BGE 112 Ia 97 - Vormundschaftsakten |
18. Auszug aus dem Urteil der I. öffentlichrechtlichen Abteilung |
vom 5. Februar 1986 |
i.S. X. gegen Vormundschaftsbehörde, Justizdepartement und Appellationsgericht als Verwaltungsgericht des Kantons Basel-Stadt |
(staatsrechtliche Beschwerde) |
Regeste |
Regeste |
1. Der Anspruch, die abgeschlossenen Vormundschaftsakten hinsichtlich der ausserehelichen Vaterschaft und der Jugendzeit einzusehen, beurteilt sich nach dem kantonalen Verfahrensrecht und nach dem aus Art. 4 BV abgeleiteten Akteneinsichtsrecht. |
2. Interessenabwägung im vorliegenden Fall; Verneinung eines Anspruchs auf vollständige Akteneinsicht. |
Sachverhalt |
A. |
Nachdem Frau Z., geboren am 19. Mai 1935, am 13. April 1959 an ihrem Wohnort Basel ihre Schwangerschaft angezeigt hatte, errichtete die Vormundschaftsbehörde Basel-Stadt eine Beistandschaft gemäss Art. 311 ZGB (in seiner damaligen Fassung). Knapp ein Jahr nach der am 7. Oktober 1959 erfolgten Geburt des Knaben X. wurde diese Beistandschaft in eine Vormundschaft gemäss Art. 368 Abs. 1 ZGB umgewandelt. Im September 1961 zog Frau Z. nach Zürich. Dort war auch ihr Sohn X. seit 26. Juli 1962 bei einer Pflegefamilie untergebracht. Am 30. Oktober 1962 beschloss die Vormundschaftsbehörde der Stadt Zürich, die Vormundschaft für X. im Sinne von Art. 377 ZGB zur Weiterführung in Zürich zu übernehmen. Die bis zur Abtretung der Vormundschaft in Basel ergangenen Akten - das letzte Aktenstück datiert vom 16. November 1962 - wurden im Staatsarchiv Basel-Stadt abgelegt.
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Am 8. Oktober 1980 begab sich X. zur Vormundschaftsbehörde Basel-Stadt und ersuchte um Einsicht in die ihn betreffenden Akten. Damit wollte er vornehmlich in Erfahrung bringen, zu welchen Unterhaltsbeiträgen sein (ausserehelicher) Vater verpflichtet worden war und ob er diese bezahlt habe. Die Behörde verweigerte X. die Einsicht in die Akten; immerhin wurde er von einem Beamten der vormundschaftlichen Abteilung über verschiedene Belange, insbesondere über die seinerzeitige Regelung der Unterhaltsbeiträge, informiert.
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Mit Eingabe an die Vormundschaftsbehörde Basel-Stadt vom 2. August 1984 liess X. durch einen Anwalt das Gesuch um Akteneinsicht wiederholen mit der Begründung, es gehe um die Wahrung von Alimentenforderungen gegenüber seiner Mutter. Am 9. August 1984 gab die Vormundschaftsbehörde dem Anwalt die Höhe der Unterhaltsleistungen gemäss Vaterschaftsanerkennung bekannt und lehnte im übrigen das Begehren um Akteneinsicht ab. Auf das Ersuchen des Anwaltes hin erliess die Behörde am 25. September 1984 eine begründete und rekursfähige Verfügung.
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Einen hiegegen erhobenen Rekurs wies das Justizdepartement des Kantons Basel-Stadt am 12. Dezember 1984 ab. Gegen diesen Entscheid liess X. Rekurs an das Appellationsgericht des Kantons Basel-Stadt als Verwaltungsgericht einreichen. Dieses wies am 5. Juni 1985 den Rekurs ab.
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X. führt staatsrechtliche Beschwerde mit dem Antrag auf Aufhebung des Urteils des Appellationsgerichtes Basel-Stadt vom 5. Juni 1985 sowie des Entscheides des Justizdepartementes Basel-Stadt vom 12. Dezember 1984; er verlangt, die Vormundschaftsbehörde des Kantons Basel-Stadt sei anzuweisen, ihm Einsicht in seine Akten betreffend Beistandschaft zu gewähren. Das Bundesgericht weist die Beschwerde ab, soweit es darauf eintritt.
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Auszug aus den Erwägungen: |
Aus den Erwägungen:
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Erwägung 3 |
Beruft sich ein Beschwerdeführer für den nämlichen Anspruch gleichzeitig auf ein verfassungsmässiges Recht und auf eine Bestimmung der EMRK, so prüft das Bundesgericht in der Regel zunächst, ob der angefochtene Entscheid gegen die Bundesverfassung verstosse. Dabei berücksichtigt es allerdings gegebenenfalls die Konkretisierung bestimmter Rechtsgrundsätze durch die Konventionsorgane (BGE 111 Ia 82 E. 2b mit Hinweisen).
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Erwägung 4 |
Der Beschwerdeführer ist der Auffassung, der von ihm geltend gemachte Anspruch auf Akteneinsicht finde seine rechtliche Grundlage nicht in Art. 4 BV, wie dies vom Appellationsgericht vermutet werde, sondern im Grundrecht der persönlichen Freiheit. Somit wirft er ihm sinngemäss eine fehlerhafte Rechtsanwendung vor. Dazu ist er im vorliegenden Verfahren berechtigt, hatte er doch seinen Anspruch schon vor Appellationsgericht auf das Recht der persönlichen Freiheit abgestützt.
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Im einzelnen führt der Beschwerdeführer vor Bundesgericht aus, die Kenntnis der eigenen Lebensgeschichte gehöre zum wichtigsten Teil seiner Privatsphäre. Dies betreffe die Kenntnis aller Gegebenheiten seines Lebens, die er persönlich erfahren habe. Das verfassungsmässige Recht auf Herrschaft über seine eigene Privatsphäre und über die Kenntnis der eigenen Erlebnisse dürfe nicht vom Zeitpunkt abhängig gemacht werden, in welchem die Ausübung dieses Rechts verlangt werde, was sich gemäss ständiger Rechtsprechung des Bundesgerichts aus der Unverzichtbarkeit und Unverjährbarkeit der persönlichen Freiheit ergebe. Deshalb habe er, der Beschwerdeführer, noch heute einen Anspruch auf Zugang zu Aufzeichnungen über Tatsachen, die er persönlich erlebt habe; dieser Zugang ersetze lediglich sein fehlendes Erinnerungsvermögen.
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Erwägung 5 |
Die verfassungsrechtliche Garantie der persönlichen Freiheit kann - um nicht völlig überdehnt zu werden - nicht vor jedem physischen und psychischen Missbehagen bewahren. Sie bietet nur dort Schutz, wo das Wohlbefinden des Menschen erheblich beeinträchtigt wird und sich diese Beeinträchtigung nicht gegen andere verfassungsmässige oder gesetzliche Rechte richtet, wie das im vorliegenden Fall zutrifft: Wenn - wie hier - das kantonale Recht das Akteneinsichtsrecht nur ungenügend bzw. gar nicht schützt, wird dieses durch die unmittelbar aus Art. 4 BV folgenden Verfahrensregeln gewährleistet, wobei das Bundesgericht grundsätzlich frei prüft, ob die durch diese Verfassungsbestimmung aufgestellten Anforderungen eingehalten wurden (BGE 110 Ia 85 E. 3b, mit Hinweisen). Nach der neueren bundesgerichtlichen Rechtsprechung besteht das aus Art. 4 BV abgeleitete Akteneinsichtsrecht nicht nur für ein laufendes, sondern ausnahmsweise auch für ein - wie in casu - schon abgeschlossenes Verfahren, sofern der Gesuchsteller ein schutzwürdiges Interesse glaubhaft machen kann (BGE 95 I 108). Ob es sich um ein laufendes oder um ein abgeschlossenes Verfahren handle, der Anspruch auf Akteneinsicht findet stets seine Grenzen am Interesse des Staates oder gewisser Privatpersonen an der Geheimhaltung der Akten (BGE 110 Ia 85 E. 4a, mit Hinweisen).
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Selbst wenn der Beschwerdeführer sich zur Begründung seines Begehrens auf das Grundrecht der persönlichen Freiheit zu berufen vermöchte, unterläge es gegebenenfalls, wenn die Sach- und Rechtslage es erforderlich machen würde, mehr oder weniger schweren Beschränkungen. Dessen ist sich im übrigen auch der Beschwerdeführer zweifellos bewusst, rügt er doch - wenn man ihn bei seinem eigenen Worte nimmt - einen unverhältnismässigen Eingriff in seine persönliche Freiheit. Da er Zugang zu unter Verschluss liegenden Akten der Verwaltung verlangt, die Aufzeichnungen nicht nur über ihn selber, sondern auch über verschiedene Bezugspersonen aus der Frühzeit seines Lebens enthalten, muss er es sich gefallen lassen, dass die Behörde, die über sein Gesuch um Akteneinsicht zu befinden hat, die auf dem Spiel stehenden öffentlichen und privaten Interessen gegeneinander abzuwägen hat. Der Beschwerdeführer irrt jedoch, wenn er glaubt, dass diese Interessenabwägung, je nachdem, ob sich der Anspruch auf Akteneinsicht nach Massgabe von Art. 4 BV oder aber gemäss dem von ihm angerufenen verfassungsmässigen Recht der persönlichen Freiheit beurteile, nach einem qualitativ andern Massstab zu erfolgen habe: Wie das Bundesgericht frei prüft, ob höhere Interessen der Öffentlichkeit oder bestimmter Privater einen Eingriff in die persönliche Freiheit erfordern (BGE 107 Ia 57 f. E. 3d; 108 Ia 61 ff.), so prüft es auch frei, ob solche Interessen demjenigen an der Gewährung des unmittelbar aus Art. 4 BV abgeleiteten Akteneinsichtsrechts entgegenstehen (BGE 95 I 109; 110 Ia 83 ff., mit Hinweisen).
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Was der Beschwerdeführer unter Berufung auf die persönliche Freiheit vorbringt, um sein Begehren um Einsicht in die ihn betreffenden Vormundschaftsakten zu begründen, ist im Rahmen der - wie ausgeführt - auch nach Art. 4 BV in freier Prüfung vorzunehmenden Abwägung der einander gegenüberstehenden Interessen zu würdigen. Art. 4 BV ist verletzt, wenn die kantonale Behörde schutzwürdige und hinreichend substantiierte Interessen des Beschwerdeführers zu wenig in die Waagschale gelegt, insbesondere wenn sie dem Grundrecht der persönlichen Freiheit zu wenig Gewicht beigemessen hat.
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Erwägung 6 |
Altrechtlich bestand klarerweise die Möglichkeit, eine blosse "Zahlvaterschaft" durch Urteil oder Vergleich zu begründen, wobei im Vergleichsfalle der Name des Vaters nicht notwendigerweise genannt werden musste. Für das neue Recht sah der Bundesrat vor, ein Kind, welches das 20. Altersjahr noch nicht zurückgelegt habe, könne innert zwei Jahren nach Inkrafttreten des neuen Rechts auf Feststellung des Kindesverhältnisses zum Vater klagen (BBl 1974 II S. 100 ff. und S. 135). Der Ständerat als Erstrat strich diese Bestimmung, d.h. er hielt dafür, alle noch unter der Herrschaft des alten Rechts geborenen Kinder sollten an der bereits getroffenen altrechtlichen Lösung nichts mehr ändern können. Der Berichterstatter, Ständerat Arnold, führte als Beispiel an (Amtl.Bull. S 1975 S. 148), man wolle nicht, dass ein 40jähriger Mann gegen seinen 60jährigen "Zahlvater" noch auf Feststellung des Kindesverhältnisses klagen könne (wie dies im deutschen Recht unter Einhaltung bestimmter Fristen möglich ist). Im Nationalrat kam es gerade zu dieser übergangsrechtlichen Bestimmung zu einer längeren Diskussion. Nationalrat Cavelty beantragte Zustimmung zu der vom Ständerat vorgesehenen Fassung, u.a. mit der Begründung, man wolle nicht die Möglichkeit schaffen, "längst Erledigtes wieder aufzugreifen" (Amtl.Bull. N 1975 S. 1798): "Wie viele Ehen würden dadurch gefährdet oder gar zerstört, oder zu wieviel möglichen Drohungen bis Erpressungen gäbe die hier vorgesehene Rückwirkung Anlass!" Auch Nationalrat Alder sprach sich dagegen aus, eine Klage zuzulassen in Fällen, in denen keine Beziehung zwischen Vater und Kind bestehe. Die Kommissionssprecher, Nationalrat Barchi und Frau Nationalrätin Blunschy, vertraten demgegenüber eine Mittellösung zwischen der absoluten Nichtrückwirkung, wie sie der Ständerat beschlossen hatte, und dem Antrag des Bundesrates. Dieser Zwischenlösung, mit welcher die Möglichkeit des Kindes, auf Feststellung des Kindschaftsverhältnisses zu klagen, auf das 10. Altersjahr und zwei Jahre nach Inkraftsetzung des neuen Rechts befristet wurde, schloss sich Bundesrat Furgler "schweren Herzens" an. Der Nationalrat stimmte dem Kompromiss mit grosser Mehrheit zu (Amtl.Bull. N 1975 S. 1798-1801).
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Die Debatte wurde bei der Differenzbereinigung im Ständerat wiederaufgenommen. Die Kommissionsmehrheit, vertreten durch Ständerat Arnold, beantragte, am Streichungsbeschluss festzuhalten, d.h. überhaupt keine Rückwirkung des neuen Rechts zuzulassen. Er wurde unterstützt durch Ständerat (heute Bundesrichter) Amstad (Amtl.Bull. S 1976 S. 95): "Mit der Lösung des Nationalrates erklären wir Verträge, die von der Vormundschaftsbehörde genehmigt wurden, und gerichtliche Urteile plötzlich als anfechtbar." Ständerat Amstad wies weiter darauf hin, dass die Angst vor Gefährdung später begründeter Familien das Gesetz in der Volksabstimmung gefährden könnte. Demgegenüber setzten sich Ständerat (heute Bundesrat) Aubert und Bundesrat Furgler vehement für den nationalrätlichen Kompromiss ein, mit Betonung auf dem Grundgedanken des Vorrangs des Kindesinteresses, wenigstens für eine kurze Übergangszeit. Diese Lösung wurde mit 15:14 Stimmen angenommen und ist heute Gesetz (Amtl.Bull. S 1976 S. 93-96).
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Insbesondere bei verhältnismässig jungen Gesetzen darf der Wille des historischen Gesetzgebers nicht übergangen werden. Die zitierten Ratsprotokolle zeigen eindrücklich, dass ein Kompromiss gesucht wurde; dem Gesetz wäre nicht zugestimmt worden, wenn eine Lösung verlangt worden wäre, die eine alters- und fristunabhängige Unterstellung aller altrechtlichen Zahlvaterschaften unter das neue Recht zugelassen hätte (selbst eine nicht so weit gehende Variante des Bundesrates wurde ja - wie erwähnt - abgelehnt). Das hinsichtlich Rückwirkung viel weiter gehende "deutsche Modell" wurde offenbar nur in der Expertenkommission diskutiert, in den Räten aber nicht einmal mehr zur Debatte gestellt (vgl. zu diesem deutschen System: CYRIL HEGNAUER, Die Übergangsbestimmungen zum neuen Kindesrecht, Festgabe für Henri Deschenaux, Freiburg 1977, S. 169 oben).
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Es ist klar, dass das Parlament damit nicht einen Entscheid über das Akteneinsichtsrecht des Kindes gefällt hat. Doch geht aus der geschilderten Entstehungsgeschichte hervor, dass es die Eingriffe in altrechtliche Vaterschaftsverhältnisse stark limitieren und ein unbeschränktes Aufrollen weit zurückliegender Verhältnisse unter allen Umständen vermeiden wollte. Die historische Betrachtungsweise verbietet die Überlegung, der Grundgedanke des neuen Kindesrechtes, die Abstammungsverhältnisse immer so gut als möglich abzuklären und das rechtliche Verhältnis dem natürlichen anzugleichen, müsse auch bei der Lösung von Konflikten der vorliegenden Art massgebend sein.
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d) Wird die Entstehungsgeschichte des neuen Kindesrechtes, wie sie vorstehend dargelegt wurde, bei der hier vorzunehmenden Interessenabwägung berücksichtigt, so drängt sich der Schluss auf, dass Zurückhaltung auch bei der Akteneinsicht dem Willen des Gesetzgebers entspricht. Man wollte nicht nach Jahren - oder hier nach Jahrzehnten - Fragen aufrollen lassen, die doch recht tief in die inneren Beziehungen später gegründeter Ehen eingreifen können. Dies muss wohl auch heute noch anerkannt werden, obschon sich die moralischen Auffassungen über die aussereheliche Zeugung von Kindern stark liberalisiert haben. Der Beschwerdeführer übersieht, dass seine Biographie, wo sie ihm unbekannt ist oder lückenhaft erscheint, mit den Lebensumständen seiner frühkindlichen Bezugspersonen auf das engste verknüpft und verwoben ist. Die Gewährung der Akteneinsicht hätte deshalb notwendigerweise die Preisgabe von biographischen Informationen über Dritte an ihn zur Folge.
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Es geht zwar nicht an, in einem Fall wie dem vorliegenden das Akteneinsichtsrecht rundweg zu versagen. Es ist aber sachgemäss, es nicht generell zu gewähren, sondern - wie mit Bezug auf die bundesgerichtliche Rechtsprechung bereits ausgeführt worden ist (oben E. 5b) - vom Nachweis eines konkreten Interesses abhängig zu machen.
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Ein konkretes Interesse daran, Einsicht in alle ihn betreffenden Vormundschaftsakten zu erhalten und damit auch den Namen seines Vaters zu erfahren, hat der Beschwerdeführer indes nicht hinlänglich dargetan. Vielmehr hat er sein schon im Jahre 1980 und dann erneut 1984 bekundetes Interesse an der Akteneinsicht immer wieder anders begründet, so dass letztlich nicht ersichtlich ist, welches sein eigentliches Interesse ist: Zuerst wollte er anhand der Vormundschaftsakten prüfen, ob er gegenüber Vater oder Mutter noch Ansprüche finanzieller Art geltend machen könne. In einem späteren Zeitpunkt wollte er über einen Vaterschaftsprozess orientiert sein. Ein anderes Mal machte er geltend, seine Mutter habe noch in Basel gegen Pflegeeltern Strafanzeige wegen Körperverletzung erstattet, und er möchte mehr darüber erfahren. Auf alle in diesem Zusammenhang gestellten Fragen wurde dem Beschwerdeführer von den Organen der Verwaltung entweder bestimmt und zuverlässig Auskunft erteilt, oder er bzw. sein Rechtsvertreter vermochte aus den Antworten irrtumsfrei und zwanglos zu schliessen, wie es sich damals verhielt. Erst im Rekurs an das Justizdepartement Basel-Stadt vom 8. Oktober 1984 gab der Beschwerdeführer zu verstehen, er sei damit beschäftigt, seine Jugendzeit, die ihn noch heute stark belaste, aufzuarbeiten; es sei dies für ihn eine lebenswichtige Aufgabe, denn nur wenn es ihm gelinge, Vorgänge und Anordnungen, deren Ursachen ihm heute noch unklar seien, rational zu erhellen und zu verarbeiten, sei er imstande, die Lasten und Schatten seiner Jugend zu bewältigen. Diese Behauptung wird aber durch die Akten auch nicht im entferntesten belegt. Vielmehr wurde sie, wie das Justizdepartement Basel-Stadt in seinem Entscheid vom 12. Dezember 1984 zu Recht ausführt, wörtlich dem im "Schweizerischen Beobachter" vom 15. März 1984 abgedruckten Entscheid in Sachen R.H. entnommen. Aus diesem Entscheid vermag der Beschwerdeführer indes nichts zu seinen Gunsten abzuleiten, denn er hat nie auch nur behauptet, geschweige denn glaubhaft gemacht, die Kenntnis der Vormundschaftsakten sei z.B. für die Durchführung einer Psychoanalyse oder Psychotherapie erforderlich. Entsprechend kann die Frage offenbleiben, wie es sich verhielte, wenn etwa ein Psychiater die Notwendigkeit der Kenntnisgabe der Akten bejahen würde.
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Erwägung 7 |
7.- Aus Art. 8 EMRK vermag der Beschwerdeführer ebenfalls nichts zu seinen Gunsten abzuleiten, weil das Privat- und Familienleben auch auf der andern Seite (Vater, Mutter und Pflegeeltern) tangiert wird und die Konvention über die Lösung des Interessenkonfliktes nichts aussagt. Im übrigen besteht hier auf gleicher Ebene (des Europarates) eine spezielle Konvention "über die Rechtsstellung der unehelichen Kinder" vom 15. Oktober 1975, welche für die Schweiz am 11. August 1978 in Kraft getreten ist (SR 0.211.221.131). Zwar ist dieser Konvention für die hier zu entscheidende Frage nichts zu entnehmen, wohl aber dem zugehörigen "Rapport explicatif". Darin heisst es in Note 20 zu Art. 3, die Bestimmung der klageberechtigten Personen und der Fristen, innert welcher solche Klagen angehoben werden könnten, bleibe der jeweiligen landesinternen Gesetzgebung anheimgestellt. Verhält es sich aber so, dann lässt sich nicht sagen, die EMRK verleihe einen Anspruch auf Kenntnisnahme von der Person des Vaters und von den Umständen der Feststellung der Vaterschaft ohne jede Rücksicht auf den Zeitablauf.
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