gesichtspunkt muss dabei die Ermöglichung der geheimen Stimmabgabe sein. Die Urnenabstimmung, wie sie in § 27 KV vorgeschrieben wird, nämlich die sukzessive Stimmgebung in die Urne (vgl. GIACOMETTI, Das Staatsrecht der schweizerischen Kantone, Zürich 1941, S. 249), ist dasjenige Abstimmungs- bzw. Wahlverfahren, welches eine absolute Sicherung des Stimmgeheimnisses verbürgen will, mehr noch als eine Stimmgebung in die Urne anlässlich einer Versammlung, da alle in einem Raume anwesenden Bürger ihren Stimmzettel gleichzeitig ausfüllen. Die Anforderungen an die Vorkehren, welche die geheime Stimmabgabe sichern sollen, sind deshalb entsprechend streng zu stellen. Sind in einem Wahllokal, wie es im Wettsteinschulhaus unbestrittenermassen der Fall war, die Wahlzettel in den Schulbänken auszufüllen, vor denen sich die Mitglieder des Wahlbüros aufhalten, so kann mehr oder weniger leicht beobachtet werden, wie gestimmt wird; der Regierungsrat selbst stellt diese Möglichkeit nicht in Abrede. Zwar kann unter solchen Umständen der Wähler leicht schon z.B. mit der Hand den Wahlzettel, den er ausfüllt, gegen Blicke seitens des Wahlbüros oder anderer Stimmberechtigter abdecken. Ein solches Spiel soll dem Stimmbürger aber nicht zugemutet werden. Es ist vielmehr am Staat, diejenigen Vorkehren zu treffen, die eine Beobachtung der Wähler von vornherein ausschliessen. Die beste Gewähr bieten in dieser Hinsicht sog. Isolierzellen oder mit Trennwänden versehene Schreibpulte, wie sie in verschiedenen Kantonen von Gesetzes wegen vorgeschrieben sind (vgl. die Zussamenstellung bei JEAN CASTELLA, L'exercice du droit de vote, in ZSR N.F. 78 II S. 583 a; für den Kanton Freiburg Art. 38 Abs. 3 des Gesetzes über die Ausübung der bürgerlichen Rechte vom 15. Juli 1966). Solche oder ähnliche Einrichtungen sind nicht mit übermässigen Umtrieben und Kosten verbunden und können dem Staat zugemutet werden, will er nicht ein Wahlverfahren anordnen, bei welchem die Bürger ihren Wahlzettel vor dem Urnengang zuhause ausfüllen und die geheime Stimmabgabe auf diese Weise hinreichend gesichert ist. Sie dürfen nicht für überflüssig gehalten werden mit der Begründung, dass bei den gegebenen Verhältnissen eine Kontrolle der Wähler nicht denkbar sei. Die politischen Verhältnisse können sich ändern, und im Hinblick darauf ist das Wahlgeheimnis auch dann streng zu hüten, wenn solche Vorkommnisse fern liegen. Entgegen der Auffassung des Regierungsrats ist deshalb nicht wesentlich, ob im konkreten Fall eine Kontrolle der Wähler tatsächlich stattfindet oder nicht. Ein Verstoss gegen den mit dem System der Urnenwahl verankerten Grundsatz der geheimen Stimmabgabe liegt schon dann vor, wenn ein Wahllokal so eingerichtet ist, dass die Wahlzettel nicht unbeobachtet ausgefüllt werden können.
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c) Auch wenn sich die Rüge der Beschwerdeführerin, das Wahlgeheimnis sei nicht gehörig gewahrt gewesen, als begründet erweist, so führt dies nicht ohne weiteres zur Kassation der in Frage stehenden Ständeratswahl. Nach der Rechtsprechung des Bundesgerichts wird eine Wahl nur dann kassiert, wenn die festgestellten Unregelmässigkeiten das Wahlergebnis beeinflusst haben können (BGE 98 Ia 78, BGE 97 I 662 /3 je mit Verweisungen). Das lässt sich im vorliegenden Fall nicht annehmen. Nach den Ausführungen im angefochtenen Entscheid und in der Beschwerde deutet nichts darauf hin, dass ausser der Beschwerdeführerin noch andere Stimmbürger sich bei der Stimmabgabe kontrolliert fühlten. Bei den eingangs erwähnten Zahlen hätten sich mehrere tausend Stimmbürger in ihrem Wahlgeheimnis verletzt glauben müssen, damit sich das Wahlergebnis zuungunsten des Kandidaten Wenk verschieben könnte. Dass eine derart hohe Zahl von Wählern begründeten Anlass dazu hatten, ist bei den gegebenen Verhältnissen, da es um eine unbestrittene Wahl ging und keine Anhaltspunkte dafür vorliegen, dass die Stimmabgabe tatsächlich kontrolliert wurde, jedoch ausgeschlossen. Die angefochtene Wahl ist daher nicht aufzuheben. Dies ändert indessen nichts daran, dass die beanstandete Einrichtung der Wahllokale den Anforderungen, die sich aus dem mit der Urnenwahl verankerten Grundsatz der absolut geheimen Stimmabgabe ergeben, nicht genügt und nach dem Gesagten nicht beibehalten werden kann. Die Beschwerde ist deshalb, soweit sie sich gegen den Regierungsratsbeschluss vom 16. November 1971 und den Validierungsbeschluss des Grossen Rats vom 18. November 1971 richtet, im Sinne der Erwägungen abzuweisen.
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Demnach erkennt das Bundesgericht:
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