BGE 105 Ia 120
 
25. Urteil der II. öffentlichrechtlichen Abteilung vom 1. Juni 1979 i.S. Hedy Münst-Landolt gegen Staatsrat des Kantons Freiburg (staatsrechtliche Beschwerde)
 
Regeste
Art. 4 BV; Prinzip der gleichen Besoldung der Geschlechter.
 
Sachverhalt
Am 26. August 1977 wurde Hedy Münst-Landolt von der Erziehungs- und Kultusdirektion des Kantons Freiburg (Erziehungsdirektion) zusammen mit 26 anderen Lehrerinnen und Lehrern ins Angestelltenverhältnis aufgenommen. Da Frau Münst als Lehrerin in eine niedrigere Klasse der Besoldungstabelle eingereiht wurde als ein entsprechend qualifizierter Lehrer, erhob sie Beschwerde gegen die Anstellungsverfügung, mit dem Antrag, sie sei gleich zu besolden wie ein Lehrer.
In ihrer Vernehmlassung zur Beschwerde führte die Erziehungsdirektion am 17. Oktober 1978 aus, als Hilfsklasselehrerin sei Frau Münst in die Klasse 10, Stufe 3, der Besoldungstabelle eingestuft worden; Hilfsklasselehrer mit der gleichen Ausbildung würden in die Klasse 8, Stufe 3, eingeteilt. Die unterschiedliche Einstufung von Hilfsklasselehrerinnen und -lehrern sei historisch begründet, und ihrer Aufhebung stünden noch finanzielle Schwierigkeiten entgegen. Die Gleichstellung werde über eine Zeitspanne von zwei Jahren (1979/80) verwirklicht.
Am 28. Dezember 1978 wies der Staatsrat die Beschwerde ab. Er wies im wesentlichen darauf hin, dass seit der Anstellung der Beschwerdeführerin kein Hilfsklasselehrer mit einem Diplom, das demjenigen der Beschwerdeführerin entspreche, in eine höhere Lohnklasse eingeteilt worden sei. Damit sei in ihrem Bereich das Gebot rechtsgleicher Behandlung gewahrt geblieben.
Die gegen diesen Entscheid erhobene staatsrechtliche Beschwerde wegen Verletzung von Art. 4 BV wird vom Bundesgericht gutgeheissen.
 
Erwägungen:
Nach der Rechtsprechung gewährleistet Art. 4 BV der in einem öffentlichen Dienstverhältnis stehenden Frau die gleiche Besoldung wie dem Manne, der die gleiche Arbeit verrichtet; sofern einer Lehrerin die gleichen Aufgaben obliegen wie den Lehrern der gleichen Schulstufe, ist die Verfügung aufzuheben, diejene Lehrerin in eine niedrigere Besoldungsklasse einreiht als die Lehrer (BGE 103 Ia 517). Diese Rechtsprechung wird vom Staatsrat nicht in Frage gestellt.
Unlängst hat das Bundesgericht festgestellt, dass Lehrerinnen, die gegen eine Besoldungsverfügung rekurrieren, die Anerkennung ihres Anspruchs mit Wirkung vom Datum der angefochtenen Verfügung verlangen können. Der bundesrechtliche Anspruch auf gleiche Besoldung steht den Betroffenen ohne Rücksicht auf die Schwierigkeiten zu, die sich einem Kanton entgegenstellen, wenn er einen vollständigen Ausgleich der Besoldung für Mann und Frau verwirklichen will (Entscheide i.S. Blum vom 21. März 1979 und i.S. Leuenberger vom 2. Mai 1979).
Ob ein Verstoss gegen das Gleichbehandlungsgebot vorliegt, hängt demzufolge von den Gegebenheiten zur Zeit der angefochtenen Verfügung ab. Der Staatsrat beruft sich deshalb vergeblich auf die Praxis, an welche sich die freiburgischen Behörden seither gehalten hätten, und welche offenbar zur Folge gehabt hätte, dass bei einer allfälligen Anstellung von Lehrern deren Salär auf dasjenige der Lehrerinnen herabgesetzt worden wäre. Aus der erstinstanzlichen Verfügung wie auch der Vernehmlassung der Erziehungsdirektion vom 17. Oktober 1978 geht zweifelsfrei hervor, dass im August 1977 Lehrerinnen zu einem niedrigeren Salär eingestuft waren als Lehrer und dass insbesondere die Beschwerdeführerin bei ihrer Anstellung in eine niedrigere Besoldungsklasse eingestuft wurde als ein Lehrer mit der gleichen Ausbildung. Diese prinzipielle Ungleichbehandlung verletzt als solche den Grundsatz der Rechtsgleichheit. Daran ändert nichts, dass weder zur gleichen Zeit noch nachträglich Hilfsklasselehrer mit höherer Besoldung eingestellt wurden.
Der Staatsrat kann im übrigen der Gleichstellung und nachträglichen Entschädigung der Beschwerdeführerin Einwände finanzieller Natur schon deshalb nicht entgegenhalten, weil nur die Beschwerdeführerin allein aus dem staatsrechtlichen Beschwerdeverfahren Nutzen ziehen kann. Die Anstellungsverfügungen anderer Lehrerinnen, die sich in der gleichen Lage befunden haben, sind längst unanfechtbar geworden.
Da die Beschwerdeführerin durch keinen Anwalt vertreten ist, kann ihrem Begehren um Zusprechung einer Parteientschädigung gemäss ständiger Praxis nicht entsprochen werden (BGE 99 Ia 580 E. 4).