BGE 109 Ia 185
 
36. Auszug aus dem Urteil der I. öffentlichrechtlichen Abteilung vom 21. September 1983 i.S. Burri und Eigenmann gegen Berner Heimatschutz, Interessengemeinschaft Bielersee und Schweizerische Stiftung für Landschaftsschutz und Landschaftspflege sowie Regierungsrat des Kantons Bern; weitere Beteiligte: Gemeinde Erlach (staatsrechtliche Beschwerde)
 
Regeste
Art. 22ter BV; öffentliches Interesse. Denkmalpflege; Umgebungsschutz.
 
Sachverhalt
Niklaus Burri und Hermann Eigenmann sind Eigentümer von rund 3500 m2 Land am Hoggenberg in Erlach. Der Hoggenberg ist ein auf drei Seiten von Wald umgebenes Gebiet am Hang des Jolimont. Das zum Teil mit Bäumen bestandene Wiesland liegt in unmittelbarer Nähe des Schlosses und der historischen Altstadt von Erlach. Dazwischen befindet sich ein Rebberg. Gemäss ursprünglichem Zonenplan aus dem Jahre 1959 lag der Hoggenberg in einer Wohnzone.
Bei der Revision ihrer Ortsplanung beschloss die Gemeinde Erlach, den Hoggenberg wiederum einer Wohnzone zuzuweisen, was von der Baudirektion des Kantons Bern nicht genehmigt wurde. Diese verwies den Hoggenberg in das übrige Gemeindegebiet. Eine dagegen gerichtete Beschwerde wurde vom Regierungsrat des Kantons Bern abgewiesen.
Niklaus Burri und Hermann Eigenmann führen gegen diesen Regierungsratsbeschluss staatsrechtliche Beschwerde beim Bundesgericht. Sie machen unter anderem geltend, die Auszonung liege nicht im öffentlichen Interesse und sei unverhältnismässig. Das Bundesgericht weist die Beschwerde ab.
 
Aus den Erwägungen:
Die Gemeinde Erlach liegt am Nordostfuss des bewaldeten Jolimont in der Mitte des südwestlichen Ufers des Bielersees. Von dort aus führt der Heidenweg über die als Folge der Juragewässerkorrektion trockengelegte Landenge zur St. Petersinsel. Weg und Insel sind als Schutzobjekt Nr. 13.01 im Bundesinventar der Landschaften und Naturdenkmäler von nationaler Bedeutung aufgeführt (BLN; SR 451.11). Das Eidgenössische Departement des Innern prüft zur Zeit die Aufnahme der Altstadt und des Schlosses von Erlach in das Bundesinventar der schützenswerten Ortsbilder der Schweiz (ISOS; SR 451.12). Die darüber verfasste Studie hält fest, dass die verschiedenen Neubauten im Umgelände das malerische, aus dem Mittelalter stammende Ensemble von Erlach beeinträchtigten. Als wesentlich wird nicht nur der Schutz der Altstadt und des Schlosses selbst, sondern vor allem auch die Freihaltung der Umgebung bezeichnet. Das war auch dem Gemeinderat Erlach nicht entgangen, als er am 30. Juli 1979 in Anwendung von Art. 115 ff. der bernischen Bauverordnung vom 26. November 1970 einen kommunalen Landschaftsrichtplan beschloss, der unter anderem die Freihaltung der Umgebung des Schlosses und des anschliessenden Altstadtteils sowie der Abhänge des Jolimont vorsieht. Dem Freihaltegebiet, in dem jede Bautätigkeit ausgeschlossen sein soll, ist auch der Hoggenberg zugewiesen. Der vorgesehene Schutz wurde durch den regionalen "Richtplan Landschaft und Siedlung" vom 11. Juni 1981 bestätigt. Wie erwähnt, befand sich der Hoggenberg seit 1973 in der Schutzzone I gemäss Bundesbeschluss über dringliche Massnahmen auf dem Gebiete der Raumplanung. Er war somit seit Inkrafttreten der provisorischen Schutzzone mit einem Bauverbot belegt.
Die bei den Akten liegenden Fotografien, Pläne und Gutachten zeigen deutlich, dass die erwähnten Schutzmassnahmen klarerweise gerechtfertigt sind. Der wirksame Schutz eines Bauwerks oder eines architektonisch wertvollen Ensembles ist undenkbar ohne gleichzeitigen Schutz seiner Umgebung. Die gegenteilige Auffassung der Beschwerdeführer ist unbegründet. Allein schon die Anziehungskraft, die Erlach mit seiner einzigartigen Lage am Bielersee auf unzählige Besucher ausübt, entzieht der Argumentation der Beschwerdeführer den Boden, die auf der Annahme beruht, Altstadt, Schloss und Hoggenberg seien als gesamtes Erscheinungsbild zusammen praktisch nicht sichtbar. Das öffentliche Interesse an der streitigen Auszonung ist daher offensichtlich gegeben.
Die Beschwerdeführer vertreten indessen die Auffassung, dass dieses öffentliche Interesse auch durch eine weniger einschneidende Massnahme gewahrt werden könne. So hätte der Hoggenberg allenfalls in eine Schutzzone gemäss Art. 17 des Bundesgesetzes über die Raumplanung vom 22. Juni 1979 beziehungsweise in ein Schutzgebiet nach Art. 29 des Baugesetzes des Kantons Bern vom 7. Juni 1970 (BauG) oder in eine Grünfläche im Sinne von Art. 28 BauG eingewiesen werden können, wodurch eine gewisse Überbauungsmöglichkeit erhalten geblieben wäre. Die Beschwerdeführer tun indessen nicht dar, dass diese Möglichkeiten angemessener wären als die Zuweisung ihres Landes zum übrigen Gemeindegebiet. Die unmittelbare Nachbarschaft zu Rebzone und Wald lassen die Zuteilung des Hoggenbergs zum übrigen Gemeindegebiet als sinnvoll erscheinen. Darüber hinaus steht fest, dass das öffentliche Interesse am Schutz von Orts- und Landschaftsbild durch die nicht genehmigten kommunalen Massnahmen nicht so wirksam hätte gewahrt werden können. Die Pflicht zum Erlass von Sonderbauvorschriften im Sinne von Art. 38 ff. BauG hätte nicht verhindern können, dass der Hoggenberg zu einem Einfamilien- und Ferienhausquartier geworden wäre. Dadurch wäre das abgeschlossene, zwischen Altstadt, Reben und Wald gelegene Gebiet, das unbestrittenermassen einen empfindlichen Landschaftsteil darstellt, dauernd beeinträchtigt worden. Was schliesslich den Eventualvorschlag der Beschwerdeführer betrifft, die Überbaubarkeit des Hoggenbergs auf dessen untersten Bereich zu beschränken, so widerspräche dies dem raumplanungsrechtlichen Grundsatz, wonach Kleinbauzonen ausserhalb des Baugebiets grundsätzlich unzulässig sind (in der amtlichen Sammlung nicht veröffentlichtes Urteil vom 3. Februar 1982 E. 3c, publiziert in: ZBl 83/1982, S. 353). Zudem geht aus den Akten hervor, dass mit der Revision des Zonenplans auch eine grundsätzliche Verkleinerung der Bauzone angestrebt wurde. Die Bemessung des Baugebiets im Zonenplan aus dem Jahre 1959 beruhte auf offensichtlich zu weit gehenden Bevölkerungsprognosen.