BGE 119 Ia 154 - Peter Bieri und Konsorten |
21. Auszug aus dem Urteil der I. öffentlichrechtlichen Abteilung |
vom 10. Februar 1993 |
i.S. Peter Bieri, Erika Loser, Markus Tramèr und sämtliche Mitglieder des Initiativkomitees gegen Grosser Rat des Kantons Bern |
(staatsrechtliche Beschwerde) |
Regeste |
Art. 85 lit. a OG; Teilungültigkeit einer kantonalen Volksinitiative (Aareschutzinitiative). |
1. Zulässiger Inhalt einer Volksinitiative nach bernischem Staatsrecht (E. 3). |
2. Bundesrechtskonformität der Aareschutzinitiative (E. 4). |
3. Voraussetzungen für Eingriffe in wohlerworbene Rechte; eine verfassungskonforme Interpretation des Art. 14 der Aareschutzinitiative ist unter gewissen Bedingungen möglich (E. 5). |
4. Teilungültigkeit des Art. 14 der Aareschutzinitiative (E. 9). |
Sachverhalt |
A. |
Am 6. März 1990 reichten der Naturschutzverband des Kantons Bern und verschiedene andere Umweltschutzorganisationen bei der bernischen Staatskanzlei eine - in der Form des ausgearbeiteten Entwurfs abgefasste - Initiative für ein "Gesetz über den Schutz der Aarelandschaft" (nachfolgend Aareschutzinitiative oder Initiative) ein. Diese Initiative war von 34 324 Stimmberechtigten gültig unterzeichnet worden. Die Initiative enthält u.a. folgende Bestimmungen:
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Art. 3: Objekte von nationaler Bedeutung
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1 Neue Eingriffe zu Nutzungszwecken, die Landschaften, Naturdenkmäler, Biotope oder andere Objekte von nationaler Bedeutung in ökologischer oder landschaftlicher Hinsicht zusätzlich beeinträchtigen können oder die den Sanierungszielen widersprechen, dürfen nicht bewilligt oder konzessioniert werden. Massgebend sind neben den Inventaren des Bundes auch die KLN-Inventare von 1963 bis 1988.
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2 Durch Anlagen und sonstige Eingriffe vorbelastete Gewässer- und Uferabschnitte sind nach Massgabe ihrer ökologischen und landschaftlichen Bedeutung zu sanieren. Insbesondere sind in den hiefür geeigneten Gebieten die Voraussetzungen zu schaffen für
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- die Erweiterung bestehender, die Wiederherstellung ehemaliger und die Schaffung neuer dynamischer Auenflächen;
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- den Fortbestand der vom Grundwasser abhängigen Auenflächen;
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- den Weiterbestand von Lebensgemeinschaften in Altarmen.
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3 Die Konzessionen bestehender Wasserkraft- und Wasserversorgungsanlagen dürfen höchstens im bisherigen Umfang erneuert werden.
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Art. 8: Enteignung
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Das Enteignungsrecht steht dem Regierungsrat sowie den mit dem Vollzug des Gesetzes beauftragten Gemeinden und öffentlichrechtlichen Körperschaften zu. Das Enteignungsverfahren richtet sich nach dem kantonalen Enteignungsgesetz.
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Art. 14: Übergangsbestimmung
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1 Vorhaben, die wie das Grundwasserpumpwerk in der Belp-Au oder wie das Neubauprojekt Kraftwerk Wynau Objekte von nationaler Bedeutung im Sinne von Artikel 3 zusätzlich beeinträchtigen oder die der Verwirklichung des Sanierungsplanes entgegenstehen, dürfen trotz bestehender Konzessionen und Bewilligungen weder ausgeführt noch in Betrieb genommen werden, sofern am 1. Februar 1990 mit den wesentlichen Bauarbeiten noch nicht begonnen wurde.
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2 Allfällige Ansprüche auf Entschädigung werden nach Artikel 8 beurteilt.
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Entgegen dem Vorschlag der vorberatenden grossrätlichen Kommission erachtete der Grosse Rat die Bestimmung des Art. 14 der Initiative als mit dem kantonalen und eidgenössischen Verfassungsrecht nicht vereinbar. Das Anliegen der Initianten könne im Kanton Bern nicht Gegenstand einer Volksinitiative sein. Mit Art. 14 würden zwei individuelle Verwaltungsakte rückgängig gemacht, was nur Gegenstand einer - im bernischen Recht nicht vorgesehenen - Verwaltungsinitiative sein könne. Im weiteren verletze die umstrittene Bestimmung in mehrfacher Hinsicht die Bundesverfassung; insbesondere greife jene in unzulässiger Weise in wohlerworbene Rechte ein. Am 23. Januar 1992 folgte der Grosse Rat dem Antrag des Regierungsrates, erklärte Art. 14 als ungültig und beschloss, die übrigen Artikel der Initiative den Stimmbürgern ohne Gegenvorschlag und mit dem Antrag auf Ablehnung zur Abstimmung zu unterbreiten.
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Gegen diesen Grossratsbeschluss erhoben Peter Bieri, Erika Loser, Markus Tramèr sowie sämtliche Mitglieder des Initiativkomitees am 12. Februar 1992 beim Bundesgericht Stimmrechtsbeschwerde im Sinne von Art. 85 lit. a OG. Sie stellen den Antrag, der Beschluss des Grossen Rates vom 23. Januar 1992 sei insofern aufzuheben, als Art. 14 der Initiative ungültig erklärt worden sei. Die Initianten rügen eine Verletzung ihrer politischen Rechte und machen geltend, die Bestimmung von Art. 14 der Initiative verstosse nicht gegen übergeordnetes Recht, weshalb sie einen Anspruch darauf hätten, dass die Initiative dem Stimmvolk ohne Änderung unterbreitet werde. Das Bundesgericht heisst die Beschwerde gut
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Auszug aus den Erwägungen: |
aus folgenden Erwägungen:
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Erwägung 2 |
2.- a) Gemäss Art. 65a des bernischen Gesetzes über die politischen Rechte vom 5. Mai 1980 (GPR) in Verbindung mit Art. 8 der Staatsverfassung vom 4. Juni 1893 des Kantons Bern (KV/BE) überprüft der Grosse Rat die Gültigkeit von Initiativen. Volksbegehren, welche er für ungültig erklärt, unterbreitet er nicht der Volksabstimmung (Art. 65a Abs. 2 GPR). Diese Zuständigkeit sowie die formellen Anforderungen, welche an eine bernische Initiative gestellt werden, stehen vorliegend nicht zur Diskussion. Es geht hingegen um die Frage, ob der Grosse Rat des Kantons Bern zu Recht die Aareschutzinitiative aufgrund ihres Inhalts für teilweise ungültig erklärt hat.
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Erwägung 3 |
a) Nach Art. 8 Abs. 1 KV/BE können 12 000 Stimmberechtigte u.a. verlangen, dass ein Gesetz erlassen, geändert oder aufgehoben wird. Die Initiative kann in der Form des ausgearbeiteten Entwurfs oder der einfachen Anregung verfasst sein. Das Initiativrecht wird ausgeübt durch Unterzeichnen einer an den Regierungsrat zuhanden des Grossen Rates gerichteten Eingabe, in welcher eine Gesamt- oder Teilrevision der Staatsverfassung, der Erlass, die Aufhebung oder die Änderung eines Gesetzes, die Aufhebung oder Änderung eines Dekrets oder die ausserordentliche Gesamterneuerung des Grossen Rates verlangt wird (Art. 60 GPR). Der Begriff des "Gesetzes" kann im materiellen oder formellen Sinn verstanden werden. Das Gesetz im materiellen Sinn ist der Erlass einer gesetzgebenden Behörde, der generell-abstrakte Normen enthält. Unter Gesetz im formellen Sinn dagegen können Erlasse verstanden werden, die in die Zuständigkeit der gesetzgebenden Behörde fallen und im Gesetzgebungsverfahren ergehen, aber auch rechtsanwendende Akte im Rahmen ihrer Regierungs- und Verwaltungstätigkeit enthalten und Verwaltungsverfügungen darstellen (vgl. BGE 98 Ia 642 E. 3b). Welchen Gesetzesbegriff Art. 60 Abs. 1 GPR meint, lässt sich aufgrund dieser Vorschrift allein nicht feststellen. Diese Norm ist deshalb in den weiteren Zusammenhang mit anderen Bestimmungen betreffend die Volksrechte zu stellen. In Art. 53 GPR wird statuiert, das Referendum könne gegen vom Grossen Rat beschlossene Gesetze und andere von ihm gefasste Beschlüsse ergriffen werden, sofern sie nicht schon kraft Verfassung der Abstimmung unterlägen oder diese nicht vom Grossen Rat selber angeordnet worden sei. Art. 53 verweist somit ausdrücklich auf bestimmte Beschlüsse. Hätte der Verfassungs- und Gesetzgeber das Initiativrecht für Beschlüsse, die in die Zuständigkeit des Grossen Rates fallen, zulassen wollen, hätte er dies, wie in Art. 53 GPR, auch in Art. 60 GPR erwähnt. Aus dem Vergleich dieser Bestimmungen geht hervor, dass Art. 60 GPR mit dem Begriff "Gesetze" nur Gesetze im materiellen Sinn gemeint hat (vgl. BGE 98 Ia 642 f.). Daraus folgt, dass es im bernischen Staatsrecht kein Initiativrecht auf Erlass (durch den Grossen Rat) einer Verwaltungsverfügung gibt (vgl. BGE 111 Ia 315 f.; 102 Ia 138).
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b) Es ist somit zu prüfen, ob Art. 14 der Initiative eine Gesetzesbestimmung im materiellen Sinn darstellt und daher mit dem kantonalen Staats- bzw. Initiativrecht vereinbar ist. Hiezu führte der Regierungsrat in seiner Vernehmlassung aus, Art. 14 könne in der vorliegenden Form nicht Teil einer Volksinitiative sein, da Art. 60 GPR als Gegenstand der Gesetzesinitiative allein Gesetze im materiellen Sinne, d.h. generell-abstrakte Rechtssätze zulasse, nicht jedoch konkrete Verwaltungsakte. Der Art. 14 betreffe nur die darin aufgeführten beiden Werke, weshalb er nicht ein Gesetz sondern einen unzulässigen Verwaltungsakt darstelle.
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Erwägung 4 |
a) Die bernischen Behörden machen geltend, Art. 14 der Aareschutzinitiative verstosse gegen die Bundesverfassung, da dieser Artikel eine echte Rückwirkung zur Folge habe. Die Beschwerdeführer bringen vor, eine solche Rückwirkung sei zulässig. Sie führen dazu aus, aufgrund der vorgegebenen Kompetenzordnung verfügten die Kantone über einen weiten Ermessensspielraum beim Erlass von Schutz- und Nutzungsbestimmungen auf den Gebieten der Wasserwirtschaft, des Natur- und Heimatschutzes sowie der Raumplanung. Der bernische Gesetzgeber sei befugt, den Begriff des "öffentlichen Wohls" neu zu fassen und den Anliegen von Ökologie und Landschaftsschutz einen höheren Stellenwert einzuräumen als bisher. Die Aare werde bereits sehr intensiv genutzt. Die Initiative wolle - was einem öffentlichen Interesse entspreche - verhindern, dass noch zusätzlich in diese Flusslandschaft von nationaler Bedeutung (BLN-Objekt Nr. 1314, SR 451.11 und KLN-Inventar Nr. 2.11a) eingegriffen werde.
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Eine solche echte Rückwirkung eines Erlasses liegt nach bundesgerichtlicher Rechtsprechung dann vor, wenn bei der Anwendung des neuen Rechts an ein Ereignis angeknüpft wird, das in der Vergangenheit liegt und vor Erlass des Gesetzes abgeschlossen wurde (BGE 116 Ia 213 f. E. 4a; 113 Ia 425). Eine Rückwirkung ist nur dann zulässig, wenn sie ausdrücklich angeordnet oder nach dem Sinn des Erlasses klar gewollt ist, wenn sie zeitlich mässig ist, wenn sie keine stossenden Rechtsungleichheiten bewirkt, wenn sie sich durch triftige Gründe rechtfertigen lässt und wenn sie nicht in wohlerworbene Rechte eingreift (BGE 116 Ia 214 mit Hinweisen).
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Erwägung 5 |
5.- a) Der Regierungsrat und der Grosse Rat des Kantons Bern haben dazu ausgeführt, gemäss Art. 43 Abs. 1 des Bundesgesetzes vom 22. Dezember 1916 über die Nutzbarmachung der Wasserkräfte (WRG; SR 721.80) verschaffe die Verleihung der Konzession dem Beliehenen ein wohlerworbenes Recht. Art. 18 des bernischen Gesetzes vom 3. Dezember 1950 über die Nutzung des Wassers (WNG) sehe eine analoge Regelung vor. Die wohlerworbenen Rechte entstünden im Zeitpunkt ihrer Begründung, unabhängig vom Nutzungsbeginn. Durch eine Konzession werde ein Rechtsverhältnis begründet, aus welchem gegenseitige Rechte und Pflichten zwischen der Verleihungsbehörde und dem Beliehenen entstünden. Der Beliehene, der ein Werk erstelle, habe Anspruch darauf, dass die Verleihungsbehörde die ihm gegenüber eingegangenen Verpflichtungen einhalte. Dies gelte nicht zuletzt wegen des finanziellen Engagements der Konzessionäre; die Projektkosten beliefen sich für das Kraftwerk Wynau auf ca. 6 Mio. Franken und für das Grundwasserpumpwerk Belp-Au auf ca. 5 Mio. Franken.
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Gemäss ständiger bundesgerichtlicher Rechtsprechung geht die Garantie wohlerworbener Rechte grundsätzlich nicht weiter als die Eigentumsgarantie (vgl. BGE 117 Ia 38 f.; 107 Ib 140 mit Hinweisen). Dies bedeutet, dass die hier beachtlichen wohlerworbenen Rechte beschränkt werden können aufgrund einer hinreichenden gesetzlichen Grundlage und eines überwiegenden öffentlichen Interesses. Zudem muss der Eingriff in wohlerworbene Rechte verhältnismässig sein (BGE 117 Ia 39 mit Hinweisen; A. KÖLZ, Rechtsgutachten über die Gültigkeit der Volksinitiative "40 Waffenplätze sind genug - Umweltschutz auch beim Militär", ZBl 1992/93, S. 424 mit Hinweis auf DIETRICH SCHINDLER, Rechtsgutachten über dieselbe Initiative). Bei einem Eingriff in wohlerworbene Rechte ist weiter stets volle Entschädigung zu leisten (vgl. BGE 117 Ia 39).
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Wie bei anderen enteignungsrechtlichen Eingriffen ist in diesem Zusammenhang zu beachten, dass es sich dabei - gemäss der Praxis des Europäischen Gerichtshofes für Menschenrechte sowie der bundesgerichtlichen Rechtsprechung - um sog. Zivilrechte im Sinne von Art. 6 Ziff. 1 EMRK handelt (BGE 117 Ia 382 f. mit zahlreichen Hinweisen auf Entscheide des EMRK-Gerichtshofs und des Bundesgerichts; ARTHUR HAEFLIGER, Die Europäische Menschenrechtskonvention und die Schweiz, Bern 1993, S. 114 mit Hinweisen auf diverse Urteile). Inwieweit der Art. 6 Ziff. 1 EMRK auch auf gemischtwirtschaftliche Organisationen anwendbar ist, kann vorliegend offengelassen werden, da möglicherweise von der Initiative auch privatrechtliche Gesellschaften, die Nutzungsrechte an der Aare erhalten oder geltend machen, betroffen sein könnten. In dieser Hinsicht ist jedenfalls Art. 6 Ziff. 1 EMRK ohne weiteres zu beachten. Bei einem Eingriff in wohlerworbene Rechte müssen somit sämtliche Verfahrensgarantien im Sinne von Art. 22ter und Art. 6 EMRK gewährleistet sein; insbesondere hat der zu Enteignende Anrecht auf eine richterliche Überprüfung der Voraussetzungen für den Eingriff und der entgegenstehenden Interessen, d.h. der Richtigkeit und Angemessenheit der enteignenden Massnahme, um die es u.a. auch beim Widerruf einer Konzession geht (in bezug auf Art. 22ter BV: vgl. BGE 112 Ib 177 f.; in bezug auf Art. 6 Ziff. 1 EMRK: vgl. BGE 117 Ia 385 E. 5c; 115 Ia 67 f. E. 2, je mit zahlreichen Hinweisen auf die Rechtsprechung der EMRK-Organe). Der Art. 14 der Initiative ist in diesem Sinne mit Anspruch auf ein gerichtliches Verfahren zu verstehen und verfassungs- sowie konventionskonform zu interpretieren.
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d) Wie bereits ausgeführt wurde, würde Art. 14 der Aareschutzinitiative eine hinreichende gesetzliche Grundlage für den Eingriff in wohlerworbene Rechte darstellen. Zudem ist auch in Art. 43 Abs. 2 WRG die Möglichkeit vorgesehen, ein verliehenes Nutzungsrecht aus Gründen des öffentlichen Wohls und gegen volle Entschädigung zurückzuziehen oder zu schmälern. Wie die Beschwerdeführer zu Recht ausführen, hat der kantonale Gesetzgeber - im Falle der Annahme der Initiative - die Kompetenz, den geforderten Gewässer- und Landschaftsschutz als wichtiges öffentliches Interesse zu betrachten und entsprechende Vorschriften zu erlassen. Angesichts eines allfälligen (politischen) Willens, die Landschaften von nationaler und regionaler Bedeutung vor weiteren Eingriffen zu schützen, könnte ein Eingriff in wohlerworbene Rechte im konkreten Einzelfall eine geeignete sowie erforderliche und somit eine verhältnismässige Massnahme darstellen. Es ist nicht die Aufgabe des Bundesgerichts, im vorliegenden Verfahren die Abwägung der einander gegenüberstehenden öffentlichen und privaten Interessen (öffentliches Interesse am Landschaftsschutz, öffentliches Interesse an der Versorgung mit Energie und Trinkwasser, privates Interesse - verstärkt durch eine Konzession - an der Respektierung des Eigentums etc.) vorzunehmen. Diese Aufgabe obliegt einerseits den Stimmbürgern bei der Abstimmung über die vorliegende Initiative und andererseits dem Richter bei der Überprüfung der Recht- und Verhältnismässigkeit im Einzelfall. Der Text des Art. 14 der Aareschutzinitiative darf somit - im Rahmen einer verfassungskonformen Auslegung (vgl. Erwägung 2b oben und BGE 105 Ia 366 E. 4 mit Hinweisen) - nicht in dem Sinne verstanden werden, dass er unmittelbar und unbedingt den Behörden untersagte, bereits bestehende Konzessionen zu respektieren. Die Formulierung von Art. 14 darf auch nicht so verstanden werden, dass sie die sich allfällig stellenden Abwägungen der verschiedenen öffentlichen und privaten Interessen präjudizieren würde. Die fragliche Bestimmung darf nur so interpretiert werden, dass die zuständigen Behörden verpflichtet werden, ein Verfahren zum Widerruf der bereits erteilten Konzessionen einzuleiten. Da schliesslich die Initiative in Art. 14 Abs. 2 in Verbindung mit Art. 8 ausdrücklich die Bestimmungen des kantonalen Enteignungsgesetzes vorbehält, wäre auch in dieser Hinsicht grundsätzlich nichts gegen den Art. 14 der Aareschutzinitiative einzuwenden. Soweit die richterlichen Garantien gewährleistet sind, ist somit eine verfassungskonforme Auslegung der fraglichen Bestimmung möglich.
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Erwägung 6 |
6.- a) In seiner Vernehmlassung vom 25. März 1992 macht der Regierungsrat des Kantons Bern - namens des Grossen Rats - zusätzlich geltend, Art. 14 der Initiative halte vor dem Enteignungsrecht des Bundes nicht stand, da der Anspruch der Enteigneten auf Realersatz nicht erfüllt werden könne. Die Beschwerdeführer erwidern darauf, nach Art. 1 des Bundesgesetzes vom 20. Juni 1930 über die Enteignung (EntG; SR 711) könne das Enteignungsrecht geltend gemacht werden für Werke, die im Interesse der Eidgenossenschaft oder eines grossen Teils des Landes liegen, sowie für andere im öffentlichen Interesse liegende Zwecke, sofern sie durch ein Bundesgesetz anerkannt seien. Da der Bund bis anhin keine Vorschriften über die Wasserversorgung erlassen habe, sei zweifelhaft, ob im Falle der Belp-Au überhaupt das Enteignungsrecht des Bundes zur Anwendung gelange. Im übrigen weise die Regierung zu Recht darauf hin, dass das Grundwasserpumpwerk noch gar nicht bestehe; unter diesen Voraussetzungen erübrige sich das Bereitstellen von Ersatzwasser. b) Art. 10 EntG lautet wie folgt:
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"Rechte an Brunnen, Quellen und andern Wasserläufen, die für ein Grundstück, eine Wasserversorgung oder eine andere dem allgemeinen Wohl dienende wasserbauliche Anlage unentbehrlich sind, können nur enteignet werden, wenn der Enteigner genügenden Ersatz an Wasser leistet."
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Die Tragweite dieser Bestimmung ist umstritten (vgl. H. HESS/H. WEIBEL, Das Enteignungsrecht des Bundes, Bern 1986, Band I, S. 168 f.). Im übrigen ist fraglich, ob die Spezialregelung von Art. 43 WRG nicht erlauben würde, Art. 10 EntG einzuschränken. Diese Frage kann jedoch vorliegend offenbleiben. Durch Art. 8 der Initiative - auf welchen Art. 14 der Initiative verweist - wird jedenfalls statuiert, dass das Enteignungsverfahren durch das kantonale Enteignungsrecht geregelt ist. Art. 15 Abs. 1 des bernischen Enteignungsgesetzes vom 3. Oktober 1965 sieht vor, dass der Enteigner zur Leistung von Realersatz verpflichtet werden kann bei der Enteignung von Wasser und Wasserkraft. Mit dem Verweis auf diese Regelung kann der Art. 14 der Initiative auch diesbezüglich nicht beanstandet werden.
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Erwägung 7 |
7.- Der Regierungsrat bringt schliesslich noch vor, die Bestimmungen der Art. 24bis und 24octies BV würden durch Art. 14 der Initiative verletzt, da diese Bestimmung ein dringend notwendiges Wasserwerk verhindere und damit den Verfassungsauftrag der sicheren Trinkwasserversorgung für eine ganze Region gefährde. Die Beschwerdeführer wenden hiegegen ein, solange der Bund gestützt auf Abs. 1 von Art. 24bis BV keine Grundsätze erlasse, welche die Kantone verpflichten würden, bestimmte Gewässer für die Wasserversorgung zu erschliessen oder für die Energieerzeugung zu nutzen, könnten die Kantone über die Nutzung ihrer Gewässer grundsätzlich frei entscheiden. Auch der Art. 24octies werde durch Art. 14 der Initiative nicht verletzt. Die zahlreichen unbestimmten Rechtsbegriffe in Art. 24octies bedürften der Konkretisierung. Mit ihrer Initiative versuchten die Beschwerdeführer, den Begriff "umweltverträglich" zu umschreiben, ohne gleichzeitig die Wasserkraftnutzung zu verunmöglichen.
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Die beiden angerufenen Verfassungsbestimmungen werden durch Art. 14 der Initiative nicht verletzt. Wie oben dargelegt, werden die verschiedenen öffentlichen und privaten Interessen im Einzelfall gegeneinander abzuwägen sein. Diese Interessenabwägung kann von den Bestimmungen der Aareschutzinitiative nicht vorweggenommen werden.
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Erwägung 8 |
Aus den vorangehenden Erwägungen ergibt sich, dass die Aareschutzinitiative bundesrechtskonform ist, soweit die richterlichen Garantien gewährleistet sind, dass sie jedoch nach kantonalem Recht aufgrund ihres Inhalts - soweit sie individuell-konkrete Anordnungen vorsieht - nicht zulässig ist.
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Erwägung 9 |
a) In Beachtung des Grundsatzes der Verhältnismässigkeit ist gemäss bundesgerichtlicher Rechtsprechung derjenige Teil einer Initiative, welcher als gültig betrachtet werden kann, dem Volk zur Abstimmung vorzulegen, sofern vernünftigerweise anzunehmen ist, die Unterzeichner der Initiative hätten auch den gültigen Teil der Initiative unterzeichnet, wenn er ihnen allein unterbreitet worden wäre (vgl. BGE 117 Ia 156 E. 5c; 114 Ia 274 E. 4; 112 Ia 388 f. E. 6a; 110 Ia 182 f.; 105 Ia 365 E. 3, je mit Hinweisen). Dabei ist zu beachten, dass der verbleibende Teil der Initiative nicht von untergeordneter Bedeutung sein darf, sondern noch ein sinnvolles - der ursprünglichen Stossrichtung der Initiative entsprechendes - Ganzes ergeben muss (vgl. ANDREAS AUER, Problèmes et perspectives du droit d'initiative à Genève, Lausanne 1987, S. 54 f.). Die Achtung vor dem Willen der Initianten verbietet es, den Stimmbürgern eine Initiative vorzulegen, wenn diese eines wesentlichen Teils beraubt ist (BGE 117 Ia 156 E. 5c mit Hinweisen).
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"Vorhaben, die Objekte von nationaler Bedeutung im Sinne von Artikel 3 zusätzlich beeinträchtigen oder die der Verwirklichung des Sanierungsplanes entgegenstehen, dürfen trotz bestehender Konzessionen und Bewilligungen weder ausgeführt, noch in Betrieb genommen werden, sofern am 1. Februar 1990 mit den wesentlichen Bauarbeiten noch nicht begonnen wurde."
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Wie auch der Regierungsrat in seiner Vernehmlassung zur Beschwerdeergänzung ausführt, macht es einen Unterschied aus, ob das Wasserwerk Belp-Au und das Kraftwerk Wynau im Initiativtext bereits definitiv als Vorhaben im Sinne von Art. 14 bezeichnet werden oder nicht. Werden diese nicht genannt, so kann für beide Werke nach einer allfälligen Annahme der Initiative im Rahmen der Rechtsanwendung der Nachweis erbracht werden, dass sie keine zusätzlichen Beeinträchtigungen im Sinne von Art. 3 verursachen. Selbst wenn sie solche Beeinträchtigungen verursachen, müssten weitere eingehende Abklärungen über die Auswirkungen dieser Projekte erfolgen und eine umfassende Interessenabwägung durchgeführt werden. In diesem Fall wäre die umstrittene Initiativbestimmung mit dem kantonalen Initiativrecht im Einklang; es handelte sich um eine generell-abstrakte Norm, um so mehr, als noch andere Werke unter die Bestimmung fallen können und dass andererseits noch nicht zum vornherein feststeht, ob die genannten beiden Projekte von der Initiative verhindert werden. Sollte die Initiative vom Volk angenommen werden, wird erst im Rahmen der Rechtsanwendung zu entscheiden sein, ob die zwei genannten Bauvorhaben die Objekte von nationaler Bedeutung im Sinne von Art. 3 der Initiative zusätzlich beeinträchtigen oder der Verwirklichung des Sanierungsplanes entgegenstehen. Schliesslich ist in diesem Zusammenhang festzustellen, dass es zumindest ausser den in Art. 14 namentlich erwähnten noch zwei weitere Vorhaben gibt, die unter die fragliche Bestimmung fallen könnten. Dabei handelt es sich um das bereits konzessionierte Aaretalwerk in Uetendorf/Uttigen sowie um den Ausbau des Grimsel-Elektrizitätswerks. In den gültigen Fassungen hat Art. 14 somit auch aus diesem letztgenannten Grund eindeutig einen generell-abstrakten Charakter. Angesichts des Gesamtinhaltes der Initiative und ihres Zieles, den gesamten Aarelauf auf bernischem Kantonsgebiet zu schützen, kann festgehalten werden, dass die Initiative auch ohne den rechtswidrigen Teil dieselben Ziele verfolgt und den ursprünglichen Anliegen der Unterzeichner entspricht. Es kann zudem vernünftigerweise angenommen werden, dass die Initiative auch ohne den rechtswidrigen Teil von einer genügenden Anzahl von Stimmbürgern unterzeichnet worden wäre. Dafür spricht auch die Tatsache, dass 34 324 Unterschriften - d.h. fast dreimal soviele als nötig gewesen wären - gesammelt worden sind (vgl. BGE 117 Ia 156 E. 5c). Es kann somit vorliegend eine Teilungültigkeit von Art. 14 der Initiative angenommen werden.
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